Menschen mit Behinderung nicht benachteiligen

20 Jahre Gleichheitsgebot im Grundgesetz Menschen mit Behinderung nicht benachteiligen

1994 wurde der Satz "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden" in Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen. Diese Änderung gilt als ein großer Erfolg der Gleichstellungsbewegung behinderter Menschen.

2 Min. Lesedauer

Frau im Rollstuhl bei einer Bürotätigkeit

Ziel der Bundesregierung ist es, noch mehr behinderten Menschen Arbeitsmöglichkeiten zu eröffnen.

Foto: BilderBox

"Die Signalwirkung, die von der Ergänzung ausging, kann nicht hoch genug bewertet werden", so die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Vera Bentele.

Viel erreicht

Dieser kleine neue Satz im Grundgesetz hat für behinderte Menschen in Deutschland viel bewegt. So sind in relevanten Regelungen und Gesetzen ausdrücklich die Belange von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Das gilt sowohl für das Gesetz zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen im Sozialgesetzbuch 9, das Behindertengleichstellungsgesetz, aber auch für die Antidiskriminierungsgesetze.

Nach der schrecklichen nationalsozialistischen Vergangenheit, in der viele Behinderte als lebensunwert betrachtet und vernichtet wurden, sind heute Menschen mit Behinderungen gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft. Dazu hat sich die Bundesregierung durch Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im März 2009 nochmals ausdrücklich bekannt.

Auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft

Im September 2011 veröffentlichte die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention. Konkrete Ziele für Inklusion sind zum Beispiel, dass Behinderte und nicht Behinderte gemeinsam Kindergärten und Schulen besuchen. Öffentliche Gebäude und Verkehrsmittel müssen barrierefrei werden, beispielsweise durch Rampen für Rollstuhlfahrer und Aufzüge statt Treppen.

Ein weiteres wichtiges Ziel ist, dass mehr Schwerbehinderte Arbeit finden. Für alle Arbeitgeber, die mindestens 20 Beschäftigte haben, besteht deshalb die Pflicht, fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Behinderten zu besetzen. Andernfalls müssen sie eine Ausgleichsabgabe zahlen. In dem davon gebildeten Ausgleichsfonds stehen 50 Millionen Euro zur Verfügung. Damit wird die nachhaltige berufliche Integration schwerbehinderter Menschen unterstützt.

Inklusion heißt, Behinderung achten

Viele Hindernisse, unter denen Menschen mit Behinderungen leiden, könnten ohne großen Aufwand ausgeräumt werden: Zum Beispiel müssten physische Barrieren bei der Planung von Straßen, Gebäuden, Wohnungen oder Verkehrsmitteln von vornherein berücksichtigt werden. Teilhabe an der Gemeinschaft bedeutet jedoch auch, dass alle Menschen Behinderung als "normal" verstehen und achten.

Die Bundesregierung will die Inklusion weiter vorantreiben. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass ein modernes Teilhaberecht entwickelt werden soll. Die Leistungen der Eingliederungshilfe sollen sich zukünftig am individuellen persönlichen Bedarf orientieren. Auch die Aufsplitterung in unterschiedliche Zuständigkeiten soll beseitigt werden.

In der UN-Konvention ist der Behinderungsbegriff nicht definiert. In ihrer Präambel wird festgehalten, dass sich das Verständnis von Behinderung weiterentwickelt. In Artikel 1 heißt es außerdem:
"Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können."
In Deutschland gilt als schwerbehindert, wem die Versorgungsämter einen Grad der Behinderung von 50 und mehr zuerkennen und einen entsprechenden Ausweis aushändigen.