Mutige architektonische Geste

Museum des 20. Jahrhunderts Mutige architektonische Geste

Das Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron hat den überarbeiteten Entwurf für das Museum des 20. Jahrhunderts in Berlin vorgestellt. Der Neubau wird nun zum zentralen Verbindungsstück des Kulturforums am Potsdamer Platz.

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Staatsministerin Monika Grütters bei der Vorstellung des Modells für das Museum des 20. Jahrhunderts im Kulturforum mit Hermann Parzinger, Jacques Herzog und Pierre de Meuron.

Staatsministerin Grütters bei der Vorstellung des Neubaus.

Foto: Bundesregierung/Koall

Die Kunstmetropole Berlin wird bald um eine Attraktion reicher: Ein neues Museumsgebäude soll endlich der Kunst des 20. Jahrhunderts eine angemessene Bühne bieten - genauso wie den Sammlungen Pietzsch, Marx und Marzona. Gewollter Nebeneffekt: Der Neubau wird das Berliner Museumsquartier Kulturforum am Potsdamer Platz neu beleben.

Das Museum des 20. Jahrhunderts ist eines der ambitioniertesten Projekte in der deutschen Kulturlandschaft. Schon kurz nach ihrer Eröffnung 1968 war die Neue Nationalgalerie - gebaut von Ludwig Mies van der Rohe - räumlich an ihre Grenzen gestoßen, weil es für viele der bedeutenden Werke keinen Ausstellungsplatz gab. Diese Situation verschärfte sich, als nach der Wiedervereinigung die Bestände aus der ehemaligen DDR hinzukamen. Seither fristen unzählige Gemälde ihr Dasein in den Depots des viel zu klein gewordenen Gebäudes. Als dann die privaten Sammler Marx und Marzona sowie das Ehepaar Pietzsch anboten, der Öffentlichkeit ihre Sammlungen zu überlassen, fiel die Entscheidung für einen kompletten Museumsneubau.

Architektur-Ikone für die Kunst des 20. Jahrhunderts

Das Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron hat seinen Siegerentwurf aus dem Realisierungswettbewerb 2016 inzwischen kräftig weiter entwickelt. Die neuen Pläne hat Architekt Jacques Herzog nun im Staatlichen Institut für Musikforschung am Kulturforum präsentiert.

Modell des Siegerentwurfes des Basler Architekturbüros "Herzog und de Meuron" für das Museum des 20. Jahrhunderts.

Siegerentwurf des Basler Architekturbüros »Herzog und de Meuron«

Foto: Bundesregierung/Koall

Kulturstaatsministerin Grütters sieht in den Anpassungen "eine mutige und konsequente architektonische Geste." Der Entwurf überzeuge mit klaren Strukturen, einer durchdachten Materialität, spannungsvollen Perspektiven und der einmaligen Innengestaltung mit der doppelten Durchwegung. "Aus meiner Sicht hat der Herzog de Meuron-Entwurf das Zeug, selbst zu einer Architektur-Ikone zu werden", erklärte Grütters.

Ab November 2018 sollen die aktuellen Planungen in einer kleinen Ausstellung im Foyer des Kulturforums gezeigt werden. Im Sommer 2019 wird die Entwurfsplanung abgeschlossen sein, danach wird die Baugenehmigung eingeholt. Der erste Spatenstich ist für Ende 2019 vorgesehen.

Verbindungsstück am Kulturforum

Die überarbeiteten Pläne behalten die drei charakteristischen Gestaltungsmerkmale des Wettbewerbsentwurfs weiterhin bei: die Hausform, die sich im Innern kreuzenden Boulevards sowie die lichtdurchlässige Fassade aus Backstein. Mit Rücksicht auf die Bauten in der Umgebung wurde der Grundriss des Museums jedoch um rund 18 Prozent reduziert. Damit rückt das Gebäude weiter weg von der St. Matthäus-Kirche und der Neuen Nationalgalerie. Auch der Abstand um das Naturdenkmal Platane wurde vergrößert. Zusätzlich öffnet sich nun der Bau verstärkt nach außen. So sind neue Zugänge und Blickbezüge ins Innere entstanden. Dadurch wird das Museum zum zentralen Verbindungsstück am Kulturforum.

Vor allem aber bekämen die Kunstwerke in diesem prominenten Neubau eine Bleibe, der ihre Wirkung verstärken wird, so die Kulturstaatsministerin. "Berlin kann sich glücklich schätzen für den reichen Schatz an Kunst des 20. Jahrhunderts, der sich aus der Sammlung der Nationalgalerie, aber auch den Sammlungen von Erich Marx, Ulla und Heiner Pietzsch und Egidio Marzona speist. Diese Werke werden in der 'Scheune' ihren gebührenden Platz bekommen“, sagte Grütters mit Blick auf den Spitznamen, den die Berliner Öffentlichkeit dem Gebäude bereits verliehen hat.

Angekommen zwischen schwangerer Auster und Tankstelle

Wenn die Berlinerinnen und Berliner anfangen, einem Gebäude einen Namen zu geben, fügte Grütters schmunzelnd hinzu, beginne es, einen Raum im öffentlichen Bewusstsein einzunehmen. "Wir haben es beim Haus der Kulturen der Welt erlebt, das bis heute als 'schwangere Auster' bezeichnet wird. Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie, einen der großen Klassiker der architektonischen Moderne, hat man anfangs mit dem Begriff 'Tankstelle' belegt."

In Bezug auf das Museum des 20. Jahrhunderts habe sich jetzt schon der Begriff der "Scheune" etabliert, "den Herzog & de Meuron ja selbst aufgebracht haben", so die Kulturstaatsministerin: "Ich würde sagen, damit ist das neue Haus schon vor Baubeginn in Berlin angekommen."