Kanzler empfängt britischen Premier Starmer
Deutschland und Großbritannien wollen ihre Beziehungen mit einem Vertrag über die bilaterale Zusammenarbeit „auf eine ganz neue Grundlage stellen“. Das sagte Bundeskanzler Scholz bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Premiers Starmer in Berlin.
18 Min. Lesedauer
- Mitschrift Pressekonferenz
- Mittwoch, 28. August 2024
Deutschland und das Vereinigte Königreich verbinde eine lange und vertrauensvolle Partnerschaft, die von gemeinsamen Werten und verlässlicher Freundschaft getragen sei, sagte Scholz nach dem Gespräch der beiden Regierungschefs. Diese Zusammenarbeit werde man weiter hegen und pflegen, „zum Wohle unserer Völker, zum Wohle Europas und zur Sicherheit im transatlantischen Raum“.
Großbritanniens neuer Premierminister Keir Starmer ist bei seinem Antrittsbesuch am Morgen im Bundeskanzleramt von Bundeskanzler Olaf Scholz mit militärischen Ehren empfangen worden.
Das Wichtigste aus der Pressekonferenz des Kanzlers in Kürze:
- Vertrag über bilaterale Zusammenarbeit: Deutschland und Großbritannien werden in den kommenden Monaten auf einen Vertrag über die bilaterale Zusammenarbeit hinarbeiten. Dieser soll die ganze Bandbreite der Beziehungen reflektieren. „Einen solchen Vertrag hat es zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich noch nicht gegeben“, sagte Kanzler Scholz.
- Baldige Regierungskonsultationen: Es ist geplant, den Vertrag im Rahmen von deutsch-britischen Regierungskonsultationen zu unterzeichnen. Diese sollen Anfang des kommenden Jahres stattfinden.
- NATO stärken, Ukraine helfen: Deutschland und Großbritannien wollen gemeinsam den europäischen Pfeiler in der NATO stärken und dazu ihre sicherheitspolitische Zusammenarbeit intensivieren. Scholz bekräftigte die fortdauernde Unterstützung beider Länder für die Ukraine. „Wir werden unsere finanzielle, wirtschaftliche, politische und auch militärische Unterstützung fortsetzen – so lange dies notwendig ist“, sagte der Kanzler. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung sieht für 2025 vier Milliarden Euro an bilateraler Hilfe für die Ukraine vor.
- EU-Großbritannien-Beziehungen stärken: Auch nach dem Brexit sei Großbritannien weiter „unverzichtbarer Teil“ bei der Lösung der großen Fragen Europas, unterstrich der Bundeskanzler. Mit dem Austrittsabkommen, dem Nordirland-Protokoll, dem umfassenden Handels- und Kooperationsabkommen sowie dem Windsor Framework bestehe ein verlässlicher rechtlicher Rahmen, der jetzt vollständig umzusetzen sei.
Sehen Sie hier das Video der Pressekonferenz:
Lesen Sie hier die Mitschrift der Pressekonferenz:
(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)
Bundeskanzler Olaf Scholz: Sehr geehrter Herr Premierminister, dearest Keir! (auf Englisch) Es ist mir eine große Freude, dich heute in Berlin zu begrüßen. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen und dir noch einmal zur Wahl zum Premierminister gratulieren. Deutschland und das Vereinigte Königreich sind gute Freunde, enge Partner und vertraute Verbündete. Wir beide werden intensiv daran arbeiten, sicherzustellen, dass diese Beziehung weiterhin gedeihen wird.
(auf Deutsch) Meine Damen und Herren, es freut mich außerordentlich, Premierminister Keir Starmer bereits so bald nach seiner Amtsübernahme in Berlin zu begrüßen. Deutschland und das Vereinigte Königreich pflegen eine lange und vertrauensvolle Partnerschaft, die von gemeinsamen Werten und verlässlicher Freundschaft getragen ist. Diese Zusammenarbeit werden wir hegen und pflegen, zum Wohle unserer Völker, zum Wohle Europas und zur Sicherheit des transatlantischen Raums. Wir wollen es nicht bei Bekenntnissen belassen, sondern unsere Beziehungen auf eine ganz neue Grundlage stellen. In den kommenden Monaten werden wir gemeinsam auf einen Vertrag hinarbeiten, der die ganze Bandbreite unserer Beziehungen reflektiert. Einen solchen Vertrag hat es zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich noch nicht gegeben. Die Zusammenarbeit unserer beiden Regierungen wollen wir auch durch Regierungskonsultationen vertiefen, die wir in ganz naher Zukunft abhalten werden. Schon heute stimmen wir uns in der täglichen Regierungsarbeit eng und vertrauensvoll miteinander ab.
