Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem kenianischen Präsidenten Ruto am 5. Mai 2023 in Nairobi (Kenia)

  • Bundesregierung | Startseite
  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

P Ruto: Guten Tag, meine Damen und Herren! Herzlich willkommen! Im Namen der Regierung und der Menschen von Kenia ist es mir eine große Freude und eine große Ehre, Herrn Bundeskanzler Olaf Scholz, den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, heute hier zu begrüßen und willkommen zu heißen. Herzlich willkommen in der Republik Kenia! Willkommen, mein lieber Bruder! Ein herzliches Willkommen an Sie und Ihre Delegation!

Vor nur etwas mehr als einem Monat hat mich der Bundeskanzler bei meinem Antrittsbesuch in Deutschland als Präsident sehr herzlich in Berlin willkommen geheißen. Heute ist es meine große Ehre, ihn jetzt hier in Kenia begrüßen zu dürfen. Herr Bundeskanzler, karibu, willkommen!

Die umfassenden historischen Beziehungen zwischen Deutschland und Kenia gehen auf das Jahr 1936 zurück. Als wir unsere Unabhängigkeit erlangt haben, war Deutschland das erste Land, das unsere neugeborene Nation anerkannte. Das war der Beginn einer tiefgehenden Freundschaft, die stetig gewachsen ist und mit jedem Jahr gestärkt wurde. Wir hatten in den letzten Jahren auch eine enger werdende Partnerschaft im Bereich der Energie, des Klimaschutzes, der Landwirtschaft, der Gesundheit, des Handels und der Bildung. Das stand sinnbildlich für die Beziehungen, die wir bilateral entwickelt haben. Im März habe ich Berlin besucht; heute besucht der Bundeskanzler unser Land, in einer Zeit, in der unsere beiden Länder den 60. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen feiern.

Der Bundeskanzler und ich hatten sehr gute Gespräche. Wir haben einen Gedankenaustausch über die Strategien und Wege durchgeführt, wie wir die hervorragenden Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern noch vertiefen können.

Ich habe einige Zeit darauf verwendet, dem Bundeskanzler darzustellen, welche Fortschritte wir in Bezug auf die Wirtschaft gemacht haben, sodass deutschen Investoren eine höhere Attraktivität geboten werden kann. Eine Wirtschaftsdelegation begleitet den Bundeskanzler und will das riesige Investitionspotenzial in Kenia nun nutzen. Ich will hier auch auf den geostrategischen Vorteil hinweisen, den wir als Gateway, als Energiehub für Investitionen auf dem Kontinent darstellen können. Ich will der Wirtschaftsdelegation im Namen des gesamten Wirtschaftssektors versichern, dass wir Anreize schaffen werden, damit Sie erfolgreich in große Potenziale in unserem Land investieren können.

Bei unserem Treffen haben wir, der Bundeskanzler und ich, uns auf zahlreiche Themen verständigt. Der Bundeskanzler und ich haben detailliert über Arbeitsplätze für gut ausgebildete Kenianerinnen und Kenianer in Deutschland gesprochen. Das ist für beide Seiten ein Thema von großem Interesse. Deutschland hat einen hohen Fachkräftebedarf. Ich habe meinen guten Freund Bundeskanzler Scholz gebeten, die Einwanderungsgesetze entsprechend zu überarbeiten. Ich bin mir sicher, dass dieser Prozess bereits gut angelaufen ist, damit neue Erwerbschancen in Deutschland eröffnet werden können. Wir haben ein technisches Team mit Mitarbeitern aus meinem Büro und aus anderen Bereichen aufgestellt, damit dieser Prozess gut geleitet und ein guter Rahmen für den Export von Arbeitskräften nach Deutschland geschaffen werden kann.

