Merkel: Nato für Abschreckung und Dialog

Regierungserklärung der Kanzlerin Merkel: Nato für Abschreckung und Dialog

Die Sicherheitslage in und um Europa habe sich deutlich verändert, sagte die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung zum bevorstehenden Nato-Gipfel in Warschau. Dabei setze die Nato auf Abschreckung und Dialog. Eine dauerhafte Sicherheit in Europa sei allerdings nur mit und nicht gegen Russland zu erreichen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt im Bundestag eine Regierungserklärung zum kommenden Nato-Gipfel.

Merkel: Solidarität wird auch in Zukunft sichtbar und glaubwürdig sein.

Foto: Bundesregierung/Kugler

"Abschreckung und Dialog: Das klare Bekenntnis zu Solidarität mit unseren Bündnispartnern gemäß Artikel 5 des Nato-Vertrags und die ausgestreckte Hand zum Dialog. Das sind keine Gegensätze, nein, das gehört untrennbar zusammen", so Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den Aufgaben des Nato-Bündnisses.

Die Bundeskanzlerin bekannte sich ausdrücklich zu den Inhalten der Nato-Russland Grundakte. Damals habe man sich zu der Absicht bekannt, "auf der Grundlage gemeinsamen Interesses, der Gegenseitigkeit und der Transparenz, eine starke stabile und dauerhafte Partnerschaft zu entwickeln".

Merkel betonte, auch weiter dafür werben zu wollen, die Grundakte als Basis für das Verhältnis der Nato zu Russland zu erhalten. "Denn auch wenn Russland die Bestimmungen dieses Dokuments durch sein Vorgehen gegen die Ukraine verletzt, so sind in diesem Dokument doch unsere Werte und Prinzipien verankert, an denen wir unser Handeln auch weiter ausrichten werden."

Der Nato-Gipfel findet am 8. und 9. Juli in Warschau/Polen statt. Neben den Staats- und Regierungschefs treffen sich auch die Außen- und Verteidigungsminister der Nato-Mitgliedstaaten. In Warschau werden 39 Regierungsvertreter, etwa 80 Außen- und Verteidigungsminister sowie rund 1.500 Journalisten vor Ort erwartet.

Solidarität sichtbar und glaubwürdig

Beim Gipfel in Warschau treffen die Staats- und Regierungschefs in einer Phase zusammen, in der sich die Sicherheitslage in und um Europa signifikant verändert hat. "Im Osten hat Russlands Agieren in der Ukraine-Krise unsere östlichen Alliierten zutiefst verstört", so Merkel weiter, "wenn die Unverletzlichkeit von Grenzen durch Worte und Taten in Frage gestellt werden, dann geht natürlich Vertrauen verloren. Sie bedürfen daher der eindeutigen Rückversicherung der Allianz."

"Die Solidarität wird auch in Zukunft sichtbar und glaubwürdig sein. Wir werden die in Wales beschlossenen Anpassungen des Bündnisses ergänzen. Es werden Elemente hinzukommen, mit denen die Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses verstetigt und dauerhaft gesichert sind", erklärte Merkel. Im Kern gehe es darum, eine stärkere Präsenz der Nato in den baltischen Staaten und Polen zu ermöglichen. "Sie ist wichtig, weil wir im Bündnis festgestellt haben, dass es nicht allein ausreicht, Truppen schnell verlegen zu können, sondern dass es auch darum geht, ausreichend vor Ort präsent zu sein."

Aus diesem Grund sei nunmehr eine multilateral zusammengesetzte Präsenz geplant, bei der diese Truppenteile von einem der Nato-Staaten geführt werde. "Dieser Ansatz schließt die Reaktion auf hybride Bedrohungen ausdrücklich mit ein", so Merkel weiter, "also auch Szenarien ähnlich denen, die Russland auch in der Ukraine eingesetzt hat; bei der die klassischen Grenzen zwischen Krieg und Frieden bewusst verwischt werden."

