Nationale Wasserstoffstrategie
Grüner Wasserstoff hilft beim Klimaschutz und einer sicheren Energieversorgung. Denn er kann sauber verbrannt, gut gespeichert und transportiert werden. Die Bundesregierung hat jetzt die Nationale Strategie dazu fortgeschrieben. Wie lässt sich Wasserstoff einsetzen? Zum Beispiel in der Stahlproduktion, in Gaskraftwerken– und vielen weiteren Bereichen.
„Investitionen in Wasserstoff sind eine Investition in unsere Zukunft. In Klimaschutz, in qualifizierte Arbeitsplätze und die Energieversorgungssicherheit“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck anlässlich der Vorstellung der Nationalen Wasserstoffstrategie. Der Minister betonte, die Strategie sei eine verlässliche Grundlage für Investitionen und stelle die Weichen für eine enge Zusammenarbeit mit europäischen und internationalen Partnern.
Zudem werde mit Hochdruck an dem Aufbau der notwendigen Infrastruktur gearbeitet. Bis 2027/28 soll ein Startnetz mit mehr als 1.800 Kilometern umgestellten und neu gebauten Wasserstoffleitungen entstehen, europaweit in etwa 4.500 Kilometer hinzukommen. Die Strategie sei jedoch vor allem eine Zusammenschau all dessen, was schon auf dem Weg sei. „Wir sind dabei, das Kernnetz des Wasserstoffs, also quasi die Autobahnlinien festzustellen“, sagte Habeck. Das solle diesen Sommer abgeschlossen werden, um danach im Herbst „die Bundes- und Kreisstraßen festzustellen, also das Verteilnetz darunter“.
Neue Wasserstoffkraftwerke in Sicht: Große Fortschritte gebe es auch dabei, die Abnahmestellen zu identifizieren, und die Förderung für wasserstofffähige Kraftwerke im Strombereich oder auch für die Industrie zu verteilen, so Habeck. Neben den Förderungen für die Stahlindustrie seien auch die Gespräche mit der EU-Kommission über die Förderung von Wasserstoffkraftwerken, einer völlig neuen Generation von Kraftwerken, sehr weit fortgeschritten.
Weitere Statements aus dem Kabinett
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger unterstrich: „Wasserstoff ist das fehlende Puzzleteil der Energiewende. Wir machen mit der Strategie Tempo für den Markthochlauf in dem Bereich.“ Er verbinde Energiesicherheit, Klimaneutralität und Wettbewerbsfähigkeit. Wichtig sei auch die Importstrategie als nächsten Schritt, da Deutschland den Bedarf an Wasserstoff nicht allein decken könne.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing sprach über die Bedeutung von Wasserstofftechnologien für den Verkehr. Sie seien wichtig für klimafreundliche Mobilität und ergänzten sinnvoll andere alternative Antriebsformen, insbesondere für den Güterverkehr. „Wir brauchen Wasserstoff direkt für die Brennstoffzelle, aber auch zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe, die unverzichtbar sind für Klimaneutralität im Verkehr“, sagte der Minister.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke verwies auf das Ziel der Bundesregierung in der Strategie, Wasserstofftechnologien von Anfang an ehrgeizigen Nachhaltigkeitsstandards auszurichten.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze zeigte auf, dass ein fairer Weltmarkt für Wasserstoff nicht nur eine Chance für die Umwelt, sondern auch erhebliche Entwicklungschancen weltweit bietet.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Nationalen Wasserstoffstrategie:
Wasserstoff ist ein Gas, das mit Sauerstoff zu Wasser verbrennt. Das Besondere: Dabei entstehen keine Luftschadstoffe und Klimagase. Komplett klimaneutral ist der Wasserstoff dann, wenn er „grün“ ist. Das bedeutet, Wasser wird mithilfe erneuerbaren Stroms in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt – also mit Strom, der beispielsweise von Windkraftanlagen oder Solarmodulen erzeugt wird. Der Prozess heißt Elektrolyse. Wasserstoff, kurz H genannt, ist also ein chemisches Element, das auch in der Natur vorkommt, zum Beispiel in Kombination mit Sauerstoff-Atomen als Wasser (H2O).
Die Nationale Wasserstoffstrategie zeichnet ein Zielbild für die Wasserstoffnutzung in Deutschland für 2030, bündelt die Maßnahmen der Bundesregierung und setzt staatliche Leitplanken für Erzeugung, Transport und Nutzung von Wasserstoff und seinen Derivaten in allen Bereichen. Insbesondere beschreibt sie auch den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur. So soll in Deutschland bis 2027/2028 ein Wasserstoffnetz mit mehr als 1800 Kilometern umgestellt und neuen Leitungen aufgebaut werden.