Der Bundeskanzler und ich, wir hatten ebenfalls Gelegenheit, uns über die besten Möglichkeiten auszutauschen, einen Kapazitätsausbau für unsere Institutionen zu schaffen. Durch die Unterstützung Deutschlands ist es uns gelungen, die Ausbildungschancen für die jungen Menschen in Kenia zu erhöhen. Deutschland hat darüber hinaus Unterstützung für den Ausbau unserer Exzellenzzentren geleistet. Wir hatten drei; jetzt haben wir sieben Exzellenzzentren. Ähnliche Bemühungen werden für weitere 60 Institutionen ergriffen. Um die Lücke zu schließen, haben wir das Erlernen der deutschen Sprache in verschiedenen Institutionen in Kenia ermöglicht. Der Bundeskanzler wird uns in diesem Prozess unterstützen. Wir werden dafür auch mehr Lehrer ausbilden müssen, um den Erwerb der deutschen Sprache zu fördern. Darüber hinaus haben wir uns darauf verständigt, dass wir die Ausbildungscurricula so weit wie möglich angleichen wollen. Wir haben ein Bildungsrahmenwerk erstellt, damit die Arbeitskräfte leichter von Kenia nach Deutschland migrieren können.

Der Bundeskanzler und ich, wir haben uns auch darauf verständigt, dass wir ein Rahmenwerk für robuste Handelsprogramme zwischen deutschen und kenianischen KMU schaffen wollen. Wie Sie wissen, sind es die KMU, die sowohl die kenianische als auch die deutsche Volkswirtschaft antreiben. Wir wollen nun Synergien schaffen, um voneinander zu lernen und Wirtschaftswachstum von Grund auf zu fördern. Deutschland hat zugesagt, die Kapazitäten des Inklusionsfonds, des Hustler Fund, zu erhöhen, um KMU einen besseren Zugang zu Krediten zu gewähren.

Kenia ist der wichtigste Handelspartner Deutschland in Ostafrika, jedoch hat Deutschland einen Handelsüberschuss. Deswegen habe ich den Bundeskanzler gebeten, noch einmal Zollproblematiken, Zollhemmnisse anzugehen und den Handel zu erleichtern. Der Bundeskanzler war wirklich ein Pionier. Er hat Kenia stark dabei unterstützt, das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Ostafrika und der EU zu stärken. Wir sind Ihnen für Ihren persönlichen Einsatz für dieses Projekt von Herzen dankbar.

Unser Stromnetz ist schon zu 90 Prozent grün. Bis 2030 wollen wir 100 Prozent. Drei Gigawatt sollen erreicht werden. Das ist ein riesiges Potenzial. Unser Ziel ist es, wirklich einen Quantensprung auf 100 Gigawatt aus Erneuerbaren bis 2040 zu schaffen. Deutschland war ein steter Partner in unserer eigenen Energiewende. Ich will Ihnen, Herr Bundeskanzler, meinen Dank für Ihre volle Unterstützung beim Kapazitätsausbau des Geothermiekraftwerks Olkaria und bei den allgemeinen Investitionen in unsere erneuerbaren Energien aussprechen.

Der Klimawandel, die Klimakrise ist ein Bereich, bezüglich dessen wir beide sehr besorgt sind. Wir sind sehr besorgt über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschen vor Ort, auf Nationen und die Welt. Wir heben noch einmal hervor, wie wichtig es ist, zusammenzuarbeiten, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden. Wir haben uns darauf verständigt, gemeinsam nach Lösungen suchen und unsere Zusammenarbeit in den Themen der Klimaresilienz und der erneuerbaren Energien erhöhen zu wollen. Das schließt auch die Produktion von grünem Wasserstoff und nachhaltige Methoden in der Landwirtschaft sowie die Herstellung grüner Düngemittel mit ein.

Darüber hinaus habe ich die Notwendigkeit betont, über die Debatte zur Anpassung an die Schäden und Verluste hinauszukommen und sich wirklich ehrlich über Klimafinanzierung und Investitionen auszutauschen. Das wird unser Potenzial für grünes Wachstum wirklich erschließen können.

