Im Wortlaut
Themen
Pläne des US-Präsidenten für eine zwangsweise Umsiedlung von Palästinensern
israelische Militäroperation im Westjordanland
Münchner Sicherheitskonferenz
Medienberichte über mutmaßlich von Russland gesteuerte Sabotageakte
Einflussnahme auf den Bundestagswahlkampf durch ausländische Staaten
Familiennachzug nach Deutschland
Abschiebeflüge nach Afghanistan
Äußerungen des US-Präsidenten bezüglich möglicher Verhandlungen mit dem Iran
Präsenz der Nato auf Grönland
Gewicht der Ukraine im laufenden Bundestagswahlkampf
Prüfungen im Zusammenhang mit der Havarie eines Öltankers in der Ostsee
Mitteilung der EU-Kommission zu einem umfassenden EU-Instrumentarium für einen sicheren und nachhaltigen elektronischen Geschäftsverkehr
Äußerungen des US-Präsidenten in Bezug auf USAID
22 Min. Lesedauer
- Mitschrift Pressekonferenz
- Mittwoch, 5. Februar 2025
Sprecherinnen und Sprecher
Staatssekretär Hebestreit
Deschauer (AA)
Harmsen (BMI)
Jenning (BMVg)
Nieke (BMDV)
Hartmann (BMF)
Greve (BMWK)
Koufen (BMZ)
(Vorsitzende Wolf eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt
StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)
Frage
Guten Tag! Ich glaube, ich muss nicht wiederholen, was Herr Trump sich vorstellt, mit dem Gazastreifenzu tun. Deswegen frage ich einfach direkt den Regierungssprecher: Wie fassen Sie diese Pläne auf? Werden Sie das unterstützen, verhindern oder einfach einmal laufen lassen? Was ist die Reaktion?
StS Hebestreit
Wir haben eine Position zum Nahostkonflikt, und wir arbeiten mit vielen internationalen Partnern intensiv an einer Zweistaatenlösung. Das ist etwas, das uns seit vielen, vielen Jahren beschäftigt. Das heißt, das Existenzrecht Israels ist nicht verhandelbar, und die Sicherheit Israels ist es auch nicht. Gleichzeitig braucht es die Perspektive eines palästinensischen Staates. Dieser palästinensische Staat - so wird es international diskutiert - bezieht sich auf das Westjordanland und den Gazastreifen. Das ist unsere Position.
Frage
Herr Hebestreit, die Vereinigten Staaten haben ja jetzt gewissermaßen vollendete Tatsachen angekündigt und gesagt, sie würden das Land besetzen, sie würden es ethnisch säubern. Was wird die Bundesregierung tun, um das zu stoppen, oder kann sie das überhaupt stoppen?
StS Hebestreit
Wir beide sind ja schon etwas länger in dieser Veranstaltung. Insofern würde ich jetzt nach diesen ersten Äußerungen, die es in den USA gegeben hat, erst einmal abwarten, wie sich das weiterentwickeln wird. Erst wenn es sich konkretisiert, würde ich mich dazu äußern.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es, glaube ich, wichtig, dass jeder die Position, die man hat - und die wir haben -, klar äußert. Das habe ich gerade getan. Insofern vermute ich auch, dass das viele andere tun werden. Das ist dann vielleicht Teil eines Entscheidungsfindungsprozesses andernorts.
Zusatzfrage
Wird es irgendwelche Gespräche mit der amerikanischen Seite geben? Denn das ist ja ein großes Thema geworden.
StS Hebestreit
Mit der neuen amerikanischen Administration suchen wir in einer ganzen Bandbreite von Themen das Gespräch, und da wird auch nichts ausgespart. Die Äußerungen sind ja jetzt wenige Stunden alt. Wir haben noch viele andere Themen, die wir miteinander zu besprechen haben. Dabei würde so etwas dann auch einmal eine Rolle spielen. Aber es gibt jetzt keinen konkreten Zeitpunkt eines Gespräches beispielsweise des Bundeskanzlers mit dem US-Präsidenten. Sobald wir da ein Gespräch geführt haben werden oder einen Termin ankündigen können, tue ich das von dieser Stelle aus, wie immer, mit größter Freude.
Frage
Frau Deschauer, Frau Baerbock hat sich ja schon geäußert. Aber was sind denn jetzt die nächsten Schritte? Werden Sie jetzt eine Abstimmung mit EU-Partnern suchen, und was wäre dabei Ihr Ziel?
