Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Ministerpräsident Sánchez anlässlich der 25. deutsch-spanische Regierungskonsultationen am 5. Oktober 2022 in La Coruña

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im Wortlaut Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Ministerpräsident Sánchez anlässlich der 25. deutsch-spanische Regierungskonsultationen am 5. Oktober 2022 in La Coruña

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung.)

31 Min. Lesedauer

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Donnerstag, 6. Oktober 2022

MP Sánchez: Guten Tag! Zunächst einmal möchte ich den Bundeskanzler, lieber Olaf, ganz herzlich begrüßen und natürlich auch die Ministerinnen und Minister aus Deutschland sowie die Delegationen aus beiden Ländern, die hier anwesend sind. Vielen Dank, Olaf. Willkommen! Es ist wirklich eine große Freude, dich hier in Galicien, in La Coruña zu diesem 25. deutsch-spanischen Gipfel zu begrüßen. Das ist unser drittes bilaterales Treffen in diesem Jahr nach dem Besuch in Madrid im Januar - das war kurz nach deiner Wahl - und dem sehr interessanten Treffen, zu dem ich die Ehre hatte eingeladen zu werden, mit deinem Ministerrat Ende August in Meseberg. Am 14. Oktober werden wir übrigens wieder in Berlin sein. Wir werden nach Berlin reisen.

Wie du schon während des Gipfels hervorgehoben hast, wird es im Oktober auch zu einem Staatsbesuch Seiner Majestät des Königs und der Königin von Spanien in Deutschland kommen, die am 10. deutsch-spanischen Wirtschaftsforum und an einer der wichtigsten Buchmessen der Welt teilnehmen, nämlich der Frankfurter Buchmesse, auf der Spanien in diesem Jahr Ehrengast ist.

Was wir festgestellt haben, sind das gegenseitige Verständnis und die sehr engen Beziehungen, die wir in den letzten Monaten und Jahren gepflegt haben. Das waren Monate und Jahre, die natürlich auch schwierig gewesen sind. Wir pflegen Beziehungen, die auf sehr soliden Fundamenten stehen, die auf dem stehen, was unsere Gesellschaften darstellen, die solidarisch aufgebaut sind, die sich auf das europäische Projekt verständigt haben und die respektvoll und demokratisch aufgestellt sind.

Ich möchte auch etwas zur wirtschaftlichen Perspektive sagen. Sie wissen, dass Deutschland unser größter Zulieferer und unser zweitgrößter Handelspartner ist, und zwar aufbauend auf einem gemeinsamen europäischen Projekt, mit einer gemeinsamen Vision der internationalen Ordnung und einem (akustisch unverständlich), der zurzeit auch von Putin infrage gestellt wird.

Die Ergebnisse dieses Gipfeltreffens sind wirklich eine sehr gute Nachricht für unsere beiden Länder, aber auch für die Europäische Union und für Europa.

Dieser Gipfel findet in einer Lage auf dem Kontinent statt, die äußerst komplex ist. Die Folgen des Krieges sowie die humanitären und geopolitischen - - - die aufgrund des von Putin entfesselten Krieges in der Ukraine stattfinden, sind besorgniserregend. Natürlich unterstützen wir die Ukraine, die Ukrainerinnen und Ukrainer, denen wir auch immer unsere Solidaritätsbekundungen schicken.

Aber auch unsere Gesellschaften sind betroffen, und zwar von der Inflation, der Energieunsicherheit und natürlich auch der allgemeinen Unsicherheit, die nach der vorherigen Krise, nämlich der COVID-19-Pandemie, entstanden ist.

Es geht natürlich darum, die Probleme für die Ukraine, für Europa und auch für Russland zu überwinden. Ich nenne nur die Teilmobilisierung der russischen Bevölkerung und die Bombardierung der Ukraine. Auch Spanien befürwortet die Aktivierung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, damit diejenigen, die diese Verbrechen begehen, auch zur Rechenschaft gezogen werden.

Die illegale Annexion und die zuvor abgehaltenen Referenden in den Gebieten im Osten der Ukraine lassen natürlich nichts Gutes erahnen. Spanien wird niemals die einseitigen Veränderungen der Grenzen, die völkerrechtswidrig sind, anerkennen. Wir werden das mutige ukrainische Volk bei der Verteidigung der Demokratie, der Rechtmäßigkeit und der Menschenrechte unterstützen.

Wie Sie wissen, prüfen wir zurzeit ein achtes Sanktionspaket gegen Russland, das die Kommission letzte Woche vorgelegt hat.

Die Lage in der Ukraine beeinträchtigt, wie ich bereits gesagt habe, das Wohlergehen und die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger. Deshalb haben der Bundeskanzler und ich sowie unsere Energieminister die Energiefrage sehr eingehend erörtert; denn das besorgt uns wirklich. Wir müssen entschlossen voranschreiten, um die Abhängigkeit von russischen Kohlenwasserstoffvorräten zu verringern. Wir müssen weitere Fortschritte bei der Dekarbonisierung und dem Übergang zu grünen Energien erreichen. Dafür stehen beide Regierungen auch ein.

Die spanische Regierung propagiert bereits seit Längeren, auch schon vor der Invasion der Ukraine durch Putin, eine Reform des Strommarktes in Europa mit dem Ziel, günstige und bezahlbare Preise für unsere Verbraucherinnen und Verbraucher zu erzielen.

Spanien hat nur eine geringe Abhängigkeit von russischem Gas. Aber in dieser Situation müssen wir alle zusammen solidarisch sein.

Wir in Spanien sind überzeugte Europäer. Für uns ist Europa vor allem eine Wertegemeinschaft, die heute an vielen Fronten infrage gestellt wird. Nicht einmal in den schwierigsten und kompliziertesten Momenten der jüngeren europäischen Geschichte ist Spaniens festes Bekenntnis zur Europäischen Union ins Wanken geraten. Jetzt, wo es am Nötigsten ist, ist Spanien mehr denn je bereit zu helfen, und zwar allen Ländern und Europa.