Ebenso ist das aktuelle internationale Finanzsystem nicht ausreichend aufgestellt, um fair mit vielschichtigen globalen Krisen einschließlich der Erholung nach der COVID-19-Krise, der Klimakrise und der Schuldenkrise im globalen Süden umzugehen. Deswegen habe ich den Kanzler eindringlich gebeten, die Reform des internationalen Finanzsystems zu unterstützen. Dieses System muss unser Potenzial anerkennen und sicherstellen, dass es eine Win-win-Situation für alle Beteiligten und Zugang zu bezahlbarer, adäquater, nachhaltiger Finanzierung, die kurzfristig zur Verfügung gestellt werden kann, gibt.

Wir wollen bei der COP 28 eine gemeinsame afrikanische Haltung zum Klimawandel entwickeln. Deswegen wird Kenia in diesem Jahr vom 4. bis zum 6. September den Afrikanischen Klimaschutzgipfel ausrichten. Ich freue mich sehr, dass sich Deutschland bereit erklärt hat, den Gipfel als Freund und Partner mit finanzieller und technischer Unterstützung zu unterstützen. Kenia hat ebenfalls bestätigt, dass Kenia auf Einladung Deutschlands offiziell der Klimaklubinitiative Deutschlands beitreten wird, in der es um die schnelle Umsetzung des Pariser Abkommens geht. Herr Bundeskanzler, Kenia wird nun also dem Klimaklub auf Ihre Einladung hin offiziell beitreten. Wir wollen ein wirklich robuster Akteur in diesem Bereich sein.

Wir hatten auch die Gelegenheit, über Frieden und Sicherheit zu sprechen und haben beide unsere Sorge angesichts der schwierigen Entwicklung im Sudan und der „spill-over“-Effekte, die es in der Region geben kann, betont. Wir haben uns darauf verständigt, dass die Kampfhandlungen sofort und ohne Vorbedingungen eingestellt, Zugang für humanitäre Hilfe und Schutz für Zivilisten, sichergestellt werden müssen. Wir brauchen die internationale Gemeinschaft, um Kenia, die IGAD und die Afrikanische Union in ihren Bemühungen, diesen Konflikt zu lösen, zu unterstützen.

Ich habe Herrn Bundeskanzler dazu aufgerufen, seine Stimme und den Einfluss Deutschlands in verschiedenen Formaten, in der EU, der G7, der G20 und der Uno, auch dafür zu nutzen, die globale Aufmerksamkeit ganz allgemein auf diese vergessenen Konflikte in Afrika und ganz besonders jetzt am Horn von Afrika zu richten.

Zum Thema Ukraine: Kenia hat stets die Prinzipien der UN-Charta hervorgehoben, wo es um die territoriale Integrität und Souveränität geht, um die Unabhängigkeit und eine friedliche Konfliktlösung. Wir haben wiederholt dazu aufgerufen, dass der Konflikt beendet wird und dass eine friedliche Lösung durch den Dialog gefunden werden kann.

Um die Beziehungen zwischen unseren Ländern weiter zu stärken, haben wir uns entschieden, ein strategisches Rahmenwerk für unsere Partnerschaft zu schaffen. Ich möchte Bundeskanzler Scholz sehr herzlich dafür danken, dass er sich so offen und ehrlich engagiert - mit gutem Willen, mit ehrlichem Engagement, zum Wohle beider Seiten. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich für Ihren Besuch heute danken!

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass Kenia sich zur Vertiefung und Stärkung der Beziehungen mit Deutschland verpflichtet. Wir freuen uns auf viele weitere Projekte der Zusammenarbeit in der Zukunft. Herzlichen Dank! Mein lieber Freund, herzlich willkommen!

BK Scholz: Danke für den herzlichen Empfang, lieber Herr Staatspräsident! Ich freue mich sehr, heute hier in Kenia zu sein.