Deschauer (AA)
Vielen Dank. - Ich schließe mich den Äußerungen des Regierungssprechers an. Sie sagten es: Die Außenministerin hat sich heute schon zu den Äußerungen aus Washington geäußert, auch dahin gehend, dass wir entsprechende Pläne, die dort geschildert sind, ablehnen und dass wir dabei ja nicht alleine stehen, sondern dass bereits die EU, die Vereinte Nationen, aber auch viele Staaten der Region - arabische Staaten - schon in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen haben, dass es nur die Perspektive einer verhandelten Zweistaatenlösung geben kann, um Frieden, Sicherheit und eine friedliche Perspektive für Israelis wie Palästinenserinnen und Palästinenser zu schaffen. Das ist erst einmal die Grundlage.
Im Übrigen verweise ich auf das Statement der Ministerin und kann noch ergänzen, dass wir uns diesen intensiven Austausch, den wir ja bezüglich der Frage immer im EU-Rahmen, im Rahmen der Vereinten Nationen oder mit Regionalpartnern gepflegt haben, selbstverständlich auch weiter vornehmen und im engen Austausch stehen werden.
Zusatzfrage
Aber Sie sehen da jetzt keinen gesteigerten Gesprächsbedarf infolge dieser Äußerungen?
Deschauer (AA)
Es besteht immer Gesprächsbedarf, und wir stehen da im engen Austausch und Kontakt. Ich glaube, die klaren Worte der Außenministerin stehen dann auch für sich.
Frage
Ich habe noch einmal eine Frage an die Bundesregierung: Wann und auf welchem Weg haben Sie von dem Vorhaben des US-Präsidenten erfahren?
StS Hebestreit
Über die Medien.
Zusatzfrage
Wäre Deutschland bereit, im Rahmen eines Deals, falls die Pläne der US-Regierung wirklich umgesetzt werden, Flüchtlinge aus dem Gazastreifen direkt abzuholen oder hier aufzunehmen?
StS Hebestreit
Da würde ich jetzt vor solchen doch sehr, sehr weitgehenden Spekulationen massiv warnen. Das habe ich dem Kollegen auf eine etwas vorsichtiger formulierte spekulative Frage auch schon geantwortet.
Ich würde alle auch noch einmal daran erinnern: Wir hatten ja schon einmal eine Trump-Amtszeit Nummer 1. Wenn wir uns immer wieder intensiv mit einzelnen Äußerungen beschäftigen - damit, was sie meinen, damit, was sie bedeuten könnten, und damit, wohin sie führen könnten -, dann kommen wir nicht zu unserer eigentlichen Arbeit. Deswegen sollten wir uns da auch nur in sehr geringem Maße in Spekulationen ergehen.
Frage
Frau Deschauer, die andere Krisenregion ist das Westjordanland. Da schlägt Israel massiv zu. Es kam zu Bombardierungen. Ganze Wohnblocks wurden dem Erdboden gleichgemacht. Das heißt, dieselbe Taktik, die Israel in Gaza benutzt, benutzt es auch in der Westbank. Wie besorgt sind Sie über diese Entwicklungen?
Deschauer (AA)
Wir sind sehr besorgt. Ich glaube, das haben wir hier auch schon in der Vergangenheit geäußert. Sie sprechen von der israelischen Militäroperation „Iron Wall“ in Dschenin und Tulkarem, die aber inzwischen auch noch weitere Gebiete - Tamun und das Flüchtlingslager Faraa - erfasst hat. Durch dieses Vorgehen sind bereits zivile Opfer und zahlreiche Verletzte zu beklagen. Das führt auch dazu, dass fast alle Bewohner des Flüchtlingslagers Dschenin haben fliehen müssen. Insofern sind wir da angesichts dieses Vorgehens weiterhin sehr besorgt.
Zusatzfrage
Hält sich aus Ihrer Sicht Israel an das internationale Völkerrecht, was die Westbank angeht?
Deschauer (AA)
Ich kann Ihnen sagen - ich glaube, wir müssen noch einmal einen Schritt zurücktreten -, dass wir hier von dieser Bank aus entsprechende Ableitungen im Detail, wie Sie wissen, nicht vornehmen können, weil wir nicht jedes einzelne Vorgehen bewerten können und nicht selbst vor Ort sind. Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir auch Pläne zum Beispiel der israelischen Regierung, die israelische Armee langfristig in Dschenin zu belassen, ablehnen - Sie wissen, dass gemäß Oslo-Abkommen Dschenin ein A-Gebiet ist und somit unter voller Sicherheitsverantwortung der palästinensischen Behörde steht - und es zutiefst bedauerlich ist, dass gerade in dem Moment, in dem dort zuletzt palästinensische Sicherheitskräfte selbst aktiv waren, um Sicherheitsbedrohungen zu bekämpfen, solche Pläne vorhanden sind. Auch diese Pläne lehnen wir ab.