Wie Sie wissen, verhindern leider die fehlenden Infrastrukturanbindungen in Europa, dass das Potenzial, das wir auf der Iberischen Halbinsel in Bezug auf Strom, auf Gas und in Zukunft auch auf grünen Wasserstoff haben, voll ausgeschöpft wird. Wir haben uns mit der Notwendigkeit befasst, diese Verbindungen auszubauen und einen wirklichen europäischen Binnenmarkt für die Energie zu schaffen. Das ist die einzige Art und Weise, um dies erzielen zu können. Das ist etwas, was beide befürworten.

Wir haben uns auch mit der Notwendigkeit befasst, die Debatte über die Steuerregeln weiterzuführen, auch in der Erwartung, dass die Kommission in den kommenden Wochen ihren Vorschlag dazu vorlegen wird. Wie Sie wissen, hat Spanien ein Non-Paper mit den Niederlanden abgeschlossen, um klarere, geeintere und durchgehendere Steuerregeln durchzuführen. Wir haben in dieser Hinsicht den Willen, diese Debatte und auch andere Debatten fernab einer Blockdynamik anzugehen. Wir haben das auch in der Vergangenheit, beispielsweise in der Finanzkrise, so getan. Ich bin davon überzeugt, dass, wenn Spanien und Deutschland in europäischen Angelegenheiten Hand in Hand gehen, in dieser Hinsicht ein großes Potenzial besteht und wir Vereinbarungen erzielen sowie die europäische Integration vorantreiben können.

Wir haben auch über Sicherheits- und Verteidigungsfragen gesprochen. Wie Sie wissen, arbeiten Spanien und Deutschland eng auf bilateraler Ebene zusammen, auch in der Nato und natürlich auch, was den strategischen Kompass in Europa anbelangt. Wir haben eine gemeinsame Vision, die komplementäre Zusammenarbeit mit der Nato weiterzuführen.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass wir grünes Licht für einen ehrgeizigen deutsch-spanischen Aktionsplan gegeben haben, der die bilateralen Beziehungen durch zahlreiche Initiativen in verschiedenen Bereichen strukturiert und erneuert, ausgearbeitet unter Beteiligung aller Ministerien. Dieser Plan ist in der Tat von vielen Ministerien ausgearbeitet worden. Deswegen gehört er beiden Regierungen. Wir haben damit einen sehr praxisorientierten Plan, der konkrete Maßnahmen umfasst und gemeinsam entwickelt werden soll.

Besonders hervorheben möchte ich, dass dieser Plan auch als Beispiel für etwas gelten kann, was meiner Meinung nach sehr wichtig ist. Das sind die Dokumente, die die zweite Vizepräsidentin der Regierung, was Arbeit und Soziales angeht, und der Minister für Hochschulwesen für den Bereich der dualen Ausbildung und auch der universitären Bildung unterschrieben haben. Da werden wir die deutschen Erfahrungen sehr genau beobachten, auch was das lebenslange Lernen angeht. Das sind Themen, die von maximalem Wert und von Relevanz für beide Regierungen und beide Länder sind. Die Aus- und Weiterbildung ist angesichts der Herausforderungen der Digitalisierung und der europäischen Transformation für beide Länder sehr wichtig.

Ich möchte damit abschließen, wie ich angefangen habe, nämlich Herrn Bundeskanzler Scholz sowie seinen Ministerinnen und Ministern der deutschen Delegation dafür zu danken, dass Sie an diesem Gipfel teilgenommen haben. Das sind Begegnungen, die sehr intensiv sind, mit sehr langen Tagesordnungen in Momenten, die sowohl für die spanische als auch für die deutsche Regierung sehr schwierig und vielschichtig sind.

Ich denke, das Ganze erhält einen zusätzlichen Wert, weil diese Art von Begegnung in diesem Fall in Spanien, in Galicien stattfindet. Wir werden weiterhin daran arbeiten, die ohnehin schon engen Beziehungen, die zwischen unseren beiden Völkern bestehen, noch weiter auszubauen, natürlich im Rahmen der Europäischen Union, aber auch noch für etwas sehr viel Wichtigeres, nämlich für die Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit auf der internationalen Bühne. Denn ohne Rechtsstaatlichkeit gibt es das, was uns am Wichtigsten ist, nicht: Demokratie, Freiheit und Respekt vor den Menschenrechten.

Ich möchte, wie ich schon erwähnt habe, auch für die Anwesenheit der deutschen Ministerinnen und Minister danken. Das ist etwas, was wir seit 2013 bisher nicht mehr gemacht haben. Ich denke, dass wir nicht weitere neun Jahre warten müssen, bis wir wieder einen solchen Gipfel abhalten können. Der wird dann in diesem Fall in Deutschland stattfinden.

Vielen Dank.

BK Scholz: Estimado Pedro, Muchas gracias por la excelente bienvenida. Me alegro de estar hoy aquí en España para nuestra cumbre hispano-alemana. Aunque el tiempo no sea tan bueno, las relaciones entre nuestros dos países son excelentes.

Deutschland und Spanien sind freundschaftlich miteinander verbunden. Wir teilen gemeinsame Werte und Grundüberzeugungen. Es ist eine Partnerschaft, die gerade in diesen Zeiten großer Herausforderungen ihren besonderen Stellenwert beweist.

Spanien ist einer unserer engsten Partner in der Europäischen Union und ein sehr verlässlicher Nato-Alliierter. Auf viele der vor uns liegenden Herausforderungen in Europa und der Welt blicken wir aus einem sehr ähnlichen Blickwinkel.

Gemeinsam wollen wir die Europäische Union fortentwickeln, ihre Entscheidungsprozesse effektiver gestalten und sie zu einem geopolitischen Akteur in der Welt machen. Ich bin froh, Pedro, dass wir hier Seite an Seite, Hand in Hand arbeiten.

Der russische Überfall auf die Ukraine ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Russland hat die regelbasierte internationale Ordnung und die europäische Sicherheitsordnung zutiefst erschüttert. Wir sind uns einig: Die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine ist unantastbar. Die Annexion von Teilen des ukrainischen Staatsgebietes ist völkerrechtswidrig und ohne jeden Wert. Für uns ist sie null und nichtig.

