Regierungspressekonferenz vom 1. Juli 2024

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Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 1. Juli 2024

Themen
•    Parlamentswahl in Frankreich
•    Medienberichte über die Ausrufung der zweithöchsten Sicherheitsstufe auf mehreren europäischen Stützpunkten des US-Militärs
•    Änderungen im Ausweisungsrecht
•    Verhandlungen über einen Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025
•    Kritik der Monopolkommission an der Zusammenführung der Infrastrukturgesellschaften in der DB InfraGO AG und den Planungsvorhaben im Rahmen des InfraPlans
•    Fördermittelvergabe im BMBF
•    Bearbeitungszeit von Anträgen im BAMF
•    deutsch-polnische Regierungskonsultationen in Warschau
•    angebliche Investitionspläne des Pharmakonzerns Sanofi in Deutschland
•    Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen
•    Nahostkonflikt
•    Engagement der Bundeswehr im Indo-Pazifik
•    Abwerben ausländsicher Fachkräfte
•    Munitionsbestände der Bundeswehr

40 Min. Lesedauer

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 1. Juli 2024

Sprecherinnen und Sprecher
•    Staatssekretär Hebestreit
•    Kall (BMI)
•    Dr. Fuchs (BMJ)
•    Pauly (BMDV)
•    Wagemann (BMBF)
•    Einhorn (BMWK)
•    Wagner (AA)
•    Collatz (BMVg)
•    Koufen (BMZ)

(Vorsitzende Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt
StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

Frage

Herr Hebestreit, ich hätte ganz gerne gefragt, wie die Bundesregierung den ersten Wahlgang der Parlamentswahlen in Frankreich beurteilt und wie groß die Sorge ist, dass man künftig mit einem stark geschwächten Partner Macron zusammenarbeiten muss.

StS Hebestreit

Herr Kollege, Sie wird es nicht überraschen, dass wir uns ‑ wir befinden uns ja mitten vor dem zweiten Wahlgang und nach dem ersten Wahlgang ‑ nicht eingehender äußern werden. Das ist ein ganz normaler demokratischer Vorgang. Wir arbeiten eng und vertrauensvoll mit Frankreich, unserem wichtigsten Partner in Europa, zusammen, und so soll es nach unseren Vorstellungen auch bleiben. Jetzt warten wir einmal ab, was die Stichwahlen ergeben, und dann werden wir in einer Woche klüger sein.

Zusatz

Darf ich noch einmal nachfragen? Ich verstehe, dass Sie sich nicht in die Innenpolitik eines anderen Staates einmischen wollen, aber es geht ja auch ein bisschen um die Auswirkungen der Wahl auf Deutschland. Es ist ja absehbar, dass auch bei den Stichwahlen entweder die rechte oder die linke Seite gewinnen wird, also Macron seine Mehrheit verlieren wird. Das muss doch Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit Deutschland haben.

StS Hebestreit

Jetzt sind wir beide ja nicht das erste Mal in der Regierungspressekonferenz, und selbst in Ihrer Frage haben Sie schon zwei Optionen dargelegt. Insofern bitte ich bei allem Verständnis für Ihre Neugierde darum, dass wir uns dann an Fakten orientieren und die Fakten kommentieren, nicht Möglichkeitsformen. Auch das wäre ja schon eine Einmischung in eine Wahl, und das wollen wir ja nicht.

Frage

Zu den Fakten gehört, dass Platz zwei in der ersten Runde von einem frisch gegründeten überparteilichen Wahlbündnis erreicht wurde. Ist diese Perspektive parteiübergreifender Bündnisse auch eine, die Sie für die in Deutschland anstehenden Wahlen als eine sinnvolle Perspektive diskutieren und ansehen?

StS Hebestreit

Jetzt fragen Sie den Regierungssprecher. Ich wüsste nicht, was ich dazu Sinnvolles zu sagen hätte. Insofern lasse ich das.

Zusatz

Ich denke, dass der Regierungssprecher ja auch im engen Kontakt mit dem Bundeskanzler steht und dass der Bundeskanzler wiederum im Austausch mit seiner Partei steht und dass auch dort eruiert wird, wie man, da er ja weiterregieren möchte, Regierungsmehrheiten herstellen kann. Das ist der innere Konnex.

StS Hebestreit

Der Plan des Bundeskanzlers ist, dass er bei der nächsten Bundestagswahl die SPD wiederum zum Status der stärksten Fraktion führen wird, und viel mehr kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht mitteilen.

Frage

Die USA haben die Terrorwarnstufe hochgestuft, und ich würde gerne wissen, was das für Deutschland heißt. Wird man da nachziehen? Ist das Anlass, noch einmal die Sicherheitseinschätzung zu überprüfen?

Kall (BMI)

Ja, dazu kann ich gerne etwas sagen. - Unsere Sicherheitsbehörden bewerten die Sicherheitslage ja laufend. Das gilt insbesondere während der aktuellen Fußball-Europameisterschaft, aber auch sonst immer. Wir arbeiten in Deutschland nicht mit bestimmten Warnstufen, sondern mit sozusagen kontinuierlich laufenden, sogenannten lageangepassten Bewertungen, die die Sicherheitsbehörden laufend vornehmen und über die sie sich auch laufend mit ihren internationalen Partnern austauschen.

Für Deutschland gilt weiterhin: Die Gefährdungslage im Bereich des islamistischen Terrorismus in der Bundesrepublik Deutschland ist anhaltend hoch. Die Sicherheitsbehörden haben die islamistische Szene fest im Visier. Das haben auch diverse Festnahmen in den letzten Wochen und Monaten gezeigt, insbesondere von Angehörigen oder Unterstützern des sogenannten ISPK. Sie wissen, dass alle Fäden, was den Bereich der Terrorismusbekämpfung und des islamistischen Terrorismus angeht, hier in Berlin im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum zusammenlaufen, wo die Bundessicherheitsbehörden mit den 16 Ländern sehr eng zusammenarbeiten. Das gilt sowohl für den Bereich der Polizei und im Bund für den Bereich des Bundeskriminalamtes als auch für den Bereich der Nachrichtendienste, insbesondere des Verfassungsschutzes in Bund und Ländern.

Die diversen Festnahmen, die ich gerade erwähnt habe, zeigen ja, dass unsere Sicherheitsbehörden den islamistischen Terrorismus erfolgreich bekämpfen und auch Anschläge in den letzten Monaten verhindert haben. Die Bundesinnenministerin hat sich hier zuletzt gemeinsam mit dem BfV-Präsidenten Thomas Haldenwang anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes vor etwa zwei Wochen ja sehr umfassend zur islamistischen Bedrohungslage geäußert, und zwar mit der gleichen Einschätzung, wie ich sie gerade genannt habe, dass die Gefährdungslage weiterhin hoch ist. Deswegen gibt es diese umfassenden Maßnahmen.

Insgesamt kann man zur Gefährdungsbewertung sagen, dass es seit dem 7. Oktober 2023, seit den Terrorangriffen der Hamas auf Israel und dem folgenden Gazakrieg, diese weiter erhöhte islamistische Bedrohungslage auch in Deutschland gibt, insbesondere durch die Gefahr einer weiteren Nationalisierung und Radikalisierung im islamistischen, dschihadistischen Spektrum, durch die sich Gewalttäter ermutigt fühlen können. Deswegen sind ja auch Schutzmaßnahmen ‑ insbesondere, was israelische Einrichtungen, jüdische Einrichtungen angeht ‑ weiter hochgefahren worden und natürlich alle Sicherheitskonzepte und Sicherheitsmaßnahmen angepasst worden.

Ein letzter Punkt vielleicht noch: Bei all dem arbeiten unsere Sicherheitsbehörden international sehr eng zusammen, insbesondere auch mit unseren amerikanischen Partnern. Deswegen können Sie davon ausgehen, dass wir auch bezüglich Bewertungen der Amerikaner und Informationen, über die die Amerikaner verfügen, sehr eng im Austausch sind und dabei sozusagen jederzeit auch auf einer Linie mit den Amerikanern handeln.

Frage

Diese Alarmstufe bezieht sich ja auf US-Stützpunkte, laut Medienberichten unter anderem in Stuttgart. Bedeutet das dann auch aus Sicht der deutschen Sicherheitsbehörden, dass man diese Stützpunkte von außen stärker bewacht, als man das sonst tun? Könnten Sie dazu etwas sagen, Herr Kall?

