Syrien nach dem Fall des Assad-Regimes
Viele Jahre hat das syrische Volk entsetzliches Leid erfahren. Nach dem Fall des Assads-Regimes steht Deutschland „an der Seite aller Syrerinnen und Syrer, die voller Hoffnung sind auf ein freies, gerechtes und sicheres Syrien”, sagt Bundeskanzler Olaf Scholz.
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Wie es nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien weitergeht, ist derzeit ungewiss. Das Ende des Assad-Regimes sei jedoch eine gute Nachricht, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz in seinem Podcast Kanzler Kompakt. „Der syrische Präsident Assad hat über mehr als ein Jahrzehnt sein eigenes Volk brutal und gewaltsam unterdrückt. Er hat zigtausende Leben auf dem Gewissen. Er hat Millionen Menschen in die Flucht getrieben.”
Seit 2011 befindet sich Syrien im Bürgerkrieg zwischen dem Assad-Regime und oppositionellen Gruppen. Der Krieg löste eine der größten humanitären Krisen und eine der schlimmsten Flüchtlingskatastrophen weltweit aus. Nach fast 14 Jahren eroberten Kämpfer der islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) am 8. Dezember 2024 Damaskus und beendeten damit die langjährige Herrschaft von Baschar al-Assad in Syrien. Nach dem Sturz des Assad-Regimes kontrollieren oppositionelle Kräfte nun weite Teile des Landes.
Die Bundesregierung setzt sich für die territoriale Integrität und Souveränität Syriens ein. Kanzler Scholz zeigte sich optimistisch, dass „ein umfassender nationaler Dialog, ein geordneter und friedlicher Übergangsprozess und schließlich eine politische Lösung des Konflikts in Syrien“ möglich seien. Gemeinsam mit internationalen Partnern und auf Grundlage der Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen werde Deutschland dazu seinen Beitrag leisten.
Das tut die Bundesregierung diplomatisch
Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass das syrische Volk in Frieden und Sicherheit leben kann. Um dies zu erreichen, führen Bundeskanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und weitere Mitglieder der Bundesregierung viele Gespräche mit Deutschlands internationalen und regionalen Partnern.
Vor Abreise nach Damaskus am 3. Januar betonte Außenministerin Baerbock: "Meine heutige Reise – gemeinsam mit meinem französischen Amtskollegen und im Namen der EU – ist ein klares Signal an die Syrerinnen und Syrer: Ein politischer Neuanfang zwischen Europa und Syrien, zwischen Deutschland und Syrien ist möglich. Mit dieser ausgestreckten Hand, aber auch mit klaren Erwartungen an die neuen Machthaber, reisen wir heute nach Damaskus.”
„Wenn es einen friedlichen Machtübergang in Syrien geben soll – und da sind wir uns gerade auch mit den Partnern aus der Region einig –, dann müssen die Rechte aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften im Land berücksichtigt werden”, betonte Außenministerin Baerbock. Dieser syrische Dialogprozess dürfe weder von innen noch von außen torpediert werden. Vor ihrer Reise in die Türkei am 20. Dezember betonte die Außenministerin, Syrien dürfe „weder zum Spielball fremder Mächte, noch zum Experiment radikaler Kräfte werden.”
Gesprächsaufnahme mit HTS-Vertretern
Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock haben mehrfach unterstrichen, dass die Bundesregierung bereit sei, mit einer Übergangsregierung zusammenzuarbeiten. Diese müsse sich dazu jedoch an grundlegende Menschenrechte und den Schutz ethnischer und religiöser Minderheiten halten.
Die HTS ist aus der Al-Nusra-Front hervorgegangen, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Sie wird von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft.
Etwa eine Woche nach dem Sturz des Assad-Regimes trafen Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung erstmals den Anführer der HTS und weitere Vertreter der syrischen Übergangsregierung. Bei den Gesprächen in Damaskus ging es um den politischen Übergangsprozess in Syrien. Die deutsche Delegation traf sich auch mit Vertretern von Zivilgesellschaft und Religionsgemeinschaften.
Am 14. Dezember 2024 war die Bundesregierung außerdem bei einem Treffen der arabischen Kontaktgruppe zu Syrien in Jordanien mit am Tisch. In ihrer Gemeinsamen Erklärung bekräftigten die Teilnehmer ihre uneingeschränkte Unterstützung für die Einheit, territoriale Unversehrtheit und Souveränität Syriens.
Um Stabilität in Syrien zu schaffen, den Wiederaufbau des Landes zu fördern und eine sichere Rückkehr von Geflüchteten zu ermöglichen, hat Bundesministerin Baerbock im Kabinett einen Acht-Punkte-Plan der Außenministerin vorgestellt.
Ausbau der diplomatischen Präsenz
Nach Jahren ohne diplomatische Vertretung in Syrien plant die Bundesregierung eine Rückkehr. Der neue Sonderkoordinator des Auswärtigen Amts für Syrien, Staatsminister Tobias Lindner, wird dazu in den kommenden Wochen intensive Gespräche mit relevanten Akteuren in der Region führen, um den politischen Dialog zu stärken.
Das tut die Bundesregierung humanitär
„Die humanitäre Situation der Menschen in Syrien ist katastrophal”, sagt Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze. Weite Teile des Landes seien nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg zerstört. Etwa 90 Prozent der Bevölkerung lebten in Armut und seien auf Hilfe angewiesen. Die Bundesregierung unterstützt die syrische Bevölkerung deshalb – seit Jahren – nach Kräften.
Aktuell gibt sie weitere Hilfsprojekte mit einem Gesamtvolumen von 60 Millionen Euro in Auftrag. Diese geplanten Projekte werden ausschließlich über UN-Hilfswerke und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) umgesetzt. Die finanzielle Unterstützung geht an Unicef, die Hilfsorganisation Arche Nova, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), syrische NGOs und einen speziellen UN-Fonds. Mit dem Geld sollen Schulen instand gesetzt und traumatisierte Kinder betreut werden, Jobs für Binnenvertriebene organisiert und die Aussöhnung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen gefördert werden.
Obwohl ungewiss bleibt, wie es in Syrien weitergeht, hat sich durch den Sturz des Assad-Regimes ein Fenster geöffnet, in dem positive Entwicklungen möglich sind und gefördert werden können.
Daher bringt die Bundesregierung kurzfristig acht Millionen Euro für humanitäre Hilfe auf den Weg. Denn, so Ministerin Baerbock, Wiederaufbau könne nur funktionieren, „wenn die Menschen mit dem Nötigsten versorgt sind.”
Bereits in den vergangenen Jahren hat die Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger Syriens unterstützt. So hat das Auswärtige Amt allein 2024 rund 213 Millionen Euro für humanitäre Hilfe bereitgestellt.
Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit unterstützt Deutschland die syrische Bevölkerung in enger Abstimmung mit anderen internationalen Gebern. Hierfür hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Jahr 2024 Mittel in Höhe von rund 125 Millionen Euro bereitgestellt. „Die Bundesregierung ist bereit, die Menschen auf diesem schwierigen Weg zu unterstützen, zum Beispiel bei der Versorgung mit dem, was am dringendsten zum Leben gebraucht wird” , sagte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze. Dies umfasse sauberes Wasser, Nahrung, aber auch Bildung für alle Kinder und ein funktionierendes Gesundheitssystem.
Die Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe zur Bewältigung akuter Notlagen. Ziel ist es, Menschen ein Überleben in Würde und Sicherheit zu bieten und Leid zu lindern. Entwicklungszusammenarbeit hingegen zielt auf die langfristige und nachhaltige Verbesserung von wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnissen ab.