Gemeinsam mit unseren Partnern werden Deutschland und Spanien die Ukraine weiterhin dabei unterstützen, sich gegen Putins brutalen Krieg zur Wehr zu setzen - diplomatisch, finanziell und auch weiterhin durch die Lieferung von Waffen. Wir tun das, weil uns die Überzeugung eint, dass wir die Zeit des Imperialismus und die dunklen Stunden des 20. Jahrhunderts hinter uns lassen wollen. Wir streiten gemeinsam für die Idee eines Europas, in dem die Würde des Individuums gilt und nicht der Machtwille einzelner Staatenführer.

Die 25. deutsch-spanischen Regierungskonsultationen haben gezeigt, wie freundschaftlich unsere Völker miteinander verbunden sind und wie eng und intensiv sich unsere bilateralen Beziehungen ausgestalten. Die Felder unserer gemeinsamen Kooperation reichen von der Außenpolitik über die Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Wirtschafts- und Energiekooperation sowie die Forschungs- und Bildungszusammenarbeit. Es freut mich, dass wir heute hierzu zwei Vereinbarungen unterzeichnen konnten und dass wir insgesamt ein sehr umfassendes Programm für unsere weitere Zusammenarbeit aufgestellt haben. Es gibt großes Potenzial, unsere Zusammenarbeit noch weiter zu vertiefen. Das haben wir heute sehr intensiv und ausführlich besprochen.

Großes Potenzial hat zum Beispiel die Zusammenarbeit in Energiefragen. Insbesondere in den Bereichen erneuerbare Energien und Wasserstoff sehen wir viele Möglichkeiten der Kooperation zwischen Deutschland und Spanien, durch die wir die Dekarbonisierung unserer Wirtschaften beschleunigen und gleichzeitig Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit erhalten können.

Zudem stellt mit Blick auf die Sicherung der Energieversorgung der Aufbau einer Pipeline-Infrastruktur ein zentrales Element dar. Durch MidCat könnten die Iberische Halbinsel und Mitteleuropa für den künftigen Transport von Wasserstoff verbunden werden. Ich werbe ausdrücklich dafür, dass wir diese Verbindung schaffen.

Klar ist, dass wir in einer besonderen Situation sind; denn der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat nicht nur Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine und nicht nur den Tod vieler Menschen zu verantworten, sondern auch die Zerstörung von Infrastruktur, Städten und Dörfern in der Ukraine. Das ist ein Krieg, der nicht auf die Teilnehmer dieses Krieges und die Ukraine beschränkt bleibt. Das ist ein Krieg, der Auswirkungen in der ganzen Welt, in Europa und auch bei uns hat. Das gilt insbesondere für Fragen der Energiesicherheit. Pedro Sánchez hat schon darauf hingewiesen, dass die Lage in Spanien und in Deutschland unterschiedlich ist.

Wir haben in größter Geschwindigkeit Entscheidungen getroffen, die dazu beigetragen haben, dass wir unsere Energiesicherheit gewährleisten können: mit dem Import von Gas über die westeuropäischen Häfen, beispielsweise auch in Frankreich, mit dem Aufbau neuer Importinfrastrukturen in den norddeutschen Häfen, mit der Speicherung von Gas - unsere Speicher sind zu über 90 Prozent gefüllt -, mit dem Wiederanfahren von Kohlekraftwerken sowie mit der Nutzung süddeutschen Nuklearkraftwerke.

Es geht aber nicht nur darum, die Sicherheit schnell und langfristig zu gewährleisten, indem wir eng zusammenarbeiten, sondern auch darum, dafür zu sorgen, dass die hohen Energiepreise, die jetzt und in den nächsten Jahren zu befürchten sind, nicht so hoch bleiben und wieder heruntergehen. Deshalb werden wir eng an dem Ziel zusammenarbeiten, die Strompreise sowie die Preise für Heizenergie und Gas zu senken. Das gilt insbesondere dafür, dass der weltweite Preis für Gas wieder sinken wird. Das werden wir nur in enger Kooperation in Europa, aber auch mit anderen Importeuren und sicherlich auch in enger Kooperation mit den neuen Importeuren von Gas aus aller Welt schaffen, die wir für unsere Volkswirtschaften benötigen.

Gleichzeitig müssen wir eng zusammenarbeiten, um über die Regeln, die wir in Europa haben, dafür zu sorgen, dass die Preise für Strom sinken und auch die Gaspreise nach unten gehen und wir in der Lage sind, unsere Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen, solange die Preise nicht genügend gesunken sind.

Das ist das, was wir gemeinsam tun und was wir auch in der Zukunft miteinander vorantreiben werden. Dass wir bezahlbare Energie gewährleisten, ist ein ganz, ganz wichtiges gemeinsames Anliegen unserer beiden Regierungen.

Wie eng unsere Beziehungen sind, hat sich an den von Pedro Sánchez bereits erwähnten gemeinsamen Treffen gezeigt. Pedro hat an unserer Kabinettsklausur in Meseberg in Deutschland teilgenommen, bei der wir über Fragen der Nationalen Sicherheitsstrategie beraten haben. Das ist gewissermaßen ein deutsch-spanisches Jahr. Ich glaube, das ist keine Übertreibung.

Wir freuen uns auch über den Staatsbesuch Seiner Majestät König Felipe in Deutschland.

Spanien ist Gastland der Frankfurter Buchmesse und wird dort Entwicklungen und Strömungen im literarischen und kulturellen Leben Spaniens präsentieren.

Das alles zeigt: Unsere Beziehungen sind außergewöhnlich dicht und außergewöhnlich nachhaltig. Wir wollen diese Partnerschaft zum Wohle unserer beiden Länder und Bevölkerungen, aber auch für Europa insgesamt einsetzen - für ein starkes, souveränes und zukunftsfestes Europa.

