Nach Fall des Assad-Regimes
Viele Jahre hat das syrische Volk entsetzliches Leid erfahren. Nach dem Fall des Assad-Regimes im Dezember 2024 ist die Übergangsregierung in der Verantwortung, das Land zu einem dauerhaften Frieden zu führen.
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Fast 14 Jahre Bürgerkrieg haben Syrien in eine humanitäre Krise gestürzt.
Foto: picture alliance/abaca/Ugur Yildirim/DIA Images
Wie es nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien weitergeht, ist weiter ungewiss. Das Ende des Assad-Regimes ist jedoch eine gute Nachricht, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz. „Der syrische Präsident Assad hat über mehr als ein Jahrzehnt sein eigenes Volk brutal und gewaltsam unterdrückt. Er hat zigtausende Leben auf dem Gewissen. Er hat Millionen Menschen in die Flucht getrieben.”
2011 begann in Syrien der Bürgerkrieg zwischen dem Assad-Regime und oppositionellen Gruppen. Er löste eine der größten humanitären Krisen und eine der schlimmsten Flüchtlingskatastrophen weltweit aus. Nach fast 14 Jahren eroberten Kämpfer der islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) am 8. Dezember 2024 Damaskus und beendeten damit die langjährige Herrschaft von Baschar al-Assad. Eine Übergangsregierung kontrolliert nun weite Teile des Landes. In einem Telefonat mit Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa gratulierte Kanzler Scholz dem syrischen Volk, dass es gelungen sei, die Schreckensherrschaft des Assad-Regimes zu beenden.
Zukunft muss in Händen aller Syrerinnen und Syrer liegen
Die Bundesregierung setzt sich für die territoriale Integrität und Souveränität Syriens ein. Die Zukunft des Landes muss, frei von jeglichen ausländischen Destabilisierungsversuchen, in den Händen aller Syrerinnen und Syrer liegen – egal welcher Ethnie, Religion oder welchen Geschlechts. Deutschland wird seinen Beitrag dazu leisten, dass ein geordneter und friedlicher Übergangsprozess und schließlich eine politische Lösung des Konflikts möglich wird – gemeinsam mit internationalen Partnern und auf Grundlage der Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.
Die aktuellen Entwicklungen und die Gewalt an den Alawiten beobachtet die Bundesregierung mit großer Sorge. Berichte über die Ermordung von Zivilistinnen und Zivilisten sowie Gefangenen sind schockierend. Die Bundesregierung verurteilt den Ausbruch der Gewalt in den Regionen Tartus, Latakia und Homs auf das Schärfste und fordert alle Seiten nachdrücklich zu einem Ende der Gewalt auf. Die Zivilbevölkerung muss geschützt werden. Die Sicherheit in Syrien und auch der Umgang mit Minderheiten ist wesentlich für die Zukunft des Landes.
Kanzler kompakt
EU-Sanktionen gegen Syrien werden gelockert
Die EU hat seit dem 24. Februar ihre Wirtschaftssanktionen gegen Syrien vorläufig außer Kraft gesetzt. Es geht vor allem um den Banken-, Energie- und Verkehrsbereich. Mit diesem Schritt wollen die EU-Mitgliedsstaaten die Beziehungen zu Syrien, seinen Menschen und seiner Wirtschaft erleichtern. Über die Lockerung von EU-Sanktionen gegen Syrien hatten die EU-Außenministerinnen und -Außenminister am 27. Januar eine politische Einigung erzielt. Die Bundesregierung hatte dies mit beschlossen und die geplanten Lockerungen, die erste Schritte hin zum Wiederaufbau Syriens möglich machen, ausdrücklich begrüßt.
Die Sanktionen gegen den mörderischen Assad-Clan und seine Schergen bleiben allerdings in Kraft. „Verbrechen müssen aufgeklärt, Täter zur Verantwortung gezogen werden. Auch hier leisten wir als Europäer unseren Beitrag – auch gerade wir als Deutsche”, so Außenministerin Annalena Baerbock.
Das tut die Bundesregierung diplomatisch
Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass das syrische Volk in Frieden und Sicherheit leben kann. Um dies zu erreichen, führen Bundeskanzler Scholz, Außenministerin Baerbock, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und weitere Mitglieder der Bundesregierung viele Gespräche mit Deutschlands internationalen und regionalen Partnern.
„Wenn es einen friedlichen Machtübergang in Syrien geben soll – und da sind wir uns gerade auch mit den Partnern aus der Region einig –, dann müssen die Rechte aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften im Land berücksichtigt werden”, betonte Außenministerin Baerbock. Dieser syrische Dialogprozess dürfe weder von innen noch von außen torpediert werden.
Am 20. März reiste Baerbock zum zweiten Mal seit dem Ende der Assad-Diktatur nach Damaskus. Sie eröffnete dort die deutsche Botschaft nach 13 Jahren wieder, auch wenn der Betrieb bis auf weiteres starken Einschränkungen unterliegen wird.
Gesprächsaufnahme mit HTS
Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock hatten mehrfach unterstrichen, dass die Bundesregierung bereit sei, mit einer Übergangsregierung zusammenzuarbeiten. Diese müsse sich dazu jedoch an grundlegende Menschenrechte und den Schutz ethnischer und religiöser Minderheiten halten.
Um Stabilität in Syrien zu schaffen, den Wiederaufbau des Landes zu fördern und eine sichere Rückkehr von Geflüchteten zu ermöglichen, hat Bundesministerin Baerbock im Kabinett einen Acht-Punkte-Plan der Außenministerin vorgestellt.
Die HTS ist aus der Al-Nusra-Front hervorgegangen, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Sie wird von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft.
Das tut die Bundesregierung humanitär
Bei der 9. Syrien-Konferenz am 17. März 2025 in Brüssel hat Deutschland weitere Hilfen für Syrien in Höhe von 300 Millionen Euro zugesagt, um einen inklusiven und friedlichen Übergangsprozess in dem Land zu unterstützten. Außenministerin Baerbock brachte aber auch ihre Sorge zum Ausdruck: „Dreieinhalb Monate nach dem Sturz des Assad-Regimes liegen für die Menschen in Syrien die historische Chance auf eine bessere, friedlichere Zukunft und die Sorge vor einem Abrutschen in neue Gewalt und Instabilität unglaublich nah beieinander.” Die furchtbaren Massaker an den Alawiten vor einer Woche machten klar, wie dringlich konkrete Schritte zur politischen Inklusion seien – für alle Syrerinnen und Syrer, egal welcher Ethnie, Religion, welchen Geschlechts.
Auch Bundesentwicklungsministerin Schulze betonte bei der Konferent mit 80 internationalen Delegationen, darunter auch der syrischen Übergangsregierung: „Deutschland hat gemeinsam mit anderen Gebern seine Erwartungen für eine Unterstützung Syriens klar formuliert: Das neue Syrien muss alle gesellschaftlichen und religiösen Gruppen einbeziehen.”
Die Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe zur Bewältigung akuter Notlagen. Ziel ist es, Menschen ein Überleben in Würde und Sicherheit zu bieten und Leid zu lindern. Entwicklungszusammenarbeit hingegen zielt auf die langfristige und nachhaltige Verbesserung von wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnissen ab.