Kall (BMI)

Das sind Warnstufen, mit denen die US-Behörden und die US-Streitkräfte arbeiten, um ihre eigenen Einrichtungen zu schützen. Sie wissen, dass es auch immer wieder Angriffe auf US-Militäreinrichtungen gab. Insofern ist das ein System von Warnstufen der Amerikaner. Wie unsere Sicherheitsbehörden damit umgehen und arbeiten, habe ich ja gerade beschrieben. Insofern ist das erst einmal etwas, das sozusagen die eigenen Sicherheitsmaßnahmen, die die Amerikaner selbst treffen, betrifft.

Zusatzfrage

Sie haben es selbst angesprochen: Es gibt einen engen Austausch auch mit den USA. Verstehe ich das richtig? Heißt das, die Bundesregierung bzw. das Innenministerium kommen in diesem Fall zu einer ähnlichen Sicherheitseinschätzung für die Terrorismusbedrohung in Deutschland wie auch die USA?

Kall (BMI)

Wie unsere Einschätzung ist, habe ich ja gerade gesagt. Die Einschätzung ist: Die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland ist anhaltend hoch.

Frage

Herr Kall, Sie haben jetzt Islamismus erwähnt. Ich würde ganz gerne nach Russland fragen, weil es gerade in den letzten Wochen zunehmend Berichte über Anschlagsplanungen gab, die von Russland oder russlandnahen Kräften geplant werden könnten. Könnten Sie etwas dazu sagen, ob Sie sehen, dass von Russland auch eine Bedrohung für US-Anlagen hier in Deutschland ausgehen könnte?

Kall (BMI)

Ich will mich nicht spezifisch zu amerikanischen Anlagen äußern, insbesondere militärischen Anlagen. Ich gehe davon aus, dass die Amerikaner, wenn sie das können und wollen, sich selbst dazu äußern.

Insgesamt zur Sicherheitslage in Deutschland: Es ist natürlich so, dass wir sowohl Spionage- als auch Sabotagerisiken durch das russische Regime sehen, dass auch entsprechend Maßnahmen zum Schutz dagegen laufen und dass diese Maßnahmen auch ganz erheblich verschärft worden sind. Auch darüber wurde hier vor etwa zwei Wochen bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes intensiv von der Bundesinnenministerin und dem Verfassungsschutzpräsidenten gesprochen. Sie erinnern sich an den Fall, in dem der Generalbundesanwalt die Ermittlungen Fall führt, in dem die deutsche militärische Unterstützung für die Ukraine durch mögliche Sprengstoffanschläge unterminiert werden sollte, also durch gewaltsame Sabotageakte, so der Vorwurf, dem die Ermittlungsbehörden da nachgehen. Da sehen wir also sehr ernsthafte Sabotagerisiken, und entsprechend sind die Schutzmaßnahmen auch hochgefahren worden.

Frage

Es geht noch einmal um das Thema der neuen Regelung zur Abschiebung wegen Terrorverherrlichung. Das passt ja ungefähr auch in den Themenkomplex.

Nach jetzigem Stand wären es die Ausländerbehörden, die für die Prüfung von mutmaßlichen terrorverherrlichenden Kommentaren im Internet zuständig wären. Die Mitarbeiter der Ausländerbehörden sind aber nicht juristisch geschult, solche Prüfungen vorzunehmen, Kommentare inhaltlich zu bewerten oder die Authentizität von solchem Content zu überprüfen. Ist denn auch im Rahmen des geplanten Gesetzes gerade angesichts der knappen Haushaltslage geplant, den Ausländerbehörden Geld bereitzustellen, um Mitarbeitende entsprechend auch noch für solche Prüfung ordentlich zu schulen?

Kall (BMI)

Die Ausländerbehörden der Länder sind natürlich dafür qualifiziert, Ausweisungstatbestände nach dem Aufenthaltsrecht zu prüfen. Es gehört zu deren Aufgaben, die Beendigung des Aufenthaltes in Deutschland und entsprechend folgende Rückführungs- und Abschiebemaßnahmen zu prüfen und durchzuführen, und natürlich besteht dazu juristische Expertise in den Ausländerbehörden, die dafür und für den Vollzug des Aufenthaltsrechts zuständig sind.

Wir haben auch immer gesagt, dass die Strafverfolgung parallel abläuft. Es wird ja in der Regel bei solchen terrorverherrlichenden Postings auch strafrechtliche Ermittlungsverfahren geben. Insofern tauschen sich Ermittlungsbehörden und Ausländerbehörden natürlich auch über die Maßnahmen aus, die einerseits im Bereich der Strafverfolgung getroffen werden, andererseits für eine mögliche Ausweisung getroffen werden. Es gibt natürlich auch gesetzliche Regeln dafür, wie sich Ermittlungsbehörden, also Polizei und Staatsanwaltschaft, mit den Ausländerbehörden austauschen. Insofern ist da natürlich die juristische Bewertung vorhanden.

Nochmals gesagt ‑ wir haben uns ja schon die letzten beiden Regierungspressekonferenzen ausführlich darüber unterhalten ‑, besteht natürlich Rechtsschutz gegen eine solche Entscheidung. Der führt dann zu den Verwaltungsgerichten, die das genau überprüfen werden.

Zusatzfrage

Können Sie ausschließen, dass auch Menschen in den Ausländerbehörden diese Kommentare prüfen werden, die nicht juristisch geschult sind, die keine Juristen sind? Es sind ja nicht alle Menschen, die in diesen Ausländerbehörden sitzen, juristisch dafür geschult, solche Prüfungen vorzunehmen bzw. überhaupt erst zu prüfen, ob das Dokument, das sie dann vor sich liegen haben, authentisch ist. Es gibt ja also wirklich viele Dinge, die es zu beachten gäbe.

Kall (BMI)

Nochmals: Die Ausländerbehörden tauschen sich mit den strafrechtlichen Ermittlungsbehörden aus. Insofern wird die Expertise auch gebündelt, wenn man das so untechnisch sagen kann. Ansonsten würde ich Sie bitten, sich an die Länder zu wenden. Das sind Landesbehörden und kommunale Behörden. Die Personalausstattung und die Qualifizierung des Personals sind dann allein Sache der Länder. Wir gehen aber fest davon aus, da es eigentlich schon immer zu dem täglichen Geschäft und den täglichen Aufgaben der Ausländerbehörden gehört hat, Ausweisungstatbestände zu prüfen, das Ausweisungsinteresse gegen das Bleibeinteresse abzuwägen und die gesetzlichen Tatbestände zu prüfen ‑ das bleibt ja weiterhin erforderlich ‑, dass natürlich auch das qualifizierte Personal dafür eingesetzt wird.

Frage

Ich habe noch einmal eine Verständnisfrage dazu an das BMI und das BMJ: Warum ist denn dieses neue Gesetz aus Sicht der Bundesregierung notwendig, wenn doch schon die bestehende Gesetzes- und Rechtslage Entsprechendes vorsieht, zum Beispiel im Ausländerrecht?

Kall (BMI)

Es ist aus Sicht der Bundesregierung erforderlich, das Verherrlichen terroristischer Taten, also nicht irgendwelcher Straftaten, sondern terroristischer Gewalttaten, gesondert zu ahnden, auch dadurch, dass Personen bzw. solche Täter, die keinen deutschen Pass haben und Terror in Deutschland verherrlichen ‑ beispielsweise nach dem 7. Oktober, beispielsweise jetzt, nach der Gewalttat in Mannheim ‑, dann ihr Aufenthaltsrecht auch verlieren; wie gesagt, parallel zu der Strafverfolgung, die natürlich auch stattfindet.

Zusatzfrage

Heißt das, es gibt bis jetzt noch kein Gesetz auf Bundesebene, dass das so regelt, wie Sie das jetzt regeln wollen?

Kall (BMI)

Man kann auch jetzt das Ausweisungsinteresse gegen das Bleibeinteresse abwägen. Genau das muss auch weiterhin geschehen. Aber aus Sicht der Bundesregierung ist es angesichts der Schwere dieser Taten und auch des Klimas von Hass und Gewalt, das durch solche Taten und das Verherrlichen von Terror geschürt wird, das zu neuen Gewalttaten führen kann und das andere Täter ermutigen kann, notwendig, diesen besonderen Fall auch im Aufenthaltsrecht zu regeln.

