Kanzler zum Gefangenenaustausch
Bundeskanzler Scholz hat sich am Flughafen Köln/Bonn zum Gefangenenaustausch geäußert – und zu den ausführlichen Gesprächen mit den Befreiten. Sie seien überwältigt, plötzlich in Freiheit zu sein, so der Kanzler auf X. Lesen Sie hier sein Statement im Wortlaut.
4 Min. Lesedauer
- Mitschrift Pressekonferenz
- Freitag, 2. August 2024
Bei einem Gefangenentausch zwischen Russland und mehreren westlichen Staaten sind zu Unrecht in Russland und Belarus inhaftierte politische Gefangene freigelassen worden. In enger Zusammenarbeit mit den USA und den europäischen Partnern ist es gelungen, die Freilassung von insgesamt 16 Personen zu erreichen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich am Flughafen Köln/Bonn zum Gefangenentausch geäußert.
Das Wichtigste in Kürze
- Über Ankara nach Deutschland: Der Gefangenenaustausch fand am Donnerstag in der türkischen Hauptstadt Ankara statt. Viele der Befreiten haben laut Bundeskanzler Scholz um ihre Gesundheit und auch um ihr Leben gefürchtet. „Deshalb ist es auch wichtig, dass wir ihnen diesen Schutz jetzt hier ermöglicht haben“, sagte er am späten Donnerstagabend am Flughafen Köln/Bonn. Dort nahm er die Befreiten in Empfang.
- Internationale Kooperation: Die Bundesregierung hat monatelang in engster Zusammenarbeit mit europäischen Partnern und besonders den USA daran gearbeitet, eine Lösung für die zu Unrecht in Russland inhaftierten politischen Gefangenen zu finden. Laut Kanzler Scholz zeigte sich US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat „sehr dankbar für die Kooperation unserer beiden Länder in dieser wichtigen Angelegenheit“. Die Bundesregierung werde sich auch weiterhin für die Freilassung all derjenigen einsetzen, die zu Unrecht in russischen und belarussischen Gefängnissen sitzen.
- Sorgfältige Abwägung: Russische Staatsangehörige, die in Europa inhaftiert waren, wurden nach Russland überstellt. Darunter befand sich unter anderem auch ein Gefangener, der in Berlin Ende 2021 wegen der Ermordung eines georgischen Staatsbürgers im Park Kleiner Tiergarten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. „Niemand hat sich diese Entscheidung leicht gemacht“, betonte der Kanzler. Das staatliche Interesse an der Vollstreckung der Freiheitsstrafe sei in Abwägung mit der Freiheit und Sicherheit der unschuldig in Russland und Belarus inhaftierten Personen gebracht worden.
Lesen Sie hier die Mitschrift des Pressestatements:
Bundeskanzler Olaf Scholz: Zunächst einmal die gute Nachricht: Alle sind wohlbehalten hier angekommen. Die Einreiseformalitäten sind erledigt worden, und jetzt wird es auch darum gehen, alle in den nächsten Tagen gesundheitlich zu untersuchen und die Hilfe zur Verfügung zu stellen, die notwendig ist.
Ich habe mich sehr ausführlich mit den hier Eingereisten unterhalten können, die jetzt aus Gefangenschaft in Russland freigekommen sind. Das war sehr bewegend. Viele haben nicht damit gerechnet, dass das jetzt passiert, und sind immer noch sehr voll der Gefühle, die damit verbunden sind, nun ganz plötzlich doch in Freiheit sein zu können. Viele haben um ihre Gesundheit und auch um ihr Leben gefürchtet – das muss sehr klar gesagt werden – und deshalb ist es auch wichtig, dass wir ihnen diesen Schutz jetzt hier ermöglicht haben.
Das ist eine Operation, die nur gelungen klingen konnte durch intensive Kooperation mit vielen Ländern in Europa und ganz besonders den Vereinigten Staaten von Amerika über eine ganz lange Zeit. In Europa hat aber zum Beispiel auch ein Land wie Slowenien einen Beitrag dazu geleistet, dass diese ganze Operation jetzt einmal fortgeführt werden konnte. Dass das so vertraulich, so präzise und so konstruktiv gelungen ist, das ist etwas, wofür ich all den beteiligten Regierungen, die da mitgewirkt und mitgeholfen haben, sehr dankbar bin.
Ich glaube, dass das eine richtige Entscheidung ist, und wenn man da irgendwelche Zweifel hatte, dann verliert man die nach dem Gespräch mit denjenigen, die jetzt in Freiheit sind. Wir sind eine Gesellschaft, die von ihrem Humanismus geprägt ist, von der Vorstellung der Freiheit der Einzelnen und auch von der Demokratie. Dass diejenigen, die um ihr Leben fürchten müssen, weil sie sich für Demokratie und Freiheit eingesetzt haben, dann auch auf den Schutz anderer rechnen können, das gehört zu unserem Selbstbild als demokratische, humanistische Gesellschaft dazu.
Wir haben auch Deutsche hierhergebracht, die sonst in Gefahr gewesen wären. Insofern ist das auch ein Beitrag, der in dieser Hinsicht sehr wichtig und sehr richtig gewesen ist.
Noch einmal: Für mich ist dies ein besonderer Moment – ein Moment, der auch die Freundschaft zwischen den USA und Deutschland sicherlich noch einmal sehr intensiviert hat. Das Gespräch, das ich mit dem amerikanischen Präsidenten geführt habe, hat das sehr unterstrichen, und es war eben auch ein Zeichen der wechselseitigen Bereitschaft, etwas zu tun aus unserer gemeinsamen Tradition als Rechtsstaaten, als Demokratien und auch als freie Gesellschaft.
Ich wünsche denjenigen, die jetzt hierhergekommen sind, alles Gute, dass sie sich gesundheitlich erholen und dass sie eine Perspektive finden, und ich wünsche denjenigen, die heute noch in russischen Gefängnissen sind und um ihre Freiheit, ihr Leben und ihre Gesundheit bangen müssen, dass auch sie Wege finden, wieder in Freiheit zu geraten. Wir jedenfalls werden uns für die Demokratie und die Freiheit weiterhin einsetzen. Das sind wir uns als Land, als Nation schuldig.
Schönen Dank.