Erst vor wenigen Wochen haben wir uns in Berlin getroffen und darüber gesprochen, wie wir unsere Beziehungen weiterentwickeln können. Das ist nun mein erster offizieller Besuch in Kenia, und das in einem sehr besonderen Jahr: Kenia feiert 60 Jahre Unabhängigkeit, und die Bundesrepublik Deutschland war das erste Land, das 1963 die Republik Kenia offiziell anerkannt hat. Daher feiern wir in diesem Jahr auch 60 Jahre diplomatische Beziehungen - 60 Jahre diplomatische Beziehungen, die eine gute freundschaftliche Zusammenarbeit geprägt haben und die auch die Basis sind für das, was wir uns für die Zukunft vorgenommen haben. In den sechs Jahrzehnten haben wir das bilaterale Verhältnis weiterentwickelt, in multilateralen Foren zusammengearbeitet, aber vor allem auch die Freundschaft zwischen unseren beiden Völkern und Gesellschaften vorangebracht und dafür Sorge getragen, dass unsere Beziehungen wirklich partnerschaftlich sind. Deshalb ist es auch richtig, dass wir jetzt unserer Partnerschaft einen mehr strategischen Rahmen geben wollen.

Unsere Unternehmen sind gut vernetzt; das zeigt auch die Wirtschaftsdelegation, die mich hierher begleitet. Ich freue mich auch über die enge Zusammenarbeit in wirtschaftlichen Fragen, die sich in vielen inhaltlichen Themen widerspiegelt, die eben genannt worden sind, aber die eben auch etwas zu tun haben mit dem Angang, also der Bereitschaft, beim „Compact with Africa“ mitzuarbeiten, was uns ein wichtiges Thema ist, weil es das Businessumfeld verbessert und auch erleichtert, dass sich Unternehmen zu Investitionsentscheidungen bewegen lassen.

Wir reden auch über die Frage des Schutzes unserer Umwelt, der Bekämpfung des menschengemachten Klimawandels. Wir sind in unseren Ambitionen sehr vereint, und ich will ausdrücklich sagen, dass Kenia dabei große, große Fortschritte erzielt hat und sehr weit führend ist im Vergleich zu vielen, vielen anderen Ländern. Deshalb bin ich ganz besonders froh über die Bereitschaft, am internationalen Klimaclub mitzuarbeiten und dort Mitglied zu werden. Das ist ein wichtiger Schritt; denn wenn wir unsere ambitionierten Ziele erreichen wollen, den Klimawandel aufhalten wollen, dann wird das nur gelingen, wenn wir gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass wir das miteinander tun und unsere unterschiedlichen Wege zum gleichen Ziel ordentlich aufeinander beziehen.

Du hast beim Berlin Energy Transition Dialogue im März die Rolle Kenias im Kampf gegen den Klimawandel noch einmal unterstrichen. Dafür bin ich sehr dankbar. Das sind Themen, die unsere beiden Länder eben eng verbinden, und nicht zufällig werde ich deshalb das Geothermiekraftwerk in Naivasha besichtigen - wie ich höre, das größte in Afrika. Das zeigt einmal mehr - ich habe es eben schon erwähnt -: Kenia ist ein inspirierender Klimachampion. Dass in Kenia bereits mehr als 90 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern produziert wird und bis 2030 100 Prozent erreicht werden sollen, ist beeindruckend und auch ein Grund, weshalb Kenia in Afrika und darüber hinaus eine große Strahlkraft hat.

Im vergangenen Jahr haben wir eine Klima- und Entwicklungspartnerschaft vereinbart, mit der wir die Zusammenarbeit in den Bereichen erneuerbare Energien, Wasserstoff und Dürreresilienz in der Landwirtschaft vertiefen wollen. Hierfür werden wir auch weitere Mittel zur Verfügung stellen.

Ich bin beeindruckt von den Vorbereitungen Kenias für den Africa Climate Action Summit, dessen Gastgeber Kenia sein wird. Wir werden Kenia dabei mit unseren technischen Möglichkeiten, aber eben auch finanziell unterstützen. Die Konferenz unterstreicht Kenias führende Rolle beim Klimaschutz, und sie ist auch eine sehr wegweisende, wichtige, unverzichtbare Vorbereitung für die COP28.