Frage
Herr Hebestreit, in der kommenden Woche wird der amerikanische Vizepräsident J. D. Vance in München bei der Sicherheitskonferenz sein. Der Kanzler ist auch da. Wird der Kanzler diese Gelegenheit nutzen, um mit dem amerikanischen Vizepräsidenten unter anderem auch über die Gaza-Frage zu sprechen?
StS Hebestreit
Ich glaube, beides stimmt, was Sie sagen. Der amerikanische Vizepräsident wird nächste Woche in Deutschland zur Münchner Sicherheitskonferenz erwartet. Die genauen Daten kenne ich allerdings nicht. Ich weiß, dass der Bundeskanzler auch zur Münchner Sicherheitskonferenz erwartet wird. Die Daten kenne ich. Aber wie Sie wissen, teilen wir sie immer am Freitag der Vorwoche mit, damit Sie noch etwas an Vorfreude erleben können.
Sollte es sich durch die Terminkalender ermöglichen, dass man sich trifft, dann trifft man sich selbstverständlich. Das ist ja der Vorteil der Münchner Sicherheitskonferenz, dass man auf sehr engem Raum in einem sehr kurzen Zeitraum sehr, sehr viele Leute treffen kann. Die amerikanische Delegation ist in der Regel eine sehr große. Es gibt mehrere Delegationen aus Senatoren, Angehörigen des Repräsentantenhauses, der Regierung und auch Transatlantikern, die früher in der Administration vertreten gewesen sind. Langer Rede kurzer Sinn: Ich gehe davon aus, dass, wenn es zeitlich passt, es dort auch ein Treffen wird geben können.
Dazu, was dann dort besprochen wird: Ich habe ja schon anfangs gesagt, es gibt eine ganze Reihe von Themen, die man miteinander zu besprechen hat. Ob sich das alles in ein Treffen hineinpacken lässt, „remains to be seen“. Dann würden wir aber, wie üblich, im Nachgang eines solchen Gesprächs eine schmale Pressemitteilung machen, bevor ich dann ausführlich in der nächsten Bundespressekonferenz darüber Auskunft geben darf.
Frage
Herr Hebestreit, weil Sie ja gerade schon sagten, dass der Bundeskanzler an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnehmen wird: Wissen Sie, wie es mit den einzelnen Ressortchefs aussieht, ob von ihnen auch jemand teilnehmen wird?
StS Hebestreit
Wie üblich wird selbstverständlich eine ganze Reihe von Regierungsvertretern dort sein. Wer es genau ist, müssten wir noch zusammensammeln. Das machen wir gerne und schicken es dann herum. Ich bin ganz sicher, dass die Außenministerin und der Verteidigungsminister da sein werden. Alle weiteren Namen und ob es noch weitere Regierungsvertreter gibt, liefern wir Ihnen nach.
Zusatzfrage
Ich habe noch eine Nachfrage: Hat die Bundesregierung einen Kommentar dazu, dass die Sicherheitskonferenz vorerst auf ihren neuen Vorsitzenden verzichten muss?
StS Hebestreit
Erst einmal freuen wir uns für Jens Stoltenberg. Der Bundeskanzler und Jens Stoltenberg kennen sich lange und gut und sind befreundet. Jens Stoltenberg hat, wie Sie wissen, seinerzeit, um den Job des Nato-Generalsekretärs weiter fortführen zu können, darauf verzichtet, Notenbankpräsident Norwegens zu werden. Jetzt hat er das Angebot bekommen, Finanzminister zu werden. Als früherer Finanzminister begrüßt der Bundeskanzler das außerordentlich.
Was jetzt die Personalie hinsichtlich der Münchner Sicherheitskonferenz angeht: Das muss die Münchner Sicherheitskonferenz klären und nicht die Bundesregierung.
Frage
Dann eröffnen wir einen neuen Themenkomplex. Ich habe eine Frage an das BMI. Es gibt jetzt neue Berichte darüber, dass die verstopften Auspuffe im Dezember von Moskau aus gesteuert und instruiert worden sind. Können Sie bestätigen, dass es sich eindeutig um ausländische Sabotage handelt, auch von Russland aus, beziehungsweise haben Sie Infos? Was ist Ihnen da sonst noch bekannt?
Harmsen (BMI)
Ich kann Ihnen bestätigen, dass uns, also dem BMI, aber auch den Sicherheitsbehörden des Bundes, der Sachverhalt bekannt ist. Ich kann noch einmal darauf verweisen, dass die Ermittlungen dazu andauern. Dem möchte ich auch nicht vorweggreifen.