Frage: Meine erste Frage richtet sich an Präsident Sánchez. Deutschlands Ankündigung eines bis zu 200 Milliarden Euro schweren Gaspreisschutzschirms hat in Europa für viel Unruhe gesorgt. Es besteht die Sorge, dass sich ein reiches Land wie Deutschland eine solche Unterstützung leisten kann, aber andere vielleicht nicht, und dadurch der Wettbewerb verzerrt wird. Teilen Sie diese Sorge?

Sie beide gefragt: Was wäre denn Ihrer Ansicht nach der richtige Weg, um eine bezahlbare Energieversorgung für Bürger und Firmen zu gewährleisten? Ganz konkret: Kann ein dynamischer Preiscap auf Gasimporte die richtige Lösung sein?

MP Sánchez: Zuerst einmal ganz herzlichen Dank für die Fragen, die Sie gestellt haben. - Ich glaube, aufgrund der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges, auch wenn er natürlich alle Länder betrifft, ist deutlich, dass einige Länder, die eine noch größere Abhängigkeit von Gas und Kohlenwasserstoffen haben, die aus Russland kommen, noch stärker betroffen sind, andere weniger. Spanien hat aus geschichtlichen und geografischen Gründen eine größere Vielfalt auch an Zulieferern für Kohlenwasserstoffe und vor allen Dingen natürlich für Gas. Das war in Deutschland nicht unbedingt der Fall. Natürlich hat die Bundesrepublik festgestellt, und man sieht es ja auch, dass Deutschland diese Abhängigkeit in Rekordzeit abgebaut und zurückgefahren hat, auch vor dem Hintergrund einer historischen Abhängigkeit von dem russischen Erdgas. Deswegen haben wir durchaus Sympathie für die Situation und Verständnis für die Situation, die Deutschland gerade erlebt, auch aufgrund der größeren Auswirkungen, die dieser Krieg auf die Industrie und die Volkswirtschaft in Deutschland hat.

Zweitens muss man festhalten: Es ist die größte Volkswirtschaft. Deswegen haben wir alle ein Interesse daran, dass es Deutschland gut gehen möge.

Der dritte Punkt, den ich hervorheben möchte, ist, noch einmal das hervorzuholen, was wir während der Pandemie gelernt haben. Da haben wir nämlich gelernt, dass diese nationalen Antworten natürlich notwendig sind, aber auch die europäischen Antworten. Dann muss man etwas ganz Wichtiges verstehen, nämlich, auf Englisch, das „level playing field“. Wir haben diesen Binnenmarkt, und das bedeutet, dass wir in dieser Krise Länder mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Ausgangssituationen haben. Was wir sicherstellen müssen, ist, dass das Funktionieren des Binnenmarktes dadurch nicht beeinträchtigt wird, sondern dass es gestärkt wird. Ich denke, dass der Bundeskanzler das ganz ähnlich sieht. Wir haben eine europäische Antwort, die gebraucht wird, auf eine Krise, die asymmetrisch auch unterschiedliche Länder betrifft, und wir müssen eine der wesentlichen Errungenschaften Europas schützen, nämlich diesen Binnenmarkt und sein gutes Funktionieren.

Bezüglich der zweiten Frage glaube ich, dass Spanien vom ersten Augenblick an sehr deutlich in Bezug darauf gewesen ist - auch vor der Invasion -, im September letzten Jahres eine Debatte über die Notwendigkeit zu führen, eine Strukturreform des Strommarktes in Europa durchzuführen. Die Positionen sind da sehr klar. Wir haben auch veröffentlicht, was unsere Haltung dazu ist und welche Vorschläge wir in dieser Hinsicht haben. Ich glaube auch, dass der Schritt, der beim letzten Energierat der Regierungen durchgeführt wurde, indem zum Beispiel grünes Licht dafür gegeben wurde, dass der Preis von dem Gaspreis abgekoppelt wird, ein wichtiger Schritt ist, um die Möglichkeit zu sehen, dass wir hier eine Begrenzung des Gaspreises sehen, damit wir natürlich auch nicht die Zufuhr von Gas nach Europa abwürgen. Das muss also richtig sein. Deswegen haben sich die unterschiedlichen Energieminister - unter anderem auch der der Regierung Spaniens - darüber ausgetauscht und verständigt.

BK Scholz: Auch meinerseits schönen Dank für die Frage! - Zunächst einmal ist es so, dass wir mit all den Entscheidungen, die wir getroffen haben, um die Sicherheit der Energieversorgung in Deutschland zu gewährleisten, zugleich sehr viele weitreichende Entscheidungen getroffen haben, um die Energieversorgungssicherheit für ganz Europa zu gewährleisten; denn die neu ausgebauten Terminalkapazitäten und die auch in Zukunft weiter auszubauenden Terminalkapazitäten an den westeuropäischen Häfen in den Niederlanden, Belgien und Frankreich, die ausgebauten Pipelinekapazitäten, die neuen Infrastrukturen an den norddeutschen Küsten in Wilhelmshaven, in Stade, in Brunsbüttel und in Lubmin an der Ostsee werden nicht nur dazu dienen, dass Deutschland Gas für sich selbst importiert, sondern sie werden uns auch in die Lage versetzen, über das deutsche Pipelinenetz viele unserer Nachbarn mitzuversorgen, zum Beispiel die Tschechische Republik, die Slowakei, Österreich und noch viele mehr, die weiter entfernt davon liegen, aber diesen Transportweg benötigen und anders als wir gar keine Küsten haben.

Wir haben eine Fehlentscheidung der letzten Jahrzehnte korrigiert, dass es unabhängig von den Pipelineverbindungen, die uns mit Russland verknüpft haben, keine Infrastruktur für den Import von Gas gab. Aber wir haben genau die jetzt in großem Tempo errichtet und sind dabei, das weiter zu tun. In dem Augenblick, in dem wir das machen, trägt das sowohl zu unserer eigenen Energieversorgungssicherheit als auch zur europäischen und zu der vieler weiterer Nachbarländer bei. Gleichzeitig ist das ein Hinweis auf die Zukunft; denn diese Importinfrastrukturen werden wir auch nutzen können, wenn es zukünftig um Wasserstoff geht. Das ist also eine Entscheidung, die weit reicht und nicht nur für die nächsten Jahre hilfreich ist und insofern wichtig ist.