Die Strategie listet kurzfristige Maßnahmen für 2023, mittelfristige Maßnahmen für 2024/2025 sowie langfristige Maßnahmen bis 2030 auf. Dabei ist die Versorgung mit Wasserstoff wichtig für das Ziel der Klimaneutralität Deutschlands bis 2045. Wichtige Ziele sind daher auch, dass bis 2030 Wasserstoff in der Industrie, bei schweren Nutzfahrzeugen und im Luft- und Schiffsverkehr zunehmend eingesetzt wird. Für die sichere Stromversorgung sollen wasserstofffähige Gaskraftwerke zum Einsatz kommen, um das Stromnetz zu stabilisieren.
Wasserstoff ist flexibel einsetzbar und leicht transportierbar und zudem klimafreundlich, wenn er mit Erneuerbaren Energien hergestellt wird. Weil Strom nicht gut gespeichert werden kann, ist es auch möglich, überschüssigen erneuerbaren Strom zur Herstellung von Wasserstoff zu nutzen und damit in einen Energieträger umzuwandeln und so zu speichern.
Wird Wasserstoff zukünftig wie Erdgas eingesetzt, soll er auch dessen Aufgabe übernehmen, die Stromnetze zu stabilisieren. Für ein Stromnetz in Balance muss jederzeit so viel eingespeist wie entnommen werden. Eine Energieversorgung, die überwiegend von Wind und Sonne abhängig ist und damit starke Ausschläge zeigt, braucht deshalb ein Gegengewicht, das sich gut steuern lässt. Das leisten flexible Gaskraftwerke, die leicht hoch- und heruntergefahren werden können. Die Bundesregierung will die Energieversorgung in Deutschland auf eine breitere Basis stellen, um unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. Wasserstoff spielt hier eine Schlüsselrolle.
Der Einsatz von Wasserstoff ermöglicht auch, Deutschlands Industrie sowie den Lkw-, Schiff- und Flugverkehr klimaschonend umzugestalten.
Erste Industrieunternehmen, wie etwa die Stahlprodukteure Thyssen-Krupp und Salzgitter Stahl starten die Umstellung ihrer Prozesse auf Wasserstofftechnologie – ein wichtiger Schritt für ein klimaneutrales Deutschland, verursacht doch die Stahlindustrie sechs Prozent aller Treibhausgase in Deutschland. Gerade in der Industrie kann Wasserstoff als Grundlage für chemische Prozesse teilweise Bereiche klimafreundlich gestalten, in denen erneuerbarer Strom allein nicht weiterhilft
Mehr dazu: Beim Bundeswirtschaftsministerium finden Sie Praxisbeispiele für den Einsatz von Wasserstoff.
Wasserstoff ist aktuell nicht die effizienteste Methode, erneuerbaren Strom zu verwenden. Denn bei der Herstellung von Wasserstoff geht viel Energie verloren und das bedeutet auch, dass für die Produktion von Wasserstoff enorme Mengen Ökostrom benötigt werden. Deshalb ist es immer noch vorteilhafter, erneuerbaren Strom direkt zu nutzen.
Zudem ist nicht jede Form von Wasserstoff gleichermaßen klimafreundlich, sondern abhängig von der Herstellung:
- Klimafreundlich ist grüner Wasserstoff, der durch Elektrolyse von Wasser entsteht und für dessen Herstellung Ökostrom genutzt wird.
- Bei grauem Wasserstoff jedoch ist der Ausgangsstoff Erdgas. Es wird unter Einsatz von Hitze in CO2 und Wasserstoff umgewandelt. Das entstandene CO2 gelangt in die Atmosphäre und verstärkt dadurch den Treibhauseffekt.
- Blauer Wasserstoff entsteht wie grauer Wasserstoff. Einziger Unterschied: Bei blauem Wasserstoff wird das entstandene CO2 gespeichert. Das ist kohlenstoffarm, aber nicht kohlenstoffneutral. Denn beim Einsatz der Speichertechnik CCS werden noch immer Treibhausgase in die Atmosphäre freigesetzt.
- Die Nutzung des Brennstoffes Kohle als Energieträger produziert wiederum braunen Wasserstoff.
- Orangener Wasserstoff entsteht aus Bioenergie – etwa Biomasse, Biokraftstoff, Biogas oder Biomethan – , die üblicherweise aus Abfällen und Reststoffen stammt. Bei der Verbrennung werden die darin gebundenen Treibhausgase freigesetzt. Daher ist die CO2-Bilanz von orangenem Wasserstoff zwar niedriger als dem aus fossilen Brennstoffen, aber auch höher als bei grünem Wasserstoff.
- Türkiser Wasserstoff entsteht durch die thermische Spaltung von Methan. Anstelle von CO2 entsteht hierbei ein fester Kohlenstoff. Damit die Produktion CO2-neutral bleibt, müssen Erneuerbare Energien verwendet und der Kohlenstoff dauerhaft gebunden werden.
- Roter Wasserstoff ist Wasserstoff, der mithilfe von Kernenergie erzeugt wurde. Die Erzeugung ist dabei zwar CO2-frei, aber das benötigte Uran bleibt eine fossile und nicht erneuerbare Ressource, der CO2-Fußabdruck für die Stilllegung von Kernkraftwerken schwer abzuschätzen und die Endlagerung noch immer ungelöst.