Ich kann sagen, dass zum momentanen Zeitpunkt dem BMI keine konkreten Beweise für eine russische Täterschaft oder einen entsprechenden Hintergrund vorliegen. Das ist aber eine Momentaufnahme. Wie ich sagte: Die Ermittlungen dauern an. Was das im Konkreten angeht, müssten Sie, wie das so üblich ist, die zuständigen Staatsanwaltschaften fragen.
Zusatzfrage
Ich habe eine kurze Nachfrage. Ist das ein Fall, den man auch in die Kategorie „hybride Bedrohungen“ fassen würde, also nicht nur das, was wir in der Vergangenheit gesehen haben? Gehört das auch in die Kategorie, vor der Sie ja akut auch immer warnen?
Harmsen (BMI)
Wie gesagt, die Hintergründe dieser Fälle sind ja noch nicht aufgeklärt. Ich möchte mich an Spekulationen nicht beteiligen. Aber klar ist - das haben wir von hier sehr oft gesagt, und das hat die Bundesinnenministerin sehr oft gesagt -, dass wir schon eine ganze Reihe von Aktionen sehen, gerade von russischen Nachrichtendiensten oder von aus Russland gesteuerten Akteuren, die zu verschiedenen Mitteln greifen. Dazu zählt auch Sabotage. Insofern kann ich das hier nicht ausschließen. Aber, wie gesagt, die Ermittlungen dauern an. Dem möchte ich hier auch nicht vorweggreifen.
Frage
Ergänzend zu der Frage, vielleicht etwas größer gefasst: Wie beurteilt das Bundesinnenministerium den Bundestagswahlkampf bisher, was Einflussnahmen anderer Staaten und Desinformationen anderer Staaten über Social Media angeht, und was wird dagegen unternommen?
Harmsen (BMI)
Wir haben ja mehrfach davor gewarnt. Sie finden auf der Webseite des BMI, aber auch des Bundesamts für Verfassungsschutz eine ganze Reihe Informationen dazu. Wir schauen uns natürlich sehr genau an, was da im Informationsraum passiert. Ich habe jetzt hier keine konkreten Nachrichten darüber zu verkünden, dass es einzelne Einflussaktionen oder dergleichen gibt. Aber natürlich beobachten wir das weiterhin sehr genau. Dass es gerade in den sozialen Medien auch sehr, sehr viel Traffic von verschiedensten Akteuren gibt, die versuchen, Einfluss auf die Bundestagswahl zu nehmen, und zwar illegitimen Einfluss auch aus dem Ausland, auch gesteuert von ausländischen Mächten, das haben wir hier mehrfach gesagt, und das beobachten wir natürlich auch weiter.
Frage
Ich möchte noch einmal zum Thema Familiennachzug fragen. Bisher ist er ja, glaube ich, auf 1000 Personen pro Monat begrenzt. Können Sie bitte noch einmal ein bisschen ausführen, wie das Verfahren abläuft, wie die Auswahl abläuft und wie sich die Zahlen jetzt genau verteilen?
Harmsen (BMI)
Es ist richtig, wir haben seit 2018 den Familiennachzug wieder möglich gemacht, auch mit einer Begrenzung auf 1000 Personen. Die konkreten Zahlen liegen mir gerade nicht vor. Die müsste ich nachreichen.
Tatsächlich möchte ich aber noch einmal betonen: Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Familiennachzug, sondern das wird im Einzelnen geprüft. Aber, wie gesagt, bezüglich der genauen momentanen Zahlen müsste ich auf später verweisen.
Zusatzfrage
Darf ich noch einmal - sozusagen protokollarisch - nach dem Abschiebeflug nach Afghanistan fragen, der geplant ist? Gibt es da etwas Neues?
Harmsen (BMI)
Wir kündigen das ja vorher nicht mit konkreten Daten an. Wir arbeiten weiter intensiv mit den Ländern daran, solche Flüge möglich zu machen. Sie werden dann durchgeführt, wenn alle Voraussetzungen dafür vorliegen. Das betrifft organisatorische Voraussetzungen genauso wie rechtliche Voraussetzungen und dergleichen mehr. Aber konkrete Maßnahmen - das wissen Sie - kündigen wir hier nicht an. Ich kann aber gern noch einmal betonen: Wir arbeiten mit Hochdruck daran, und das gemeinsam mit den Bundesländern.
Frage
Können Sie die Dimensionen vielleicht ein bisschen beschreiben? Wie viele abschiebefähige Personen sind denn den Sicherheitsbehörden bekannt, und wie viele Gefährder sind von den Ländern gemeldet worden?
