in Berlin
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Thema: Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder
Sprecher: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Ministerpräsident Kurt Beck, Ministerpräsident Stanislaw Tillich
BK'in Angela Merkel: Meine Damen und Herren, wir haben heute das regelmäßige Treffen der Länder mit der Bundeskanzlerin und den Mitgliedern der Bundesregierung gehabt.
Im Zentrum unserer Beratungen standen bildungspolitische Fragen. Wir haben uns darauf geeinigt, dass es eine dritte Säule im Hochschulpakt gibt. Ich glaube, die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich des Hochschulpakts ist eine sehr erfolgreiche Geschichte, die wir auch im Anschluss an die Föderalismusreform I sofort begonnen haben umzusetzen.
In dieser dritten Säule geht es um bessere Studienbedingungen und mehr Qualität nach der Lehre. Nach der Exzellenz der Hochschulen, was die Forschungskapazitäten anbelangt, liegt jetzt ein deutlicher Akzent auf der Lehre. Ich glaube, das entspricht gerade den Bedürfnissen und Wünschen der jungen und studierenden Generation.
Der Bund finanziert die für die Durchführung der bewilligten Maßnahmen erforderlichen Sach- und Personalausgaben der Hochschulen. Das jeweilige Sitzland stellt sicher, dass ein Anteil von mindestens 10 vom Hundert der Gesamtkosten der Maßnahmen als Grundausstattung der Hochschulen zur Verfügung steht. Fördermittel werden bedarfsgerecht ausgezahlt. ‑ Das ist, würde ich sagen, der Kern dessen, was wir miteinander vereinbart haben.
Wir haben uns dann noch einmal über die grundsätzliche Frage der Erreichung des 10-Prozent-Ziels ausgetauscht. Es ist so, dass der Bund nach der Haushaltsklausur deutlich gemacht hat, dass wir an den Bildungs- und Forschungsausgaben für diese Legislaturperiode keine Veränderungen vornehmen werden. Es wird also einen Aufwuchs von Mitteln geben, die wir sowohl für Forschung als auch für Bildung ausgeben werden. Wir wollen dabei auch einen Teil der Maßnahmen realisieren, die in der sogenannten Tesch-Liste, also einer gemeinsam von Bund und Ländern ausgearbeiteten Liste, festgelegt sind. Wir werden darüber natürlich mit den Ländern im Gespräch bleiben.
Wir glauben, dass das 10-Prozent-Ziel ein wichtiges Ziel ist. Wir sehen natürlich, dass es eine Reihe von Schwierigkeiten durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gibt. Wir glauben auch, dass es Zusammenhänge mit der kommunalen Finanzreform gibt, die im Augenblick durchgeführt wird. Deshalb denke ich, dass wir über die Erreichung und die Fragen der Erreichung dieses 10-Prozent-Ziels auch im Lichte dieser noch vorzunehmenden Reformen weiter im Gespräch bleiben werden, inklusive der Hartz-IV-Reform, wo es auch um Bildungsausgaben für Kinder von Hartz-IV-Beziehern geht.
Einen Dissens gibt es an einer Stelle, den ich durchaus benennen will: Die Länder wünschen sich, dass der Bund den Ländern einen Teil der Ausgaben direkt als Mehrwertsteueranteil zur Verfügung stellt. Hier habe ich für die Bundesregierung deutlich gemacht, dass wir dies für die Zeit bis zum Jahr 2013 nicht beabsichtigen, weil wir glauben, dass die Programme, die wir gemeinsam verabreden, jetzt erst einmal ausgearbeitet und implementiert werden müssen. Die Länder würden sich wünschen ‑ das werden sie auch gleich darstellen ‑, dass sie Umsatzsteueranteile vom Bund bekommen. Einige sagen „Als Teil des 40-Prozent-Ziels, das wir uns vorgenommen haben“, und andere sagen „Am besten ein bisschen darüber hinaus“. Das will ich gar nicht weiter ausführen. An dieser Stelle sind wir uns noch nicht einig.
Ich will aber deutlich auf etwas hinweisen: Sowohl der Bund als auch alle Länder geben im Augenblick mehr für Bildung aus. Das ist eine Priorität geworden. Insofern ist dies an dieser Stelle noch einmal in unseren Diskussionen deutlich geworden.