Die Entlastungspakete, die wir auf den Weg gebracht haben, sind notwendig, weil wir einerseits dafür sorgen müssen, dass die Preise für Strom und für Gas, die es auf den Weltmärkten und durch die Architektur der Märkte gibt, sinken. Aber gleichzeitig müssen wir natürlich dafür sorgen, dass wir in diesem Augenblick übergangsweise unterstützen, solange sie noch nicht eine Größenordnung erreicht haben, bei der die Bürgerinnen und Bürger die Rechnung bezahlen können, die ihnen von den Versorgungsunternehmen präsentiert wird und bei der die Unternehmen ihre Produktionstätigkeit nicht fortsetzen können, wenn die Preise zu hoch sind. Wir sind damit auch nicht allein; das machen auch viele andere. Das gehört genau eingeordnet in das längst bekannte und genutzte Rahmenprogramm der Europäischen Union, wie die einzelnen Staaten ihre Bürgerinnen und Bürger unterstützen dürfen.

Deshalb ist es ganz, ganz wichtig, dass wir jetzt in nächster Zeit vor allem daran arbeiten, wie wir die Resilienz und Souveränität Europas stärken. Ich glaube, das wird ein großes Thema sein. Ich habe es eingangs schon erwähnt und will es hier noch einmal wiederholen: Wie bekommen wir es hin, dass die Gaspreise zum Beispiel wieder sinken? – Das wird nur in engster Kooperation vieler Länder gelingen, der Länder, die Gas produzieren und auf dem Weltmarkt verkaufen, und der Länder, die die Nachfrage haben. Hoch sind die Preise nicht nur in Europa und an der niederländischen Börse, wo gehandelt wird, hoch sind sie auch in Korea und Japan. Die Börsenpreise, die dort festgestellt werden, sind auch nicht viel anders; ein wenig niedriger, aber nicht so, dass das wirklich Größenordnungen sind, die vernünftig sind. Darum bleibt das unsere Aufgabe: Wie bekommen wir durch die Politik, die wir miteinander entfalten, diese Preise herunter? – Das ist der wichtigste Beitrag zur Solidarität, den wir leisten können.

Wir haben im Übrigen viele weitere Entscheidungen getroffen, die alle Staaten in die Lage versetzen, das Notwendige zu tun, und werden das auch weiter machen.

Frage: Ich habe eine Frage an beide. Haben Sie das Thema der Teilnahme Spaniens an dem europäischen Raketenschutzschild, die vorgeschlagen wird, heute angesprochen? Ist das für Sie, Herr Scholz, auch etwas, das Sie Herrn Sánchez vorschlagen wollen?

Ist der Antimilitarismus von Podemos vielleicht eine Einschränkung in dieser ganzen Frage? Haben Sie vielleicht auch die Sorge, die einige Koalitionsmitglieder in den letzten Stunden natürlich auch ausgesprochen haben, was den Haushaltsplan für 2023 anbelangt, nämlich bezüglich der Einstellung der entsprechenden Mittel für die europäischen Projekte?

Was die Wahlen in Italien angeht: Sind Sie besorgt, weil natürlich auch in diesen Ländern die Rechte aufsteigt und das eine Wirkung haben kann?

MP Sánchez: Danke, Paula, für diese Fragen! Ich werde versuchen, das möglichst zusammenzufassen.

Zuerst einmal, was den Raketenschutzschirm anbelangt: Das ist natürlich etwas, das in den Medien auch schon für Wellen gesorgt hat. Aber die Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien, die wir haben - sowohl in bilateraler Hinsicht als auch in europäischer Hinsicht als auch in Nato-Hinsicht -, sind außergewöhnlich und sind vielfältig. Deswegen haben wir dieses Thema nicht speziell behandelt. Wir haben natürlich das Gespräch zwischen beiden Führungspersönlichkeiten geführt, aber was die Debatte angeht, werden wir die Frage natürlich genau studieren.

Was die anderen Fragen anbelangt, glaube ich, müssen wir uns natürlich immer an das Naheliegende erinnern. Aber naheliegend ist natürlich, dass die spanische Regierung in einer in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht so komplexen Gemengelage gestern im Ministerrat einen neuen Haushalt für dieses Land verabschiedet hat.

Ich würde das eigentlich in drei Punkten zusammenfassen, erst einmal im Punkt der Stabilität. Das ist der dritte Haushalt, den diese Koalitionsregierung in einer Legislaturperiode vorlegt, in der wir wirklich einige Herausforderungen hatten. Wir hatten die Pandemie, wir hatten sehr schlechte klimatechnische Phänomene, und jetzt haben wir diesen Krieg um die Ukraine, die diese Tragödie natürlich unmittelbar erlebt, aber im weitesten Sinne erleben sie aufgrund der Nahrungsmittelkrise und der Energiekrise natürlich auch wir Europäer und die ganze Welt. Ich denke also, dass die Stabilität hier ein Vorteil ist, etwas Gutes, das die Regierung dem Land auch in Zeiten unglaublicher Unsicherheit und unglaublicher Komplexität der internationalen Lage bietet.

Der zweite Punkt ist Schutz. Wir legen einen Haushalt mit sozialen Investitionen auf, die in unserer Geschichte noch nie dagewesen sind. Das wird auch der Mehrheit in unserem Land zugutekommen.

Dann geht es vor allen Dingen auch um Treue in einer Situation, in der sich sämtliche Alliierte natürlich verpflichten müssen, den internationalen Abkommen nachzukommen. Das sind natürlich Abkommen und Verpflichtungen, die nicht nur transatlantischer Natur sind, sondern die wir auch gegenüber der Europäischen Union eingegangen sind. Dieses sehr großartige Abkommen, das wir getroffen haben, nämlich das über den Strategischen Kompass, wie er genannt wird, ist natürlich eine Verteidigungspolitik, die die Europäische Union in den kommenden Jahren stärken wird. Insofern Stärkung, Stabilität und Treue in dieser Hinsicht!