All das zeigt: Deutschland und Großbritannien sind besondere Partner. Gemeinsam wollen wir den europäischen Pfeiler in der NATO stärken. Dabei wird auch eine engere sicherheitspolitische Zusammenarbeit eine wichtige Rolle spielen.
Auch die Situation in der Ukraine hat uns heute beschäftigt. Deutschland und Großbritannien stehen fest an der Seite der Ukraine. Das sage ich ausdrücklich auch mit Blick darauf, das zuletzt versucht worden ist, Zweifel an diesem Engagement zu säen. Wir werden unsere finanzielle, wirtschaftliche, politische und auch militärische Unterstützung fortsetzen, so lange es notwendig ist. Der Haushaltsentwurf für nächstes Jahr steht und wird vier Milliarden Euro an bilateraler Hilfe für die Ukraine vorsehen. Zusätzlich stellen wir gemeinsam mit den G7-Staaten der Ukraine einen 50-Milliarden-Kredit zur Verfügung, um eine verlässliche finanzielle Unterstützung zu gewährleisten. Dafür nutzen wir auch „windfall profits“ aus eingefrorenen Zentralbankvermögen Russlands.
Zutiefst beunruhigt blicken wir auf die Lage im Nahen Osten und die Eskalation in der Region. Das große menschliche Leid, das wir dort seit Monaten beobachten, vergrößert sich dadurch genauso wie das Risiko eines Flächenbrands. Wir rufen alle Parteien dazu auf, die Verhandlungen über einen Waffenstillstand und die Befreiung der Geiseln unverzüglich fortzusetzen. Die katastrophale humanitäre Lage in Gaza und der mangelnde Schutz von Zivilisten und humanitären Helfern besorgt mich zutiefst. Hier muss Israel mehr tun.
Nicht nur in diesen außen- und sicherheitspolitischen Fragen stimmen sich unsere Regierungen eng miteinander ab. Uns ist es auch wichtig, die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien weiterzuentwickeln. Ich freue mich über die Ankündigung von Keir Starmer, dass er einen Neustart im Verhältnis zur Europäischen Union suchen wird. Diese ausgestreckte Hand wollen wir ergreifen. Das Vereinigte Königreich war schon immer ein unverzichtbarer Teil bei der Lösung der großen Fragen, die ganz Europa betreffen. Daran hat sich nach dem Abschied aus der EU nichts geändert. Mit dem Austrittsabkommen, dem Nordirlandprotokoll, den umfassenden Handels- und Kooperationsabkommen sowie dem Windsor Framework besteht ein verlässlicher rechtlicher Rahmen für unsere Beziehungen, den es jetzt vollständig umzusetzen gilt.
Ein letzter Punkt ist mir wichtig: Die Kontakte zwischen unseren Gesellschaften, zwischen Deutschen und Briten, sind nach dem Brexit und wegen der COVID-19-Pandemie massiv zurückgegangen. Das wollen wir ändern. Wer sich gut kennt, versteht sich auch besser. Keir Starmer und ich sehen das sehr ähnlich. Deshalb wollen wir auch auf dieser Ebene den Austausch zwischen Deutschland und Großbritannien weiter intensivieren.
Mr. Prime Minister, welcome to Berlin!
Premierminister Keir Starmer: Herzlichen Dank. – Zunächst einmal möchte ich mein tief empfundenes Beileid angesichts des schockierenden Attentats vergangene Woche in Solingen zum Ausdruck bringen. Unser Land weiß, was es bedeutet, so sinnlose und verabscheuungswürdige Taten erleben zu müssen. Unsere Gedanken sind bei all den Familien, die von diesen schrecklichen Ereignissen betroffen sind.
Olaf, herzlichen Dank! Es ist großartig, hier zu sein, und leider nicht mein erster Besuch als Premierminister. Zwar ist der Fußballpokal leider nach Spanien gereist, als ich voriges Mal hier war, aber es war trotzdem eine großartige Erfahrung und ein Zeugnis der großartigen Gastfreundschaft dieser wunderbaren Nation. Danke für diese Fortsetzung des englischen Fußballtraumas! Ich habe das schon sehr oft erlebt.