MP Beck: Sie erlauben, dass ich aus Sicht der Länder anschließe: Ich will zunächst deutlich machen, dass wir mit einem gemeinsamen Papier, das von allen 16 Ländern beschlossen worden ist, in die Gespräche mit der Bundesregierung zu diesem Thema gegangen sind. Darin bringen wir zum Ausdruck, dass wir weiterhin an dem Ziel festhalten möchten, bis zum Jahr 2015 10 Prozent vom BIP zu erbringen.
Wir machen ‑ und da unterstreiche ich, was die Frau Bundeskanzlerin gesagt hat ‑ darauf aufmerksam, dass es keineswegs so ist, dass wir in den Anstrengungen nachgelassen haben, mehr für Bildung zu tun. So wird aus diesem Papier deutlich, dass, gemessen an den Gesamthaushalten der Länder zwischen den Jahren 1995 und 2008, der Anteil für Bildung von 29,1 auf 34 Prozent gestiegen ist. Wenn Sie das auf die Bevölkerung umlegen, sind die Bildungsausgaben in diesem Zeitraum von 890 Euro pro Einwohner auf 1.026 Euro gestiegen. Die Anstrengungen, die unternommen werden, sind also erheblich.
Ich will zweitens deutlich machen, dass wir es als schwer oder nicht erreichbar einschätzen, ohne eine angemessene Beteiligung des Bundes das Ziel zu erreichen. Dazu ist unser gemeinsamer Vorschlag, dass von dem Delta von 13 Milliarden Euro, von dem wir bisher strukturell ausgegangen sind, etwa 2,6 Milliarden Euro seitens der Wirtschaft zu erbringen sind und dass wir die darüber hinausgehenden Beträge 40:40 aufbringen.
Die Länder haben einstimmig darum gebeten, dass der dauerhaften Ausgabe im Bereich der Verbesserung der Bildungsinfrastruktur auch eine dauerhafte Einnahme folgen muss. Deshalb gibt es die Forderung, diese 40 Prozent des Bundes als Anteile aus der Mehrwertsteuer zu bekommen. Dass es auch Stimmen aus unseren Reihen gibt, die sagen: „Dann schaffen wir es immer noch nicht“, ist richtig. Aber das hat auch etwas mit der Gesamtsteuerbasis und den Gesamteinnahmen zu tun, um die gerungen werden muss. Dazu gibt es unterschiedliche Konzepte. Die A-Länder haben deutlich gemacht, dass sie durch eine Besteuerung hoher und höchster Einkommen, die politisch für Bildung gebunden ist, eine Lösung für eine insgesamt bessere Entwicklung sehen.
Wir haben dabei durchaus Verständnis dafür, dass der Bund die 12 Milliarden Euro, die er aufwendet, nicht einfach steigern kann. Aber wir sehen die Spielräume innerhalb dieses 12-Milliarden-Pakets bis zum Jahr 2013 so, dass sich daraus diese Umverteilungsgrößenordnung ergeben könnte und dass das auch durch noch nicht gebundene Haushaltsmittel ermöglicht wird.
Auch wenn wir heute nicht zu einem gemeinsamen Beschluss gekommen sind, was ich sehr bedauere, sind wir weiter gesprächsbereit. Das Thema liegt uns allen am Herzen. Wir werden uns anstrengen, im internationalen Vergleich nicht nur nicht zurückzufallen, sondern weiter aufzuholen. Aber ich wäre schon glücklicher, wenn wir heute zu einem Ergebnis gekommen wären.
Zu der dritten Säule, dem Hochschulpakt, muss ich nichts hinzufügen. Das ist einvernehmlich so geregelt worden.
MP Tillich: Lassen Sie mich noch ergänzen, meine Damen und Herren, dass ich glücklich bin, dass wir den Hochschulpakt III miteinander geregelt haben. Ein konkretes Ergebnis ist, dass der Bund konkret mehr als 2 Milliarden Euro dafür zur Verfügung stellen wird, um die Aufgaben, die im Bereich der Hochschulen bestehen, letztendlich gemeinsam mit den Ländern zu schultern.
Ich glaube, die Verbesserung der Situation der Studierenden ist ein Ziel, das wichtig ist. In Anbetracht dessen, dass es in mehreren Bundesländern in kurzer Zeit doppelte Abiturientenjahrgänge gibt, ist es eine wichtige Botschaft, dass gemeinsam zwischen Bund und Ländern eine Übereinkunft erreicht worden ist, dass die Studienbedingungen so verbessert werden, dass die Studierenden letztendlich nach dem Abitur eine qualitative Hochschulausbildung in Anspruch nehmen können.