In dieser Hinsicht glaube ich, dass alle Regierungen eine Herausforderung haben, nämlich die Herausforderung, die Mittelschicht und die Arbeitnehmer zu schützen, die so viele große Schwierigkeiten innerhalb so kurzer Zeit erlebt haben. Wir sind jetzt gerade aus der Pandemie herausgekommen und in einer Zeit, die vollkommen anders ist, radikal anders ist, in der wir politische, humanitäre, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen in ganz Europa sehen. Das ist etwas, das wir seit dem Zweiten Weltkrieg in Europa so noch nicht erlebt haben. Deswegen müssen wir natürlich mit der sozialen Mehrheit in unserem Land zusammenarbeiten, die wie auch in Europa müde von den ganzen Krisen ist. Deswegen müssen wir Reaktionen zeigen und Lösungen aufzeigen, die auf Solidarität und Gleichbehandlung fußen.

BK Scholz: Zunächst einmal will ich gerne bestätigen und unterstreichen, dass wir das Thema des Schutzschildes gar nicht angesprochen haben. Das stand auch gar nicht an; denn tatsächlich handelt es sich dabei um eine Maßnahme, die etwas mit deutscher Verteidigungspolitik für Deutschland zu tun hat. Wir werden das machen, für Deutschland, mit modernsten Technologien und auf verschiedenen Ebenen: der kleinen Ebene, der mittleren, noch einer darüber und dann einer großen. Vier Schichten werden also diesen Schutzschirm für die Verteidigung gegen Angriffe aus der Luft ausmachen, und das ist ein Teil des Programms, das wir mit unseren zusätzlichen Mitteln finanzieren, die wir mit dem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro möglich machen. Das ist für Deutschland auch dringend notwendig im Hinblick auf die unmittelbare Bedrohung aus unserer Nachbarschaft.

Gleichzeitig ist klar: Wenn wir das für uns entscheiden, dann ist das immer etwas, was unseren unmittelbarsten Nachbarn nützt, weil das einfach mit der Technik verbunden ist, und gleichzeitig etwas ist, was dazu einlädt, dass wir dann unmittelbar mit ihnen kooperieren, wenn sie es wollen, damit nicht jeder etwas anderes anschafft, sondern das zusammenpasst. Aber das ist ein Projekt für viele, viele Jahre, und deshalb ist das eine Debatte, von der ich auf meinem Hinflug gelernt habe, dass sie hier stattfindet, aber überrascht war; das will ich gerne dazu sagen. Das ergibt sich nicht aus den Plänen, die wir konkret haben, die sich unmittelbar aus der konkreten eigenen Bedrohungslage ergeben.

Was die Frage betrifft, die Sie als zweite gestellt haben, will ich sehr klar sagen: Es geht darum, dass unsere Gesellschaften zusammenhalten. Für mich ist Respekt das Wesentliche und das, was die Zukunft unserer Gesellschaften tragen muss, nämlich dass wir nicht den Eindruck entwickeln, als ob sich die Welt nur nach den Kriterien derjenigen richtet, die die höchsten Gehälter und die längsten Ausbildungen haben, sondern dass sie sich auch nach denen richtet, die die Arbeit vor Ort machen, ob nun mit beruflicher Ausbildung oder ohne, die jeden Tag schwer dafür sorgen, dass unsere Länder funktionieren, die gute Löhne verdient haben, die verdient haben, dass sie Sicherheit haben, und die auch wissen müssen, dass die Zukunft mit ihnen ist. Deshalb gehört zum Respekt nicht nur diese Frage einer guten Politik für gute Löhne und für gute Arbeitsperspektiven, sondern auch eine sehr belastbare, glaubwürdige Vision für die Zukunft unserer Gesellschaften. Das, was wir hier diskutieren - die Zukunft der Digitalisierung, die Zukunft der Industrie, die CO2-neutral wirtschaftet -, ist damit immer auch gleich eine Botschaft an alle, die in den Fabriken unserer Länder arbeiten, dass sie sicher sein können, dass in zehn, 20 oder 30 Jahren sie oder ihre Kinder und Enkel gute und gut bezahlte Arbeitsplätze in unseren Ländern haben werden. Beides zusammen ist das, was für die Zukunft des Zusammenhalts unsere Gesellschaften von größter Bedeutung ist. Mein Eindruck ist: Beide Regierungen haben sich das zum Programm gemacht, und das ist ja schon einmal gut.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben vorgestern mit dem französischen Präsidenten gesprochen. Bislang hat sich Herr Macron ablehnend gegenüber dem deutsch-spanischen Pipelineprojekt Midcat geäußert. Welche Möglichkeiten sehen Sie noch, gemeinsam mit dem spanischen Ministerpräsidenten Sánchez auf eine Änderung dieser französischen Position hinzuwirken? Falls Frankreich den Bau der Pipeline durch die Pyrenäen verhindert, werden Sie einen Bau durch das Mittelmeer anstreben?

Ministerpräsident Sánchez, bei uns in Deutschland gibt es eine Debatte über die Lieferung von spanischen Panzern aus deutscher Produktion an die Ukraine. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Deutschen Bundestag, Anton Hofreiter, sagt, Spanien würde gerne liefern, dies werde aber von der Bundesregierung untersagt. Der Parlamentarier sagt, er habe dazu belastbare Informationen aus der spanischen Regierung, die ihm persönlich genannt wurden. Stimmt das?