Harmsen (BMI)
Ich tue mich ein bisschen schwer mit der Frage. Wenn Sie nach abschiebefähigen Personen fragen, sind wir ja noch lange nicht bei dem Punkt, dass sie auch tatsächlich in ein Flugzeug steigen könnten. Das sind ja sehr komplexe Voraussetzungen, die auch im Einzelfall zu prüfen sind. Insofern kann ich Ihnen diesbezüglich jetzt auch keine konkreten Zahlen nennen.
Was Gefährder unter abschiebefähigen oder ausreisepflichtigen Personen angeht: Das sind auch Daten, die die Länder erheben. Sie wissen, dass die Einstufung von Gefährdern Ländersache ist und dass die Frage, wer für solche Abschiebemaßnahmen infrage kommt oder angemeldet wird, auch von den Ländern entschieden wird. Es gibt zumindest nach meiner Kenntnis keine standardisierte oder regelmäßige Erhebung des Bundes oder Meldungen der Länder von solchen Daten an den Bund. Insofern liegen mir dazu zum jetzigen Zeitpunkt - also nach heutigem Stand, Anfang Februar 2025 - keine aktuellen Daten vor.
Zusatzfrage
Der Bund weiß also nicht, wie viele Gefährder jetzt tatsächlich abschiebefähig wären?
Harmsen (BMI)
Wir sind gemeinsam mit den Ländern in einer Arbeitsgruppe des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums beteiligt. Dort werden solche Fälle besprochen. Aber es gibt keine feste Meldepflicht der Länder für solche Zahlen. Insofern haben wir natürlich Kenntnis von Fällen, aber keine abschließenden oder gesicherten Zahlen. Das liegt in der Zuständigkeit der Länder.
Frage
Frau Deschauer, der amerikanische Präsident hat seine Bereitschaft für direkte Verhandlungen mit dem Iran geäußert. Wie bewertet Ihr Haus diese Aussage?
Deschauer (AA)
Vielen Dank. Grundsätzlich möchte ich erst einmal sagen - das kennen Sie -, dass wir angesichts der regionalen Rolle Irans in der Region, aber auch, was das Voranschreiten seines Nuklearprogramms angeht, sehr besorgt sind. Das ist eine konstante Linie dieser Bundesregierung.
Die gestrigen Meldungen haben wir zur Kenntnis genommen. Inwiefern sich das auf konkrete Gespräche der Vereinigten Staaten mit dem Iran auswirkt, ob es da Gespräche gibt, die dem Ziel dienen könnten, Iran von seinem nuklearen Vorhaben einer militärischen Nutzung abzubringen, kann ich jetzt aufgrund eines reinen Statements aus Washington nicht beurteilen. Aber klar ist: Die Bundesregierung strebt an, dass der Iran sein weit fortgeschrittenes Nuklearprogramm herunterfährt und entsprechend weiter in Gesprächen verbleibt.
Zusatzfrage
Frau Deschauer, der Iran hat das ja auch begrüßt. Unterstützt die Bundesregierung solche Gespräche?
Deschauer (AA)
Sie wissen, dass wir aufgrund der schwierigen Rolle Irans in der Region und insbesondere des weit vorangeschrittenen Nuklearprogramms in großer Sorge sind und das auch regelmäßig kundgetan haben. Unsere Beziehungen sind auf ein Minimum heruntergefahren. Aber Sie wissen auch, dass gleichzeitig weiter auch vonseiten Deutschlands und der E3 Gesprächskanäle bestehen, die ja genau dem Zweck dienen, dass der Iran sein Programm nicht weiter ausbaut, im Idealfall herunterfährt und von einer militärischen Nutzung absieht.
Frage
Was sagt die Bundesregierung zu einer möglichen Nato-Präsenz auf Grönland?
StS Hebestreit
Ich denke, dazu können wir zum jetzigen Zeitpunkt gar nichts sagen. Ich habe Berichte dazu gelesen. Diese kommentieren wir nicht.
Die EU-Staats- und -Regierungschefs haben die Position, was den Status Grönlands angeht, vorgestern noch einmal sehr deutlich gemacht. Sie haben auch sehr deutlich gemacht, dass alle 27 EU-Staaten sehr solidarisch miteinander sind und den Staatsgebieten jedes einzelnen Staates große Bedeutung zumessen.
Zusatzfrage
Verfügt die Bundeswehr überhaupt über das personelle und materielle Potenzial, um sich an einer solchen Präsenz auf Grönland beteiligen zu können?
Jenning (BMVg)
Grundsätzlich möchte ich mich den Äußerungen des Regierungssprechers anschließen. Das sind hypothetische Fragestellungen, die wir im Detail von hier oben natürlich weder kommentieren noch weiterspinnen. Wir wollen hier keine Spekulation betreiben.