Zweitens. Ich möchte deutlich machen, dass wir unter den Ländern unter der Zugrundelegung der OECD-Liste besprochen und festgestellt haben, dass wahrscheinlich die meisten der Bundesländer das 10-Prozent-Ziel im Jahr 2010 und höchstwahrscheinlich auch im Jahr 2011 erreichen bzw. überbieten werden. Ich will damit unterstreichen, was Kollege Beck gerade sagte und auch die Bundeskanzlerin deutlich gemacht hat: Das Anliegen der Länder ist nicht nur die Steigerung zwischen den Jahren 1995 und 2008, sondern auch in den gegenwärtigen und kommenden Haushaltsentwürfen des Bundes und der Länder eindeutig den Schwerpunkt auf die Bildungsausgaben zu setzen und natürlich die Möglichkeiten auszunutzen, um weitere Verbesserungen im Bereich Bildung in den jeweiligen Bundesländern zu ermöglichen.
Das heißt: Es bleibt bei der Priorität, die wir gemeinsam sowohl in Dresden als auch im letzten Jahr hier im Rahmen des Gesprächs der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin als Ziel formuliert haben: Bildung und Innovation hat für die Bundesrepublik Deutschland ‑ ich will das auch für die Bundesländer sagen ‑ nicht nur eine, sondern die Priorität, die es zu verbessern gilt. Aber gleichzeitig tun wir das auch im Angesicht dessen, dass die wirtschaftliche und die finanzpolitische Situation eine besondere Herausforderung für beide Seiten bedeutet.
Wir haben die Möglichkeit diskutiert, dieses Ende dieses Jahres bei der Frage der Gemeindefinanzen mit ins Gespräch bzw. in die Diskussion mit einzubeziehen. Sie wissen, dass für die Länder eine große Herausforderung die Situation ist, dass einerseits der Bund 4 Milliarden Euro für die Kinderbetreuung, aber andererseits für die laufenden Kosten nur 700 Millionen Euro aus seinem Haushalt zur Verfügung stellen kann. Das ist auch von uns andiskutiert worden. Ich gehe davon aus, dass alle diese Themen gemeinsam noch einmal im Herbst diskutiert werden und dass eine zusätzliche Lösungsmöglichkeit zu den Anstrengungen besteht, die der Bund einerseits und die Länder andererseits vornehmen.
Ich bin zuversichtlich, dass wir durch das Gespräch ‑ das hat auch die Bundeskanzlerin deutlich gemacht hat ‑ miteinander zu weiteren Lösungsansätzen kommen. Ein Ergebnis haben wir heute erreicht. Weitere Ergebnisse wollen wir noch gemeinsam erreichen.
Frage: Frau Bundeskanzlerin, neben Ihnen sitzt ein Herr, der gesagt hat, er sei bitter enttäuscht von Ihnen, weil Sie beim Thema Opel keinen Weg aus der Krise aufgezeigt haben. Sie haben ja gestern gesagt, dass darüber nicht das letzte Wort gesprochen ist. Noch einmal zur Verdeutlichung: Was haben Sie damit gemeint? Was ist ein Plan B für Opel? Liegt es allein an den Ländern, dass geholfen werden kann?
BK'in Merkel: Ich habe gestern deutlich gemacht, dass die Bürgschaft aus dem Deutschlandfonds in der Summe des Abstimmungsverhaltens abgelehnt worden ist und dass heute das Gespräch mit den Ländern stattfindet, in dem wir darüber gesprochen haben, ob die Länder ihrerseits Bürgschaften geben können. Das ist heute deutlich geworden. Die Länder haben auch selber dargestellt, dass sie das können.
Es ist dann auch darüber gesprochen worden, welche Möglichkeiten es noch im Bereich des Bundes gibt. Ich will zuerst sagen, dass Opel, wie natürlich alle anderen Automobilunternehmen, die Möglichkeit hat, auf Forschungsmittel des Bundes zuzugreifen. Wenn es zum Beispiel um neue Antriebstechnologien geht, gibt es ein umfassendes Programm.
Der Bundeswirtschaftsminister hat heute deutlich gemacht, dass er noch einmal mit dem Chef von Opel, Herrn Reilly, in nächster Zeit sprechen wird. Weitergehende Zusagen konnte der Bund ‑ ich spreche jetzt nicht über die Länder ‑ heute nicht machen.
