(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)
9 Min. Lesedauer
- Mitschrift Pressekonferenz
- Freitag, 20. Mai 2022
BK Scholz: Ihre Hoheit, ich möchte mich bei Ihnen für den Besuch in Berlin und für das gute und substanzielle Gespräch bedanken, das wir miteinander geführt haben. Ich bin froh, dass wir die Gelegenheit hatten, uns hier ausgiebig über verschiedene Fragen auszutauschen.
In Deutschland wollen wir unsere Energieversorgung ändern, um weniger abhängig von russischen Energieimporten zu werden. Scheich Tamim und ich sind uns einig, dass Katar und die Bundesrepublik im Energiebereich deshalb künftig enger zusammenarbeiten werden. Daher begrüße ich die heute unterzeichnete Energiepartnerschaft. Sie eröffnet viele Möglichkeiten für eine erfolgreiche Kooperation. Im Zuge der Transformation ist Erdgas für einige Zeit noch eine wichtige Brückentechnologie auf dem Weg zur Klimaneutralität. Wasserstoff wird für unsere Wirtschaft eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung unserer Wirtschaft spielen. Katar hat ein enormes Potenzial für erneuerbare Energien und zur Produktion von Wasserstoff. Auch über diese Themen haben wir intensiv miteinander gesprochen.
Katar ist darüber hinaus ein wichtiger Handels- und Investitionspartner in anderen Bereichen der Hochtechnologie und der Wirtschaftstransformation. Auch hier wollen wir unsere Beziehungen vertiefen. Ich freue mich, dass es künftig regelmäßige Konsultationen auf der Ebene unsere Außenminister geben wird.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine war ein wichtiges Thema unseres Gesprächs. Wir waren uns einig, dass die Charta der Vereinten Nationen, Souveränität und internationale Grenzen nicht verletzt werden dürfen. Die Folgen des russischen Angriffskriegs, darunter steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise, stellen uns in Europa ebenso wie im Nahen Osten und weltweit vor große Herausforderungen.
Auch über weitere Fragen haben wir gesprochen, darunter das repressive Regime der Taliban in Afghanistan und zum Beispiel das Anrecht auf gleiche Bildung für Mädchen. Die vermittelnde Rolle, die Katar gegenüber den Taliban und in verschiedenen Konflikten in der Region einnimmt, wird von uns außerordentlich geschätzt.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen auch ausdrücklich für die Unterstützung der katarischen Regierung bei der Evakuierung deutscher Staatsangehöriger sowie afghanischer und internationaler Partner aus Kabul im Sommer 2021 danken.
Ich habe mich gefreut, Sie heute in Berlin begrüßen zu dürfen, und bin mir sicher, dass wir unsere Zusammenarbeit weiter vertiefen werden.
Emir Tamim bin Hamad bin Khalifa Al Thani: Vielen Dank. Exzellenz, Herr Bundeskanzler, es freut mich sehr, heute in der Bundesrepublik Deutschland zu sein und Sie heute getroffen zu haben, Herr Bundeskanzler Scholz.
Die Beziehungen zwischen dem Staat Katar und Deutschland sind herausragend. Es sind strategische Beziehungen. Sie sind vielfältig und schließen mehrere Bereiche ein: Investitionen, Politik, Wirtschaft. Wir haben heute unsere herausragenden bilateralen Beziehungen und auch die Möglichkeiten der weiteren Förderung und Vertiefung einschließlich der Bereiche von Bildung, Wirtschaft, Investitionen, Energie und Verteidigung besprochen. Darüber hinaus haben wir die jüngsten internationalen Entwicklungen besprochen und auch Themen beiderseitigen Interesses.
Katar ist einer der größten Investoren in Deutschland, und wir wollen unsere Investitionen in Deutschland in den kommenden Jahren erhöhen.
Ich will auch meine Freude über das erneut gestiegene Handelsvolumen ausdrücken. Mittlerweile beträgt es über drei Milliarden Dollar. Wir haben in letzter Zeit originale Büros von Volkswagen und dem Verband der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Doha eröffnet.
Ich habe auch die Bereitschaft und die Freude Katars über die Ausrichtung der kommenden WM ausgedrückt. Wir freuen uns auch auf die deutschen Gäste. Denn bisher wurden 600 000 Karten von deutscher Seite beantragt, um den Spielen beizuwohnen.