Dr. Fuchs (BMJ)

Ich habe den kompetenten Äußerungen von Herrn Kall nichts hinzuzufügen. Ich glaube, der Hinweis auf die immer erfolgende Abwägungsentscheidung, auf die Herr Kall ja schon diverse Male hingewiesen hat, die bisher erfolgt und die auch zukünftig erfolgen wird, ist in dem Zusammenhang sehr wichtig.

Frage

Wie soll denn diese Umsetzung genau ablaufen? Wird also eine Stelle eingerichtet, die das Internet nach entsprechenden Kommentaren durchforstet? Inwiefern gäbe es dafür überhaupt Kapazitäten, auch finanziell? Oder läuft das Ganze über Meldungen durch Privatpersonen, die im Internet solche Kommentare sehen und die dann irgendeiner Stelle melden? Welche Variante wird da gewählt?

Kall (BMI)

In aller Regel wird es so sein, dass es ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen dieser terrorverherrlichenden Hasspostings gibt, wegen Videos, wegen Kommentaren, in denen konkrete terroristische Taten verherrlicht und gefeiert werden, und dass dann die Ermittlungsbehörden, die diesen Hinweisen nachgehen, bei der Identitätsermittlung des Tatverdächtigen feststellen, dass das kein deutscher Staatsangehöriger ist, und diesen Hinweis an die Ausländerbehörden weitergeben. Wie sich die Behörden in solchen Fällen austauschen, ist, wie gesagt, gesetzlich geregelt. Dann führt die Ausländerbehörde eine Prüfung durch, ob das eben auch zur Ausweisung führen kann. Das ist aber genau das, wofür Ausländerbehörden auch zuständig sind und was sie immer tun. Wenn Sie dazu konkretere Fragen haben, würde ich Sie, wie gesagt, bitten, sich an die Länder zu wenden, weil das schlicht Aufgabe der Länder ist.

Zusatzfrage

Vielleicht können Sie mich noch einmal daran erinnern, wie es den aktuell mit Hasskommentaren im Internet abläuft. Gibt es eine Stelle, die, wie ich schon gesagt hatte, das Internet nach diesen Hasskommentaren durchforstet, oder passiert das auch über Meldungen?

Kall (BMI)

Natürlich passiert das über Meldungen. Es wird nicht in irgendeiner Weise das gesamte Internet gescannt ‑ solche Debatten, die an anderer Stelle schon geführt worden sind, finden selbstverständlich nicht statt -, sondern es gibt eine Vielzahl von Hinweisen, auch viele Hinweise, die an das Bundeskriminalamt gehen, die dort geprüft werden und dann, wenn sozusagen die strafrechtliche Relevanz gesehen wird, an die Staatsanwaltschaften und Polizeien der Länder, die für die konkreten Strafverfahren zuständig sind, abgegeben werden. Es gibt diverse Meldestellen dafür, unter anderem die bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt angesiedelte, die auf Internetkriminalität spezialisiert ist. Dort werden solche Sachverhalte geprüft, auch bundesweit, und dann an die zuständigen Staatsanwaltschaften am jeweiligen Ort abgegeben. All das gibt es. Dazu finden Sie auch zum Beispiel auf der Webseite des BKA wirklich umfassende Informationen.

Auch die Länder machen in dem Bereich sehr viel. Ich will noch einmal daran erinnern ‑ auch das hatten wir letzte Woche schon gesagt ‑, dass die Polizei in Baden-Württemberg mehrere Hunderte Ermittlungsverfahren führt, auch wegen Terrorverherrlichung und Hassreaktionen auf die islamistische Gewalttat in Mannheim.

Frage

Herr Kall, die neuen Möglichkeiten sind ja eine Verschärfung rechtlicher Mittel gegenüber Menschen mit ausländischem oder Migrationshintergrund. Gibt es adäquate Verschärfungen der rechtlichen Mittel gegenüber Deutschen, wenn die sozusagen dieselben Delikte begehen, was Hasskriminalität usw. angeht, die man ja nicht einfach abschieben könnte? Gibt es da also etwas adäquat Einsetzbares als Verschärfung?

Kall (BMI)

Die Frage hat Herr Kollege hier vergangene Woche schon gestellt.

Zusatz

Sorry!

Kall (BMI)

Insofern die Frage an den Vorsitzenden, ob wir weitermachen sollen. Aber das mache ich gern. Auch da ist die Antwort: Die gesamte Palette der Strafverfolgung wird natürlich angewandt. Wir verfolgen natürlich nicht nur islamistische Hasskriminalität, sondern insbesondere auch rechtsextremistische Hasskriminalität und Hasskriminalität aus anderen extremistischen Bereichen. Nur haben wir eben ‑ das zeigt die Politisch motivierte Kriminalität, die auch an dieser Stelle vor wenigen Wochen vorgestellt wurde, das zeigt der Verfassungsschutzbericht ‑ insbesondere seit dem 7. Oktober eine regelrechte Explosion, mehr als eine Verdoppelung im Bereich antisemitischer Straftaten und eine enorme Steigerung im Bereich des Islamismus. Deswegen betonen wir diesen Bereich im Moment so sehr. Aber die Strafverfolgung findet natürlich in allen Bereichen statt.

Zusatzfrage

Genau darauf zielt die Frage ab. Strafverfolgung fand vorher auch schon gegenüber Menschen statt, bezüglich derer jetzt aber ein rechtliches Instrumentarium verschärft wurde. Mir geht es darum, ob es bei der Strafverfolgung gegenüber, sagen wir, deutscher Hasskriminalität ebenfalls eine Verschärfung der Instrumente gibt. Das ist der Hintergrund der Frage.

Kall (BMI)

Die Frage, welche Veränderungen sich diesbezüglich strafrechtlich in den letzten Jahren getan haben, kann die Kollegin beantworten. Ich kann für die Sicherheitsbehörden, für die Polizei, für das Bundeskriminalamt sagen, dass in den letzten Jahren insbesondere die personellen Anstrengungen und auch die technischen erheblich verstärkt worden sind und zu sehr viel höheren Fallzahlen geführt haben. Auch da, meine ich, haben wir im Vergleich von 2023 zu 2022 eine Verdopplung der registrierten Hasskriminalität auf, so meine ich, etwa 8000 Fälle von vorher 4000. Aber das können Sie der PMK-Statistik entnehmen. Das zeigt ja, dass in diesen Bereichen sehr viel mehr ermittelt wird.

Dr. Fuchs (BMJ)

Ich kann gern noch ergänzen. Herr Kollege, Sie haben schon darauf hingewiesen, dass wir im Bereich des Strafrechts relativ gut aufgestellt sind. Nichtsdestoweniger prüft der Bundesjustizminister fortlaufend, ob das Strafrecht Anpassungsbedarf hat. Das hat er auch hinreichend zur Kenntnis gegeben. Nichtsdestoweniger immer wieder der Hinweis, dass Strafrecht natürlich Ultima Ratio ist und wir uns hierbei insbesondere den Bereich der Strafverfolgung ansehen müssen, die natürlich Ländersache ist, in der aber auch ein gewisser Auslegungsspielraum besteht. Herr Buschmann hat schon mehrfach gesagt, dass er mit den Ländern im Austausch darüber ist, dass die bestehenden Möglichkeiten, die bestehenden Strafrahmen ausgenutzt werden, gerade bei antisemitischen Straftaten, dass diese Strafrahmen dort mit aller Strenge des Gesetzes, die im Bereich der Strafverfolgung möglich ist, ausgereizt werden.

Frage

Gab es in dem Prozess der Formierung des Gesetzes die Abwägung, was denn passieren würde, wenn rechte Kräfte Kontrolle über die Ausländerbehörden hätten, wenn es also in der Hand rechter Parteien wäre, zu sagen, man schiebt Menschen aufgrund eines einzelnen Kommentars ab? Gab es diese Überlegungen über mögliche Konsequenzen in der Richtung?

Kall (BMI)

Die gesamte deutsche Verwaltung, jegliches staatliche Handeln ist an Recht und Gesetz gebunden. Das gilt unabhängig davon, wer regiert, und unterliegt gerichtlicher Kontrolle durch unabhängige Gerichte, auch dies unabhängig davon, wer regiert. All das ist verfassungsrechtlich geschützt und gewährleistet. Auf diesen Kontrollmechanismen baut der ganze Rechtsstaat auf.