Frage: Eine Frage zum Thema Bildung. Frau Bundeskanzlerin, halten Sie am 10-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2015 fest?
Eine Frage an die Ministerpräsidenten: Wenn es zu keiner Erhöhung der Mehrwertsteueranteile der Länder kommt, wie realistisch ist dieses Ziel dann noch? Wie wäre es alternativ erreichbar?
BK'in Merkel: Der Bund wünscht sich die Erreichung dieses Ziels. Wir sagen allerdings auch ‑ ich glaube, das ist die gemeinsame Einschätzung ‑, dass es durch die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht einfacher geworden ist. Aber für die Zeit, die wir bis zum Jahr 2013 überblicken können, ist deutlich geworden, dass der Bund seine Mehrausgaben nicht kürzen wird. Deshalb glauben wir, dass wir natürlich an diesem 10-Prozent-Ziel festhalten sollten.
Wir hatten vorgeschlagen ‑ es gibt vorher sicherlich noch viele Gesprächspunkte ‑, dass wir das Ganze im Jahr 2014 einem Check unterziehen, also noch einmal schauen, wo wir stehen. Ich würde das für die Seite des Bundes auch für richtig und wichtig halten. Das kann auch im Jahr 2013 sein. Aber das 10-Prozent-Ziel sollten wir beibehalten.
MP Beck: Ich will deutlich machen, dass wir uns einig waren, dass wir als Länder ohne eine dauerhafte Finanzierung aus Umsatzsteueraufkommen nicht in der Lage sein werden, diese 15 Prozent zu erreichen. Insoweit hoffen wir, dass wir in den kommenden Jahren Unterstützung bekommen.
Das Ziel halten wir für notwendig und richtig. Darin stimmen wir überein. Aber ich sage noch einmal: Es ist undenkbar, dass über zusätzliche Bundesprogramme zwar Geld in den ganzen Sektor Bildung gelangt, dass wir aber für die Kernaufgaben, die zu erfüllen sind ‑ sprich Personalkosten, Ausstattungen von Kindertagesstätte bis Hochschule ‑ keine Unterstützung bekommen, wenn wir diesen Aufwuchs von 13 Milliarden Euro finanzieren wollen.
Man muss dabei erwähnen, dass es auch laufende Kostensteigerungen gibt. Die Lohnkosten, die im Bildungssektor gemessen an den Gesamtaufwendungen extrem hoch sind, werden natürlich steigen. Wir werden auch neue Forschungsausstattungen etc. auch brauchen. Insofern brauchen wir eine Unterstützung. Wir bitten darum ‑ und das war unsere Hoffnung ‑, dass, wenn der Bund sagt, dass er 12 Milliarden Euro bis zum Jahr 2013 (aufwendet), ein Anteil von diesen 40 Prozent, die er zu übernehmen bereit ist, als dauerhafte Finanzierung und nicht in Form von neuen Programmen angelegt ist, die zusätzliche Aufgaben generieren, aber nicht helfen, die Kernaufgaben zu finanzieren.
BK'in Merkel: Ich darf trotzdem sagen, dass es eine Liste von gemeinsamen Programmen von Bund und Ländern gibt, die sowohl der Bund als auch die Länder als wichtig erachten und an denen sich der Bund nicht nur beteiligen, sondern diese zum Teil auch übernehmen wollte. Das sind Programme, die wir allseits für wichtig halten.
Ich glaube, dass man eines noch einmal deutlich machen muss: Die 12 Milliarden Euro mehr in der Legislaturperiode bedeuten 6 Milliarden Euro in der Legislaturperiode mehr für Forschung und 6 Milliarden Euro mehr für Bildung. Weil die 6 Milliarden Euro über vier Jahre laufen, bedeutet das im Grunde, dass die Bildungsausgaben um 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2013 höher sind, als sie es im Jahr 2009 waren. Davon gehen Teile in den Hochschulpakt, in die BAföG-Erhöhung und in andere Dinge, die schon gebunden sind. Dennoch ist der Dissens, dass wir von dem restlichen Teil ‑ dieser ist aber weitaus geringer als 12 Milliarden Euro ‑ in dieser Legislaturperiode ohne Absprache, welche Programme wir auflegen, die der Bund übernehmen will, keine Umsatzsteuerpunkte zur Verfügung stellen wollen. Das ist der Dissens.