Anknüpfungspunkte unserer Zusammenarbeit sehen wir auch beim Thema Arbeitsmigration. Deutschland will verstärkt reguläre, legale Zuwanderungsmöglichkeiten für jene schaffen, die in Deutschland arbeiten wollen, und gleichzeitig wollen wir irreguläre Migration zurückdrängen. Das ist eine Win-win-Situation für die Länder, die daran teilnehmen. Wir sehen in Kenia ein großes Potenzial für die Fachkräftemigration in vielen Bereichen unserer Wirtschaft.

Kenia ist eine gefestigte Demokratie, und deshalb ist das Land ein stabilisierender Akteur in einer sehr unruhigen Region. Wir wissen sehr zu schätzen, was Kenia in den letzten Jahren an Vermittlungsbemühungen auf den Weg gebracht hat und auch in der aktuellen Situation an vielen Stellen hier in dieser Region weiter zeigt.

Das gilt natürlich ganz besonders im Hinblick auf die Situation im Sudan, die uns gemeinsam, aber auch viele andere sehr besorgt. Viele Bürgerinnen und Bürger des Landes haben sich - oft unter Gefahr für ihr eigenes Leben - in den letzten Jahren für Freiheit und Demokratie eingesetzt und für einen Übergangsprozess, der die Regierungstätigkeit von den militärischen Strukturen auf zivile Verantwortliche überträgt. Deshalb müssen die Armee und die RSF ihren militärischen Machtkampf beenden, der nur auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger des Landes stattfindet und mit gewaltigen Zerstörungen verbunden ist. Es muss ein Übergang zu einer zivilen Regierung gelingen. Wir sind hier sehr dankbar für das Engagement Kenias, und ich will es noch einmal unterstreichen: Wir werden mit allen unseren Möglichkeiten unterstützen, was hier an Aktivitäten vorangebracht wird.

Auch anderswo ist Kenia engagiert: Es ist - ich habe es eben schon gesagt - engagiert in Somalia, es hat geholfen in Äthiopien, es ist aktiv in der Demokratischen Republik Kongo. Das sind unverzichtbare Unterstützungsleistungen, die wir sehr genau beobachten und zu schätzen wissen und die wir auch gerne unterstützen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Initiativen für Frieden und Stabilität in Afrika, die von den afrikanischen Staaten selbst geführt werden, ganz besonders wichtig sind.

Wir setzen deshalb wie Kenia darauf, dass es gelingt, eine multilaterale Welt zu entwickeln, in der keine Grenzverschiebungen versucht werden und in der die Regelungen der internationalen Ordnung auf Basis der Charta der Vereinten Nationen und des internationalen Rechts akzeptiert werden. Deshalb ist es für uns ganz wichtig und bedeutsam, dass wir unsere Stimme erheben, wo das Recht verletzt wird. Der russische Angriff auf die Ukraine ist eine Verletzung dieser internationalen Friedensordnung und eine Bedrohung für Sicherheit und Frieden - nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt -, weil es letztendlich Mächtige ermutigt, Grenzen mit Gewalt zu verschieben. Das würde aber die Zeit, in der wir leben, unsicher machen, und deshalb müssen wir darauf bestehen, dass wir anders agieren.

Wir wollen mithelfen, unsere Zusammenarbeit zu verbessern und die Global Governance voranzubringen, und natürlich geht es uns auch darum, dass die afrikanischen Staaten stärker repräsentiert sind und eine stärkere Stimme bekommen. Deutschland unterstützt deshalb die Bemühungen für ständige afrikanische Sitze im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, und wir unterstützen auch einen förmlichen Sitz der Afrikanischen Union in den G20.

Vielen Dank, dass ich hier in Nairobi so herzlich willkommen bin! Ich freue mich auf ein baldiges Wiedersehen.

