"Wir kämpfen gegen ein unsichtbares Problem"

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Interview zum Corona-Einsatz des THW "Wir kämpfen gegen ein unsichtbares Problem"

In ganz Deutschland unterstützt das THW die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Mit dabei ist auch Daniel Nagel. Mit seinem Ortsverband Bad Oldesloe hilft er dem Land Schleswig-Holstein dabei, Einrichtungen wie Krankenhäuser mit Schutzausrüstung zu versorgen. Ein Gespräch über das Ehrenamt im Ausnahmezustand.

3 Min. Lesedauer

Das Bild zeigt den THW-Helfer Daniel Nagel an einer Landkarte.

Auch die Koordination von Einsätzen gehört zu den Aufgaben von Daniel Nagel. Er ist haupt- und ehrenamtlich beim THW tätig.

Foto: THW

Herr Nagel, das THW leistet derzeit Hilfe, um die Corona-Pandemie in Deutschland zu bewältigen. Auf welche Weise helfen Sie vor Ort in Bad Oldesloe bei der Bewältigung der Corona-Pandemie?

Daniel Nagel: Hier vor Ort sind wir mit der Fachgruppe Logistik aktiv und unterstützen das Land Schleswig-Holstein bei der Verteilung von Schutzausrüstung – Schutzmasken, Schutzbrillen, Schutzkitteln – an die Krankenhäuser und Landkreise.

Wir sind täglich mit zwei bis drei Transportern unterwegs, die jeweils mit zwei Personen besetzt sind – also zwischen vier und sechs Helfern am Tag, die in ganz Schleswig-Holstein unterwegs sind. Hinzu kommen immer noch zwei Personen, die das im Hintergrund vom Büro aus steuern und disponieren.

Sie sind seit 1999 im THW aktiv und haben bereits viele verschiedene Krisensituationen erlebt. Was macht die derzeitige Lage so besonders?

Nagel: Die derzeitige Lage ist allein schon deshalb so besonders, weil sie nicht greifbar ist. Man hat ja kein Schadensbild vor Augen. Bei Hochwasser oder auch bei der Flüchtlingssituation 2015 – da hatten wir ganz plastisch vor Augen, wo das Problem liegt und wo geholfen werden muss. Das Virus ist hingegen nicht greifbar, nicht riechbar, nicht schmeckbar, und so kämpfen wir gegen ein unsichtbares Problem an.

Hinzu kommt, dass wir jetzt vor Herausforderungen stehen, die so in der Summe noch nie dagewesen sind. Diesmal auch verbunden mit Beschränkungen im öffentlichen Leben, die uns an der ein oder anderen Stelle natürlich auch ein bisschen behindern.

Das Foto zeigt einen THW-Helfer, der eine Palette Material aus einem LKW auslädt.

So wie hier in Neumünster, hilft das THW in ganz Deutschland, wichtiges Material dorthin zu bringen, wo es gebraucht wird.

Foto: THW

Inwiefern ist die Angst einer Ansteckung ständiger Begleiter bei diesem Einsatz?

Nagel: Für mich kann ich sagen, dass die Angst vor Ansteckung nicht da ist. Sicherlich ist da ein Respekt – der ist auch wichtig, damit alle die vorgegebenen Schutzmaßnahmen auch konsequent einhalten. Eine Angst spüre ich aber nicht, die wäre auch hinderlich für unsere Unterstützung. Wir haben schon das Vertrauen, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen Wirkung zeigen und wir damit bestmöglich geschützt sind.

Wir halten die Hygieneregeln, die für alle gelten, ebenso ein – also etwa bestmöglich Abstand halten. Wir haben unsere Helfer in Teams eingeteilt, die sich nicht miteinander vermischen. Wenn wir in Kliniken gehen, tragen wir Schutzmasken und Einmalhandschuhe. Ganz klassisch gehört beispielsweise auch das Desinfizieren und Reinigen der Fahrzeuge nach Schichtende dazu.

Wie schätzen Sie die Lage jetzt ein?

Nagel: Als THW sind wir hier in Schleswig-Holstein seit Mitte März aktiv in die Situation eingebunden – mit stetig steigenden Anforderungen. Wir gehen davon aus, dass wir über einen sehr langfristigen Einsatz sprechen, den wir so auch noch nicht kannten. Bei Hochwasser kann ein Einsatz über mehrere Wochen gehen. Auch die Flüchtlingssituation 2015 hat einige Zeit angedauert. Aber jetzt bereiten wir uns darauf vor, gegebenenfalls über Monate im Einsatz zu sein.

Sie sind seit Jahren beim THW aktiv – zunächst rein ehrenamtlich, nun sowohl haupt- als auch ehrenamtlich. Was ist für Sie das Besondere am THW, dass Sie hier soviel Zeit und Kraft investieren?

Nagel: Für mich ist das Besondere, dass man unheimlich viele unterschiedliche Sachen erleben und sehen kann. Man arbeitet mit ganz unterschiedlichen Menschen zusammen – vom Handwerker bis zum Akademiker haben wir alle Berufe in unseren Reihen. Im THW lassen alle ihre berufliche Rolle hinter sich und stellen sich ganz neuen Herausforderungen.

Hinzu kommt: Mit dem THW sind wir bundesweit, manchmal auch weltweit unterwegs, sodass man eine Menge sehen und erleben kann. Am Ende geht es uns allen darum, der Allgemeinheit etwas Gutes zu tun und den Menschen in unserem Land zu helfen. 

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie leistet das THW mit seinen umfangreichen Einsatzoptionen einen wichtigen Beitrag zur Versorgung des medizinischen Personals und zur Eindämmung des Infektionsgeschehens. Daniel Nagel ist eigentlich gelernter Außenhandelskaufmann - doch 2012 machte er sein Hobby und Ehrenamt zum Beruf: das THW. Dort ist er für die Ausbildung im Regionalbereich Lübeck zuständig. Wenn es die Situation erfordert, lässt er diese Aufgabe hinter sich und zieht seine Kleidung als THW-Helfer im Ortsverband Bad Oldesloe an. So auch jetzt wieder - im Corona-Einsatz.