Immer mehr Menschen wollen über ihren Rentenbeginn hinaus arbeiten. Der Effekt: mehr Geld im Portemonnaie und persönliche Zufriedenheit. Wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter im Job bleiben, müssen sie mit dem Arbeitgeber vereinbaren.
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Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen rechtzeitig eine Vereinbarung zum Weiterarbeiten treffen.
Foto: Joanna Nottebrock
Irgendwann ist er da – der letzte Tag im Arbeitsleben. Danach kommt die Rente. Die einen sehnen sie herbei. Den anderen fällt es schwer, Abschied von der Arbeit und den Kollegen zu nehmen. Aber müssen sie das wirklich?
Wer im Jahr 2015 regulär in Rente gehen will, kann dies tun, wenn er mindestens 65 Jahre und vier Monate alt ist. Es gibt aber auch die Möglichkeit, über dieses Alter hinaus zu arbeiten.
Diejenigen, die mit Erreichen des regulären Rentenalters weiter arbeiten möchten, haben die Wahl zwischen zwei Varianten: Entweder schieben sie den Rentenbeginn auf oder stellen den Rentenantrag und arbeiten als Rentner weiter. Voraussetzung: Der Arbeitgeber muss einverstanden sein. Der Eintritt in den Ruhestand ist also nicht zwingend ein feststehender Zeitpunkt.
In Deutschland arbeiten immer mehr Menschen über das Rentenalter hinaus. Die Zahl der Erwerbstätigen im Rentenalter hat sich laut DIW im Zeitraum zwischen 2001 und 2011 verdoppelt. 2011 haben laut DIW rund 760.000 Menschen im Rentenalter noch gearbeitet.
Wer im Job bleibt, ohne einen Rentenantrag zu stellen, erhöht seinen Rentenanspruch kontinuierlich und erhält lebenslang mehr Rente. Bei der zweiten Variante gibt es für die Zeit der Weiterbeschäftigung ein Einkommen, das sich aus Rente und Gehalt zusammensetzt.
Die Beschäftigung über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus ist seit Juli 2014 einfacher geregelt: Die Bundesregierung hat bei der Gesetzgebung zum Rentenpaket dafür gesorgt, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber unkompliziert einigen können. Demnach ist es möglich, die Weiterarbeit auf befristete Zeit anzulegen. Vorher konnte nur unbefristet weitergearbeitet werden.
Jetzt gibt es für beide Seiten mehr Flexibilität. Sie müssen sich nicht mehr auf lange Sicht festlegen, sondern können mit überschaubaren Zeiten planen. Zumal die Weiterarbeit mehrfach verlängert werden kann. Wichtig ist, dass eine entsprechende Vereinbarung rechtzeitig – also vor Rentenbeginn - getroffen wird.
Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) erhöht ein zusätzliches Arbeitsjahr ohne gleichzeitigen Rentenbezug die spätere Rente. Für einen Durchschnittverdiener aus dem Westen mit 45 Beitragsjahren steigt der Betrag um 108 Euro monatlich. Im Jahr sind das fast 1.300 Euro. Ein Arbeitnehmer im Osten käme auf ein monatliches Plus von 99 Euro, rund 1.200 Euro im Jahr.
Der starke Anstieg liegt nicht allein an dem einen Jahr längerer Renten-Beitragszahlung. Für Arbeitnehmer im Rentenalter gibt es einen Rentenzuschlag von 0,5 Prozent für jeden Monat, den sie nach Erreichen ihrer Regelaltersgrenze noch arbeiten. Er macht mehr als zwei Drittel der Erhöhung aus: 79 Euro im Westen und 73 Euro im Osten. Später in Rente heißt also höhere Rente.
Die andere Variante: Wer offiziell in Rente geht und dann weiterarbeitet, bezieht neben dem Gehalt im Beispielfall rund 15.449 Euro (West) oder 14.250 Euro (Ost) Rente im Jahr.
Es ist nicht leicht herauszufinden, welcher Weg der bessere ist: Lohnt es sich, einfach weiterzuarbeiten, ohne den Rentenantrag zu stellen? Oder fährt man besser, als Rentner noch einer Tätigkeit nachzugehen?
Wer ohne Rentenantrag weiterarbeitet, muss keinen Beitrag zur Arbeitslosenversicherung mehr zahlen. Erst wenn der Job wegfällt, wird einfach die Rente beantragt. Rentner, die weiterarbeiten, erhalten neben der Rente ein Gehalt. Sie müssen keine Beiträge zur Rentenkasse mehr bezahlen. Das steigert jedoch ihr zu versteuerndes Einkommen.
Auch bei der Krankenversicherung gibt es spezielle Regeln. Dauert eine Krankheit länger, kann die Krankenkasse den Versicherten dazu auffordern, den Rentenantrag zu stellen. Wer in Rente ist, erhält kein Krankengeld. Deshalb zahlen Rentner, die arbeiten, auch einen geringeren Beitragssatz zur Krankenversicherung.
Wer ohne offiziell in Rente zu gehen weiterarbeitet, fährt - rein finanziell betrachtet - voraussichtlich besser. Denn Männer leben nach dem 65. Geburtstag durchschnittlich noch 17 Jahre. Frauen haben nach ihrem 65. Geburtstag noch 20 Jahre vor sich.
Das heißt: Je länger jemand weiterarbeitet, ohne in Rente zu gehen, desto mehr zusätzliche Rentenpunkte kommen zusammen. Nicht zu vergessen: Auch der Rentenzuschlag in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat kommt noch dazu. Das wirkt sich bis zum Lebensende auf die Rentenhöhe aus. Beiträge zur Rentenkasse werden weiter fällig.
Wer in Rente geht und weiterarbeitet, hat monatlich zwar mehr Geld, denn das Einkommen besteht aus Gehalt plus Rente. Fällt die Arbeit weg, entfällt allerdings auch das zusätzliche Gehalt. An der Höhe der Rente ändert sich ab dem Renteneintritt nichts mehr.
Nicht nur finanziell ist es attraktiv, länger zu arbeiten. Wer sich im Alter für den Job entscheidet, bleibt länger fit und gesund. Ältere Arbeitnehmer haben soziale Kontakte zu Kollegen und erleben ein befriedigendes Gefühl, wenn ihre Erfahrungen nachgefragt werden. Natürlich ist ein intaktes Arbeitsumfeld dafür sehr wichtig. Deshalb berät eine von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe, wie die Arbeitsbedingungen für Ältere attraktiver und flexibler gestaltet werden können.
Expertenrat einholen
Bald-Rentner sollten sich am Besten von Fachleuten der Deutschen Rentenversicherung oder anderen Rentenversicherungsträgern beraten lassen. Unter der Telefonnummer 0800-1000 4800 sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DRV für eine telefonische Beratung erreichbar. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einen Termin für ein persönliches Gespräch zu vereinbaren.