Frage: Herr Präsident, Sie haben den vereinfachten Zugang für Fachkräfte aus Kenia und anderen Ländern auf den deutschen Arbeitsmarkt angesprochen. Deutschland verhandelt hierzu Abkommen, die einerseits den Zugang nach Deutschland vereinfachen und andererseits jene Länder, aus denen Asylsuchende ohne Aussicht auf ein Bleiberecht kommen, dazu verpflichtet, diese zurückzunehmen. Wird das funktionieren?

Herr Bundeskanzler, für wie groß halten Sie die Gefahr, dass durch den Konflikt in Sudan und durch eine Ausweitung dieses Konflikts auch die Fluchtbewegung nach Europa und nach Deutschland größer wird?

P Ruto: Als Land glauben wir an die Rechtsstaatlichkeit, was auch immer Deutschland tut, um ein legales Rahmenwerk zu schaffen. Was legale Migranten angeht, Menschen, die gut aufgestellt, gut qualifiziert sind und Arbeit in Deutschland suchen, ist das für uns in Kenia eine sehr erfolgversprechende Entwicklung. Wir glauben, da gibt es keinen Gegensatz. Jene, die illegal und mit keinen guten Absichten oder auf falschen Wegen eingereist sind, sollten zurückkehren.

Was ich mit dem Bundeskanzler besprochen habe, ist: Wenn man Chancen für kenianische Arbeitskräfte öffnet, in Deutschland zu arbeiten, dann ist das für uns sehr wertvoll. Der Bundeskanzler hat mir auch gesagt, dass es eine Chance ist. Für etwa 250 000 Menschen gibt es Einwanderungsmöglichkeiten nach Deutschland. Wir begrüßen diese Öffnung sehr. Wir werden aber Schritte unternehmen, dass Menschen aus Kenia, die die Kriterien nicht erfüllen und die illegal einreisen, nach Kenia zurückgeführt werden. Wir haben uns entsprechend positioniert.

BK Scholz: Schönen Dank für die Frage. Das, was uns gegenwärtig am meisten umtreiben muss, ist, dass es eine große Fluchtbewegung vor allem in die Länder der Region gegeben hat. Das ist ja etwas, das unverändert stattfindet. Ich bin den Ländern sehr dankbar - Kenia zählt dazu -, die Flüchtlinge aufgenommen haben und die sich in Sicherheit gebracht haben.

Bisher scheint es so zu sein, dass es sich um eine Fluchtbewegung handelt, die sich unmittelbar auf die Region und die Nachbarländer bezieht und nicht darüber hinaus geht. Aber das darf uns nicht dazu verführen, die Sache nicht so ernst zu nehmen, wie sie ist. Es handelt sich um eine große Bedrohung für den Frieden nicht nur im Sudan, sondern auch für die ganze Region. Die Gefahr, dass das ausgreift, ist so ernst, dass wir alle zusammen alles dafür tun müssen, die beiden militärischen Formationen dazu zu bringen, dass sie ihren Konflikt beenden und einer zivilen Transition auf eine zivile Regierung alle Wege öffnen, sodass diese bald stattfinden kann und die Flüchtlinge auch zurückkehren können. Das ist das, was wir heute sagen können.

Frage: Herr Präsident, Sie haben die Klimapartnerschaft mit Berlin angesprochen, die ausgebaut und erneuert wurde, als Sie vor einem Monat nach Berlin gereist sind. Da ging es um den Ausbau der grünen Energie, um grünen Wasserstoff, grüne Düngemittel usw. Was die Investitionen angeht, wird von Kenia dringend ein großes Investitionsvolumen benötigt. Was erwarten Sie an Investitionen aus der deutschen Wirtschaft? Was kann die deutsche Politik tun, um Unternehmen zu motivieren, hier in Kenia Investitionen zu tätigen?