Viele Faktoren der Außenpolitik schließen Deutschland und Katar ein, auch die Vermittlerrolle und die Unterstützung der verschiedenen Konfliktparteien hin zu einer friedlichen und endgültigen Lösung. Wir schätzen auch die Unterstützung von deutscher Seite für die Friedensgespräche unter katarischer Beteiligung an mehreren Orten, unter anderem mit Blick auf Afghanistan und Tschad.
Wir haben ebenfalls die Bemühungen Katars in Afghanistan besprochen und die Evakuierung Tausender ausländischer Bürger an verschiedene Orte. Wir sind uns darüber einig, dass es weiterhin große Herausforderungen gibt, die eine internationale Kooperation erfordern, um der afghanischen Bevölkerung ein Leben in Würde zu gewähren. Wir sind froh und stolz auf die erfolgte Evakuierung von ungefähr tausend deutschen Bürgern und mehreren Personen, die in Afghanistan für die Bundesrepublik Deutschland gearbeitet haben. Es gibt auch die Entwicklungen im Nuklearkonflikt mit dem Iran. Das entspricht auch dem Ansatz Katars hin zu einer friedlichen Lösung. Noch einmal herzlichen Dank!
Frage: Meine Frage an Seine Hoheit, den Emir von Katar: Was sind nach dem letzten Besuch im Iran und den Gesprächen über den Nuklearkonflikt die jüngsten Ergebnisse, insbesondere bezüglich der Intensivierung der katarischen Vermittlung unter Zusammenarbeit mit den Freunden in den USA und Europa?
Emir Tamim bin Hamad bin Khalifa Al Thani: Wir haben die Wichtigkeit und die Bedeutung des Nuklearabkommens JCPOA zwischen Katar, den EU-Staaten und den USA besprochen, um eine friedliche Lösung zu finden. Wir sind von Natur aus optimistisch, wenn es um Dialog geht. Aber wir sind keine offiziellen Vermittler. Wir streben aber ständig an, alle Konflikte friedlich zu lösen, auch wenn wir nicht diese offizielle Vermittlungsrolle innehaben, und wir hoffen natürlich, eine friedliche Lösung dafür zu finden. Das, eine friedliche Konfliktlösung, entspricht unserer allgemeinen Politik in der Golfregion in unserer Zusammenarbeit mit Iran. Es muss ein umfangreiches und umfassendes Abkommen mit Iran geben, um alle Konfliktpunkte lösen zu können. Wir hoffen auf ein baldiges Abkommen zwischen allen Parteien. Wenn Katar offiziell gebeten wird, eine Vermittlerrolle zu spielen, so sind wir dazu bereit.
Frage: Ich habe eine Frage an Ihre Exzellenz. Katar ist ein sehr kleines Land, aber ein sehr großer Player auf geopolitischer Ebene, im Sport und was Investments angeht. Mit dem Gasdeal wird Katar noch einflussreicher. Woher kommt Ihr Ehrgeiz? Was treibt Sie an?
(Ab hier nicht stenografierte Mitschrift auf Grund fehlender Übersetzung):
Emir Tamim bin Hamad bin Khalifa Al Thani:
There is a big passion about sport in my country. We are very proud about hosting the world cup in november. Gas, we have been investing in LNG. We are very proud, that hopefully the gas expension that will be ready by 2026. The energy security ist very important. Gas is playing a very vital role. And it’s gonna be very important for the transition period as well. So, this is an investment that is very important for us. And we are looking forward as well, that especially in the gas sector to explore new markets. Europe is a very interesting market and we discussed with the chancellor this morning how to develope this relationship with europe. We understand, that the energy crisis is been there for a while. It’s got even deeper after the war in europe, but it was also before the war in europe. We are very happy and proud, that we could contribute on the stability on the energy market.
(Ab hier stenografierte Mitschrift):
Frage: Meine Frage an den Bundeskanzler: Wie sehen Sie die Zukunft der katarisch-deutschen Beziehungen? Wie kann dieser Besuch dazu führen, die Beziehungen in diesen Bereichen zu vertiefen?
BK Scholz: Wie wir beide eingangs ja schon gesagt haben, sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Katar sehr gut und entwickeln sich weiter. Es gibt sehr viele Felder, auf denen wir eng miteinander zusammenarbeiten. Ich habe einige in meinem Eingangsstatement erwähnt. Dazu gehört natürlich auch die enge Kooperation im Zusammenhang mit der Bewältigung von Konflikten in der Region. Das Thema Afghanistan habe ich schon erwähnt. Da ist es unverändert wichtig, dass wir eng miteinander kooperieren, und das ist auch möglich. Die Vergangenheit hat das gezeigt, und die Zukunft wird das auch weiter zeigen.