Was ich aber an dieser Stelle sagen kann, ist, dass ganz allgemein gilt, dass wir als Bundeswehr über entsprechende Fähigkeiten verfügen, die natürlich auch im arktischen Bereich eingesetzt werden können. Auch hierzu stehen wir immer im engen Austausch mit unseren Partnern. Wir üben auch zusammen usw. Es ist schon so, dass wir diesbezüglich aufgestellt wären, ohne dass ich das auf diese Spekulation als solche beziehen wollte.
Zusatzfrage
Der frühere ukrainische Botschafter Melnyk beklagt einen Mangel an Aufmerksamkeit für sein Land im laufenden Bundestagswahlkampf. Was würden Sie ihm darauf antworten?
StS Hebestreit
Es wird Sie überraschen, aber auch in diesem Punkt sehe ich es etwas anders als Herr Melnyk.
Zusatzfrage
Er hat in den FUNKE-Zeitungen von den EU-Ländern gefordert, ein halbes Prozent des BIP für die Verteidigung der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Wäre das angemessen? Es würde 100 Milliarden Euro entsprechen.
StS Hebestreit
Es kommt darauf an, wen man in diese 0,5 Prozent einbezieht. Ich denke, für Deutschland wären es nicht 100 Milliarden Euro. Aber Deutschland hat die Ukraine seit Beginn des Krieges, wenn ich es richtig im Kopf habe, mit knapp 44 Milliarden Euro unterstützt und ist nach den USA mit weitem Abstand der zweitstärkste Unterstützer. Wir machen auch immer wieder deutlich, dass wir diese Unterstützung fortsetzen und unverbrüchlich an der Seite der Ukraine stehen. Der Bundeskanzler hat kaum einen anderen Staats- oder Regierungschef so oft und so intensiv getroffen wie Wolodymyr Selenskyj, zuletzt vor zwei Wochen in Davos. Die Gesprächskanäle sind eng und vertrauensvoll. Insofern hat sich, denke ich, diese Wortmeldung vielleicht nicht so stark an die deutsche Adresse gewandt, wie es den Anschein hat.
Frage
Der Tanker Eventin liegt schon eine Weile vor Rügen. Meine Frage geht erst einmal an das BMDV, aber ich vermute, dass sich auch das BMF oder vielleicht das AA angesprochen fühlen könnten.
Er liegt jetzt schon ziemlich lange dort, und die Frage wäre: Warum eigentlich? Liegt das an technischen Gründen - die Staatsanwaltschaft Stralsund hat keinen Anfangsverdacht auf eine Straftat -, oder laufen noch EU-Abstimmungen darüber, wie man mit dem Schiff umgeht? Spielt der Zoll dabei eine Rolle? Uns ist das ziemlich unklar, und vielleicht können Sie Licht ins Dunkel bringen.
Nieke (BMDV)
Derzeit laufen zwei Prüfungen, zum einen die Prüfung des deutschen Zolls, ob die Gegebenheiten und Bedingungen, die zu erfüllen sind, erfüllt wurden, und zum anderen - das ist der Teil, der uns betrifft - die Prüfung durch die Klassifikationsgesellschaft DNV. Das Ergebnis dieser Gesellschaft geht natürlich erst einmal an den Flaggenstaat. Der Flaggenstaat ist in diesem Falle Panama. Panama hat die Eventin bereits angewiesen, sich mit der Dienststelle Schiffssicherheit bei uns auszutauschen, zu kooperieren und auch die benötigten Auskünfte einschließlich des Prüfberichts, den es abzuwarten gilt, zur Verfügung zu stellen.
Wenn der Prüfbericht vorliegt, wird er erst einmal ausgewertet, und es werden die entsprechenden Schlüsse gezogen. So lange gilt ein verkehrliches Weiterfahrverbot für die Eventin.
Zusatzfrage
Sie haben jetzt gesagt, es gebe zwei Prüfungen. Bei der ersten gehe es darum, ob Gegebenheiten oder Bedingungen erfüllt seien. Welche Gegebenheiten und Bedingungen, wofür?
Nieke (BMDV)
Mit Blick auf den Zoll würde ich an den entsprechenden Sprecher verweisen wollen.
Zusatzfrage
Noch ganz kurz anschließend: Wird das Ergebnis der zweiten Prüfung, das an Panama geht, veröffentlicht? In welchem Umfang werden Sie sich zu den Ergebnissen dieser Prüfung öffentlich äußern?
Nieke (BMDV)
Solange diese Prüfungen ausstehen, gilt das verkehrliche Weiterfahrverbot.