Herr Bundeskanzler, wenn Sie gestatten, eine Frage an Sie: Ihre Regierung hat ein Gesetz beschlossen, welches vorsieht, dass jede neue eingebaute Heizung ab 2024 mit 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Nun mehren sich die Stimmen in Ihren eigenen Reihen, aus Ihrer eigenen Koalition, das Gesetz beziehungsweise die Pflicht zum Heizungsaustausch vielleicht noch einmal zu verschieben, zumindest nachzubessern. Sollte die Pflicht zum Heizungstausch doch noch einmal um ein Jahr verschoben werden?

In diesem Zusammenhang steht auch der Architekt des Gesetzes, der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, unter Druck. Muss der Wirtschaftsminister seinen Staatssekretär jetzt entlassen?

P Ruto: Wie Sie ja wissen, ist das nicht das erste Mal, dass wir mit Deutschland bei den Fragen der erneuerbaren Energien, der Geothermie oder auch der grünen Energien zusammenarbeiten. Wir haben eine lange Geschichte der Zusammenarbeit im Bereich der deutschen Technologie, deutschen Investitionen und der erneuerbaren Energien. Was die 92 Prozent erneuerbaren Energien in unserem Stromnetz heute angeht, gibt es einen substanziellen Beitrag an deutscher Technologie und deutschen Investitionen. Deswegen ist dieses neue Investitionsniveau, das wir für grüne Energie und Wasserstoff brauchen - Wasserstofftechnologien, Düngemittel und den Ausbau des Systems -, nur ein zweiter Schritt. Wir befinden uns in Diskussionen mit unseren deutschen Brüdern und Schwestern, wie wir diese Technologie nutzen können, die Investitionen und Technologien ausbauen können, um den Boden für Wasserstofftechnologie, Ammoniak- und Düngemittelherstellung durch die Nutzung von grünen Energien zu bereiten.

Eine Sache noch: Wenn Sie sagen, was die deutsche Politik tun kann, dann betrifft das noch einmal diese ganze Diskussion über die Klimafinanzierung und grünes Wachstum. Wir haben riesige Mengen an Ressourcen grünen Energiepotenzials - Wasserkraft, Windenergie, Geothermie - auf dem afrikanischen Kontinent und in Kenia und einen neu verhandelten internationalen Finanzierungsmechanismus, der ganz klar ausbuchstabiert, welche großen Chancen es für grüne Energie aus Kenia und diesem Kontinent gibt. Das wäre eine sehr wünschenswerte Diskussion.

Abgesehen davon, dass wir uns über Anpassungen und Linderungen, über Schäden und Verluste unterhalten, sind wir der Ansicht, dass die Politik nun auch über die Klimafinanzierung und Investitionen in den Klimaschutz sprechen sollte. Wir glauben, dass es in diesem Bereich noch mehr als in den anderen Bereichen größere Chancen und Möglichkeiten gibt. Deswegen bitten wir als Kontinent darum, rufen dazu auf und konsolidieren hier unsere Position. Das ist auch der Grund, weshalb ich den afrikanischen Klimaschutzgipfel im September ausrichten werde. Dort können wir dann unsere Chancen stärker bündeln, die wir für Finanzierung und Investitionen bieten können. Wir werden dort umfassende Diskussionen führen und hoffen, dass die deutschen Politikerinnen und Politiker auch den Co2-Handel, die CO2-Finanzierung unterstützen werden, sodass die Finanzierung in Zukunft richtig gesteuert werden kann.

BK Scholz: (auf Englisch) Ich möchte noch einmal hervorheben, dass das absolut stimmt. Wir müssen zusammenarbeiten. Es gibt hier ein gutes Geschäftsklima für Investitionen in Technologien, die für den Kampf gegen den Klimawandel so wichtig sind. Ganz persönlich bin ich der Ansicht, dass viele der technologischen Fortschritte, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt haben, weltweit eingesetzt werden und sollen. Wir müssen verstehen: Unser größtes Ziel ist Wohlstand und Wachstum in vielen Ländern der Welt. Die Menschen dort streben einen ähnlichen Lebensstandard an, wie wir ihn in Europa oder in Nordamerika haben. Aber dies zu erreichen bedeutet, dass wir für den Weg dahin eben nicht mehr fossile Energieträger nutzen sollten, sondern erneuerbare Energien und neue Technologien.