MP Sánchez: Nun, dieser Journalist hat offensichtlich mehr Informationen als die spanische Regierung selbst! – Was wir, Scherz beiseite, immer wieder wiederholt haben, ist: Sämtliche Vorschläge und sämtliche Anträge, die aus der Ukraine kommen, werden von der spanischen Regierung genau geprüft. Das versteht sich von selbst. Wir haben zu jedem Zeitpunkt, wenn wir gefragt worden sind, wiederholt, dass wir die Ukraine auf allen Ebenen unterstützen, was das Humanitäre angeht, was die Flüchtlinge angeht - wir haben in Spanien auch 140 000 ukrainische Flüchtlinge, die die gleichen Rechte wie andere auch haben - und natürlich auch, was das Militärische angeht. Für Spanien ist das natürlich auch eine außergewöhnliche Anstrengung und etwas bisher noch nicht Dagewesenes. Wir haben bis heute 300 Tonnen an Militärgütern geliefert. Einfach nur, damit Sie das wissen: Für die spanischen Kapazitäten ist das eine historische, noch nie dagewesene Anstrengung. Natürlich gibt es diese zusätzlichen Herausforderungen an den Grenzen Europas.

Was die letzten Sendungen angeht: Wir haben Raketenabwehrsysteme, Ausrüstung für den Winter und auch Panzerfahrzeuge geliefert. Außerdem arbeiten wir darüber hinaus, wie die Ministerin für Verteidigung ja auch gesagt hat, an der Grundausbildung der ukrainischen Streitkräfte. Wir beteiligen uns mit neun Prozent beziehungsweise 2,5 Milliarden Euro an dem europäischen Friedensfonds. Ich denke, dass sich Spanien in Solidarität mit der Ukraine stellt – mit den Möglichkeiten, die wir in unserem Land einfach haben.

BK Scholz: Schönen Dank! - In der Tat ist es so, dass die deutsche und die spanische Regierung in allen Fragen eng und sehr vertrauensvoll miteinander zusammenarbeiten, und wir haben beide sehr weitreichende Maßnahmen ergriffen, um die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf zu unterstützen. Ich will, was Deutschland betrifft, sagen: Ich glaube, dass es ohne die sehr umfassenden Lieferungen an Artilleriewaffen und die umfassenden Lieferungen an Luftverteidigungssystemen wahrscheinlich nicht gelungen wäre, so weit zu kommen. Die Mehrfachraketenwerfer, die Deutschland zusammen mit den USA und Großbritannien zur Verfügung gestellt hat, sind hocheffizient in der ganz konkreten Situation zur Verteidigung von Integrität und Souveränität im Osten der Ukraine. Deshalb können sich alle darauf verlassen, dass wir eng zusammenarbeiten, und für uns alle gilt: Es gibt keine Alleingänge. Wir machen das immer miteinander, zusammen, und das wird unsere Politik miteinander auch für die Zukunft bestimmen.

Was die Frage der Interkonnektoren betrifft, ist dies eine Antwort, die ich zum einen ganz allgemein und dann noch einmal konkret geben will. – Ich glaube, wir brauchen in Europa mehr Verbindungen. Es hat sich jetzt ja herausgestellt: Manche Verbindungen sind vielleicht nicht jeden Tag wirtschaftlich, aber sie können es jeden Tag werden. Es dauert zu lange, sie dann zu errichten, wenn die Situation da ist, in der man gewissermaßen aufeinander angewiesen ist und einander helfen will, weil die eingefahrenen Transportinfrastrukturen für bestimmte Energieträger - in diesem Fall für Gas - nicht funktionieren. Dann braucht man andere. Das ist eine Frage, mit der sich jetzt zum Beispiel viele Länder im Osten Europas intensiv herumschlagen; wir uns ja auch. Ich habe über diese intensive Investitionsentscheidung berichtet, die wir innerhalb kürzester Zeit und mit einem noch nie dagewesenen Tempo getroffen haben, LNG-Terminals an den norddeutschen Küsten zu errichten. Es wäre gut, wir hätten sie schon, und so ähnlich ist es für viele andere auch. Insofern ist es von Bedeutung, dass wir das haben.

Was die konkrete Pipeline betrifft, glaube ich, ist es unsere gemeinsame Perspektive, dass wir das immer in Freundschaft und Kooperation auch mit Frankreich gerne machen, und wir haben nicht den Eindruck, dass das ausgeschlossen ist.

Frage: Ich werde jetzt über wirtschaftliche Themen sprechen. Ich habe eine Frage an beide zu den Steuerregeln. Nach den Worten, die wir jetzt gehört haben, sind Deutschland und Frankreich dabei, an den Haushaltsregeln zu arbeiten. Was die 200 Milliarden Euro in Deutschland angeht: Glauben Sie, dass das eine Verzerrung des Binnenmarktes ist? Bedroht das möglicherweise auch die europäische Situation?

Die Banco de España hat die Vorhersagen bezüglich dessen, was die Regierung vorgelegt hat, eher reduziert. Glauben Sie, dass das, was gestern vorgelegt worden ist, möglicherweise etwas optimistisch ist, also auf optimistischen Aussichten beruht, und dass dadurch möglicherweise auch der gerade vorgelegte Haushalt bedroht wird?

BK Scholz: Zunächst zu der Frage mit den 200 Milliarden Euro: Wenn ich das richtig gesehen habe, ist es so, dass sich das einreiht in die Hilfsprogramme, die andere haben. Spanien hat schon sehr lange die Preise unterstützt, Frankreich tut es schon immer, die Niederlande machen das auch und haben gerade ein neues Programm verkündet. Das gilt eigentlich für alle um uns herum und sogar, wenn wir ein bisschen über die EU hinweggucken nach Großbritannien - wir finden das überall. Es gibt niemanden, fast niemanden, der so etwas nicht macht, und jedes Programm ist unterschiedlich.

Vielleicht ist es wichtig zu sehen, dass das, was wir hier vorgelegt haben, ein Programm für die Jahre 2022/23/24 ist, und wenn man das so einordnet, dann passt das ganz genau in das gesamte Gefüge sämtlicher Entscheidungen, die auch anderswo in Europa getroffen worden sind. Deshalb will ich hier noch einmal betonen - das ist aus meiner Sicht die zentrale Herausforderung -: Dass alle so etwas machen und auch machen können, dafür haben wir gemeinsam Sorge getragen, auch mit den europäischen Regeln. Gleichzeitig geht es natürlich darum, alles dafür zu tun, dass die Preise nach unten gehen - durch die Entscheidungen, die wir für das Marktdesign im Strommarkt haben, durch die Entscheidungen, die wir treffen, um sicherzustellen, dass die globalen Gasmärkte so sind, dass Angebot und Nachfrage ausgeglichen sind und die Preise ordentlich nach unten gehen. Das muss ja die Zielsetzung sein, die wir miteinander verfolgen.