Zusatzfrage

Verstehe ich es richtig, dass die Erwägung nicht gemacht wurde, was passiert, wenn eine rechte Regierung in die Hand eines solchen Instruments kommt, bei dem ja eben nicht vor Gericht entschieden werden muss? Man kann zwar am Ende klagen, aber ein Gericht muss erst einmal nicht entscheiden.

Kall (BMI)

Entschuldigung, aber was erwarten Sie denn im Rechtsstaat? Ein Gericht entscheidet am Ende. So ist das in jedem Rechtsstaat, ein unabhängiges Gericht mit unabhängigen Richterinnen und Richtern. Natürlich wird bei jedem Gesetzgebungsvorhaben, insbesondere wenn es um Strafrecht geht, wenn es um Ausweisungen geht, wenn es um polizeiliches Handeln geht, darauf geachtet, dass die entsprechende rechtsstaatliche Kontrolle besteht. Aber dazu verpflichtet uns schon das Grundgesetz.

Frage

Damit ich Sie beide richtig verstehe: Sie haben gesagt, Recht werde verschärft angewendet. Es gebe auch höhere Ermittlungs- und Aufklärungszahlen. Die Frage war: Gibt es eine Verschärfung des Instrumentariums? ‑ Darauf habe ich eher ein umfängliches Nein gehört. Richtig?

Kall (BMI)

Nein, das haben Sie nicht gehört. Das hat, glaube ich, niemand von uns gesagt. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich noch auf dem Platz im BMJ saß, und dass es ein sehr umfassendes Gesetz gegen Hasskriminalität gab, mit dem zum Beispiel die Tatbestände der Bedrohung mit doppelt so hohem Strafrahmen gegenüber dem, wie es bislang war, versehen worden sind, auch bei der Beleidigung. Die verhetzende Beleidigung wurde eingeführt. Gerade in diesen Bereichen, die auch gerade der Bekämpfung des Rechtsextremismus dienen, ist also viel passiert und wird auch viel stärker durchgesetzt als in der Vergangenheit, was Sie, wie gesagt, der Verdopplung der Fallzahlen im Bereich strafbarer Hasskriminalität entnehmen. Das alles sind ja erfasste Fälle, in denen auch Ermittlungsverfahren geführt werden. Das ist gerade nicht das Dunkelfeld, in dem nicht ermittelt wird.

Dr. Fuchs (BMJ)

Ich kann noch hinzufügen, dass, wie wir schon gesagt haben, die Instrumentarien ja da sind. Wir sind der Auffassung ‑ ich will den Hinweis noch einmal betonen, dass Strafrecht Ultima Ratio ist ‑, dass man mit dem arbeiten muss, was man hat. Dass wir dort jederzeit wachsam sind und gucken, wo Anpassungsbedarf besteht, haben wir erst letzte Woche mit den Änderungen zur Anpassung zum Schutz zum Beispiel von Politikern gesehen. Das ist ein anderes Themengebiet. Aber dass wir dort ständig das überprüfen, das haben wir hier, glaube ich, auch schon mehrfach zum Ausdruck gebracht.

Zusatzfrage

Wenn Sie hier sagen, das Instrumentarium sei ja da, es müsse angewendet werden, dann ist der Eindruck doch richtig, dass Ihnen das vorhandene Instrumentarium in dem anderen Segment, wo wir über Verschärfung der Maßnahmen und Reduzierung, Senkung von Hürden reden, nicht ausreicht. Dieser Unterschied wurde aus Ihren Antworten deutlich, oder habe ich das falsch verstanden?

Dr. Fuchs (BMJ)

Herr Kall hat doch gerade darauf hingewiesen, dass wir im Bereich der Hasskriminalität umfangreiche Anpassungen vorgenommen haben. Vielleicht noch einmal ein Beispiel: Vergangene Woche wurde § 46 Absatz 2 StGB angepasst. Dieser Paragraf wurde erst vor Kurzem angepasst, um gerade noch einmal zu betonen, dass antisemitische Vorfälle bei der Strafzumessung ausreichend zu verfolgen und zu berücksichtigen sind. Ich glaube, diesbezüglich sind in den vergangenen Jahren wirklich viele Anpassungen vorgenommen worden, die ausreichend sind.

Kall (BMI)

Vielleicht wirklich auch noch einmal der Hinweis: Hier haben zwei Bundespressekonferenzen stattgefunden, zur Politisch motivierten Kriminalität vor ungefähr einem Monat, zum Verfassungsschutzbericht vor zwei Wochen. Da ist ausführlichst auch über den Rechtsextremismus und die dortige Hasskriminalität, die wir dort sehen, gesprochen worden.

Frage

Herr Hebestreit, auch am Wochenende wurde zwischen den Spitzen der Koalition fleißig weiterverhandelt. Wo stehen wir? Der Termin des 3. Juli für einen Kabinettsbeschluss ist schon weitgehend abgeräumt. Für wann erwarten Sie einen Beschluss über den Haushalt 2025?

StS Hebestreit

Herr Kollege, Sie waren im Urlaub. Deshalb liefere ich das gern nach. 17. Juli ist seit Längerem verkündet worden, seit Anfang vergangener Woche. Im Augenblick sitzen wir hier in der Regierungspressekonferenz. Die Gespräche zwischen den drei beteiligten Koalitionsprotagonisten laufen. Sie werden auch in den nächsten Tagen noch weiterlaufen. Wir werden Sie rechtzeitig informieren, wenn es etwas zu verkünden gibt. Aber nach allem, was ich gehört habe, wird es wohl der 17. Juli. Ich bin vorsichtig geworden mit ganz fixen Zeitplänen in dieser Regierung. Sie erinnern sich an manche kühne Aussage von mir, was in den wenigen Stunden passieren könnte, und es dauerte dann doch noch ein paar Tage länger. Mit der gebotenen Vorsicht bin und bleibe ich aber zuversichtlich. Jetzt gehen wir in diese Woche. Heute ist Montag. Die Woche ist noch lang.

Zusatzfrage

Herzlichen Dank für die Information zum 17. Juli! Dann brauche ich das nicht nachzulesen.

Ich will nach dem Letzten, was Sie gerade gesagt haben, fragen, dass Sie zuversichtlich seien. Gehen Sie davon aus, dass die Probleme, die es bisher in der Bundesregierung gab, aufgelöst werden können, obwohl die Gegensätze zwischen den Parteien doch eher größer geworden zu sein scheinen?

StS Hebestreit

Ich bin bekanntermaßen Zuversichtsbeauftragter dieser Bundesregierung und selten enttäuscht worden. Manchmal dauert es ein bisschen länger, bis sich die Zuversicht einstellt. Deshalb bleibe ich auch in diesen Fragen zuversichtlich.

Frage

Nun gibt es die Forderung von SPD-Fraktionschef Mützenich, dass der Kanzler und die anderen beteiligten Minister noch in dieser Woche eine politische Erklärung zum Haushalt abgeben. Ist dergleichen in irgendeiner Form für diese Woche geplant und, wenn ja, für wann?

StS Hebestreit

Der Bundeskanzler wird am Mittwoch in der Regierungsbefragung wie regelmäßig ‑ ich glaube, das zweite Mal in diesem Jahr ‑ Rede und Antwort stehen. Da könnte das Thema sicherlich auch eine Rolle spielen. Ansonsten muss man wissen, wohin der Hase läuft, bevor man über ihn spricht. Insofern bin ich auch da zuversichtlich, aber bitte um Geduld.

Zusatzfrage

Habe ich richtig verstanden, dass offen ist, ob es in dieser Woche neben der Regierungserklärung noch einen Auftritt des Kanzlers zum Thema Haushalt in irgendeiner Form gibt?

StS Hebestreit

Ich habe, glaube ich, gesagt, was ich sagen wollte. Mehr möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Frage

Der Kanzler hat ja nicht nur zugesagt, dass es am 17. Juli im Kabinett sein soll, sondern auch, dass in dieser Woche bereits Eckwerte vorgestellt werden sollen. Soll dies nur intern in den Fraktionen passieren, oder soll presseöffentlich dargestellt werden, was diese Eckpunkte sind?