- Gelber Wasserstoff bezeichnet die Wasserstoffproduktion aus einer Mischung Erneuerbarer Energien und fossiler Brennstoffe.
- Von weißem Wasserstoff spricht man, wenn er lediglich als Abfallprodukt anderer chemischer Verfahren entsteht.
Bis ausreichend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht, können auch andere kohlenstoffarme Farben genutzt werden – insbesondere der vergleichsweise klimafreundliche Wasserstoff etwa aus Abfällen. Dies dient einem schnellen Aufbau des Wasserstoffmarktes und dazu, alle Bedarfe zu decken. Unter bestimmten Voraussetzungen und mit strengem Blick auf Treibhausgasemissionen, können auch kohlenstoffarmer blauer Wasserstoff aus Erdgas mit CCS, also CO2-Speicherung, türkiser Wasserstoff aus Verbrennung von Methan oder orangener Wasserstoff aus Abfall und Reststoffen gefördert werden.
Wenn Wasserstoff mithilfe von erneuerbarem Strom hergestellt wird, fallen bei der Nutzung nur geringe und im Idealfall gar keine Treibhausgas-Emissionen an. Anders ist es bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Gas, Öl und Kohle. Sie ist weltweit die Hauptursache für Treibhausgase. Die Unabhängigkeit von fossilen Energien stärkt außerdem die Energiesicherheit in Deutschland.
Wasserstoff ist wichtig, um den CO2-Ausstoß in der Industrie zu verringern. Bei der besonders energieintensiven Stahlproduktion soll Wasserstoff Kohle ersetzen. Und auch bestimmte Prozesse in der Chemieindustrie können nur mit grünem Wasserstoff klimaschonend gestaltet werden.
Auch Gaskraftwerke sollen zukünftig mit klimaneutralen Gasen wie Wasserstoff betrieben werden. Konventionelle Gaskraftwerke sind bis zur Versorgungssicherheit durch Erneuerbare Energien noch notwendig. Sie müssen aber so gebaut werden, dass sie auf klimaneutrale Gase wie Wasserstoff umgestellt werden können.
Dort, wo der Einsatz von Elektro-Antrieben nicht sinnvoll oder möglich ist, bietet Wasserstoff auch Lösungen für klimaschonenden Verkehr. Zusammen mit CO2 lässt er sich zum Beispiel in klimafreundliche Kraftstoffe umwandeln, die Lkw, Schiffe oder Flugzeuge antreiben. Wasserstoffzüge haben das Potenzial, Dieselzüge im Regionalverkehr zu ersetzen und die CO2-Emissionen auf der Schiene zu minimieren.
Die Bundesregierung hat am 26. Juli 2023 die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie beschlossen, die in ihrer ersten Fassung im Juni 2020 verabschiedet wurde. Das Ziel ist, auf Basis der Wasserstofftechnologie den CO2-Ausstoß in den Bereichen Industrie, Verkehr und Energie zu senken. Das fördert gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und erschließt neue Märkte.
Das Bundesforschungsministerium unterstützt Initiativen, die den grundlegenden Fragen der Wasserstoffwirtschaft nachgehen, nämlich: Wie können wir Wasserstoff günstig und effizient erzeugen, speichern, transportieren und einsetzen?
Das Bundeswirtschaftsministerium fördert zudem die Reallabore der Energiewende. Unterstützung erhalten Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die neue Technologien und Lösungen für die Energiewende erarbeiten und unter realen Bedingungen im industriellen Maßstab erproben.
Mit dem Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie unterstützt das Bundesverkehrsministerium Vorhaben, die Wasserstoff für den Verkehr nutzbar machen, insbesondere im Bereich Straßen-, Schienen-, Wasser- und Luftverkehr.
Die eigens eingerichtete Lotsenstelle Wasserstoff bietet die Möglichkeit, direkt Förderoptionen zu finden, die zum eigenen Vorhaben passen.
In Deutschland will die Bundesregierung bis 2030 eine Elektrolysekapazität von mindestens zehn Gigawatt aufbauen. Aber der Bedarf wird viel höher sein. Deutschland kann grünen Wasserstoff nicht selbst in der benötigten Menge herstellen. Dazu fehlt es an genügend erneuerbarem Strom. Die neue nationale Wasserstoffstrategie sieht vor, dass noch 2023 eine neue Importstrategie für Wasserstoff erarbeitet werden soll.
Die Bundesregierung setzt schon jetzt auf internationale Kooperationen, etwa mit Norwegen, Dänemark, Österreich, Italien oder Kanada und Namibia. Strategische Partnerschaften mit Süd- und Westafrika sowie mit Australien sind zudem der Grundstein für die zukünftige Versorgung mit Wasserstoff. In diesen Ländern eignen sich die Bedingungen besonders, um Wind- und Solarstrom für die Herstellung von Wasserstoff zu produzieren.