Ich freue mich jedoch, heute hier zu sein, in einem Moment der Chancen für unsere Länder. Wir haben immer über unsere Ziele für die Zukunft gesprochen, unsere Werte für Sicherheit, Wohlstand und Respekt, und unsere gemeinsame Entschlossenheit, die Macht der Regierung zu nutzen und in den Dienst der Menschen zu stellen. Das ist das, was wir heute tun, ein neuer Vertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und Deutschland, eine Gelegenheit in einer Generation, etwas für die Menschen in Großbritannien und in Deutschland zu liefern, und ein Zeugnis für die Tiefe und das Potenzial unserer Beziehungen, mit tieferen Beziehungen in den Bereichen von Wirtschaft, Technologie, Entwicklung, Menschen, der Wirtschaft, der Kultur, ein Anschub, ein neuer Impuls für unsere Handelsbeziehungen. Deutschland war bereits der zweitgrößte Handelspartner Großbritanniens in der Welt. Dadurch bietet sich die Gelegenheit, Arbeitsplätze in Deutschland, aber auch im Vereinigten Königreich zu schaffen und das wichtigste Gut für unsere Länder zu liefern, nämlich wirtschaftliches Wachstum.
Ich möchte klar sein. Wachstum ist Hauptaufgabe und Hauptziel unserer Regierung. Wir sehen klar, dass der Aufbau von Beziehungen mit unseren Partnern hier in Deutschland und in Europa essenziell ist, um das zu erreichen. Das stellt unsere Einigung heute dar, die Chancen, die wir haben.
Wir werden auch die Zusammenarbeit im Bereich gemeinsamer gesellschaftlicher Herausforderungen ausbauen, zum Beispiel im Bereich illegaler Migration. Denn ohne die Hilfe unserer Partner können wir die Schmugglerbanden nicht zerschlagen. Ich bin froh, dass wir substanzielle Diskussionen über dieses Thema gehabt haben. Wir haben uns darauf geeinigt, einen gemeinsamen Aktionsplan zu erarbeiten, um das Thema illegaler Migration anzugehen. Wir bekräftigen und erneuern unser Engagement im Bereich der Calais-Gruppe und tauschen nachrichtendienstliche Erkenntnisse aus. Wir wollen aber auch im Bereich des Kampfes gegen den Klimawandel und im Bereich der Energiesicherheit zusammenarbeiten sowie die Probleme und die Antriebskräfte für illegale Migration an der Wurzel angehen.
Im Herzen dieses Vertrages wird ein neues Verteidigungsabkommen stehen, eine Einigung, die auf einer bereits großartigen Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung aufbaut. Wir bauen diese Beziehung weiter aus, um uns den Herausforderungen einer volatilen Welt gemeinsam zu stellen. Wir sind entschlossen, uns für die Sicherheit unserer Menschen und auch auf dem europäischen Kontinent einzusetzen. Das beginnt mit unserer Unterstützung für die Ukraine. Das haben wir heute auch ausführlich besprochen. Denn wir sind die größten Beitragszahler für die Ukraine und geben auch innerhalb der Nato in Europa sehr viel aus. Wir wissen um die Schuld, die wir der Ukraine gegenüber haben. Die Ukraine kämpft, um sich selbst zu verteidigen, aber natürlich auch für alle Menschen in Europa. Heute haben wir also unser Engagement neu bekräftigt, die Ukraine so lange wie möglich zu unterstützen.
Wir haben auch über den Nahen Osten gesprochen und sind uns einig, dass Israel im Einklang mit dem humanitärem Völkerrecht ein Recht auf Selbstverteidigung hat. Wir sehen die Notwendigkeit zur Deeskalation und zur Zurückhaltung. Ein uneingeschränkter humanitärer Zugang in Gaza muss möglich sein, es muss eine Einigung über eine Waffenruhe herbeigeführt werden, und alle Geiseln müssen freigelassen werden. Wir brauchen eine politische Lösung, basierend auf einem palästinensischen Staat neben einem sicheren und geschützten Israel. Das ist die einzige Möglichkeit, langfristig Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser zu schaffen. Das ist natürlich kein leichtes, einfaches Ziel, aber wir wollen dieses Ziel gemeinsam verfolgen. Denn wie das Heute zeigt, kann Großbritannien eigene Interessen viel besser verteidigen, wenn wir mit unseren Freunden und Partnern zusammenarbeiten.