MP Tillich: Ich will vielleicht einmal auf die Frage antworten: Es wird dieses Jahr zum Beispiel noch einen Tarifvertrag der Länder geben. Eine Tarifsteigerung für die Bediensteten des öffentlichen Dienstes wird dabei sicherlich das Ergebnis sein. Das betrifft die Hochschullehrer genauso wie die Lehrer in den Schulen. Allein diese Tatsache wird dazu führen, dass die Bildungsausgaben in den Länderhaushalten steigen werden. Sowohl Kollege Beck als auch die Kanzlerin haben deutlich gemacht, dass es im Prinzip ein Anliegen der Länder und des Bundes ist, nicht nur de facto eine Lohnsteigerung bzw. Kostensteigerung zu haben, sondern auch echte Ergebnisse zu erreichen. Deswegen will ich auch ein bisschen für Folgendes plädieren: Das 10-Prozent-Ziel ist eine Zielmarke. Worauf es aber ankommt, ist letztendlich, was im Ergebnis für die Schüler und für die Studenten an Verbesserungen zustande kommt. Ich glaube, das sollte unser gemeinsames Interesse sein. Darüber haben wir heute auch sehr intensiv miteinander gesprochen.
Die Kanzlerin hat ja gerade deutlich gemacht, dass uns der Bund bei einigen Maßnahmen, die dringend notwendig sind ‑ zum Beispiel die frühkindliche Förderung oder die Sprachförderung, also Maßnahmen, die normalerweise in der Zuständigkeit der Länder liegen, aber hinsichtlich derer es nach der Föko I und nach dem Grundgesetz eine Kompetenz des Bundes gibt, hinsichtlich derer er also quasi unterstützend tätig werden kann ‑, unterstützen wird. Nur darüber hinaus will ich auch deutlich sagen: Das ist keine Neuigkeit und keine neue Information. Wenn Sie sich den Beschluss aus dem Dezember des letzten Jahres anschauen, werden Sie feststellen, dass bereits seinerzeit einige Länder in einer Protokollerklärung deutlich gemacht haben, dass sie nur im Zusammenhang mit einer weiteren Übertragung von Umsatzsteuerpunkten in der Lage sind, diese Ziele, die wir miteinander vereinbart haben, zu erreichen. Das ist letztendlich das, worum wir jetzt noch ringen um bezüglich dessen wir nach Möglichkeiten suchen, letztendlich allen Ländern die Möglichkeit zu geben, insgesamt an der Verbesserung der Bildung teilzuhaben, und das in einem größeren Maße, als sie es sowieso schon in den Haushalten haben.
Ich will aber deutlich sagen, dass jedes der Bundesländern aktiv dabei ist, die Bildungschancen seiner Schüler und seiner Studenten zu verbessern, und dass das hier nicht den Eindruck hinterlassen sollte, dass in Deutschland bzw. in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland zu wenig für Bildung getan wird. Herr Beck hat die Steigerungsraten genannt. Wir liegen in den öffentlichen Haushalten der Länder mittlerweile nicht mehr bei einem Viertel der Ausgaben für Bildung, sondern bei mehr als einem Drittel. Das ist, glaube ich, ein maßgeblicher Beitrag, den die Länder ‑ einschließlich auch der Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland und des Bundes ‑ dazu leisten.
Frage: Frau Merkel, Sie müssen weg. Deswegen frage ich lieber einmal nach Opel; das geht schneller, weil nicht immer noch die beiden anderen antworten müssen:
Haben die Länder denn gesagt, welchen Finanzrahmen sie zur Verfügung hätten, um Opel zur Seite zu stehen?
Zweitens gibt es die Meinung, die heißt, Opel könne gar nicht an die Europäische Investitionsbank herantreten, weil das Ganze durch irgendwelche Bundesgarantien gedeckt werden müsste. Ist dieser Weg dann überhaupt gangbar, wenn der Bund sagt „Bei uns tut sich da nichts“?
Drittens: Angenommen, General Motors käme als Muttergesellschaft an und sagte „Wir legen da noch einmal etwas drauf“, würde das aus Bundessicht einer Änderung bewirken? Würde das heißen, dass dann vielleicht doch ein gewisser Rahmen für ein Entgegenkommen auch von bundesdeutscher Seite vorhanden wäre?
