Rehabilitierungsgesetz für SED-Opfer verabschiedet

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Am 06.09.1990 verschiedet die Volkkammer der DDR ein Rehabilitierungsgesetz, das eine Entschädigung von Opfern des SED-Regimes vorsieht.

Volkskammer verabschiedet Rehabilitierungsgesetz

Foto: picture-alliance/dpa

Anerkennung und Wiedergutmachung des Unrechts

Durch die Friedliche Revolution ist es möglich geworden, Amtsmissbrauch und Korruption, Willkür und Justizunrecht öffentlich beim Namen zu nennen. Opfer der SED-Diktatur haben daraufhin Anträge auf Rehabilitierung gestellt und die Anerkennung des Unrechts gefordert, das ihnen widerfahren ist.

Das Rehabilitierungsgesetz schafft die Grundlage für die Rehabilitierung und Entschädigung der Menschen, die im SED-Unrechtsstaat Opfer politisch motivierter Strafverfolgung oder anderer rechtsstaatswidrigen Entscheidungen geworden sind.

Wenige Wochen vor dem Ende der DDR gibt die frei gewählte Volkskammer damit dem Willen zur Wiedergutmachung eine gesetzliche Grundlage. Viele Menschen, die in der DDR politisch verfolgt und in ihrer Freiheit eingeschränkt wurden, schöpfen Hoffnung auf gesellschaftliche Anerkennung und Wiedergutmachung.

Vergangenheit bewältigen

Die 34. Sitzung der Volkskammer ist eine emotionale. Das DDR-Fernsehen ist wie immer live dabei. Else Ackermann, Abgeordnete der Fraktion der CDU/Demokratischer Aufbruch und Mitglied des Rechtsausschusses, begründet vor dem Plenum den Willen zur Wiedergutmachung: "Es ist eine Menschheitserfahrung, dass man die Zukunft nur gestalten kann, wenn man die Vergangenheit bewältigt hat. Indem wir unsere eigene Geschichte nicht wie ein altes Hemd abstreifen und in ein neues Gewand schlüpfen, stellen wir die alte Frage nach Schuld und Sühne."

Ackermann erwähnt die Zehntausenden Zivilisten, die von der sowjetischen Besatzungsmacht verschleppt wurden, sowie die Menschen, die 1952, 1961 und 1972 in Nacht-und-Nebel-Aktionen aus dem Gebiet an der innerdeutschen Grenze zwangsumgesiedelt wurden. Diese und andere Opfer der SED-Herrschaft sollen nun materiell entschädigt und zugleich "vom Makel strafrechtlicher Verurteilung oder anderer Disziplinierungen befreit werden".

Zuvor war nur im Einzelfall die Aufhebung von Unrechtsurteilen, wie etwa gegen den Regimekritiker Walter Janka, durch das Oberste Gericht der DDR möglich gewesen. Eine gesetzliche Regelung fehlte jedoch.

Gesamtdeutsche Regelungen seit 1990

Das Gesetz der Volkskammer kann vier Wochen vor Vollendung der Deutschen Einheit allerdings nicht voll in die Praxis umgesetzt werden. Nach dem Beitritt bleibt nur der Teil in Kraft, der die strafrechtliche Rehabilitierung zum Inhalt hat. Andere Teile des Volkskammergesetzes werden nicht übernommen: die verwaltungsrechtliche und berufliche Rehabilitierung sowie die Rehabilitierung von Personen, die von alliierten Besatzungsmächten oder deren Behörden inhaftiert, interniert oder anderweitig in Gewahrsam genommen wurden.

Denn bereits eine Woche vorher, am 31. August 1990, hatten die Bundesrepublik und die DDR den Einigungsvertrag unterzeichnet. In Artikel haben die Vertragsparteien eine grundsätzliche Entschädigungsverpflichtung festgelegt. Die nähere Ausgestaltung ist dem späteren Gesetzgeber überlassen: „Die Vertragsparteien bekräftigen ihre Absicht, dass unverzüglich eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen wird, dass alle Personen rehabilitiert werden können, die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer rechtsstaats- und verfassungswidrigen gerichtlichen Entscheidung geworden sind. Die Rehabilitierung dieser Opfer des SED-Unrechts-Regimes ist mit einer angemessenen Entschädigungsregelung zu verbinden.“

Anfang November 1992 tritt das Erste SED-Unrechtsbereinigungsgesetz in Kraft, das die Rehabilitierung und Entschädigung jener Menschen regelt, denen die parteigesteuerte DDR-Justiz aus politischen Gründen die Freiheit entzogen hatte. Im Juli 1994 wird ein weiteres Rehabilitierungsgesetz wirksam, das Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, eine Entschädigung für politisch bedingte berufliche Nachteile zu erhalten.