Bundeskanzler bei „startsocial“
Ob Engagement in der Pflege, für Bildung oder Flüchtlingshilfe: Bundeskanzler Scholz hat die Preisträger des diesjährigen „startsocial“-Wettbewerbs für ihr herausragendes soziales Engagement gewürdigt. Sieben Initiativen wurden ausgezeichnet – eine mit dem Sonderpreis des Kanzlers.
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„Ich habe die Ehre, einen Sonderpreis vergeben zu können“, sagte der Bundeskanzler zu Beginn der startsocial-Preisverleihung am Donnerstag in Berlin. „Ich habe mir für den Sonderpreis ein Projekt ausgesucht, das einen Bereich betrifft, der unglaublich viele bewegt: die Pflege und den drängenden Fachkräftemangel, den wir dort haben“, sagte der Kanzler.
Der Fachkräftemangel ist eine große gesellschaftliche Herausforderung. Im Bereich Pflege fehlen qualifizierte Arbeitskräfte. Andererseits sind viele geflüchtete Menschen in Deutschland auf der Suche nach einem Arbeitsplatz, um finanziell auf eigenen Beinen stehen zu können.
Projekt „Sprungbrett Pflege“ hilft
Der Sonderpreis des Bundeskanzlers ging deshalb dieses Jahr an das Projekt „Sprungbrett Pflege“ - Den Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe. Es unterstützt geflüchtete Menschen auf den Weg in ein erfolgreiches Berufsleben.
Neben der deutschen Sprache wird den Geflüchteten Fachwissen zur Pflege vermittelt und so der Weg bereitet, für eine berufliche Integration in den Pflegebereich. Mit seinem umfassenden Ansatz - vom Erlernen der Sprache, über das Nachholen eines Hauptschulabschlusses bis zur Ausbildung zur staatlich anerkannten Pflegefachkraft – ist das Projekt deutschlandweit einzigartig.
„Ich finde, das ist eine tolle Sache“, so der Bundeskanzler. Eine Sache, die die Verantwortlichen mit großer Energie und Leidenschaft organisieren. Bundeskanzler Scholz bedankte sich bei den Gründern für ihr Engagement und überreichte ihnen dafür den Sonderpreis.
Große Vielfalt der Preisträger
Das zeigt sich auch in diesem Jahr bei den ausgezeichneten Initiativen aus ganz Deutschland. Neben dem Sonderpreisträger „Sprungbrett Pflege“ sind dies:
2018 waren 40 bis 60 Prozent aller geflüchteten Kinder unter 15 Jahren traumatisiert. In dieser Zeit begann die Arbeit des Vereins „seite-an-seite“ im Landkreis Calw (Baden-Württemberg). Spätestens seit der Corona-Pandemie ist klar: Kinder aus allen gesellschaftlichen Schichten haben Schwierigkeiten mit der alltäglichen Stressbelastung des persönlichen und familiären Lebens. Die Umstände der vergangenen zwei Jahre verstärkten diese Entwicklung drastisch.
In zeitlich begrenzten Kursen versucht „seite-an-seite“ durch begleitete Kreativarbeit, bei den Kindern und Jugendlichen Stress zu mindern und ihnen so ein selbstbestimmteres, verantwortungsvolleres und freieres Leben zu ermöglichen. Durch entsprechende Behandlung kann betroffenen Menschen nachhaltig geholfen werden.
Seit 2018 unterstützt „Das andere SchulZimmer“ junge Menschen, die aus dem Schulsystem herausgefallen sind und sich in schwierigen Lebenslagen befinden. Ehrenamtliche Lehrkräfte begleiten die Schülerinnen und Schüler, bereiten sie auf einen schulexternen Haupt- oder Realschulabschluss vor. Zudem erhalten die Schülerinnen und Schüler Hilfe beim Einstieg in die Berufswelt und in ein Leben ohne staatliche Transferleistungen. Wichtig dabei: Begegnung auf Augenhöhe, individuelle, flexible und zielgerichtete Förderung in einer ungezwungenen, persönlichen Atmosphäre.
Die Vermittlung demokratischer Grundwerte ist eine der Schlüsselaufgaben des Bildungssystems. Um Schülerinnen und Schülern diese Werte anschaulich zu vermitteln, entwickelt der gemeinnützige Verein „10drei e.V.“ wirkungsvolle und innovative Bildungsformate. Die Vision ist, die im Grundgesetz verankerten Werte wie Würde, Freiheit und Gleichheit zur Grundlage der Entscheidungsfindung in der Gesellschaft werden zu lassen. In Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen aller Schulformen ab der sechsten Klasse, Referendarinnen und Referendare sowie Lehrkräften in ganz Deutschland, konnten so zahlreiche Bildungsangebote entwickelt und praktisch erprobt werden.