BK'in Merkel: Ich möchte an Herrn Beck verweisen, wenn es um die Frage geht, was die Länder machen können. Er sitzt ja gerade neben mir und vertritt ein Land, das ein Opel-Standort ist.
Ich will von meiner Seite aus nur sagen: Ich habe meine Worte mit Bedacht gewählt. Der Deutschlandfonds-Antrag ist mit dem gestrigen Tag abgelehnt worden, und daran hat sich am heutigen Tag auch nichts verändert. Das ist, wie ich gestern schon gesagt habe, der Tatsache geschuldet, dass, wenn in einer Koalition sozusagen keine Einigkeit besteht, ein solcher Antrag auch nicht gebilligt werden kann. So ist die Lage.
Zweitens habe ich mit Bedacht darauf hingewiesen, dass Opel die Dinge zustehen, die wir im Rahmen der allgemeinen Forschungsförderung machen, genauso wie jedem anderen.
Drittens habe ich gesagt ‑ das kann zum Beispiel mit der EIB besprochen werden, aber diesbezüglich kann ich heute keine Zusage machen ‑, dass der Bundeswirtschaftsminister sich noch einmal mit Herrn Reilly treffen und über diese Dinge sprechen wird. Aber das muss man sich dann im konkreten Falle anschauen. Das kann heute nicht beschieden werden.
MP Beck: Zu den Möglichkeiten der Länder: Wir hatten bisher Quoren, die die Länder zu übernehmen bereit waren. Es ist auf jeden Fall so, dass diese Beträge von den vier Ländern auch für den Fall einer alleinigen Anstrengung zur Verfügung gestellt werden. Je nachdem, ob und wie ein Antrag auf Förderung von Opel aussieht ‑ wir bieten ja kein Geld an, sondern wir bearbeiten Anträge ‑, ist es aus meiner Sicht möglich, dass wir wieder auf die Größenordnungen kommen, wie sie auch beim Magna-Deal vorhanden gewesen sind. Beispielsweise für Rheinland-Pfalz hätte unser Anteil in der jetzigen Situation etwa 62 Millionen Euro ausgemacht, und beim Magna-Deal ging es um eine Größenordnung von etwa 100 Millionen Euro. Aber das hängt wiederum davon ab, wie groß die Spielräume der Kolleginnen und der Kollegen in den anderen Ländern sind. Darauf wird jetzt in unserer Arbeitsgruppe eingegangen, die den Auftrag bekommt, mit General Motors Verbindung aufzunehmen und zu sehen, wie das weitere Begehr ist.
Ich will nicht verschweigen, dass ich sehr betroffen gewesen bin und noch bin. Ich habe nämlich gestern und auch heute Morgen noch einmal mit Mitarbeitern von Opel und mit den Betriebsräten Kontakt gehabt, und das ist ein regelrechter Schock gewesen, weil man gemeint hat ‑ nicht rechtsverbindlich, aber eben gemeint hat ‑, dass, wenn die jetzt auf 260 Millionen Euro an Löhnen etc. verzichten, dann sozusagen als zweiter Schritt die staatliche Bürgschaft eine logische Konsequenz wäre. Das wird jetzt nicht eintreten. Jetzt ist die Sorge natürlich wieder riesig, dass General Motors jetzt auf seine Weise saniert. Dann werden Standorte und viele, viele Arbeitsplätze infrage gestellt. Das ist aus unserer Sicht die Problematik.
Zusatzfrage: (ohne Mikrophon; akustisch unverständlich)
MP Beck: Ich möchte jetzt nicht über anderer Leute Haushalte reden. Ich kann das ziemlich deutlich sagen, weil ich einen Beschluss der Gremien von damals habe und weil ich mich eben bei meiner Landtagsfraktion rückversichern konnte. Da ich ja eine absolute Mehrheit habe, kann ich das auf dieser Basis sagen. Ich sage es jetzt einfach so, wie es ist. Das können Kollegen, die verhandeln müssen, eben nicht. Das ist das richtige Leben.
Frage: Ich würde gerne noch einmal auf den Bildungsgipfel zu sprechen kommen und fragen, ob es sinnvoll wäre, am Ende das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern wieder aufzuheben, um das Geld, das man den Ländern geben möchte, eben pragmatischer verteilen zu können.
