Im Wortlaut
- Mitschrift Pressekonferenz
- Mittwoch, 15. November 2023
BK Scholz: Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren, und schönen Dank für Ihr kurzfristiges Kommen! Das Bundesverfassungsgericht hat heute ein wichtiges Urteil zum zweiten Nachtragshaushalt 2021 verkündet. Die Bundesregierung wird dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts genau beachten. Wir werden nun den Richterspruch und seine umfassende Begründung und auch seine Folgen gemeinsam mit dem Deutschen Bundestag genau auswerten. Das Urteil hat nämlich möglicherweise Auswirkungen auf die Haushaltspraxis nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern. Insofern ist eine so sorgfältige Betrachtung geboten.
Ich habe eben mit den Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen gesprochen. Der Deutsche Bundestag wird seine Beratung über den Haushalt 2024 wie geplant fortsetzen. Die Bereinigungssitzung bleibt für morgen terminiert, und der Haushalt wird planungsgemäß zur Abstimmung gestellt werden.
Klar ist auch: Das Urteil wird Auswirkungen auf den Klima- und Transformationsfonds haben. Zuflüsse in Höhe von 60 Milliarden Euro aus dem Jahr 2021 stehen nun nicht mehr zur Verfügung. Deshalb werden wir den Wirtschaftsplan des Klima- und Transformationsfonds im Lichte des Urteils nun zügig überarbeiten, die nötigen Veränderungen einarbeiten und auch eine vorläufige Regelung treffen, damit nicht unnötig Mittel verausgabt werden, die noch nicht festgelegt sind. Dazu wird der Finanzminister gleich noch sprechen.
Für uns ist ganz klar, dass das eine Sache ist, die wir auch gern mit dem Parlament erörtern. Deshalb freue ich mich, dass die Befragung des Kanzlers im Bundestag nun gleich beginnt.
BM Lindner: Meine Damen und Herren, zwei Jahre sind in der Politik eine lange Zeit. Vor zwei Jahren war die Coronapandemie noch nicht überwunden. Vor zwei Jahren haben wir große wirtschaftliche Schäden in unserem Land gesehen. Deshalb hat sich die Koalition vor der Regierungsbildung auf das Vorhaben verständigt, nicht benötigte Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro einmalig für die Kompensation pandemiebedingt nicht erfolgter Investitionen zu nutzen. Nach der Regierungsbildung haben wir dieses Koalitionsvorhaben so umgesetzt, wie wir es nach bestem fachlichen Rat für verfassungsrechtlich verantwortbar gehalten haben.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun geurteilt, dass das Gesetz über den zweiten Nachtragshaushalt 2021 verfassungswidrig ist. Damit hat sich Karlsruhe erstmals umfassend zu den Ausnahmen von der Schuldenbremse und zur Nutzung von Sondervermögen geäußert.
Die Bundesregierung respektiert dieses Urteil. Es schafft Klarheit bezüglich der Schuldenbremse. Das Urteil hat allerdings potenziell weitgehende Auswirkungen auf die Staatspraxis und die Haushaltspolitik des Bundes und aller Länder; der Bundeskanzler hat schon darauf hingewiesen. Deshalb werten wir dieses Urteil sehr sorgfältig aus. Denn aus seinen Konsequenzen könnten sich auch Veränderungen für die Länderseite ergeben.
Wir ziehen allerdings auch sofort eigene Konsequenzen und leiten eigene Maßnahmen ein.
Erstens: Die auch bisher nicht genutzten Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro werden gelöscht.
Zweitens: Ich habe heute nach § 41 der Bundeshaushaltsordnung eine Sperre des Wirtschaftsplans des Klima- und Transformationsfonds vorgenommen. Davon betroffen sind die Verpflichtungsermächtigungen, die für die Jahre 2024 fortfolgende jetzt nicht mehr belegt werden dürfen. Ausgenommen davon sind Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien im Gebäudebereich.
Drittens: Wir werden umgehend damit beginnen, einen neuen Wirtschaftsplan für den Klima- und Transformationsfonds für die Jahre 2024 fortfolgende aufzustellen.
Die Beratung des Etatentwurfs 2024 ist nach unserer aktuellen Einschätzung nicht von dem Urteil betroffen. Deshalb können die Haushaltsberatungen des Deutschen Bundestages wie geplant fortgesetzt werden.
BM Habeck: Der Klima- und Transformationsfonds unterstützt die Bürgerinnen und Bürger sowie die deutsche Wirtschaft in vielfältiger Weise. Ich nenne ein paar Beispiele: die Übernahme der EEG-Umlage und damit die Senkung der Stromkosten für alle Verbraucherinnen und Verbraucher, von normalen Bürgerinnen und Bürgern über den deutschen Mittelstand bis zur Industrie, die Förderung von Gebäudesanierung - Fenster, Türen, Dämmung oder eben auch Wärmemittel -, die Förderung von E-Mobilität inklusive der Ladesäuleninfrastruktur, die Möglichkeit, die kommunale Wärmewende voranzubringen, beispielsweise indem Geothermieprojekte unterstützt oder Fernwärmesysteme ausgebaut werden, und die Baufinanzierung, beispielsweise die Beschlüsse des Baugipfels.
Die heutigen Beschlüsse des Gerichts und die Umsetzung durch den Bundesfinanzminister bedeuten, dass alle zugesagten Verpflichtungen eingehalten werden und neue Verpflichtungen erst dann eingegangen werden können, wenn der neue Wirtschaftsplan aufgestellt wird. Ich hoffe, dass die Arbeit daran zeitnah beginnt und beendet wird.
Vielen Dank.
BK Scholz: Schönen Dank! Jetzt gehen wir zum Bundestag.