„Vorlesemonitor 2022“
Die Bedeutung des Vorlesens für den Bildungserfolg von Kindern soll bei Eltern und der gesamten Gesellschaft mehr Aufmerksamkeit bekommen – so die Schlussfolgerung aus dem „Vorlesemonitor 2022“. Danach lesen immer weniger Eltern ihren Kindern vor. Das Bundesbildungsministerium unterstützt Initiativen zur Vorlese- und Leseförderung. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
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Was steckt hinter dem „Vorlesemonitor 2022“?
Es handelt sich um eine Bildungsstudie der Stiftung Lesen, der „Zeit“ und der Deutsche Bahn Stiftung – unterstützt vom Bundesbildungsministerium. Die Ergebnisse wurden am Montag in Berlin vorgestellt. Für den „Vorlesemonitor 2022“ wurde die Vorlesepraxis in Familien mit Kindern im Alter von ein bis acht Jahren untersucht. Insgesamt wurden deutschlandweit 800 Familien in persönlichen Interviews befragt.
Die Studie zieht auch Rückschlüsse zu Umfrage-Ergebnissen der vergangenen Jahre. Zudem analysiert der Monitor Vorlesebiografien und Risikofaktoren – und macht Angaben, wie viel Vorlesestoff in den Familien vorhanden ist. Dabei werden analoge und digitale Angebote einbezogen.
Wie sind die wichtigsten Ergebnisse?
Der „Vorlesemonitor 2022“ zeigt unter anderem, dass 39 Prozent der 1- bis 8-jährigen Kinder selten oder nie vorgelesen wird. 2019 lag der Anteil bei 32 Prozent. Viele Eltern fangen mit oder nach dem zweiten Geburtstag der Kinder vergleichsweise spät mit dem Vorlesen an. Den meisten 3- bis 5-Jährigen wird laut Studie zu Hause vorgelesen. Spätestens mit dem Eintritt in die Schule lesen Eltern aber deutlich seltener vor. Vor allem Eltern mit formal geringer Bildung sind wenig aktiv. Mehr als die Hälfte von ihnen liest ihren Kindern selten oder nie vor.
Ergebnis ist zudem: Wer selbst in der eigenen Kindheit zuhause Vorlesen erlebt hat, liest den eigenen Kindern später mit höherer Wahrscheinlichkeit vor als wenn die eigene Erfahrung fehlt. Das zeigt sich tendenziell auch bei Erwachsenen mit formal geringer Bildung.
Was hat außer dem Bildungsstand der Eltern Einfluss auf das „Vorlese-Verhalten“?
Ein weiterer Aspekt ist, wie viel Vorlesestoff vorhanden ist. Je mehr Kinderbücher im Haushalt vorliegen, desto regelmäßiger lesen Eltern ihren Kindern vor und geben frühe Impulse für das (Vor-) Lesen weiter. So haben 44 Prozent der befragten Familien maximal zehn Kinderbücher im Haus. Die Auftraggeber der Studie halten es daher für dringend geboten, dass Bücher besser für alle Familien verfügbar sind.
Auch digitale Vorlesematerialien können dazu beitragen, dass Vorlesen und Lesen in mehr Familien stattfindet. 34 Prozent der Kinder nutzen digitale Bücher oder Kinderbuch-Apps – unabhängig davon, ob die Eltern regelmäßig vorlesen oder nicht.
Warum ist regelmäßiges Vorlesen so wichtig?
„Regelmäßiges Vorlesen ist nicht nur förderlich für die späteren Sprach- und Lesekompetenzen, sondern auch für die Fantasie und stärkt zudem die Eltern-Kind-Beziehung.“ Das betonte Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbildungsministerium. Vorlesen sei somit ein überaus wichtiges Element früher Bildungsförderung. Laut dem Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, Jörg F. Maas, eröffnet Vorlesen „Kindern die Welt der Geschichten und legt wie keine andere Aktivität den Grundstein für Bildung und Zukunftschancen“.
Wie unterstützt der Bund Vorlese- und Leseförderung?
Der Bund fördert die Bemühungen für mehr Vorlese -und Leseaktivitäten mit einer Reihe von Maßnahmen und Initiativen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, Jens Brandenburg, ist Mitglied im Kuratorium der Stiftung Lesen. Mit der Stiftung arbeitet der Bund auch bei der Initiative „Lesestart 1-2-3“ zusammen. Dabei wird Eltern für deren Kinder in den ersten drei Lebensjahren jeweils ein Buchgeschenk in Form von Lesestarts-Sets zur Verfügung gestellt. Das Bundesbildungsministerium fördert die Initiative seit 2011.
Mit der Informationskampagne „Lesen & Schreiben – Mein Schlüssel zur Welt“ will der Bund Menschen aller Altersgruppen und Bildungsvoraussetzungen erreichen. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt der Kampagne auf Hausarztpraxen. Denn Beipackzettel verstehen, oder sich über gesunde Ernährung und Bewegungsangebote informieren, ist für viele nur schwer möglich. Rund 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland können nicht oder kaum lesen und schreiben.