MP Sánchez: Vielen herzlichen Dank für diese Fragen! Angesichts dessen, dass wir hier in der Pressekonferenz sind, werde ich die Gelegenheit wahrnehmen, noch etwas zu dem, was der Herr Bundeskanzler zu den Interkonnektoren gesagt hat, hinzuzufügen. Die Interkonnektoren sind eine Verpflichtung, die von den betroffenen Ländern eingegangen wird, und zwar bei einem Gipfel 2015 in Madrid, als ich noch nicht Ministerpräsident war und auch Emmanuel Macron noch nicht Präsident von Frankreich war.

In Lissabon sind wir dann mit Premierminister Costa und mit dem Energiekommissar der damaligen Zeit, aber auch mit der Europäischen Investitionsbank und dem Präsidenten Frankreichs, Herrn Macron, einige Verpflichtungen eingegangen, und die sind sehr klar: 2020 sollten wir bereits Interkonnektoren haben, die 10 Prozent darstellen, und 2030 15 Prozent. Wir sind noch nicht bei 10 Prozent angekommen, wir sind auch noch nicht bei 8 Prozent angekommen, und auch noch nicht bei 7 Prozent - wir sind noch darunter, und zwar unter 5 Prozent - eher bei 3 als bei 4 Prozent sogar.

Klar, in einem internationalen Kontext, wo der Frieden herrscht, wo Ruhe herrscht, wäre das vielleicht ein Grund zu ein wenig Sorge, aber nicht mehr. Aber jetzt haben wir in Spanien eine Gasifizierungskapazität, die wir Europa gerne zur Verfügung stellen wollen. Das Paradoxe ist allerdings, dass wir eine Energieinsel sind, weil wir nicht diese Interkonnektoren haben. Aber wir haben natürlich auch eine europäische Ambition und ein Ziel, und natürlich wollen wir, dass wir als iberische Halbinsel auch in diesen kritischen Markt integriert sind. Das ist gut für Frankreich, das ist gut für Deutschland, das ist gut für Europa, und ganz sicherlich würde es uns Europäern insgesamt vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Lage eine größere Ruhe geben, weil wir mehr Alternativen im Energiebereich hätten.

Deswegen glaube ich, dass dieser Wasserstoffkorridor - denn es geht ja nicht nur um den Transport von Erdgas, sondern es geht auch um Wasserstoff - - Spanien setzt sehr stark auf Wasserstoff, und 2030 wollen wir eine Wasserstoffmacht sein. Wir wollen 10 Prozent des gesamten Verbrauchs an grünem Wasserstoff in der Europäischen Union bereitstellen. Alles, was wir tun, ist auf dieses Ziel ausgerichtet, nämlich als Exporteur einer sauberen erneuerbaren Energie aufgestellt zu sein.

Das hat natürlich nichts mit den Beziehungen zwischen Spanien und Frankreich zu tun, sondern das hat eine europäische Dimension. Wenn wir das als Europäer auch so auffassen, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass wir die angemessenste und die schnellste Lösung finden können. Denn uns fehlt bereits die Zeit, und deswegen glaube ich, dass es wichtig ist, hier schnell zu handeln, und dass wir da auch eine umfassende Antwort liefern.

In einer Ihrer anderen beiden Fragen ging es um den Binnenmarkt. Ich habe ja bereits gesagt, dass wir die Entscheidungen der deutschen Regierung respektieren. Im Gegenzug erwarten wir natürlich, dass all diese Lösungen und Entscheidungen, die wir aufs Tapet bringen, um unsere Unternehmen und unsere Bürger zu schützen, solcherart gestaltet sind, dass sie den Binnenmarkt stärken. Ich glaube, darüber hinaus haben wir vor Kurzem in der Pandemie mit den europäischen Fonds ja Erfahrungen gemacht - und natürlich auch mit den anderen Fonds. Der Bundeskanzler war damals ja Finanzminister, und zusammen mit Calviño haben sie diesen europäischen Fonds aufgelegt, um unseren Unternehmen und unseren Arbeitnehmern zu helfen. Spanien befürwortet so wie auch Deutschland diese doppelte Perspektive, also die nationale, aber auch immer die europäische Perspektive.

Was jetzt die Vorhersagen der Banco de España angeht, muss man jetzt noch einmal ganz klar sagen: Das, was die spanische Regierung und die Vizepräsidentschaft, das, was wir vorgelegt haben, ist sehr vorsichtig und ist auch abgestimmt und abgeglichen mit dem, was internationale Organisationen wie der IWF - nämlich zwei Prozent Wachstum - für Spanien vorhergesagt haben. Das ist das, was unsere Zahlen auch unterlegt. Wir machen das, was jede Regierung da machen würde: Wir werden das aktualisieren, und zwar spätestens zum April nächsten Jahres. Dann werden wir natürlich noch einmal die wirtschaftliche Situation in unserem Land begutachten. Sobald wir das dann analysiert haben - das wird im ersten Quartal des nächsten Jahres stattfinden -, kann man das natürlich anpassen - ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger.

Aber was diese Vorhersage der Banco de España zum Ausdruck bringt - genauso wie alle anderen Vorhersagen -, ist, dass Spanien im nächsten Jahr trotzdem wachsen wird. Das hat an sich schon einen sehr großen Mehrwert in einer so komplexen, so vielschichtigen Situation, wie wir sie im Augenblick in der europäischen Volkswirtschaft, aber auch weltweit in der Wirtschaft erleben.

Zusatzfrage: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

MP Sánchez: Ja, ich habe mit dem Minister für Landwirtschaft gesprochen; natürlich hat er das angesprochen. Das Landwirtschaftsministerium arbeitet mit der Europäischen Kommission daran, eine Lösung zu finden.

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