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Demonstrant mit Plakat, auf dem "Freiheit!" steht

1989 – ein Jahr schreibt Geschichte.
Vor 35 Jahren brachten mutige Bürgerinnen und Bürger das DDR-Regime zu Fall. Es ist ein ganz besonderes Ereignis der deutschen Geschichte, denn die Proteste blieben gewaltfrei.

Die Friedliche Revolution beschreibt die Zeit zwischen Frühjahr 1989 bis zu den ersten freien Wahlen in der DDR im März 1990. Am Ende steht die deutsche Wiedervereinigung und ein geeintes Europa. Die Ereignisse in Bildern.  

Eine Wahl, die keine ist

Kommunalwahlen im Mai 1989. Die Oppositionsbewegung kann erstmalig beweisen, dass die Wahlen systematisch von der SED gefälscht werden. Es kommt zu Protesten gegen den Wahlbetrug. In dieser Zeit beginnt Ungarn erste Grenzsperren abzubauen. Das weckt bei vielen Bürgerinnen und Bürgern der DDR Hoffnung und verstärkt deren Wunsch, das Land zu verlassen. Joachim Jauer, damals Osteuropakorrespondent des ZDF mit Sitz in Wien, kommentiert Ungarns Vorgehen in den Nachrichten: „Heute endet hier an dieser Stelle die vierzigjährige Teilung Europas in Ost und West. Dies wird unabsehbare Folgen haben – für Europa, für die Deutschen in der Bundesrepublik und insbesondere in der DDR“.

Innenpolitisch bereits geschwächt, entschließt sich SED-Generalsekretär Erich Honecker am 3. April 1989 zu einer entscheidenden Veränderung des Grenzregimes: Der Schießbefehl, der offiziell nie existiert hat, soll nicht länger ausgeführt werden. Seinen Entschluss begründet Honecker intern mit der angespannten politischen und gesellschaftlichen Lage im Land.

Foto: picture alliance/ZB/Klöppel

Im Sommer 1989 stürmen tausende DDR -Bürgerinnen und Bürger die Botschaften in Warschau und Prag. Polen und die ČSSR stimmen der Ausreise zu. 

Foto: Bundesregierung/Seebode

Fluchtbewegung

Im Sommer versuchen tausende Bürgerinnen und Bürger über Ungarn die DDR zu verlassen oder stellen Ausreiseanträge. Im August gesteht die DDR-Führung das Fluchtproblem öffentlich ein. Erstmals berichten die Fernsehnachrichten darüber. Dass sich viele Personen in den Vertretungen aufhalten, erfahren die Menschen in der DDR nicht. Zwar wird darauf verwiesen, dass nach dem Völkerrecht die Vertretungen der Bundesrepublik keinerlei Rechte und Obhutspflichten gegenüber den Ausreisewilligen hätten. Für deren Angelegenheit sei allein die DDR zuständig. Doch die Bundesrepublik sieht das anders, und die Menschen in der DDR wissen das: Auch sie sind Deutsche im Sinne des Grundgesetzes. In den kommenden Tagen schließen kurz hintereinander die westdeutschen Auslandsvertretungen in Ostberlin, Budapest, Prag und Warschau wegen Überfüllung.

Auch in Ostberlin versammeln sich die Menschen, um erneut gegen die gefälschte Kommunalwahl zu protestieren. Die Hoffnung der Demonstrierenden auf einen gewaltfreien Protest erfüllt sich auch hier nicht. Polizei und Stasi setzen Wasserwerfer, Reizgas und Schlagringe ein, verschaffen sich brutal Zugang zu Wohnungen, in denen sie geflüchtete Demonstranten vermuten. Über 1.000 Festnahmen erfolgen an diesem Wochenende.

Foto: imago images/epd

Demonstrationen im ganzen Land

Die Friedliche Revolution ist nicht mehr aufzuhalten. Im Herbst 1989 gehen hunderttausende Menschen auf die Straße, um gegen das System zu protestieren. Leipzig ist zentraler Ort der Friedlichen Revolution und Ausgangspunkt der Montagsdemonstrationen. Hier stehen am 9. Oktober 1989 70.000 Menschen mutig dem SED-Regime gegenüber. Eine friedliche Demonstration mit der Botschaft: „Wir sind das Volk“ wird zum Schlüsselmoment der deutschen Geschichte, der letztendlich zur Wiedervereinigung führt.

Im September 1989 unterzeichnen rund 30 Oppositionelle den Aufruf zur Gründung des Neuen Forums. Mit Forderungen nach Grundrechten wie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit sowie freien Wahlen wird das Neue Forum mit Abstand zur bedeutendsten DDR-Bürgerbewegung in den Zeiten des Umbruchs.

Foto: Bundesarchiv/ADN/ZB/Lochmann, Bild 183-1989-1109-028

Bürgerrechtsbewegungen 

In diesem politischen Klima erwägen mehrere Oppositionsgruppen die Gründung eigener Parteien und Vereine wie Demokratie Jetzt, Demokratischer Aufbruch und die Initiative Frieden und Menschenrechte. Besonders einflussreich ist dabei das Neue Forum.
Am 4. Oktober 1989 fordern mehrere Bürgerrechts- und Oppositionsgruppen in einer gemeinsamen Erklärung freie Wahlen unter UN-Aufsicht. Trotz des gemeinsamen Ziels herrscht Uneinigkeit bei den Themen Sozialismus, Marktwirtschaft, Wiedervereinigung und Ausreise.