Natürlich wird das Ergebnis, wie die Prüfung läuft, auch kundgetan, aber die Details dazu vermutlich nicht.
Hartmann (BMF)
Ich kann bestätigen, dass natürlich auch die Zollkontrolle läuft. Es wird weiterhin geprüft. Aber zum Inhalt kann ich jetzt keine Auskunft geben. Eventuell könnten Sie sich für weitere Details an die Generalzolldirektion wenden. Ansonsten schließe ich mich den Worten meiner Vorrednerin an: Die Prüfung läuft.
Zusatzfrage
Haben Sie einen Zeitrahmen, bis wann wir mit Angaben rechnen dürfen? Geht es dabei also um Wochen, Monate oder Jahre?
Nieke (BMDV)
Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich über einen Zeitrahmen nicht spekulieren kann. Wir hoffen auf ein zeitnah vorliegendes Prüfergebnis.
Frage
Ich weiß nicht genau, an wen sich meine Frage richtet. Wie ich heute Morgen gehört habe, hat die EU-Kommission heute einen Vorschlag zu den sogenannten Schnäppchenpäckchen vorgelegt. Es geht darum, Billigwaren von SHEIN und Temu usw. teurer zu machen. Welche Haltung hat die Bundesregierung dazu?
Greve (BMWK)
Wir begrüßen das. Wir haben heute Mittag auch eine Pressemitteilung zu dem Entschluss der Europäischen Kommission herausgegeben. Der Minister hat sich wie folgt geäußert:
„Ich freue mich, dass die Europäische Kommission den Ball für fairen Wettbewerb und besseren Verbraucherschutz im E-Commerce aufgenommen hat. Angesichts der täglichen Flut von Paketen, die über E-Commerce-Plattformen ungeprüft in die Europäische Union geschickt werden, ist schnelles und konsequentes Handeln erforderlich. Denn unsichere Produkte schaden den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Und es schadet unseren Unternehmen, die sich an die Regeln halten. Mit dem Aktionsplan E-Commerce ist die Bundesregierung bereits vorangegangen. Die Kommissionsmitteilung enthält nun viele der von der Bundesregierung identifizierten Maßnahmen und macht wichtige weitere Vorschläge. Das muss nun rasch konkret umgesetzt werden. Das BMWK wird sich hier weiter aktiv einbringen.“
Dieser Entscheidung geht ja auch ein Prozess voraus: Die Bundesregierung hat im letzten Jahr verschiedene Maßnahmen vorgelegt. Das BMWK hat Anfang September den Aktionsplan E-Commerce vorgestellt, am 26. September eine Initiative auf europäischer Ebene gestartet und beim Wettbewerbsfähigkeitsrat in Brüssel ein entschiedenes und abgestimmtes Vorgehen der EU gegen weitgehend unkontrollierte Direktimporte aus Drittstaaten über E-Commerce-Plattformen gefordert. Insofern ist es wunderbar, dass die EU-Kommission dem nun mit weiteren Schritten nachgeht und das heute konkretisiert hat.
Zusatzfrage
Gibt es irgendeine Form von Besorgnis, dass das angesichts der im Moment in Sachen Handel etwas aufgeheizten Atmosphäre in der Welt jetzt auch als eine Art von Schutzzollmaßnahme verstanden werden könnte?
Greve (BMWK)
Um die Dimension da noch einmal klarzumachen: Im Jahr 2024 wurden laut den neuesten Zahlen der Kommission 4,6 Milliarden Päckchen mit einem Wert unter 150 Euro in die EU importiert. Davon stammen 91 Prozent aus China. Das ist viermal so viel wie 2022 und entspricht mehr als 12 Millionen Paketen pro Tag in der EU. Viele dieser Importe verstoßen gegen europäische Gesetze, zum Beispiel aus dem Bereich Produktsicherheit und Verbraucherschutz. Insofern sind diese Schritte aktuell angezeigt und wir begrüßen diese.
Frage
Ich hätte noch eine Frage zum Thema USAID. Wir hatten dieses Thema schon am Montag hier in der RegPK angesprochen, aber seitdem gibt es ja eine Entwicklung. An Frau Deschauer und vielleicht auch noch das BMZ: Gibt es jetzt auch eine neue Reaktion der Bundesregierung, unter anderem auf die Kündigungen, die da ausgesprochen worden sind? Es ist ja offenbar eine neue Lage.