StS Hebestreit

Sie haben jetzt einmal Eckpunkte und einmal Eckwerte gesagt. Ich erinnere mich an keine solche Aussage des Bundeskanzlers, sondern er hat klar gesagt ‑ ‑ ‑

Ich glaube, es ging um die politischen Grundsätze. Das hat auch Herr Kollege eben erwähnt. Eckwerte sind etwas, was mehrere Monate vor einem Regierungsentwurf miteinander vereinbart wird. Das hat einen ganz anderen Charakter. Eckpunkte, das ist das, was man vor einem Referentenentwurf miteinander bespricht. Beides ist bei diesem Haushalt jetzt nicht der Fall. Da würden wir doch noch ‑ ‑ ‑ Also, wenn wir das erst jetzt verkünden würden ‑ ‑ ‑ Wenn wir im Spätherbst, bevor es überhaupt einen Regierungsentwurf gäbe ‑ ‑ ‑ Das wollte ich jetzt Ihnen nicht nahelegen.

Also, der Bundeskanzler hat sich überzeugt gezeigt, dass wir zu einer Lösung kommen. Diese Lösung soll wohl ‑ das sage ich noch einmal laut ‑ am 17. Juli im Kabinett sein. Rechtzeitig vorher werden alle nötigen Informationen geliefert.

Frage

Kommende Woche gibt es auch noch den NATO-Gipfel. Strebt der Bundeskanzler an, zumindest bis dahin ein Korsett, oder wie immer Sie das nennen mögen, zu haben?

StS Hebestreit

Ich glaube, auch diese Frage wurde mir vor ein, zwei Wochen schon einmal gestellt, und ich habe mich zuversichtlich gezeigt, dass bis dahin das Korsett, oder wie immer wir das nennen wollen, steht.

Aber auch da, wie gesagt: Ich bin vorsichtig und immer zuversichtlich ‑ die Reise geht am Dienstag los ‑, dass bis dahin Klarheit herrscht.

Frage

Mehrere Verbände haben die Bundesregierung aufgerufen, haushaltspolitisch beim Bundesverkehrswegeplan im Bereich Autobahn umzusteuern und die Mittel für 2025 auf Instandsetzung und Wartung zu fokussieren. Hat die Bundesregierung dieser Appell erreicht, und wie gedenkt sie damit umzugehen?

StS Hebestreit

Die Bundesregierung hat diesen Appell wahrgenommen, natürlich, wie viele andere Appelle von sehr unterschiedlichen Gruppen zu allen möglichen Themen, die den Bundeshaushalt betreffen. Das macht man dann so, dass man sich das alles irgendwie vergegenwärtigt. Am Ende aber gibt es, da selten alle Appelle deckungsgleich übereinander zu bringen sind, politische Lösungen und politische Entscheidungen, die einerseits zum Teil in den Ressortverantwortlichkeiten liegen, andererseits gemeinschaftlich beschlossen werden müssen. Auch da bitte ich dann ‑ ich weiß, das fällt schwer; ich bin ja auch sehr neugierig ‑ abzuwarten, bis der Regierungsentwurf vorliegt. Dann können Sie sich in das Mehrere-Tausend-Seiten-Exemplar hineinvertiefen und sehen, was wie entschieden worden ist.

Auch dann muss man noch einmal sagen: Nach dem Regierungsentwurf ‑ Sie alle wissen das; ich sage es trotzdem noch einmal servicehalber ‑ geht das Ganze an den Deutschen Bundestag, den Haushaltsgesetzgeber, der sich das Ganze auch noch einmal genau anguckt und in der Vergangenheit an der einen oder anderen Stelle schon leichte oder auch schwere Veränderungen vorgenommen hat.

Insofern sind wir mitten in diesem schönen Haushaltsverfahren, das uns jetzt schon eine Weile beschäftigt, und ich bin zuversichtlich, dass es uns noch eine ganze Weile auch im Bundestag miteinander beschäftigen wird.

Vorsitzender Feldhoff

Darf ich die Frage an das Verkehrsministerium weitergeben? Wie ist dieser Appell bei Ihnen angekommen?

Pauly (BMDV)

Wir haben das selbstverständlich zur Kenntnis genommen. Ich habe aber darüber hinaus dem, was der Regierungssprecher gerade ausgeführt hat, jetzt nichts hinzuzufügen.

Frage

Herr Pauly, ich würde da gern nachhaken. Vielleicht aus fachlicher Sicht: Was halten Sie denn von dem Vorschlag, auf neue Autobahnprojekte zu verzichten und das Ganze in die Sanierung von Autobahnen zu stecken? Würden Sie aus bestimmten Gründen davon streng abraten, oder könnte man das schon in Erwägung ziehen?

Pauly (BMDV)

Ich kann Ihnen sehr gern aus fachlicher Sicht eine Einordnung geben und dabei auch ein paar Hintergründe erläutern. Der Ausbau der Bundesfernstraßen, den Sie ansprechen ‑ dazu gehören die Autobahnen ‑ erfolgt auf Grundlage des Bedarfsplans für Bundesfernstraßen. Die Grundlage wiederum dafür ist die Bundesverkehrswegeplanung, mit der Zielzahl 2030 verabschiedet im Sommer 2016. Es ist ganz klar, dass der Ausbau und auch der Erhalt in diesem Fall der Bundesfernstraßen immer auf Grundlage und nach Maßgabe der verfügbaren Mittel erfolgen. Dabei ist Wirtschaftlichkeit natürlich ein wichtiger Faktor, der untersucht wird. Wirtschaftlichkeit ist eine Voraussetzung für ein Bauvorhaben. Im Rahmen der umfassenden Planungsprozesse, die es in dem Zusammenhang gibt, wird natürlich auch die Wirtschaftlichkeit untersucht, mit Nutzen-Kosten-Analysen. Da fließt eine Vielzahl von Faktoren ein, unter anderem: Wie entwickelt sich die Bevölkerung? Wie entwickeln sich der Verkehr, die Wirtschaft? ‑ Dabei spielen aber natürlich auch Umweltgesichtspunkte und klimapolitische Aspekte eine Rolle.

Derzeit läuft ‑ das ist vielleicht auch noch wichtig zur Einordnung aus der fachlichen Sicht ‑ die Bedarfsplanüberprüfung. Ich habe vorhin gesagt, der Bedarfsplan sei die Grundlage für den Ausbau und für den Erhalt der Bundesfernstraßen und auch der anderen Verkehrswege. Es ist festgesetzt, dass jeder Bedarfsplan nach fünf Jahren daraufhin überprüft werden muss, ob, salopp gesagt, der Bedarf noch stimmt. Dabei werden allerdings keine Einzelprojekte überprüft, sondern dabei wird die Gesamtbetrachtung angestellt, also zum Beispiel: Passt das, was man im Bedarfsplan festgelegt hat, zu den jetzt auf neueren Erkenntnissen entwickelten Prognosen über verkehrliche Entwicklungen und die Herausforderungen, die wir in der Zukunft haben?

Ja, es ist so, dass diese Bedarfsplanüberprüfung in Kürze abgeschlossen wird, aller Voraussicht nach im Spätsommer. Dann werden wir den Bundestag über das Ergebnis informieren. Etwaige Änderungen im Bedarfsplan unterliegen dann natürlich auch dem Gesetzgeber.

Es ist ein kompliziertes Verfahren, aber das einmal als Schnelldurchlauf, wie sich das jetzt darstellt.

Frage

Auch meine Frage richtet sich an das Verkehrsministerium. Es gibt Forderungen der Monopolkommission, bei der Aufsichtspflicht der DB-Tochter InfraGO nachzubessern. Dabei soll es um Pünktlichkeit und mehr Verbindungen auf der Schiene gehen, und das soll auch die Boni der Manager betreffen. Die Boni sollen an diesen Zielen orientiert werden. Trassenkosten sollen nur dann erstattet werden, wenn die Qualität stimmt.

Gibt es eine Bewertung dieser Forderungen durch das Ministerium?

Pauly (BMDV)

Mir ist das aktuell nicht bekannt. Eine Antwort müsste ich gegebenenfalls nachliefern.

Frage

Laut „FragDenStaat“ gibt es dringende Hinweise darauf, dass das BMBF Kommunikation zur Fördermittelaffäre verschwiegen hat und relevante Kommunikation löschen will. Wie äußert sich das BMBF zu diesem Vorwurf?

Wagemann (BMBF)

Ich nehme an, dass Sie auf den Gerichtsantrag von „FragDenStaat“ anspielen. Dafür gilt leider wie meistens bei Gerichtsverhandlungen, dass wir uns zu laufenden Verfahren nicht äußern können.

Zusatz

Nein. Es geht um die IFG-Anfrage zur Fördermittelaffäre.