Dieser Vertrag ist Teil eines weiteren, größeren Neustarts, basierend auf einem neuen Geist der Zusammenarbeit mit einem gemeinsamen Verständnis. Das wird schnell entwickelt werden. Wir hoffen, das zum Jahresende abschließen zu können. Großbritannien wird die gemeinsamen Interessen neu finden und sich neu anknüpfen.
Großbritannien und Deutschland haben bereits großartige Beziehungen. Wir investieren Milliarden in den jeweiligen Ländern. Tausende Arbeitsplätze entstehen durch den Handel. Millionen Menschen reisen zwischen unseren Ländern hin und her, tauschen Ideen aus, arbeiten zusammen und lernen einander kennen. Heute bauen wir darauf auf. Wir sehen eine großartige, helle Zukunft für unsere beiden Länder. Beide sind großartige Länder, die näher aneinander heranrücken als je zuvor, die stärksten strategischen Partner in der Welt und auf globaler Ebene.
Herzlichen Dank, dass Sie uns heute hier willkommen geheißen haben!
Fragerunde im Anschluss:
Frage: Herr Premierminister, die Premierminister sind nach Berlin gereist, haben um besseren Handelsstil gebeten; wir sind nicht Teil der Zollunion, aber wir wissen, dass wir Zugeständnisse für einen besseren Deal machen müssen. Sehen Sie das? Werden Sie Freizügigkeit für junge Deutsche ermöglichen?
Herr Bundeskanzler, unser neuer Premierminister hat über einen Neustart, wie er nur einmal in einer Generation möglich ist, gesprochen. Aber sieht Berlin und sehen die Partner in Brüssel das auch so? Haben Sie Appetit auf diesen Neustart? Können wir wirklich erwarten, dass wir uns außerhalb der EU bessere Handelsbeziehungen wie die Rosinen herauspicken können?
Ist die Freizügigkeit etwas, was Ihnen wichtig ist?
Premierminister Starmer: Herzlichen Dank. Heute ging es um den bilateralen Vertrag, den wir sehr schnell ausarbeiten wollen. Darüber haben wir heute gesprochen. Er ist ein sehr ehrgeiziger Vertrag, der viele Themen wie Verteidigung und Handel abdeckt. Die Tatsache, dass wir uns auf die Ziele und auch auf die Geschwindigkeit geeinigt haben, ist signifikant für Großbritannien und Deutschland. Deshalb habe ich gesagt: Es ist die Chance, die sich einmal in einer Generation bietet, dass wir etwas in dieser Größenordnung voranbringen.
Zum größeren Neustart mit Europa: Da bin ich ganz klar. Wir möchten einen Neustart, einen Reset, einen Neustart mit der EU, mit Europa. Ich war in der Lage, das heute zu wiederholen. Das bedeutet nicht, dass wir den Brexit umkehren oder dass wir dem Binnenmarkt oder der Zollunion wieder beitreten. Aber wir wollen engere Beziehungen im Bereich der Wirtschaft, der Verteidigung, aber auch im Bereich des Austausches. Wir haben keine Pläne für ein Jugendmobilitätsabkommen, aber wir haben Pläne für eine engere Zusammenarbeit im Rahmen dieses Neustarts. Die Position ist genauso wie vor den Wahlen.
Aber was wir heute geschafft haben, ist, Fortschritte im Bereich des bilateralen Vertrages zu machen und unseren Wunsch zu bekräftigen, die Beziehungen mit der EU neu zu starten.
Herzlichen Dank.
Bundeskanzler Scholz: Ich habe nicht viel zu ergänzen. Aus meiner Sicht geht es darum, dass wir gute Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien schaffen. Das kann jeden Tag besser werden. Alle haben ein Interesse daran.
Die historische Entscheidung in Großbritannien ist gefallen. Großbritannien hat die Europäische Union verlassen. Aber wir sind Freunde, aus unserer Perspektive leben wir auf einem Kontinent, und wir finden, dass es deshalb auch wirklich guten Anlass gibt, alles dafür zu tun, dass die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern, aber eben auch zwischen der Europäischen Union und Großbritannien so gut wie möglich sind.