Video Regierungserklärung der Kanzlerin zum Nato-Gipfel

Nato-Russland-Rat

Die Kanzlerin begrüßte es, dass der Nato-Russland-Rat zusammen gekommen ist. Sie bedankte sich ausdrücklich bei Außenminister Frank-Walter Steinmeier für seinen Einsatz. Auf Initiative des Ministers kam der Nato-Russland-Rat im April 2016 zusammen. Es wäre sinnvoll gewesen, so die Kanzlerin, wenn Russland das Gesprächsangebot der Nato vor dem Gipfel angenommen hätte.

Dort wäre Gelegenheit gewesen, die abzusehenden Entscheidungen der Allianz zu erläutern. "Eine solche Sitzung vor dem Gipfel wollte Russland jedoch nicht, nun kann der Nato-Russland-Rat nach dem Gipfel zusammenkommen", erklärte Merkel.

Im Mai 2002 wurde der Nato-Russland-Rat als Ort des politischen Dialogs gegründet. Angesichts des russischen Vorgehens in der Ukraine-Krise wurde diese Zusammenarbeit im April 2014 eingestellt.

Afghanische Sicherheitskräfte weiter unterstützen

Kanzlerin Merkel erklärte, dass in Warschau auch die bestehenden Einsätze des Bündnisses bewertet werden. Zu allererst nannte sie Afghanistan. Die Staats- und Regierungschefs werden beschließen, die afghanischen Sicherheitskräfte bis 2020 weiter zu finanzieren. Das sei außerordentlich wichtig, um die afghanischen Streitkräfte weiter zu befähigen, Sicherheitsverantwortung zu übernehmen.

Die Allianz werde in Polen ihren Willen bekräftigen, die Mission RSM auch über das Jahr 2016 fortzusetzen, so Merkel. Die Kanzlerin begrüßte die Erklärung von US-Präsident Obama, weiterhin 8.400 Soldaten in Afghanistan zu halten. Das sei für Deutschland sehr wichtig, um auch selbst weiter in Afghanistan engagiert zu sein.

Die Nato ist im Rahmen der RSM derzeit mit rund 13.000 Soldaten aus 39 Ländern (darunter etwa 950 Bundeswehr-Soldaten) in Afghanistan vertreten. 

Verteidigungshaushalt

Die Allianz werde in Warschau das Ziel bekräftigen, dass die Partner zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigungsausgaben vorhalten, so Merkel. Deutschland unterstütze dies schon seit vielen Jahren. "Deshalb haben wir im neuen Finanzplan eine signifikante Erhöhung von 37,1 Milliarden Euro 2016 auf rund 39 Milliarden Euro im Jahr 2017 vorgesehen", so die Kanzlerin.

Dieser Finanzplan sehe eine weitere Steigerung des Verteidigungshaushaltes für 2018 bis 2020 vor. Insgesamt seien zusätzlich mehr als 2,5 Milliarden Euro eingeplant. "Damit sei der Ansatz zur Trendumkehr bei den Verteidigungsausgaben deutlich erkennbar, wenngleich zur Erreichung des Zwei-Prozent-Zieles noch viel zu tun bleibt", sagte die Kanzlerin. Die ganze Aufstellung der Bundeswehr spiegele die internationale Verantwortung Deutschlands wieder.

Internationale Verantwortung

Die Aufstellung der Bundeswehr spiegelt mittlerweile die internationale Verantwortung Deutschlands wider. "Deutschland stellt sich zusammen mit den Verbündeten dieser Verantwortung und neuen Aufgaben, aber stets mit dem Bewusstsein, dass militärische Mittel alleine keine nachhaltige Lösung ermöglichen. Immer geht es um bündnispolitische Schritte und kluge Diplomatie zugleich", so Merkel.

"Genau deshalb engagiert sich die Bundesregierung neben den Einsätzen in Nato und EU auch beim OSZE-Vorsitz, in den Nuklear-Verhandlungen mit dem Iran, im Normandie-Format zur Ukraine oder in der Gruppe um den Sondergesandten de Mistura für Syrien."

Als weitere Herausforderungen für die Nato nannte Merkel Syrien, Irak und Libyen. Merkel rief dazu auf, "die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus ebenso entschieden wie klug zu führen". Militärische Mittel könnten dabei immer nur ein Mittel sein.