Zusammenhalt, Mitgefühl und Solidarität sind stärker als Terror

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Statement von Kanzler Scholz in Solingen Zusammenhalt, Mitgefühl und Solidarität sind stärker als Terror

Nach dem Anschlag in Solingen hat Bundeskanzler Scholz vor Ort der Opfer gedacht. Er sprach den Angehörigen sein Beileid aus und unterhielt sich mit Ersthelferinnen und Ersthelfern. Der Kanzler machte deutlich: „Das war Terrorismus, Terrorismus gegen uns alle.“

7 Min. Lesedauer

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 26. August 2024
Bundeskanzler Olaf Scholz gedenkt der Opfer vom Anschlag in Solingen.

Gemeinsam haben NRW-Innenminister Herbert Reul, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, Bundeskanzler Olaf Scholz, der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach und NRWs stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (v.l.n.r.) der Opfer des terroristischen Anschlags in Solingen gedacht.

Foto: Bundesregierung/Marvin Ibo Güngör

Gemeinsam mit dem Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst hat Bundeskanzler Olaf Scholz am Montagvormittag in Solingen der Opfer des Anschlags gedacht. Scholz sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus: „Wir empfinden zutiefst, was für ein furchtbares Verbrechen das ist. Das bewegt uns alle, und das wird keinem von uns aus dem Kopf gehen, auch mir nicht. Das werden wir nicht vergessen“. Vor Ort sprach er außerdem mit Ersthelferinnen und Ersthelfern – eine sehr bewegende und emotionale Begegnung, wie der Kanzler später berichtete.

Gleichzeitig zeigte er sich entschlossen, alles dafür zu tun, solche Anschläge künftig zu verhindern: „Das ist etwas, das wir niemals hinnehmen werden und das wir niemals akzeptieren werden“. Man werde „mit aller Härte und Schärfe“ gegen solche Straftäter vorgehen. In einem anschließenden Pressestatement benannte er bereits konkrete Vorhaben, wie das Verschärfen des Waffenrechts.

Am Freitagabend hatte ein Mann auf Besucherinnen und Besucher des Stadtfestes zum 650. Jubiläum der Stadt Solingen eingestochen – drei Menschen starben, acht weitere wurden schwer verletzt. Der Täter konnte zunächst flüchten. Am Samstag berichtete die Polizei dann, dass sie einen Tatverdächtigen festgenommen habe. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen in dem Fall aufgenommen. Der Bundesgerichtshof hat bereits Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Täter erlassen – er befindet sich derzeit in Untersuchungshaft.

Das Wichtigste in Kürze:

Scholz kündigte neue Regelungen an, um solche Taten künftig zu verhindern:

  • Die Bundesregierung plane, das deutsche Waffenrecht – insbesondere im Hinblick auf den Einsatz von Messern – zu verschärfen.
  • Die erst kürzlich beschlossenen strengeren Regelungen zur Abschiebung müssten künftig auch konsequent umgesetzt werden. Notfalls sollten solche Rückführungen mit rechtlichen Regelungen weiter beschleunigt werden.
  • Die Bundesrepublik müsse außerdem weiter daran arbeiten, die irreguläre Migration zu verringern. Besonders die verstärkten Grenzkontrollen der letzten Monate seien ein guter und effektiver Ansatz gewesen.

Der Bundeskanzler zeigte sich zutiefst bestürzt und sprach den Opfern und Angehörigen sein Beileid aus.

Lesen Sie hier die Mitschrift des Pressestatements:

Bundeskanzler Scholz: Das war Terrorismus, Terrorismus gegen uns alle, der unser Leben, unser Miteinander bedroht, die Art und Weise, wie wir leben. Das ist auch das, was diejenigen, die solche Anschläge planen und durchführen, immer beabsichtigen. Und das ist etwas, das wir niemals hinnehmen werden und das wir niemals akzeptieren werden.

Lassen Sie mich zunächst etwas zu den Toten, den Angehörigen sagen. Wir trauern um die Toten. Wir haben mit den Angehörigen um das Leben der Verletzten gebangt und tun es weiter und sind ganz froh, zu hören, dass die meisten gegenwärtig stabil sind. Hoffen wir, dass es dabei bleibt. Natürlich trauern wir mit allen in dieser Stadt, mit allen in Deutschland, die dieses Ereignis ganz unmittelbar auch in ihrem Herzen erleben. Das sollten wir nicht vergessen. Das ist etwas, das uns alle berührt und uns alle betrifft.

Wir hatten eben die Gelegenheit, mit Helfern zu sprechen, die unmittelbar im Einsatz dabei waren. Das war tief bewegend. Es war für die Helfer noch einmal neu, die ganze Situation nachzuerleben, für uns auch. Deshalb ist mir ganz wichtig, zu sagen: Es gibt eben auch die Guten, diejenigen, die dann in einer solchen Situation zusammenhalten, die sich da in die Situation hineinbegeben und versuchen, Menschenleben zu retten, und jetzt aber doch ‑ das dürfen wir nicht vergessen – viele Tage, Wochen, Monate damit zu kämpfen haben, das Erlebte zu verarbeiten, das aus ihrem Einsatz folgt, das, was sie dort gesehen und mitverfolgt haben. Wir alle sind mit ihnen.