Frage: Herr Premierminister, Herr Bundeskanzler, Sie beide haben eben noch einmal Ihre Bereitschaft zur Hilfe für die Ukraine beteuert. Es gibt aber Zweifel, ob der Ukraine das Finanzinstrument von G7 und der EU rechtzeitig zur Verfügung stehen wird, um Waffen zu kaufen.
Deswegen ganz konkret die Frage an Sie beide: Werden diese „windfall profits“ aus den „frozen Russian assets“ noch in diesem Jahr genutzt werden können, um der Ukraine einen Kredit über 50 Milliarden Dollar zu geben? Wie groß ist der jeweilige Anteil am Kredit, auf den Großbritannien und Deutschland zusteuern?
Herr Premierminister, eine zweite Frage an Sie: Deutschland wird ab 2025 Mittelstreckenraketen stationieren. Frankreich hat Kapazitäten aufgebaut. Wie überbrücken Sie diese Lücke, auch mit amerikanischen Waffen?
Bundeskanzler Scholz: Auf dem G7-Treffen in Apulien haben wir uns darauf verständigt, dass wir eine große Unterstützung der Ukraine durch einen 50-Milliarden-Kredit organisieren wollen, den wir aus den Erträgen der eingefrorenen russischen Zentralbankwerte refinanzieren. Das ist eine große Anstrengung, aber das ist möglich, und wir wollen es jetzt schnell und zügig voranbringen. Es wird intensiv an den technischen Voraussetzungen gearbeitet. Ich habe auch mit der Präsidentin der Europäischen Kommission darüber gesprochen, was den Anteil Europas betrifft – dazu gehört in diesem Fall auch Deutschland –, und darüber, wie wir das machen. Dort sind alle sehr weit fortgeschritten. Wir stimmen das mit unseren amerikanischen Freunden ab, sodass das auch zu deren Regeln und Regularien passt. Das Gleiche gilt natürlich für die Einbeziehung all derjenigen, die als Teil unserer G7-Entscheidung auch noch einen Beitrag leisten wollen, Großbritannien, Kanada und Japan. Natürlich freuen wir uns, wenn später noch mehr mitmachen. Das ist die Entwicklung, und in dem Sinne sind wir bei der Arbeit und glauben, dass wir bald die technischen Voraussetzungen geklärt haben werden.
Premierminister Starmer: Was Ihre Frage nach den Fähigkeiten betrifft, stellt das Vereinigte Königreich zusammen mit Deutschland und Schlüsselpartnern bereits Unterstützung und Waffen zur Verfügung. Wir haben sehr eng zusammengearbeitet. Was die Haltung des Vereinigten Königreichs betrifft, gibt es keine neuen Entscheidungen oder Veränderungen. Der Beitrag, den wir leisten, steht im Einklang mit den Beiträgen vor den Wahlen. Denn darüber gab es sehr viel politischen Konsens.
Im Rahmen unserer Diskussionen heute haben wir natürlich auch über die Ukraine gesprochen. Wir haben über die Herausforderungen gesprochen und sind wie immer entschlossen, an der Seite der Ukraine zu stehen und die Ukraine, solange es erforderlich ist, zu unterstützen.
Zuruf: … (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)
Premierminister Starmer: Ich weiß nicht, ob ich dem, was der Kanzler bereits gesagt hat, noch viel hinzufügen kann.
Frage: Zum Thema von Ukraine und Waffen: Herr Premierminister, gibt es amerikanische Vorbehalte, die den Einsatz bestimmter Raketen, die bis nach Russland reichen, beschränken? Haben Sie mit dem Kanzler auch über die Nutzung von Waffen innerhalb Russlands gesprochen?
Herr Bundeskanzler, ist es jetzt an der Zeit, die Einschränkungen aufzuheben, was Waffen mit einer Reichweite bis nach Russland betrifft?
Premierminister Starmer: Vielleicht darf ich darauf kurz antworten. Wie Sie wissen, haben wir in Übereinstimmung mit anderen Schlüsselpartnern wie Deutschland Waffen geliefert und Unterstützung geleistet. Wir haben den Einsatz und den Rahmen unterstützt, den auch die vorherige Regierung im Vereinigten Königreich gefahren hat. Wir führen diesen Ansatz fort. Es gab keine neuen oder anderen Entscheidungen. Aus offensichtlichen Gründen werde ich jetzt nicht über taktische Fragen der Waffennutzung sprechen, aber es gab keine neuen Entscheidungen.