MP Tillich: Ich weiß nicht, ob das pragmatischer ist. Wir haben hier nämlich im Dezember schon einmal miteinander gesessen und damals ‑ ich glaube, einmütig ‑ deutlich gemacht, dass es in den Ländern sehr unterschiedliche Ausgangssituationen gibt. Eine der Kritiken der Länder gegenüber dem Bund hat sich auch in die Richtung gerichtet, dass wir gesagt haben: Es ergibt keinen Sinn, für alle eine Verbesserung der Kinderbetreuung zu verlangen, obwohl sie in den jeweiligen Bundesländern durchaus sehr unterschiedlich entwickelt ist. Deswegen gab es auch damals schon die eindeutige Formulierung: Die Länder wünschen sich, dass der Bund seinen Anteil von 40 Prozent in Umsatzsteuerpunkten zur Verfügung stellt, um letztendlich länderspezifische Maßnahmen, die von Bundesland zu Bundesland jeweils unterschiedlich sein können, finanzieren zu können. Von daher, glaube ich, ist das, was Sie sich vorstellen, nicht der Idealweg, sondern das ist er der Weg, der in die Sackgasse führt.
BK'in Merkel: Erstens will ich dazu sagen: Wir haben zum Beispiel im Hochschulbereich sehr gute Möglichkeiten der Kooperation gefunden.
Zweitens glaube ich auch, dass die Tatsache, dass zum Beispiel die Schulbildung eine Sache der Länder ist und es nicht eine gemischte Zuständigkeit gibt, so erhalten bleiben sollte.
Aber ich glaube, insgesamt gibt es trotzdem gerade an den Schnittstellen ‑ Berufsberatung, Sprachförderung, bei den Kleinkindern und im Bildungsbereich ‑ eine Vielzahl von Dingen, die man auch gemeinsam machen kann. Insofern wird das Gespräch darüber auch sicherlich fortgesetzt werden.
Frage: Eine Frage an die beiden Ministerpräsidenten: Ich habe nicht verstanden, Herr Tillich, wenn Sie sagen, viele Länder gäben heute schon 10 Prozent aus, warum es dann nicht möglich ist, bis 2015 das Gesamtergebnis auf 10 Prozent zu bringen.
Die zweite Frage ist: Werden Sie BAföG und das Stipendienprogramm in der bisher vorgeschlagenen Art und Weise kofinanzieren?
An die Kanzlerin geht die Frage: Müssen Sie im Lichte der Ergebnisse von heute die Bildungsrepublik in dieser Legislaturperiode ad acta legen?
BK'in Merkel: Weil die Frage so dramatisch ist, muss ich sagen: Auf gar keinen Fall! Es gab noch nie so viel Dynamik im Bildungsbereich. Für den Bund kann ich das nun ganz genau sagen, aber (das gilt), wenn ich mir die Entwicklung betrachte, auch für die Länder, in denen das Thema Bildung derart im Mittelpunkt steht. Deshalb glaube ich: Wir sind auf einem guten Weg in die Bildungsrepublik!
MP Tillich: Zur Frage nach der Statistik: Es gibt jetzt einen Einbruch des Bruttosozialproduktes. Die Haushalte sind ja trotzdem beschlossen. Das heißt, in der Widerspiegelung der Haushalte ist der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttosozialprodukt bei einem eingebrochenen Bruttoinlandsprodukt natürlich höher, als wenn das Bruttoinlandsprodukt wieder anzieht.
Die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute für die nächsten Jahre sagen ein Anziehen des Bruttoinlandsprodukts, also des Wachstums, voraus. Dort öffnet sich die Schere dann wieder, weil die Ausgaben der öffentlichen Haushalte nicht im gleichen Maße steigen werden. 2 Prozent BIP-Wachstum ist etwas ganz anderes als die Ausgabensteigerungen in den öffentlichen Haushalten. Dadurch ergibt sich dann wieder die Schere. Ich sagte ja: 2011 und 2012 sollte es für die Länder noch möglich sein, das 10-Prozent-Ziel zu erreichen. Darüber hinaus wird es dann schwieriger werden.
MP Beck: Ganz kurz zum BAföG: Wir bemühen uns darum, dass es zu der BAföG-Erhöhung kommt. Wir haben darüber hinaus als A-Länder vorgeschlagen, dass auf diese Stipendienregelung verzichtet wird, um diese Mittel in die BAföG-Erhöhung und in die Erhöhung der Freibeträge für die Eltern einzubeziehen, um unsere Finanzanstrengungen eben auf diese Hilfe für die Finanzschwächeren, die studieren wollen, zu konzentrieren.