Deschauer (AA)
Ich glaube, die Äußerungen von Montag haben weiterhin Gültigkeit, weil sie Ausdruck unserer Politik und unserer Auffassung sind, dass wir in diesen Zeiten mit sehr vielen Krisen und Konflikten auf dieser Welt mehr und nicht weniger humanitäre Hilfe brauchen. Das bezieht sicherlich auch Fragestellungen der Entwicklungs- und Stabilisierungshilfe ein; dazu kann vielleicht der Kollege aus dem BMZ ergänzen. Es ist so, dass wir die Entscheidung zur Kenntnis genommen haben. Es handelt sich um eine Entscheidung der neuen US-Administration für eine vorübergehende Aussetzung der weltweiten Zusammenarbeit für 90 Tage, auch im Zwecke einer Überprüfung. Wir werden das genau beobachten, unsere wichtige Arbeit im Konzert mit internationalen Partnern fortführen und natürlich auch intensiv im Gespräch bleiben; denn die Hilfe und Unterstützung ist weiterhin dringend notwendig.
Was Fragestellungen zu personalrechtlichen Fragen in anderen Staaten angeht, würde ich mich jetzt ehrlich gesagt von dieser Stelle aus nicht äußern.
Koufen (BMZ)
Ich kann das gerne ergänzen. - Unsere Ministerin hat sich dazu auch schon geäußert; das kann ich Ihnen gerne noch einmal vorlesen. Sie hat gesagt:
„Dass sich eine neue US-Regierung erst einmal genauer ansieht, wie ihre Entwicklungspolitik bislang aufgestellt ist und Überlegungen über die weitere Ausrichtung anstellt, ist nichts Neues. Entscheidend ist, welche Schlüsse Präsident Trump aus der laufenden Überprüfung ziehen wird. Es bleibt abzuwarten, was auf die Ankündigungen tatsächlich folgt. Klar ist: Gerade für einige der ärmsten Länder, die massiv von amerikanischer Unterstützung abhängen, könnte ein Rückzug der USA sehr schmerzhafte Folgen haben. Weder Deutschland noch die EU werden die Lücken füllen können, die die USA als weltweit größter bilateraler Geber hinterlassen könnten.
Klar ist für mich aber auch: Angesichts der vielen Krisen in der Welt braucht es momentan nicht weniger, sondern mehr internationale Zusammenarbeit. Für Deutschland als Exportnation gilt in besonderem Maße: Unser Wohlstand beruht auf Weltoffenheit, stabilen ausländischen Märkten und verlässlicher internationaler Zusammenarbeit. Wer in diesem Bereich kürzt, gefährdet die Grundlagen unseres Wohlstands und unserer Sicherheit.“
So hat sich Ministerin Schulze geäußert.
Zusatzfrage
Die US-Administration hat ja Kündigungen ausgesprochen, die innerhalb von 30 Tagen wirksam werden sollen. In Deutschland zum Beispiel suchen wir dann oder bilden wir dann eine neue Regierung. Wie trifft die Bundesregierung Vorsorge, damit an der Stelle kein Vakuum entsteht?
Koufen (BMZ)
Wie gesagt, die Lücken, die da gerissen werden, werden wir nicht ausfüllen können, das ist völlig klar. Es geht jetzt, glaube ich, erst einmal um eine Bestandsaufnahme, was genau wie betroffen ist und in welchen Punkten wir ganz konkret mit USAID zusammenarbeiten. Es gibt ja auch Projekte, die gemeinsam finanziert werden, und da man eben im konkreten Fall schauen, ob ein Projekt weitergeführt werden können. Dazu laufen bei uns gerade Bestandsaufnahmen.
Harmsen (BMI)
Ich habe noch eine Nachreichung von BMI zum Familiennachzug. Ich habe gerade erfahren: Die Zahlen für das Gesamtjahr 2024 liegen uns momentan noch nicht vor. Zahlreiche Daten und auch Ausführungen zu diesem Thema haben wir in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage beantwortet; das ist die Bundestagsdrucksache 20/12922. Da finden Sie die aktuellsten uns vorliegenden Daten und Ausführungen dazu.
Greve (BMWK)
Ich kann noch eine kurze Konkretisierung zum Thema Päckchen und E-Commerce nachreichen: Es handelt sich nicht um Zölle oder andere Hindernisse, sondern es wird darauf gepocht, dass die Regeln von allen eingehalten werden. Die bestehende Regeln sollen also eingehalten werden, aber es sind keine Zölle, die da neu entstehen. Insofern sollte das getrennt voneinander gesehen werden.
Frage
Soll quasi noch eine erhöhte quasi Bearbeitungsgebühr erhoben werden?
Greve (BMWK)
Zu den konkreten Maßnahmen, die jetzt auf europäischer Ebene kommen, kann ich mich noch nicht äußern. Wir haben die grundsätzlichen Schritte erläutert. Es handelt sich jedenfalls nicht um einen Zoll in dem Sinne.