Ukraine soll Transitland für Gas bleiben

Nord Stream 2 Ukraine soll Transitland für Gas bleiben

Die USA und Deutschland haben ihre gemeinsamen Ziele und Überzeugungen zu Fragen der Unterstützung der Ukraine und der europäischen Energiesicherheit in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten. Auch beim Thema Nord Stream 2 konnten die transatlantischen Partner zu einer konstruktiven Lösung gelangen. Ein Überblick in Fragen und Antworten.

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Foto zeigt einen Mann mit einer gelben Jacke. Die Jacke trägt die Aufschrift "NordStream 2".

Beim Thema Nord Stream 2 sind die USA und Deutschland zu einer Einigung gelangt.

Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Die USA und Deutschland haben ihre gemeinsamen Ziele und Überzeugungen zu Fragen der Unterstützung der Ukraine und der europäischen Energiesicherheit in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten. Auch beim Thema Nord Stream 2 konnten die transatlantischen Partner zu einer konstruktiven Lösung gelangen.

In ihrer Sommerpressekonferenz sagte die Bundeskanzlerin zu dem Abkommen mit der amerikanischen Regierung: „Dies ist der Versuch, zwischen der amerikanischen Regierung und uns sozusagen bestimmte Konditionen festzulegen, die ja auch umgesetzt werden müssen, um deutlich zu machen, dass uns gerade von deutscher Seite sehr wichtig ist, dass die Ukraine ein Transitland bleibt und dass Energie eben nicht dazu genutzt werden kann, dass die Ukraine in eine schwierigere Situation gerät.“

Was ist Nord Stream 2?

Bei Nord Stream 2 handelt es sich um eine Pipeline mit einer geplanten Kapazität von 55 Mrd. m3, die Erdgas aus Russland nach Deutschland transportieren soll.

An diesem Projekt der Wirtschaft, das im Einklang mit deutschem, europäischem und internationalem Recht umgesetzt wird, sind eine Vielzahl an Investoren und Unternehmen aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten und anderen Staaten beteiligt. Alleinige Eigentümerin ist die Nord Stream 2 AG mit Sitz in der Schweiz, die vollständig zum mehrheitlich staatlichen russischen Gazprom-Konzern gehört.

Zu den Pipeline-Investoren gehören die deutschen Konzerne Wintershall Dea und Uniper, die niederländisch-britische Shell, das österreichische Energieunternehmen OMV und ENGIE aus Frankreich.

Welche Bedeutung hat Nord Stream 2 für Deutschland und Europa?

Erdgas ist ein wichtiger Energieträger für die Energieversorgung in Europa und wird - angesichts des beschlossenen Ausstiegs aus der Kernkraft und aus der Kohleverstromung – in den nächsten Jahren einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland leisten, während der Anteil an erneuerbaren Energien kontinuierlich ausgebaut wird.

Im Interesse der Versorgungssicherheit und des Wettbewerbs hat sich die Bundesregierung stets dafür eingesetzt, dass beim Bezug von Gas möglichst viele verschiedene Versorgungswege und -quellen erschlossen werden. Eine solche Diversifizierung kann dazu beitragen, für die nähere Zukunft eine sichere Energieversorgung in Deutschland und der EU zu wettbewerbsfähigen Preisen zu gewährleisten.

Wofür steht der Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine?

Der Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine ist am 30. Dezember 2019 unter Vermittlung der EU und der Bundesregierung zustande gekommen und stellt die unterbrechungsfreie Fortsetzung der russischen Gaslieferungen durch die Ukraine nach Europa sicher. Zugleich wurde mit dem Abschluss des Gastransitvertrags ein wichtiges Signal für die Gewährleistung der europäischen Gasversorgungssicherheit gesetzt.

Der Gastransitvertrag hat eine Laufzeit von mindestens fünf Jahren und gilt bis mindestens Ende 2024. Die aktuelle Vereinbarung sieht bereits vor, dass die Parteien die Möglichkeit einer Verlängerung bis 2034 prüfen. Die Bundesregierung wird die Verhandlungen hierzu nach Kräften unterstützen und dazu einen Sonderbeauftragten ernennen. Die Verhandlungen sollen so bald wie möglich, spätestens aber am 1. September 2021, beginnen.

Wie ist die deutsche Position zur Rolle der Ukraine?

Deutschland ist der Überzeugung, dass es im Sinne der Energiesicherheit im deutschen, ukrainischen und europäischen Interesse ist, dass die Ukraine Gastransitland bleibt. Mit dem bestehenden Gastransitvertrag haben Russland und die Ukraine die Weichen dafür gestellt. Wir erwarten, dass dieses gemeinsame Vertragswerk auch eingehalten wird.

Wie die Bundeskanzlerin mehrfach betont hat, war und ist es für die Bundesregierung daher zentral, dass die Ukraine auch mit Nord Stream 2 über 2024 hinaus Gastransitland bleiben muss: „Unser Verständnis war, ist und bleibt, dass die Ukraine Transitland für Erdgas bleibt und dass die Ukraine wie jedes Land ein Anrecht auf seine territoriale Souveränität hat. Deshalb engagieren wir uns auch im Minsk-Prozess, und werden auch aktiv handeln, wenn Russland dieses Recht der Ukraine, ein Transitland zu sein, nicht einlösen wird.“

Was beinhaltet die deutsch-amerikanische Erklärung vom 21. Juli?

Die Erklärung zwischen USA und Deutschland unterstreicht das Bekenntnis beider Länder zur intensivierten Zusammenarbeit  bei Energie- und Klimathemen und der Unterstützung der Ukraine und der Länder in Mittel- und Osteuropa:

Mit Blick auf die Ukraine setzen sich USA und Deutschland dafür ein, ihre Rolle als Gastransitland auch über 2024 hinaus abzusichern. Die Bundesregierung wird zur Unterstützung der Verhandlungen einen Sondergesandten einsetzen.

Zugleich sind sich die USA und Deutschland darin einig, dass Energie und Pipelines, auch die Nord Stream 2 Pipeline, nicht für aggressive politische Zwecke missbraucht werden dürfen. In einem solchen Fall wird Deutschland national handeln und in der Europäischen Union auf effektive Maßnahmen, wie Sanktionen im Energiebereich, drängen.

Die Erklärung sieht zudem Maßnahmen zur Stärkung der ukrainischen Energiewirtschaft vor, insbesondere im Bereich der Energiesicherheit, der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien. Neben ihrer bereits jetzt umfangreichen Unterstützung will die Bundesregierung z.B. mit einem neuen „Grünen Fonds für die Ukraine“ zur Förderung von erneuerbaren Energiequellen die Ukraine als Energieproduzent stärken, auch mit dem Ziel der Ukraine bei der Energiewende beizustehen und die Abhängigkeit von russischer Gasdurchleitung zu verringern.

Des Weiteren unterstreicht die gemeinsame Erklärung die Bereitschaft der Bundesregierung, über die Drei-Meere-Initiative klimafreundliche Projekte zu fördern.

Die USA werden diese Maßnahmen und Vorhaben ihrerseits nach Kräften unterstützen. Damit wird die transatlantische Zusammenarbeit insgesamt gestärkt und insbesondere die bilaterale Klima- und Energiekooperation mit den Vereinigten Staaten in den Ländern Mittel- und Osteuropas deutlich intensiviert. Diese erfolgt im Rahmen der umfassenden Klima- und Energiepartnerschaft zwischen den USA und Deutschland.