Berlin, 1896. Im Treptower Park findet die Berliner Gewerbeausstellung statt – ein Teil davon ist die "Erste Deutsche Kolonialausstellung". Im Fokus stehen 106 Kinder, Frauen und Männer aus den deutschen Kolonien. Ihre einzige Aufgabe: Sie müssen sich einen Sommer lang vom Publikum anschauen lassen.
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Die Ausstellung zieht Millionen Besucher an. Die fremd aussehenden, "angeworbenen" Gäste aus den Kolonien werden wochenlang angestarrt. Bismarck Bell, ein junger Mann aus Kamerun, ist einer von ihnen. Irgendwann reicht es ihm: Er kauft sich ein Opernglas und schaut zurück.
Diese Geschehnisse beleuchtet nun eine neue Dauerausstellung im Museum Treptow unter dem Titel "zurückGESCHAUT". Auf Initiative des Museums wurde die Ausstellung gemeinsam mit der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) und Berlin Postkolonial e.V. umgesetzt.
Kolonialausstellungen wie jene 1896 im Treptower Park waren in Europa zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich. Auch hierzulande wollte man sich damit als Kolonialmacht präsentieren und zeigen, "dass Deutschland seinen Beruf zur Kolonialpolitik voll begriffen" hatte – so stand es später im Bericht der Ausstellung.
Auf dem Ausstellungsgelände wurden ganze Dörfer nachgebaut, um den Besuchern einen Eindruck von den Kolonien zu vermitteln: So zum Beispiel das "Südseedorf" Tarawai, das von acht Tolai aus dem damaligen Deutsch-Neuguinea bewohnt wurde. Auch aus anderen deutschen Kolonien im heutigen Namibia, Tansania oder Togo kamen Indigene nach Deutschland – um vom Publikum etwa bei der Zubereitung von Speisen beobachtet zu werden.
Zwar wurden die Gäste aus den Kolonien verhältnismäßig gut behandelt, so steht es auf den zahlreichen Erläuterungen im Museum Treptow – denn die Kolonialherren wollten, dass sie nach ihrer Rückkehr in die Heimat gut über Deutschland berichteten. Ein anderer Teil der Ausstellung deckt aber auch die Untaten, Verbrechen und Kriege der Deutschen in den Kolonien auf.
Die kleine Ausstellung im Museum Treptow leistet eine geschichtliche Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit. An der Entwicklung des Ausstellungskonzepts, der Auswahl der Bilder und an den Texten waren maßgeblich Schwarze Menschen beteiligt. Rassistisches Vokabular aus der Kolonialzeit sollte grundsätzlich vermieden werden.
Ein Raum der Ausstellung widmet sich ganz den 106 Männern, Frauen und Kindern, die damals aus den Kolonien nach Berlin gekommen sind. Die Namen sind bekannt, von vielen gibt es Portraitfotos und Lebensläufe. Einige blieben in Berlin, andere sind in ihre Heimat zurückgekehrt. Das Projekt ist als "work in progress" angelegt, also nie abgeschlossen. Es lädt ein zu eigenen Recherchen und Ergänzungen.