Windmühlenflügel der Zukunft

Hightech-Strategie Windmühlenflügel der Zukunft

Eine wichtige Aufgabe der Forschung zu erneuerbaren Energien ist es, Rotorblätter von Windrädern leistungsfähiger zu machen und kostengünstiger zu produzieren. Die Projekte sind Teil der Zukunftsaufgabe "Nachhaltiges Wirtschaften und Energie" der neuen Hightech-Strategie der Bundesregierung.

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Blick auf das B75 Rotorblatt

Das B75 Rotorblatt ist die weltweit größte aus Glasfaser hergestellt Komponente aus einem Guss

Foto: Siemens AG

"Smart Blades" und "BladeMaker" – nein, das sind keine hippen Rollschuhe oder coole Comics. Es sind die Namen zweier Forschungsprojekte. Kaum zu glauben, doch Rotorblätter stellt man bislang fast vollständig in Handarbeit her. Das macht ein Fünftel der gesamten Herstellungskosten einer Windenergieanlage aus.

"Ein Rotorblatt von rund 60 Meter Länge kostet derzeit etwa 200 000 Euro", erklärt Florian Sayer, Abteilungsleiter Rotorblatt vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES). Forscher sehen Chancen, die Fertigungskosten der Blätter um bis zu zehn Prozent zu senken oder ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Beides würde die Produktionskosten für "Windstrom" senken.

Von der Handarbeit zur industriellen Fertigung

Das Projekt BladeMaker erkundet, wie sich Rotorblätter kostengünstiger, schneller und in höherer Qualität produzieren lassen. Ein Ansatz: Arbeitsschritte automatisieren.

Die Herausforderungen bei der Herstellung von Rotorblättern sind vielfältig. Die Blätter sind riesig - ein einzelner Flügel ist bis zu 85 Meter lang. Über 20 Jahre muss er Wind und Wetter trotzen – das verlangt hohe Qualität. Und trotz dieser Anforderungen muss die Produktion wirtschaftlich sein.

"Wir können hier nicht einfach die Techniken aus dem Flugzeugbau übertragen. Nicht nur wegen der Unterschiede des Produktes. Es wäre für die Windradbranche auch nicht rentabel", sagt Sayer. Rotorblätter erzielen einen geringeren Preis pro Kilo als Flugzeugflügel. Sie müssen günstiger produziert werden, damit sich ihre Herstellung lohnt. Maschinen in der Rotorblattfertigung müssen pro Stunde deutlich mehr produzieren als im Flugzeugbau.

Maschinen, Material, Mengen – was lässt sich ändern?

An welchen Stellen rechnet es sich, Arbeitsschritte zu automatisieren? Das untersucht das Fraunhofer-IWES gemeinsam mit 15 Industrie- und Forschungspartnern. Die Fachleute schauen sich den gesamten Produktionsprozess an: Welche Fertigungsschritte könnten Maschinen übernehmen? Wo könnten dadurch günstigere Materialien eingesetzt werden? Welcher Fertigungsablauf wäre am kostengünstigsten? Und wie müsste das Rotorblatt dafür konstruiert sein?

Modell: Ein Zug steht auf einem Rotorblatt

Ein 50 Meter langes Rotorblatt kann eine Last von rund 100 Tonnen tragen

Foto: IWES

Glasfasermaterialien für Rotorblätter werden in Formen abgelegt. Ist es günstiger, schwere Glasfaser-Bahnen einzeln nacheinander per Hand in die Form zu legen? Oder mehrere Bahnen gleichzeitig von einer etwa 200 Kilogramm-Rolle ablegen zu lassen - obwohl das Gewicht der Rolle den Prozess bremst, der Energieaufwand höher ist und die Anlage das Material noch schneiden muss?

Maschinen haben Vorteile: ihre Präzision und Kraft sowie ihr Vermögen, Arbeitsschritte fortlaufend gleich zu wiederholen. Nachteile gibt es, wo Krümmungen gelegt werden müssen. Hier kann Handarbeit vorteilhafter sein. Das Design anzupassen, Krümmungen zu verändern, ist ebenso möglich.

Auch in Arbeit: das Demonstrationszentrum Rotorblatt

Ein wichtiger Teil des Projektes BladeMaker ist es, ein Demonstrationszentrum aufzubauen, das 2015 in Betrieb gehen soll. Darin sollen Fertigungsprozesse (weiter)entwickelt, an 25 Meter großen Rotorblattstücken getestet und vorgeführt werden.

Das Projekt endet 2017. Ergebnisse sollen sein: neu entwickelte automatisierte Fertigungsverfahren und ein neuartiges Rotorblatt-Design, das sich besonders gut für die automatisierte Herstellung eignet.

Das kluge Rotorblatt gibt nach

Einen anderen Ansatz verfolgt das Projekt SmartBlades. Im Forschungsverbund Windenergie arbeiten der ForWind-Verbund, das DLR und das Fraunhofer-IWES zusammen. Sie haben sich die Aufgabe gestellt, Windlastspitzen zu reduzieren: über die Blattgeometrie, den Materialaufbau oder aktive bewegliche Klappen. Die Idee hinter den SmartBlades: "Das Blatt gibt klugerweise nach", so Sayer.

Eine geringere Spitzenlast auf den Rotorblättern ließe sich zweifach nutzen: Das Windrad könnte leichter konstruiert sein. Dadurch würde beim Bau der Windkraftanlagen Material und damit Geld gespart. Oder man nutzt die Entwicklung, um die Rotorblätter der Anlage zu verlängern. Das würde den Stromertrag des Windrades erhöhen. Denn es gilt: Je größer der Kreis, den die Rotoren beschreiben, desto größer der Ertrag.

Um die Windlastspitzen zu reduzieren, kann man das Rotorblatt flexibler konstruieren. Das Blatt gibt nach, verändert seine Form, dreht und biegt sich, wenn der Wind auftrifft.

Eine andere Variante integriert bewegliche Elemente in das Rotorblatt. Diese lenken die Windströmung um - ähnlich der Klappen an Flugzeugflügeln. Smart Blades wird untersuchen, welche Kombination von Sensoren und Steuerung notwendig ist, um zum Erfolg zu führen. Lösungen zu finden, ist kompliziert. Denn trotz neuer, aktiver Mechanismen sollen die Rotorblätter reibungslos arbeiten, ihr Gewicht beibehalten, bezahlbar und wartungsarm bleiben.

Das Bundesumweltministerium unterstützt die Forschungsprojekte im Rahmen des Energieforschungsprogramms. Ein Förderschwerpunkt des Programms ist der Ausbau erneuerbarer Energie und deren Wirtschaftlichkeit. Das Projekt SmartBlades wird mit zwölf Millionen Euro gefördert. 2016 wird es abgeschlossen. Dann werden die Konstruktionsunterlagen der intelligenten Rotorblätter Herstellern zur Verfügung gestellt. BladeMaker läuft bis 2017 und wird mit acht Millionen Euro gefördert.