Fragen und Antworten
Warum gibt es Neuwahlen? Wie laufen sie ab? Wer legt den Wahltermin fest? Und was ist bis dahin mit der Bundesregierung – ist sie noch voll handlungsfähig? Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die bevorstehende Bundestagswahl 2025 im Überblick.
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Bundeskanzler Olaf Scholz hat am 11. Dezember 2024 die sogenannte Vertrauensfrage beantragt. Am 16. Dezember 2024 haben die Mitglieder des Bundestages dem Bundeskanzler nicht das Vertrauen ausgesprochen. Der Bundespräsident hat nun auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestag aufgelöst und den 23. Februar 2025 als Wahltermin bestimmt.
Doch wie läuft dieser Prozess genau ab und was bedeutet er für die Bürgerinnen und Bürger? Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Neuwahlen im Überblick.
1. Auflösung des Bundestages: Nach einer verlorenen Vertrauensfrage kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestag auflösen.
2. Festlegung des Wahltermins: Der Bundespräsident legt den Wahltermin fest. Die Neuwahl muss innerhalb von 60 Tagen nach der Auflösung des Bundestages stattfinden.
3. Vorbereitungen durch Wahlorgane: Noch vor Festlegung des Wahltermins beginnen organisatorische Maßnahmen: Zum Beispiel die Bildung von Wahlausschüssen, Einrichtung von Wahlbezirken und Briefwahlstellen, Vorprüfung von Wahlvorschlägen oder Beschaffung der Wahlunterlagen.
4. Verkürzte Fristen: Bestimmte Fristen, etwa zur Einreichung von Wahlvorschlägen, können durch eine Rechtsverordnung des Bundesinnenministeriums verkürzt werden.
5. Durchführung der Wahl: Die vorgezogene Neuwahl verläuft an sich wie eine reguläre Bundestagswahl: Bürgerinnen und Bürger können ihre Stimme vor Ort oder per Briefwahl abgeben.
6. Konstituierung des neuen Bundestages: Der neue Bundestag tritt spätestens 30 Tage nach der Wahl zusammen. Die Bundesregierung wird auf Ersuchen des Bundespräsidenten zur geschäftsführenden Regierung, bis ein neuer Bundeskanzler oder eine neue Bundeskanzlerin gewählt wird.
Eine konstituierende Sitzung ist die erste Sitzung eines Parlaments am Beginn einer neuen Wahlperiode. In der konstituierenden Sitzung des Bundestages kommen die Abgeordneten zusammen und wählen insbesondere das Bundestagspräsidium. Gemäß Artikel 39 des Grundgesetzes muss der neu gewählte Bundestag spätestens 30 Tage nach der Wahl zur konstituierenden Sitzung zusammentreten.
Die Frist von 30 Tagen bezieht sich nur auf die konstituierende Sitzung des Bundestages, nicht auf die Regierungsbildung. Diese dauert oft länger, weil Koalitionsverhandlungen nötig sind, um stabile Mehrheiten zu schaffen, Abstimmungen in den Parteien über Koalitionsverträge stattfinden, Kompromisse gefunden werden müssen, die alle Verhandlungspartnerinnen und -partner mittragen können und es keine verfassungsrechtliche Frist für die Wahl des Kanzlers gibt. Beispielsweise dauerte die Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2017 bis zur Wahl der Bundeskanzlerin 171 Tage – ein Rekord in der Geschichte der Bundesrepublik.
Vorgezogene Bundestagswahlen finden statt, wenn der Bundeskanzler im Bundestag die sogenannte Vertrauensfrage stellt und die Mehrheit der Abgeordneten ihm nicht das Vertrauen ausspricht. In diesem Fall kann der Bundespräsident den Bundestag auflösen, um den Weg für eine Neuwahl freizumachen. Das Ziel ist, eine neue Mehrheit im Parlament zu schaffen und den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, die politische Richtung des Landes neu zu bestimmen.
Der Wahltag wird gemäß Paragraf 16 des Bundeswahlgesetzes vom Bundespräsidenten festgelegt. Der Bundespräsident hat den 23. Februar 2025 als Wahltermin bestimmt.
Die meisten gesetzlichen Fristen, etwa für die Einreichung von Wahlvorschlägen von Einzelbewerberinnen und -bewerbern oder Parteien, könnten bei vorgezogenen Bundestagswahlen nicht eingehalten werden. Daher ist nach Paragraf 52 Absatz 3 des Bundeswahlgesetzes das Bundesinnenministerium (BMI) ermächtigt, die im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung festgelegten Fristen und Termine durch eine Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates abzukürzen.
Grundsätzlich nicht: Vorgezogene Wahlen folgen denselben Regeln wie reguläre Bundestagswahlen. Wählerinnen und Wähler können ihre Stimmen wie gewohnt im Wahllokal oder per Briefwahl abgeben. Der Hauptunterschied liegt in den verkürzten Fristen etwa für die Einreichung von Wahlvorschlägen, die durch eine Rechtsverordnung angepasst werden können.
Die Bundesregierung bleibt bis zur Konstituierung des neuen Bundestages im Amt und ist voll handlungsfähig. Nach der konstituierenden Sitzung des Bundestags arbeitet sie auf Ersuchen des Bundespräsidenten geschäftsführend weiter, bis eine neue Regierung gebildet wird.
Eine geschäftsführende Bundesregierung hat formal dieselben Befugnisse wie eine regulär amtierende Regierung. Es ist jedoch üblich, keine Entscheidungen zu treffen, die die nachfolgende Regierung binden könnten – wie beispielsweise umfangreiche Gesetzesvorhaben.
Laufende Gesetzesvorhaben können bis zur ersten konstituierten Sitzung des neuen Bundestages weiter bearbeitet werden. Dringende Vorhaben können noch abgeschlossen werden. An dem Tag, an dem der neu gewählte Bundestag zusammentritt, gelten alle beim alten Bundestag eingebrachten Gesetzesvorlagen als erledigt (Diskontinuitätsgrundsatz). Dies bedeutet, dass alle Gesetzesvorlagen, die vom alten Bundestag noch nicht endgültig beschlossen wurden, neu eingebracht und verhandelt werden müssen.
In der Bundesrepublik Deutschland gab es bisher drei vorgezogene Neuwahlen: 1972 unter Willy Brandt, 1983 unter Helmut Kohl und 2005 unter Gerhard Schröder, die alle auf eine verlorene Vertrauensfrage folgten. In den Jahren 1982 und 2001 wurden Helmut Schmidt und Gerhard Schröder das Vertrauen ausgesprochen – entsprechend gab es keine vorgezogenen Neuwahlen.
Die Bundeswahlleiterin informiert die Öffentlichkeit umfassend über Fristen, wie etwa für die Briefwahl oder die Eintragung ins Wählerverzeichnis. Dies gilt insbesondere für dauerhaft im Ausland lebende Deutsche.
Das Grundgesetz sieht vor, dass Bundestagswahlen frühestens 46 Monate und spätestens 48 Monate nach Beginn der Wahlperiode stattfinden. Daher bleibt ein gewisser zeitlicher Spielraum, sodass die Bundestagswahl zukünftig auch wieder später im Kalenderjahr abgehalten werden kann.
Weitere Informationen zur Neuwahl finden Sie auf der Website der Bundeswahlleiterin. Das FAQ „Was ist die Vertrauensfrage” beantwortet viele Fragen rund um die Vertrauensfrage.