Natürlich sind wir wirtschaftlich eng miteinander verbunden, nicht nur wegen der Frage, die jetzt viele bewegt, nämlich die Frage der Gasexporte, sondern auch wegen Investitionen aus beiden Ländern in beide Länder. Das nimmt auch weiter zu und ist ein Ausdruck von guten wirtschaftlichen Beziehungen, die dort stattfinden. Wir würden das gerne weiterentwickeln.
Natürlich spielt die Frage der Energiesicherheit für uns eine ganz zentrale Rolle. Deutschland wird seine Infrastrukturen so entwickeln, dass wir in der Lage sind, neben dem Pipelinegas, das wir bisher bekommen haben, auch in ausreichender Menge Gas mit dem Schiff als Flüssiggas importieren zu können. Das ist ein großer, großer Fortschritt. Dabei spielt Katar eine zentrale Rolle in unserer Strategie.
Wir haben dabei übrigens auch festgestellt, dass das etwas ist, das über Deutschland hinausreicht. Denn tatsächlich sind es ja mehrere Länder, die keine Küstenlinie in Europa haben, die gerne über die norddeutschen Häfen selber ihre Gasversorgung diversifizieren wollen. Dabei spielt Katar dann auch eine gute Rolle.
Eines der großen Themen, die uns umtreiben, ist zuletzt durch die Frage angesprochen worden, die wir auch schon hatten, nämlich wie das mit dem Iran-Abkommen vor sich geht. Wir hoffen, dass die Vereinbarungen, die nun möglich sind und auf dem Tisch liegen, auch endlich abgeschlossen werden, und freuen uns sehr darüber, wenn alle von allen Seiten den Vorschlag machen, das jetzt auch abzuschließen, damit das nicht eine Möglichkeit bleibt, die an uns vorbeigeht.
(Ab hier nicht stenografierte Mitschrift auf Grund fehlender Übersetzung):
Frage:
His Excellency, I wanna ask about the gas. Will you pledge a fixed quantaty of gas? And if so, how much? And concerning the world cup, you said, you looking forward to the german guests. Are you also looking forward to the homosexuell guests? Or do they have to stay home?
Herr Scholz, Sie hatten das repressive Regime in Afghanistan angesprochen. Das gibt es ja auch in Katar, zum Beispiel für schwule Menschen. Kann die deutsche Nationalmannschaft an einer WM in einem Land teilnehmen, in dem die Rechte von Homosexuellen mit Füßen getreten werden?
Emir Tamim bin Hamad bin Khalifa Al Thani:
First of all your first question, we have a gas expension that will be hopefully first delivery 2026/2027. What ever we can provide for energy security in europe, we make sure, that we could provide.
To the other question: Everybody is welcome in Doha. We do not stop anybody from coming to Doha, with any different background, any different believe. Qatar is a very welcoming country. We have millions of people, that come and visite our country. The world cup is a great opportunity for people from different parts of the word to come and experience our culture. We will not stop anybody from coming and enjoying the football. But I want also everybody to come and understand and enjoy also the different culture as well. We all live on one planet, but each of us have different cultures. We welcome everybody, but also we expect and we want people to respect our culture.
(Ab hier stenografierte Mitschrift):
BK Scholz: Schönen Dank für die Frage. – In der Tat ist es so, dass diese Weltmeisterschaft stattfinden wird. Die deutsche Mannschaft wird dort teilnehmen. Wie wir gehört haben, werden auch viele Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland dort hinreisen.
Gleichwohl ist es so, dass wir natürlich auch Fragen, die Menschen- und Bürgerrechte betreffen, miteinander diskutiert haben und diskutieren. Das haben wir jetzt ganz intensiv in Bezug auf die Frage von Arbeitnehmerrechten getan, die eine Rolle spielen, wo Veränderungen durch die Einführung eines Mindestlohns stattgefunden haben, wo es Veränderungen gegeben hat, indem rechtliche Regelungen geschaffen worden sind, die die Bedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessert haben. Als jemand, der von Beruf her Arbeitsrechtsanwalt ist, kann ich sagen: Da ist immer Raum für Verbesserungen. Ich werde ja nicht vergessen, was der eigentliche Antrieb meines politischen und sozialen Engagements gewesen ist, sich nämlich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzusetzen. Das gilt umso mehr für alle anderen Fragen, die Bürger- und Menschenrechte betreffen. Das wird also ein Teil unserer Gespräche sein, die wir miteinander haben. Und das gehört sich auch so.