Wagemann (BMBF)

Okay. Es gibt zweierlei Vorgänge. ‑ IFG-Anfragen werden bei uns sachgemäß bearbeitet. Wenn sie beantwortet werden, dann werden Sie das wahrscheinlich auch über „FragDenStaat“ mitbekommen.

Zusatzfrage

Können Sie ausschließen, dass Bildungsministerin Stark-Watzinger im Mai über die Kommunikationsplattform Wire mit ihrem persönlichen Stab, den Staatssekretären oder der Leitungsebene des BMBF zu der Prüfung des Fördermittelentzugs in Kontakt stand?

Wagemann (BMBF)

Also ich kann Ihnen generell nur sagen, dass im BMBF eine regelmäßige Kommunikation in verschiedenen Formaten stattfindet. Veraktungswürdige Inhalte aus dieser Kommunikation werden selbstverständlich zu den Akten genommen. Wenn Sie Genaueres wissen möchten, dann müsste ich auf den IFG-Antrag hinweisen, den wir im Moment bearbeiten.

Frage

Die Frage geht an das BMI: Herr Kall, ich beziehe mich auf Berichterstattung, die Ihnen bekannt ist, zu einem möglichen Bearbeitungsstau im BAMF von Anträgen von Ausreisepflichtigen, abgelehnten Asylbewerbern und anderen Migranten, die das Land verlassen wollen, und zwar freiwillig, und deswegen Förderanträge gestellt haben, damit ihnen Rückreisekosten und so etwas wie Starthilfe in den Ländern gezahlt werden, in die sie gehen wollen. Trifft es zu, dass dem BAMF Ende Mai an die 2000 nicht bearbeitete Anträge vorlagen, die von den Ausländerbehörden in den Ländern und Kommunen gestellt wurden? Und trifft es weiterhin zu, dass einige der Antragsteller, deren Anträge nicht bearbeitet wurden, inzwischen abgeschoben wurden?

Kall (BMI)

Herr Kollege, geben Sie mir einen Moment, um zu schauen, ob wir Informationen vom BAMF haben, die ich mit Ihnen teilen kann. Ansonsten würde ich Sie bitten, sich an das BAMF zu wenden. Aber wenn ich das gleich tun kann, dann mache ich das.

Zusatz

Ja, das wäre nett.

Frage

Ich wollte ein neues Thema aufmachen, nämlich die deutsch-polnischen Regierungskonsultationen, und danach fragen, was Sie sich von diesen Konsultationen wünschen. Können Sie den Ablauf ein bisschen beschreiben?

StS Hebestreit

Den Ablauf haben wir hier, wie üblich, schon am Freitag bei der Bekanntgabe der Termine des Bundeskanzlers beschrieben.

Als kleine Dienstleistung: Es beginnt morgen um 8 Uhr mit militärischen Ehren. Der Bundeskanzler trifft Ministerpräsident Tusk. Es gibt erst ein Delegationsgespräch, dann ein Arbeitsfrühstück und gegen 11.10 Uhr, wenn ich das richtig im Kopf habe, eine gemeinsame Pressekonferenz. Wir sind sehr hoffnungsvoll, einen deutsch-polnischen Aktionsplan miteinander zu beschließen, der so ein bisschen die Arbeitsgrundlage für die Weiterentwicklung und Vertiefung unserer Beziehung zu Polen ist. Es sind die ersten Regierungskonsultationen seit sechs Jahren. Insofern ist das jetzt ein gutes Zeichen, auch für die enge nachbarschaftliche Verbundenheit unserer beiden Länder.

Alles Weitere würde ich den eigentlichen Gesprächen morgen überlassen wollen. Wir haben auch den einen oder anderen Berichterstatter oder die eine oder andere Berichterstatterin mit in Warschau. Insofern möchte ich dem nicht vorgreifen. Wir freuen uns sehr auf diesen Termin.

Frage

Herr Hebestreit, ich will es trotzdem noch einmal versuchen. Wenn Sie von einem Aktionsplan sprechen, können Sie zumindest ein oder zwei Themen nennen, die da eine Rolle spielen sollen? Es gibt ja schon eine Berichterstattung, dass es zum Beispiel im Verteidigungsbereich einen neuen Impuls geben soll. Was könnte das sein?

StS Hebestreit

Ich verstehe auch Ihr Interesse. Aber da muss ich mich insoweit ein bisschen aus der Affäre stehlen, dass der Aktionsplan sehr dick ist. Wenn ich jetzt ein, zwei oder drei einzelne Projekte herausnehme, dann fühlen sich manche Ministerinnen oder Minister unterbewertet, die auch ihr eigenes Projekt haben, das ich dann nicht nennen würde. Insofern: Wir werden das rechtzeitig und umfänglich veröffentlichen, was darinstehen wird und was man miteinander vereinbart.

Aber, wie gesagt, das passiert morgen. Heute ist Montag, morgen ist Dienstag ‑ und am Dienstag wissen Sie mehr.

Frage

Können Sie sagen, ob bei dem morgigen Treffen neue zusätzliche Zahlungen an noch lebende Opfer des Nationalsozialismus in Polen bekanntgegeben werden?

StS Hebestreit

Auch dazu werde ich mich heute nicht äußern.

Frage

Ich würde gern nachfragen wollen: Wenn der Aktionsplan so dick ist, wenn der Besuch so wichtig ist und Sie sich so darüber freuen, warum ist er dann so kurz, auch angesichts der politischen Lage? Wir haben ja Frankreich schon angesprochen, außerdem hat Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Müsste man sich nicht noch ein bisschen mehr mit genau diesem Partner Zeit nehmen?

StS Hebestreit

Ich verstehe Ihren Punkt. Regierungskonsultationen sind bei uns in der Regel relativ knapp bemessen. Wenn Sie so wollen: Sie kosten ja für alle Beteiligten wahnsinnig Zeit und Aufwand, da viele Regierungsmitglieder gemeinsam hinfahren. Der Bundeskanzler hatte jetzt das Glück, mit Herrn Tusk beim Europäischen Rat weite Teile des vergangenen Donnerstags verbringen zu dürfen. Sie haben sich auch eine Woche vorher beim informellen Europäischen Rat gesehen. Insofern gibt es da enge vertrauensvolle Verbindungen. Sie kennen sich sowieso gut. Es gab auch schon ein Treffen des Weimarer Dreiecks hier in Berlin gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten. Das sind also enge vertrauensvolle Verbindungen, die sich nicht nur etabliert, sondern in der Häufigkeit in den letzten Monaten gesteigert haben. Jetzt sind es eben die Regierungskonsultationen, die wir noch vor der Sommerpause hereinschieben. Sie wissen ja auch, was in der letzten Woche vor der parlamentarischen Sommerpause noch alles zu tun ist. Der Bundeskanzler hat nebenbei noch immer Haushaltsgespräche, die er gemeinsam mit dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz führt. Insofern ist das die Terminlage, in der man das hinbekommen hat.

Ich habe das Gefühl, die polnische Seite freut sich sehr darauf. Wir freuen uns sehr darauf, und trotz der knapp bemessenen Zeit bleibt es ein effizienter Besuch.

Frage

Ich habe eine Frage, die sich an das Wirtschaftsministerium richtet und vielleicht auch an Herrn Hebestreit. Es gibt einen Bericht, dass die Firma Sanofi in Höchst große Milliardeninvestitionen plant. Können Sie das bestätigen und uns einiges über das Projekt sagen?

Einhorn (BMWK)

Das kann ich leider nicht, Herr Kollege. Da müssten Sie sich an das Unternehmen wenden.

StS Hebestreit

Ich bin nicht das Unternehmen.

Zusatzfrage

Sie sind nicht das Unternehmen. Aber ich richte doch noch eine Nachfrage an Herrn Hebestreit: Der Kanzler hat jetzt mehrfach erzählt, dass noch weitere Milliardeninvestitionen in Deutschland im Pharmabereich vor der Tür stünden. Ist dieses Sanofi-Projekt eines dieser von ihm angedachten Projekte?

StS Hebestreit

Dann würde ich das ja bestätigen, was eigentlich nur das Unternehmen tun sollte. Ich würde sagen: Der Bundeskanzler blickt auch auf diese Entwicklung mit einem sehr freudigen Blick.

Zusatzfrage

Und ohne Überraschung?

StS Hebestreit

Ohne Überraschung.

Zusatz

Okay.