Die Mauer fällt

9. November 1989: Das SED-Politbüro beschließt Regelungen für die freie Ausreise und für Besuchsreisen, die am nächsten Morgen über die staatliche Nachrichtenagentur ADN verbreitet werden sollen. Politbüro-Mitglied Günter Schabowski tritt gegen 18:45 Uhr vor die Presse. Die Journalisten erwarten Näheres zu diesen Beschlüssen. Welche Reiseerleichterungen sind konkret geplant? Wen betreffen sie? Auf die Frage eines Korrespondenten, wann die neue Reiseregelung in Kraft tritt, sagt Schabowski: „Sofort – unverzüglich“. Da ist es kurz vor 19 Uhr. 

Am Abend des 9. November verkündet Politbüro-Mitglied Günter Schabowski neue Reiseregelungen und öffnet damit die Grenze. „Das war eine gefährliche Situation“, erinnert sich Günter Schabowski später in einem Interview. „Deswegen sage ich immer: Das eigentliche Wunder des 9. November bestand darin, dass es nicht zu dieser blutigen Eskalation gekommen ist.“

Foto: Bundesstiftung Aufarbeitung, Klaus Mehner, Bild 89_1109_POL-IPZ_02

Lauter Jubel: Die Mauer ist nach 28 Jahren endlich offen.

Foto: Bundesregierung/Lehnartz

Mehrere tausend DDR-Bürgerinnen und Bürger ziehen in Berlin zu den Grenzübergängen und fordern die sofortige Öffnung. Nur: Die Grenzsoldaten sind noch gar nicht über das neue Reisegesetz informiert. Unter dem Ansturm der Massen öffnen Grenzer um 21:20 Uhr als erstes den Grenzübergang an der Bornholmer Straße. Die DDR-Diktatur ist Geschichte. Jubel und Freudentränen in der ganzen Stadt. Die ganze Nacht hindurch wird gefeiert. Einen Tag nach der Grenzöffnung rufen die Menschen am Brandenburger Tor: „Die Mauer muss weg“.

Die Stasi wird aufgelöst. Um die Vernichtung der Geheimakten zu stoppen, besetzen Demonstrantinnen und Demonstranten im Dezember 1989 die Stasi-Bezirksverwaltung in Erfurt. Die Stasi-Zentrale in Berlin wird am 15. Januar gestürmt.

Foto: Archiv Gesellschaft für Zeitgeschichte

Demokratisierung

Nach dem Fall der Mauer setzen sich Vertreterinnen und Vertreter der Opposition mit der DDR-Regierung zusammen. Sie wollen das Vorgehen der Regierung kontrollieren und die Demokratisierung voranbringen. Im November stellt Bundeskanzler Helmut Kohl im Deutschen Bundestag sein „Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas“ vor. Die Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands sei das politische Ziel. Am 3. Dezember 1989 eröffnet SED-Generalsekretär Egon Krenz die 12. Tagung des Zentralkomitees der SED. Es wird die letzte Sitzung sein.

Erste freie Wahl in der DDR

Am 18. März 1990 können die Menschen in der DDR zum ersten Mal frei und geheim ihr Parlament wählen. Dieser Tag gilt als endgültiger Sieg der Friedlichen Revolution über die Diktatur der DDR. Die Wahl gewinnt die CDU-geführte Allianz für Deutschland. Die neue Regierung unter Lothar de Maizière hat nun vor allem die Aufgabe, den Weg zur deutschen Einheit vorzubereiten.

Am 18. März 1990 können die DDR​​​​-Bürgerinnen und Bürger erstmals in freier Wahl ihr Parlament wählen. Das Ergebnis der Volkskammerwahl ist richtungsweisend für die deutsch-deutsche Wiedervereinigung.

Foto: Bundesregierung/Lehnartz

Erinnerung und Gedenken an die Opfer des Grenzregimes der DDR.

Foto: Sebastian Bolesch

Erinnern und Gedenken

Als die DDR dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitritt, ist Deutschland nach 41 Jahren wiedervereinigt. Am 3. Oktober 1990 erklingt um Mitternacht die Freiheitsglocke. Die Teilung des Landes ist endlich beendet. Heute erinnern viele Orte im Land an die DDR und die Teilung Deutschlands durch die Mauer. 

Vom Todesstreifen zum Grünen Band

Entlang der innerdeutschen Grenze wächst auf 1.400 Kilometern Länge seit über 30 Jahren der größte Biotopverbund Deutschlands. Das Grüne Band, ein Naturschutzprojekt, zieht sich vom Ostseestrand bis ins bayerische Vogtland und bietet wertvollen Lebensraum für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten.

Wie ein grünes Band zieht sich die ehemalige innerdeutsche Grenze heute durch Deutschland.

Foto: mauritius images/Roland Marske/imageBROKER