Grünes Fliegen – Abheben mit Wasserstoff

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Alternative Antriebe für Flugzeuge Grünes Fliegen – Abheben mit Wasserstoff

Der Flugverkehr ist nicht gut fürs Klima. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) forscht, wie Fliegen mit alternativen Flugzeugantrieben sauberer werden kann. Björn Nagel ist Gründungsdirektor des Instituts für Systemarchitekturen in der Luftfahrt und erläutert im Interview die Vor- und Nachteile vom Wasserstoff-Antrieb.

3 Min. Lesedauer

DLR-Wissenschaftler Björn Nagel

Für den DLR-Wissenschaftler Björn Nagel ist es vorstellbar, dass in zehn Jahren Regionalflugzeuge mit Wasserstoffantrieb in der Luft sind.

Foto: DLR/Axel Heimken

Wie funktioniert der Antrieb von Flugzeugen mit Wasserstoff?

Normales Benzin besteht aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Bei der Verbrennung im Triebwerk entstehen daraus CO2 und Wasserdampf. In konventionellen Triebwerken kann auch reiner Wasserstoff verwendet werden, sodass bei der Verbrennung kein klimaschädliches CO2 entsteht.

Alternativ kann Wasserstoff auch in Brennstoffzellen zur Erzeugung von Strom verwendet werden,  der dann Elektromotoren zur Erzeugung des Vortriebs speist. Dabei ist der Wirkungsgrad, mit dem die chemische Energie des Wasserstoffs in Vortrieb umgewandelt wird, erheblich besser als bei Turbinen. Dieser elektrische Antriebsstrang bietet auch ganz neue Möglichkeiten, den Antrieb in die Flugzeugkonfiguration zu integrieren. Damit werden ganz neue, energieeffiziente Flugzeugkonfigurationen etwa mit verteilten Antrieben möglich.

Welchen Herausforderungen sehen Sie sich ausgesetzt?

Wasserstoff benötigt ein sehr großes Volumen – das in Flugzeugen nur schwer unterzubringen ist. Deshalb wird Wasserstoff in der Luftfahrt bei großem Druck und bei sehr niedrigen Temperaturen verwendet. Bei der Auslegung von Flugzeugen mit Wasserstoffantrieb besteht eine zentrale Herausforderung darin, die großen und relativ schweren Tanks zu integrieren.

Eine weitere Herausforderung stellt sich in der Leistungsfähigkeit und dem Gewicht der heute verfügbaren Brennstoffzellensysteme. In der Auslegung von Flugzeugen gilt es abzuwägen, bis zu welchem Grad eine gute Energieeffizienz ein höheres Gewicht rechtfertigt. Auch die aufwändigere Integration und Kühlung von Brennstoffzellen stellen zusätzliche Herausforderungen dar.

Nicht zuletzt stellt sich auch die Frage, wie der Wasserstoff für die Luftfahrt bereitgestellt werden kann. Darin ist die Infrastruktur an den Flughäfen ebenso relevant wie die logistische Versorgung der Flughäfen und die Produktion des Wasserstoffs. Denn nur wenn Wasserstoff aus regenerativen Energien hergestellt wird, kann seine Verwendung auch klimafreundlich sein.

Welche Vorteile hätten wasserstoffbetriebene Flugzeuge?

Bei der Nutzung von Wasserstoff in Turbinen oder Brennstoffzellen entsteht kein CO2. Wenn der Wasserstoff mit regenerativer Energie hergestellt wird, ist CO2-neutrales Fliegen möglich.

Neben dem CO2 kann jedoch auch Wasserdampf eine negative Auswirkung auf das Klima haben. Dieser entsteht bei der Nutzung von Wasserstoff in noch größerem Maße. Aus den Kondensstreifen hinter Flugzeugen können Wolken entstehen, die zu einer Erwärmung der Atmosphäre führen. Der Effekt tritt jedoch nur in bestimmten Flughöhen und Wetterbedingungen auf.  Das kann vermieden werden, wenn Flugzeuge in angepassten Flughöhen betrieben werden. Somit gilt es nicht nur neue Flugzeuge auszulegen, sondern gleichzeitig auch angepasste Betriebskonzepte zu entwickeln.

Wird das Fliegen durch Wasserstoff leiser?

Es kommt drauf an. Wenn Wasserstoff in konventionellen Triebwerken verwendet wird, besteht kein signifikanter Einfluss auf die entstehenden Geräusche. Durch die Verwendung von Brennstoffzellen und Elektromotoren kann der Antrieb geräuschärmer integriert werden als bei heutigen Flugzeugen.

Wie viele Wissenschaftler sind beim DLR mit der Forschung an wasserstoffbetriebenen Flugzeugen beschäftigt?

Wasserstoffbetriebene Flugzeuge sind eine technologische Revolution, für die eine Vielzahl von Forschungsfragen beantwortet werden müssen. Dazu zählen etwa Materialien für die Kraftstofftanks, die leistungsfähige und kosteneffiziente Brennstoffzellen und auch die Erforschung der Wirkung von Wasserdampf in der Atmosphäre. Ein Großteil unserer knapp 4.900 Wissenschaftler trägt direkt oder indirekt zur Erforschung der klimaneutralen Luftfahrt bei.

Erfolgt im Rahmen der Forschung eine Kooperation mit anderen europäischen Forschungsinstituten?

Der Umweltschutz in der Luftfahrt ist ein internationales Thema. So arbeiten 32 Forschungs- und Industriepartner an der Integration neuer Antriebssysteme in dem EU Projekt IMOTHEP. Eine besondere Verantwortung tragen auch die nationalen Forschungszentren mit einem gemeinsamen Forschungsschwerpunkt in ihrer Vereinigung IFAR. Nur in der Zusammenarbeit mit unseren Partnern haben wir eine Chance, das klimaneutrale Fliegen tatsächlich zu realisieren.

Wann ist damit zu rechnen, dass erste Wasserstoffflugzeuge auf kommerziellen Passagierflügen eingesetzt werden?

Es ist technologisch möglich, in circa zehn Jahren ein auf Wasserstoff basiertes Regionalflugzeug zu entwickeln. Kritisch wird es sein, rechtzeitig die wirtschaftlichen Randbedingungen zu schaffen, in denen das klimaneutrale Fliegen wettbewerbsfähig wird zum Fliegen mit Kerosin.

Auf welche Umstellungen müssen sich Reisende beim Reisen mit wasserstoffbetriebenen Flugzeugen einstellen?

Für Komfort und Sicherheit gelten dieselben Anforderungen an Wasserstoffflugzeuge wie an heutige Flugzeuge, so dass sich für die Passagiere keine spürbaren Umstellungen an Bord ergeben werden. Grüner Wasserstoff wird jedoch auch perspektivisch teurer sein als es Kerosin heute ist. Deshalb werden neue Flugzeugkonzepte von vorne herein mit digitalen Methoden für zukünftige, kosteneffiziente Fertigungstechnologien optimiert. So arbeiten wir an der klimaneutralen Luftfahrt, die weiterhin für alle Bürger erschwinglich bleibt.