Frage

Finanzminister Christian Lindner sprach sich dafür aus, die stationären Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen, die im Rahmen der EM errichtet wurden, für ein Jahr zu verlängern. Meine Frage ‑ an das BMI wahrscheinlich: Was würde denn so eine Verlängerung um ein Jahr eigentlich kosten?

Kall (BMI)

Dazu kann ich gern etwas sagen. Da muss man zwischen den unterschiedlichen Landgrenzen differenzieren, an denen die Bundespolizei kontrolliert und entsprechende vorübergehende Grenzkontrollen auch europarechtlich notifiziert sind ‑ das heißt, wenn sie bei der Europäischen Kommission im Rahmen des Schengener Grenzkodexes angemeldet sind. Die Bundespolizei kontrolliert an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz, um dort die Schleuserrouten zu durchkreuzen und irreguläre Migration zu begrenzen. Das hat ja auch zur Festnahme vieler Schleuser geführt und einen begrenzenden Effekt auf die irreguläre Migration gehabt. An diesen vier Landgrenzen wird auch weiter kontrolliert werden.

Die Bundesinnenministerin hat auch immer auf die Bedeutung des gemeinsamen europäischen Asylsystems hingewiesen, um innerhalb des Schengenraums wieder zu grenzkontrollfreien Landgrenzen zurückkehren zu können. Durch das gemeinsame Asylsystem haben wir ja einen wesentlich stärkeren Außengrenzschutz. Wir werden für Menschen, die nur eine geringe Chance auf Asyl in der EU haben, Asylverfahren schon an den Außengrenzen bekommen. Das führt insgesamt zu mehr Kontrolle, zu einer stärkeren Registrierung. Das wird dazu führen, dass auch weniger Grenzkontrollen in der Europäischen Union entlang der Migrationsrouten notwendig sind, die sozusagen über die Balkanroute an unsere östlichen und südlichen Grenzen führen.

Zusätzlich nehmen wir für die Europameisterschaft aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen, die wir haben, im Moment auch an den Grenzen zu Dänemark, Frankreich und den Beneluxstaaten Grenzkontrollen vor. Sie haben allein Sicherheitsgründe. Sie dienen der Sicherheit der Fußball-Europameisterschaft und enden auch danach.

Zusatzfrage

Meine Frage war eigentlich ganz simpel: Was würde der Vorschlag von Christian Lindner, diese Grenzkontrollen ein Jahr länger als geplant zu machen, ungefähr kosten?

Kall (BMI)

Es gibt keinen bestimmten Preis oder keinen bestimmten Kostenansatz für Grenzkontrollen, sondern das macht die Bundespolizei zum Teil auch mit Unterstützung der Länder wie der bayerischen Grenzpolizei. Das ist eine originäre hoheitliche Aufgabe der Bundespolizei und ist sozusagen vom restlichen Haushalt nicht zu trennen.

Frage

(zum Nahostkonflikt) Ich habe noch eine Frage an das Auswärtige Amt. Der israelische Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir sagte in einer Videobotschaft, man solle palästinensische Gefangene mit Schüssen in den Kopf exekutieren. Ganz simpel: Wie reagiert die Bundesregierung auf diese Aussagen beziehungsweise Aufforderung zu einem Kriegsverbrechen?

Wagner (AA)

Frau Kollegin, was soll ich dazu sagen? Das ist eine abscheuliche Einlassung, die wir verurteilen.

Zusatzfrage

Was wird jetzt daraus folgen ‑ dass Sie diese Aussagen zur Kenntnis genommen haben? Wie reagiert man darauf jetzt über so eine verbale Verurteilung hinaus?

Wagner (AA)

Frau Kollegin, ich glaube, das war jetzt schon ein bisschen mehr, als es nur zur Kenntnis zu nehmen. Ich habe mich, glaube ich, relativ deutlich in unserer Bewertung eingelassen.

Wie auch bei anderen Themen, wo wir sehr anderer Ansicht sind, thematisieren wir das natürlich auch in unseren engen Gesprächen mit unseren israelischen Partnern. Aber sehen Sie es mir nach, dass ich hier nicht immer wieder jede Äußerung dieses Ministers, der auch in der Vergangenheit schon durch andere Äußerungen aufgefallen ist, kommentieren kann.

Frage

Herr Wagner, Spanien hat sich als erster EU-Staat der Völkermordklage gegen Israel angeschlossen. Dazu hätte ich gern eine Stellungnahme.

Wagner (AA)

Herr Kollege, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat Spanien angekündigt, sich da einzulassen. Das ist Spaniens gutes Recht. Es steht jedem Staat offen, in dem IGH-Verfahren seine Rechtsposition zu äußern.

Vielleicht zur Einordnung, worum es dabei genau geht: Wenn sich Staaten in einem Verfahren vor dem IGH einlassen, dann geht es immer um die Auslegung des konkreten Verhandlungsgegenstandes. Also sehr abstrakt, juristisch gesprochen, geht es in dem Verfahren darum, wie man die Völkermordkonvention selbst auslegt. Es geht nicht um eine Anwendung auf den konkreten Einzelfall ‑ die ist nicht zulässig.

Wie gesagt, wir haben diese Ankündigung von Spanien zur Kenntnis genommen. Wir haben auch gesagt, dass wir zu gegebener Zeit unsere Rechtsauffassung in diesem Verfahren noch einmal darlegen werden. Im Moment befindet sich das Verfahren weiter im Schriftsatzprozess. Das heißt, im Moment werden noch die Schriftsätze der beiden Parteien ausgetauscht und vom Gericht geprüft.

Frage

Noch einmal zur Reaktion: Sie haben sehr deutlich ihre Empörung, ihre Abscheu, zum Ausdruck gebracht. Besteht die Möglichkeit ‑ eine Lernfrage ‑, dass die Bundesregierung sagt: Mit Regierungsmitgliedern oder anderen Politikern, die solche Positionen vertreten, die zum Kriegsverbrechen auffordern, arbeiten wir einfach nicht zusammen? Mit diesen Menschen arbeiten wir nicht zusammen, Regierungskooperation hin oder her? ‑ Ist das eine Position, die möglich ist und die Sie einnehmen?

Wagner (AA)

Herr Kollege, der Ansprechpartner der Außenministerin in der israelischen Regierung ist Außenminister Katz, mit dem sie ja jüngst, auch in der letzten Woche noch einmal, gesprochen hat. Wir pflegen mit ihm einen sehr intensiven Austausch und führen immer wieder Gespräche. Sie können gewahr sein, dass wir uns ‑ das haben wir hier auch verschiedentlich immer wieder dargelegt ‑ mit allem Nachdruck dafür einsetzen, dass wir zu einer Lösung des Nahostkonflikts kommen. Dafür sind verschiedene Elemente relevant. Ich würde Ihnen jetzt die Aufzählung ersparen.

Aber noch einmal: Für die Außenministerin ist der Ansprechpartner in der israelischen Regierung der israelische Außenminister.

Zusatzfrage

Das stimmt natürlich. Auf der anderen Seite ist nicht auszuschließen, dass im Rahmen von Regierungskooperationen auch die Person oder das Ressort dieses Ministers Ansprechpartner wären. Ist in einem solchen Fall die Position ‑ da wiederhole ich die Frage ‑ „Mit einem solchen Menschen arbeiten wir nicht zusammen“ eine, die die Bundesregierung bezieht?

Wagner (AA)

Herr Kollege, Sie fragen jetzt das Auswärtige Amt. Wir sind ja Diplomaten ‑ und es ist immer besser zu sprechen als nicht zu sprechen.

Einmal ganz im Grundsatz gesprochen: Wir tun alles, um zu einer nachhaltigen Lösung des Nahostkonflikts zu kommen. Da ist natürlich die israelische Regierung ein sehr relevanter Faktor. Ich sage es noch einmal: Der relevante Kontakt der Außenministerin in der israelischen Regierung ist der israelische Außenminister.

Frage

Eine Frage zum Pazifikraum: Wie weit fortgeschritten sind die Vorbereitungen, ein Schiff der Bundeswehr durch die Taiwanstraße fahren zu lassen?

Collatz (BMVg)

Das übernehme ich gerne. Sie sprechen ja das „Indo-Pacific Deployment“ an. Die Bundeswehr beteiligt sich in diesem Jahr mit zwei Schiffen an dieser Reise. Die Schifffahrtsrouten sind, soweit sie feststehen und kommunizierbar sind, auf unseren Seiten veröffentlicht. Darüberhinausgehend habe ich im Moment noch keine Routen bekannt zu geben.