Der Verein Türöffner e.V. – Jobnetzwerk für Geflüchtete wurde im April 2016 in Berlin gegründet. Aus der Initiative entstand mit der Zeit ein breites Netzwerk zahlreicher Akteure aus Wirtschaft, Kultur, Sport und Zivilgesellschaft. Ziel des Vereins ist es, geflüchteten Menschen Praktika, Ausbildungsplätze oder eine reguläre Beschäftigung zu vermitteln. Sowohl die Suchenden, als auch die Unternehmen werden dabei in allen rechtlichen, organisatorischen und vorbereitenden Belangen unterstützt. So konnten bisher 214 Teilnehmende in Unternehmen vermittelt werden.
Der Verein bietet eine Akut-Hilfe an. Dabei können Eltern innerhalb von 24 Stunden ein erstes beratendes Gespräch führen. Zudem haben die betroffenen Familien jederzeit die Möglichkeit, sich in Online-Elterngruppen auszutauschen.
Ziel ist die Förderung der Heilungschancen von Kindern und Jugendlichen, die an einer sogenannten Anorexie (Magersucht) leiden oder davon bedroht sind. Durch die Vernetzung von Eltern, Angehörigen und Fachleuten kann der Verein über Themen bezüglich Anorexie aufklären und Handlungs- und Lösungswege aufzeigen. Mit Präventionsangeboten und Öffentlichkeitsarbeit geht der Verein zudem gezielt gegen die Stigmatisierung der Krankheit vor. Auch neue Behandlungsansätze sollen gefördert und etabliert werden.
Nach dem barrierefreien Um- und Ausbau eines ehemaligen Pfarrhauses im sachsen-anhaltischen Pouch im Jahr 2020 öffnete das CONFUGIUM als kultureller, geistlicher, sportlicher, sozialer und bildungspolitischer Treffpunkt seine Türen.
Großer ehrenamtlicher Einsatz ermöglicht persönliche Begegnungen, unter anderem im Rahmen von Workshops und Projekten, in denen gemeinsam musiziert, gekocht oder IT-Kenntnisse aufgefrischt werden. Ein breites Angebot für alle Altersgruppen stärkt den Zusammenhalt im Ort und wirkt der Vereinzelung der Gesellschaft entgegen. Das CONFUGIUM dient damit als Leitbild für ähnliche Projekte zur Wiederbelebung von Gebäuden im ländlichen Raum.
„startsocial“ ist ein bundesweiter Wettbewerb zur Förderung des ehrenamtlichen sozialen Engagements. Unter dem Motto „Hilfe für Helfer“ vergibt „startsocial“ jährlich 100 viermonatige Beratungsstipendien und 25 Auszeichnungen, darunter sieben Geldpreise in Höhe von 5000 Euro an herausragende soziale Initiativen. Bundeskanzler Scholz hat die Schirmherrschaft übernommen.
Ehrenamt stärkt den Gesellschaftlichen Zusammenhalt
Der Kanzler betonte die hohe Bedeutung des freiwilligen Engagements. Während der Coronapandemie hätten sich viele ehrenamtliche Initiativen gegründet, um beispielsweise untereinander in der Nachbarschaft zu helfen. Oder um ältere Menschen zu versorgen. Und nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hätten viele Freiwillige in Deutschland Flüchtlinge unterstützt. „Das zeigt mir noch einmal: Unser Land hat die Kraft, in Notlagen über sich hinauszuwachsen“, betonte der Bundeskanzler.
„Was das Ehrenamt und Sie alle leisten, das sehen wir doppelt und dreifach in den Zeiten, in denen wir uns jetzt befinden“, sagte der Bundeskanzler. Allein in Deutschland engagieren sich mehr als 30 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Sie alle packen an und übernehmen Aufgaben, die der Staat allein nicht leisten kann. Ehrenamt hat deshalb auch eine sehr große Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
„Sie alle haben dafür meinen allergrößten Respekt und meine Hochachtung“, betonte der Kanzler. „Aber vor allem sind Sie ein Gewinn für unsere Gesellschaft. Deshalb möchte ich Sie alle ermutigen: Machen Sie unbedingt weiter! Sie werden gebraucht.“