(auf Deutsch) Ich will ergänzend sagen, dass gerade Geothermie eine der Fragen ist, die eine große Rolle spielt. Erst vor Kurzem habe ich in Deutschland eine Geothermieanlage eingeweiht. Ich werde hier in Kenia eine Geothermieanlage anschauen können. Hier spielt das auch im Zusammenhang mit Wasserstoff eine große Rolle. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Fortschritt.

Wenn wir über die Gesetzgebung in Deutschland reden, die dazu dient, dass wir unser Ziel erreichen, 2045 klimaneutral zu wirtschaften, dann ist es ganz klar, dass wir auf allen Feldern alle Wege beschreiten müssen, damit wir so schnell wie möglich diesen Fortschritt erreichen. Wir haben viele Gesetze geändert, etwa was die Geschwindigkeit des Ausbaus der erneuerbaren Energien betrifft - ob nun Windkraft auf hoher See, Windkraft an Land oder Solarenergie – und den Ausbau unseres Stromnetzes. Natürlich unterstützen wir die industriellen Investitionen in Technologien, die weniger fossile Ressourcen verbrauchen.

Auch die Mobilität gehört zu dem Bereich, der diesen Pfad einschlägt, und natürlich auch das Heizen. Die Bundesregierung hat dazu ein Gesetz auf den Weg gebracht, das nach sorgfältiger Diskussion viele, viele der Fragen, die im Hinblick auf diese Reformen gestellt worden sind, zu beantworten versucht. Ich glaube, dass das auch sehr umfassend gelungen ist. Es gibt ja die Aussage des früheren sozialdemokratischen Fraktionsvorsitzenden, der gesagt hat: Kein Gesetz, das die Bundesregierung in den Bundestag einbringt, geht unverändert wieder daraus hervor. – Das gehört zur Demokratie dazu, und zwar bei allen Gesetzen. Aber ich bin ganz sicher, dass die Essenz des Anliegens darüber nicht infrage gestellt ist. So nehme ich auch die drei Regierungsfraktionen wahr. Ich glaube auch, dass die sehr sorgfältige Beratung im Bundestag dazu führen wird, dass tatsächlich schon viele Fragen beantwortet sind und dass sich vielleicht noch die eine oder andere kleinere stellt. Aber die großen Fragen sind, glaube ich, gut gelöst.

Dazu zählt auch das Wissen darum, dass wir diejenigen, die vor 2002 in ihre Häuser eingezogen sind, nicht mit einer Anforderung versehen, dass sie schnell etwas an dem Konzept des Heizens ändern müssen. Das Gleiche gilt für viele andere Ausnahmen, die wir gemacht haben. Insofern ist das, soweit wir das beurteilen können, ein Vorschlag, der viele der Fragen, die öffentlich gestellt werden, auch schon beantwortet. Aber natürlich kann im Parlament alles besser werden. Dass das aber dazu führt, dass das Grundanliegen infrage gestellt wird, glaube ich nicht. So jedenfalls nehme ich die Diskussion unter den Abgeordneten nicht wahr. Ich bin deshalb sehr zuversichtlich, was diese Frage betrifft.

Im Übrigen liegt mittlerweile auch ein umfassendes Förderkonzept vor, das viele, die nicht handeln müssen, aber gerne wollen, auch in die Lage versetzt, dass sie ihren Beitrag leisten, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten.

Was die Frage betrifft, die Sie im Übrigen gestellt haben, so hat sich der Wirtschaftsminister dazu geäußert. Er hat gesagt, dass Entscheidungen, die falsch gelaufen und kritisierbar sind, korrigiert werden müssen. Das ist passiert. Ich gehe davon aus, dass auch alles andere entsprechend der Regeln, die wir haben, erfolgen wird.