Nur so viel: Es handelt sich darum, dass dies ein Beitrag zur Diplomatie ist. Die Bundeswehr beteiligt sich regelmäßig an dieser Form der Diplomatie und repräsentiert in diesem Fall mit Kriegsschiffen den deutschen Staat, die deutsche Regierung und eine deutsche Haltung in der Region. Unser Beitrag in diesem Fall ist eben in etwa 25 000 Bruttoregistertonnen Kriegsschiff.

Wie das jetzt eingesetzt wird, darüber befindet die Regierung einheitlich und geschlossen. Das, was kommunizierbar ist, finden Sie sehr bald und rechtzeitig auf unseren Seiten, wie wir das bisher auch gemacht haben.

Zusatzfrage

Nachfrage an das Auswärtige Amt: Gibt es schon Reaktionen der chinesischen Seite auf dieses Vorhaben?

Wagner (AA)

Da müsste ich noch einmal nachhören.

Vorsitzender Feldhoff

Dann gibt es auf die Frage von Herrn Kollegen einen Nachtrag aus dem BMI.

Kall (BMI)

Genau, Herr Kollege. Ich kann Ihnen eine kurze Antwort geben. Ich weiß, dass das BAMF dazu wesentlich ausführlichere Informationen geben kann. Insofern würde ich Sie ermuntern, da nachzufragen.

Es geht um ein gemeinsames Bund-Länder-Programm, das das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erst Anfang 2024 übernommen hat, das die freiwillige Ausreise von Menschen fördert, die kein Bleiberecht in Deutschland haben und freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren wollen oder die in einen Drittstaat weiterreisen wollen, der bereit ist, sie aufzunehmen. Da geht es sowohl um finanzielle als auch um organisatorische Unterstützung, die bei einer freiwilligen Ausreise vermittelt wird. Im Moment liegt die Bearbeitungszeit der Anträge im Schnitt zwischen acht und zwölf Wochen. ‑ Das sind die Angaben, die ich Ihnen machen kann.

Auf der Website des BAMF gibt es sehr umfassende Informationen zu diesem Verfahren. Wie gesagt: Genauere Zahlen gibt es beim BAMF.

Zusatzfrage

Diese acht bis zwölf Wochen sind ja ungefähr eine Verdreifachung früherer Bearbeitungszeiten. Dazu habe ich eine Frage, die Sie, glaube ich, dann doch konkret beantworten können, weil sie in der Zuständigkeit des Bundes liegt: Das BAMF argumentiert damit, dass die Zahl der Anträge höher sei als vorab eingeschätzt und dass man mehr Mitarbeiter und Sachbearbeiter bräuchte, für die es aber nicht ausreichend finanzielle Mittel gäbe, obwohl sie bereits zu Beginn des letzten Jahres beantragt worden seien. Der Grund dafür liege in der Haushaltssperre des Bundes. Können Sie das bestätigen? Was tut das BMI als sachlich zuständiges Ressort, um diese Blockade von Personalmitteln aufzuheben?

Kall (BMI)

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist auch personell ganz erheblich verstärkt worden und konnte deshalb Asylverfahren deutlich beschleunigen; da sind die Bearbeitungszeiten deutlich schneller geworden. Zu den genauen Zahlen haben wir uns wiederholt geäußert. Ich erinnere mich diesbezüglich an die Haushaltsverhandlungen für den aktuellen Haushalt 2024, als es um Stellen für das BAMF ging, und da gab es eine erhebliche Verstärkung des BAMF. Auch jetzt gibt es eine intensive Arbeit des BMI gemeinsam mit dem BAMF daran, die personellen Kapazitäten so bereitzustellen, so umzuschichten, dass auch die Verfahren im Bereich freiwillige Ausreise noch schneller werden. Die aktuelle Bearbeitungszeit von acht bis zwölf Wochen habe ich Ihnen genannt. Noch einmal: Das BAMF ist eine sehr große Behörde mit etlichen tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wie genau diese eingesetzt werden, liegt natürlich in der Verantwortung des BAMF, und das BAMF kann Ihnen dazu auch umfassend Auskunft geben.

Frage

An das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Ministerin Schulze hat sich zuletzt geäußert mit dem Appell an Privatunternehmen, sich aktiver um das Abwerben ausländischer Fachkräfte zu bemühen. Was hat die Ministerin dazu bewogen, diesen Appell zu richten? Ist das mit dem Arbeitsministerium koordiniert? Wie stellt sich die Ministerin dieses aktivere Bemühen vor?

Koufen (BMZ)

Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat bereits Initiativen zur Fachkräftegewinnung mit auf den Weg gebracht. Das ist aus Sicht des BMZ sozusagen auch eine Win-win-win-Situation, von der alle drei Seiten profitieren: Deutschland, das dringend motivierte Fachkräfte braucht, die Herkunftsländer, in denen es sehr häufig eine junge Bevölkerung gibt, die dringend in Arbeit gebracht werden muss, aber auch jede einzelne Arbeitskraft, die von einer solchen Initiative profitieren würde, weil sie damit Kompetenzen erwirbt, Erfahrungen sammelt und auch Rücküberweisungen in ihr jeweiliges Herkunftsland tätigen kann.

Insofern ist das etwas, woran das BMZ arbeitet, und natürlich steht die Ministerin dazu auch in Absprache mit dem Arbeitsministerium.

Frage

An das Verteidigungsministerium: Laut einem dpa-Bericht von heute hat der Unionsfraktionsvize Johann Wadephul gesagt, die Munitionsbestände der Bundeswehr lägen mittlerweile unter den NATO-Mindestanforderungen. Können Sie das bestätigen?

Collatz (BMVg)

Wir haben uns verpflichtet, bis 2031 NATO-Anforderungen zu erfüllen. Dabei geht es darum, wie bei einer gewissen erwartbaren Intensität von Kriegsführung die Vorräte für die Streitkräfte vorgehalten werden müssen. Bis 2031 müssen wir hier je nach Munitionssorte bis zu 31 „days of supply“ vorhalten. Ich habe hier bereits darüber berichtet, welche Möglichkeiten wir inzwischen ausschöpfen ‑ dabei geht es ja insbesondere auch um haushälterische Möglichkeiten ‑ und habe auf die Rahmenverträge hingewiesen, die wir eingeleitet haben. Die Prozesse innerhalb unseres Beschaffungsamtes wurden dazu auch deutlich beschleunigt. Wir greifen verstärkt auf diese Rahmenverträge zurück und werden demnächst auch neue schließen.

Ich erinnere auch daran, dass wir in Absprache mit der Industrie bereits den Erfolg erzielen konnten, dass sich die Kapazitäten erhöht haben. Eine Firma hat in Unterlüß ‑ eben basierend auf den Bestellungen, die wir inzwischen aufgegeben haben und auf die sich die Industrie verlassen kann ‑ zusätzliche Produktionskapazität aufgebaut. Das betrifft im Wesentlichen Artilleriemunition.

Auf diesem Weg sind wir, und das schreitet gut voran. Sowohl Strukturen als auch Prozesse wurden gerade bei der Munition angepasst und haben zu einer Beschleunigung geführt. Die Linie, die wir uns selbst mit der NATO gesetzt haben, ist hier 2031. Derzeit bewegen wir uns gut auf diese Linie zu.

Zusatzfrage

Wadephul sprach diesbezüglich auch beim Thema Drohnen von einer quasi nicht existenten Verteidigungsfähigkeit. Wie sieht das Bundesverteidigungsministerium das?

Collatz (BMVg)

Wir haben sowohl bei der Nutzung als auch bei der Abwehr von Drohnen in den zurückliegenden Jahren eine erhebliche und rasante Entwicklung genommen; dazu habe ich an verschiedener Stelle auch schon ein paar Worte gesagt. Derzeit sind wir auch dabei, eine gewisse Bugwelle abzubauen, die nicht erst in den letzten Monaten oder wenigen Jahren entstanden ist, sondern schon davor. Gerade bei Drohnen, aber auch bei Munition besteht dieses Defizit ‑ dazu haben Sie mir und meinen Vorgängern bereits die entsprechenden Fragen gestellt. Da ist viel an Investitionsstau entstanden, und den müssen wir jetzt abbauen. Das ist auch beim Thema Drohnen so, aber auch hier sind wir auf gutem Weg.