Wir sprechen natürlich im Kreis der NATO-Bündnispartner weiterhin über die Ukraine und sehen natürlich die Notwendigkeit, die Ukraine, solange es dauert, zu unterstützen.
Bundeskanzler Scholz: Deutschland ist einer der ganz großen Unterstützer der Ukraine. In Europa leisten wir die meiste militärische Unterstützung, und das werden wir auch fortsetzen. Ich habe darüber berichtet. Diese Unterstützung wird noch durch den 50-Milliarden-Euro-Kredit ergänzt, den wir als G7 vorbereitet haben und an dem wir jetzt hart arbeiten.
Was die Waffenlieferungen betrifft, gibt es keine neuen Entscheidungen aus Deutschland.
Frage: Herr Premierminister, Herr Bundeskanzler, die Messerattacken von Solingen haben in Deutschland zu einer Debatte darüber geführt, wie man irreguläre Migration besser beschränken kann. Sie haben eben angekündigt, dass es zwischen Deutschland und Großbritannien einen gemeinsamen Aktionsplan zu diesem Thema geben soll. Welche konkreten Maßnahmen kann dieser Aktionsplan enthalten?
Herr Premierminister, welche Empfehlungen aus Ihrem eigenen Umgang, Ihren Erfahrungen mit Messerattacken in Großbritannien haben Sie an den Bundeskanzler?
Herr Bundeskanzler, zur innenpolitischen Debatte: Oppositionsführer Friedrich Merz hat Ihnen gestern angeboten, Gesetze auch ohne Ihre Koalitionspartner Grüne und FDP zu beschließen. Das würde gegen den Koalitionsvertrag verstoßen. Schließen Sie das deswegen kategorisch aus?
Bundeskanzler Scholz: Zunächst einmal: Ich bin sehr dankbar für die Solidarität und das Mitgefühl, das Keir mir gegenüber in unserem persönlichen Gespräch zum Ausdruck gebracht und hier wiederholt hat. Das, was dort passiert ist, ist wirklich furchtbar. Ich werde die Gespräche, die ich mit denjenigen, die sofort auf dem Platz waren und geholfen haben, nicht vergessen, die immer noch mit ihren Gefühlen kämpfen, weil es ja eine für viele Menschen furchtbare Situation gewesen ist, die um ihr Leben gekämpft haben und um deren Leben sie gekämpft haben. Wir wissen: Drei sind gestorben. – Der mörderische Anschlag von Solingen hat drei Menschen das Leben gekostet. Acht weitere Opfer befinden sich weiterhin im Krankenhaus. Wir trauern um die Toten und wünschen den Verletzten, dass sie schnell und vollständig gesund werden.
Nach diesem Terroranschlag können und werden wir nicht zur Tagesordnung übergehen. Wir werden die nötigen Lehren aus der schrecklichen Tat ziehen. Klar ist: Wir setzen all unsere Bemühungen fort, irreguläre Migration nach Deutschland weiter zu begrenzen.
Nach allem, was jetzt bekannt ist, hätte sich der Attentäter von Solingen gar nicht mehr in Deutschland befinden dürfen. Er hätte längst nach Bulgarien abgeschoben worden sein müssen. Wieso das durch die zuständigen Behörden nicht erfolgt ist, muss nun genau untersucht werden, auch um zu verhindern, dass sich solche Fälle in Zukunft wiederholen.
Um irreguläre Migration zu begrenzen, hat die Bundesregierung in enger Abstimmung mit den Ländern und mit der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat in den vergangenen zwölf Monaten eine ganze Reihe von weitreichenden Maßnahmen auf den Weg gebracht, unter anderem das Rückführungsverbesserungsgesetz. Damit sind rechtliche und bürokratische Hürden beiseitegeräumt worden, die den zuständigen Behörden bei Abschiebung bislang im Wege gestanden haben. So hat die Polizei bei der Suche nach Personen, die zur Rückführung bestimmt sind, mehr Befugnisse. Zum Beispiel darf sie auf der Suche nach Personen die gesamte Unterkunft betreten. Personen dürfen auch deutlich länger in Abschiebegewahrsam genommen werden, und Asylbewerber erhalten deutlich länger reduzierte Leistungen. Gleichzeitig haben wir die Kontrollen an den deutschen Grenzen massiv ausgeweitet und werden sie so lange fortsetzen, wie dies möglich ist.