Ich will für mich und auch für das ganze Land sagen: Wir empfinden zutiefst, was für ein furchtbares Verbrechen das ist. Das bewegt uns alle, und das wird keinem von uns aus dem Kopf gehen, auch mir nicht. Das werden wir nicht vergessen.

Jetzt ist es ganz wichtig, dass wir das Notwendige tun. Deshalb will ich im Hinblick auf den Täter klar sagen, dass ich wütend und zornig über diese Tat bin. Sie muss schnell und hart bestraft werden. Ich bin sehr dankbar, dass die Polizei hier im Land, die Polizei des Bundes und alle Sicherheitsbehörden eng zusammengearbeitet haben und dass wir jetzt einen Täter in der Obhut des Generalbundesanwalts und in der Gefängnissituation haben, sodass er verhört und auch angeklagt werden kann.

Gleichzeitig müssen wir alles dafür tun, dass wir sicherstellen, dass sich in unserem Land solche Dinge möglichst nie ereignen. Alles, was in unserer Macht liegt, was im Rahmen unserer Möglichkeiten liegt, muss auch getan werden. Dazu gibt es vieles, das wichtig ist. Offensichtlich wird es jetzt darum gehen, dass wir die waffenrechtlichen Regelungen, die wir in Deutschland haben, noch einmal verschärfen. Das gilt insbesondere, was den Einsatz von Messern betrifft, aber auch viele andere Dinge darum herum, die geregelt werden müssen. Das soll und wird jetzt auch ganz schnell passieren. Ich bin sicher, dass, wenn die Bundesregierung dazu einen Vorschlag macht, das auch schnell und gemeinsam mit dem Gesetzgeber in Bundestag und Bundesrat vorangebracht und beschlossen werden kann.

Wir werden alles dafür tun müssen, dass diejenigen, die hier in Deutschland nicht bleiben können und dürfen, auch zurückgeführt und abgeschoben werden. Mit den gesetzlichen Regelungen, die wir gerade erst alle miteinander beschlossen haben – der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, der Bund, die Länder –, haben wir die Möglichkeiten massiv ausgeweitet, solche Rückführungen und Abschiebungen auch durchzuführen. Wir sehen eine Steigerung um 30 Prozent in diesem Jahr; wenn man das in Bezug auf das Jahr 2021 betrachtet, sogar um zwei Drittel. Aber das ist für uns noch lange kein Anlass, jetzt die Hände in den Schoß zu legen, sondern wir werden ganz genau schauen, wie wir ‑ notfalls mit rechtlichen Regelungen, die wir aus der Praxis als erforderlich ansehen, aber auch mit konsequenter, praktischer Vollzugstätigkeit ‑ dazu beitragen, dass wir diese Zahlen noch weiter erhöhen können.

Dazu zählt natürlich auch die Frage derjenigen, die zuerst in anderen Ländern Europas gewesen sind und dort schon ihr Asylverfahren hätten betreiben müssen, die sogenannten Dublin-Fälle, wie in diesem Fall. Unser Ziel ist, dass wir gemeinsam mit den Ländern betrachten, wie wir diese Praxis weiter voranbringen können. Da wird es sicherlich sinnvoll sein, eine Taskforce zu etablieren, die das genau studiert. Es wird Dinge geben, die wir selbst einfach in der Praxis weiterentwickeln können. Manches wird europarechtlich geändert werden müssen. Aber an all diese Dinge müssen wir uns machen, und das werden wir auch, weil das notwendig ist.

Übrigens gilt das auch im Hinblick auf die Zahl derjenigen, die sich irregulär nach Deutschland begeben. Die Zahl muss zurückgehen. Deshalb ist es eine gute Information, dass wir es durch die Entscheidungen, die wir jetzt getroffen haben ‑ insbesondere die Grenzkontrollen, die wir neu etabliert haben –, geschafft haben, dass sich die Zahl derjenigen, die irregulär nach Deutschland kommen, reduziert. Das ist für uns ebenfalls etwas, das uns nicht veranlasst, die Hände in den Schoß zu legen, sondern dazu, dranzubleiben und das auch weiter voranzubringen, damit wir unseren Aufgaben gerecht werden können.

Ich habe vorhin von meinem Zorn gesprochen, dem Zorn, und er gilt den Islamisten, die das friedliche Zusammenleben von uns allen bedrohen, die das friedliche Miteinander von Christen, Juden und Muslimen gefährden. Wir sind alle ein Land, das zusammenhält, und wir werden uns diesen Zusammenhalt nicht von bösen Straftätern kaputtmachen lassen, die die schlimmste Gesinnung verfolgen, sondern wir werden mit aller Härte und Schärfe gegen sie vorgehen und nicht nachlassen, sie zu verfolgen. Das ist nämlich das, was jetzt notwendig ist.

Ich knüpfe noch einmal an die wirklich sehr berührende, emotionale Begegnung mit den Ersthelfern an. Das waren da wirklich tolle Leute im Einsatz! Das sind tolle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und dieses Landes. Das sind diejenigen, die uns ausmachen. Sie haben unsere Solidarität verdient, denn für sie war es nicht nur schwer, als sie konkret geholfen haben, alles stehen und liegen gelassen haben und auch nicht an die eigene Sicherheit gedacht haben, sondern es wird für sie auch schwer bleiben. Die Würde, die sie verdienen, sollten wir ihnen auch möglich machen. Schönen Dank.