All diese Entscheidungen zeigen Wirkung. Die Zahl derer, die irregulär nach Deutschland kommen, hat sich in diesem Jahr um mehr als ein Fünftel verringert. Die Zahl der Abschiebungen im ersten Halbjahr hat im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel, im Vergleich zu 2021 sogar um 60 Prozent zugenommen.
Dennoch sind die Zahlen längst noch nicht so, wie es die Bürgerinnen und Bürger erwarten und wie ich es mir wünsche. Deshalb wird die Bundesregierung ihre Bemühungen fortsetzen, die irreguläre Migration weiter zu begrenzen. Dazu gehören auch neue gesetzliche Maßnahmen, die wir in der Bundesregierung seit dem Wochenende intensiv miteinander abstimmen. Dazu zählen insbesondere Verschärfungen des Waffenrechts, Maßnahmen gegen gewaltbereiten Islamismus und aufenthaltsrechtliche Maßnahmen, vor allem um Rückführung noch weiter zu erleichtern.
Es ist ein gutes Signal, dass die größte Oppositionspartei in einer solchen für unser Land wichtigen Frage ihre Zusammenarbeit in Aussicht gestellt hat. Diese Bereitschaft ist willkommen. Die Bundesregierung wird die nun nötigen Entscheidungen sehr zeitnah mit Vertretern der Länder und von CDU und CSU eingehend erörtern, genauso wie Vorschläge, die aus diesen Reihen eingebracht werden. Die Bundesinnenministerin wird deshalb sehr zügig jeweils einen Vertreter des Vorsitzes und Co-Vorsitzes der Ministerpräsidentenkonferenz, Vertreter der größten Oppositionspartei und involvierte Bundesressorts zu vertraulichen und zielgerichteten Gesprächen über diese Frage einladen. Das Ziel dieser gemeinsamen Anstrengung ist klar: die irreguläre Migration nach Deutschland weiter zu verringern.
Zugleich – das wissen wir alle – bleibt Deutschland auf legale Zuwanderung von Arbeitskräften angewiesen. Rund 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger mit Migrationsgeschichte tragen heute zu Deutschlands Wohlstand bei. Sie zahlen Steuern und Sozialabgaben. Sie sind gut integriert als Arbeitskollegen, Nachbarn und Klassenkameraden. Das ist eine Erfolgsgeschichte, auf die unser Land stolz sein kann.
Die Koalition hat mit der Modernisierung der Regelungen zu Arbeitskräften und ihrer Zuwanderung und zur Staatsangehörigkeit die notwendigen Grundlagen dafür geschaffen. Wer legale Zuwanderung möchte, muss irreguläre Migration begrenzen, damit das Land nicht überfordert wird. Das kann und muss gelingen, ohne internationale Abkommen, ohne das gemeinsame europäische Recht und ohne das Grundgesetz, unsere Verfassung, infrage zu stellen. Darum geht es jetzt. Das sind wir den Opfern von Solingen schuldig.
Premierminister Starmer: In Bezug auf das schreckliche Attentat möchte ich erneut mein Beileid bekunden. Meine Gedanken sind bei den Familien. Das ist eine sehr schwierige Situation.
Zum Thema der irregulären Migration und dem Thema, das wir in Großbritannien mit kleinen Booten haben, die über den Kanal kommen: Ich habe schon vor der Wahl gesagt, dass die Ruanda-Möglichkeit eine Farce ist. Das haben wir zurückgenommen. Aber wir müssen unsere Grenzen schützen. Ich war davon überzeugt, dass die beste und effektivste Art und Weise, das zu tun, ist, die Banden zu zerschlagen, die Menschen in Europa und im Ärmelkanal in Gefahr bringen. Ich habe gesagt, dass ich politisches Kapital investieren werde, damit wir mit unseren Partnern besser zusammenarbeiten können, um diese Banden zu zerschlagen.
Wir haben substanziell diskutiert und uns auf einen gemeinsamen Aktionsplan geeinigt. Dieser wird sich mit Themen wie zum Beispiel dem Datenaustausch und gemeinsamen Einsätzen beschäftigen. Denn so können wir effektiv handeln, dem abscheulichen Geschäft hinter der irregulären Migration das Handwerk legen und verhindern, dass Menschen über den Ärmelkanal kommen.
Herzlichen Dank.