Deutsche Mikrobiologen helfen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie in Afrika

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Interview Deutsche Mikrobiologen helfen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie in Afrika

Die Bundesregierung unterstützt die fünf afrikanischen Staaten Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad beim Thema Biosicherheit - und aktuell auch bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. 75.000 Corona-Testkits brachte das Team um die Biologin Dr. Asli Heitzer im Auftrag des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr in die G5-Staaten der Sahelzone.

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Foto zeigt Asli Heitzer

"Im Tschad war bis Juli unser ausgebildetes Team das einzige im ganzen Land, das Corona diagnostizieren konnte", so Dr. Asli Heitzer, Leiterin des Projekts "Sicherheitskooperation für biologische Bedrohungen in der G5-Sahel-Region".

Foto: BMVg

Frau Dr. Heitzer, Sie arbeiten im Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München und leiten das Projekt "Sicherheitskooperation für biologische Bedrohungen in der G5-Sahel-Region". Worum geht es bei diesem Projekt? 

Dr. Asli Heitzer: Grundsätzlich geht es bei dem Projekt um Biosicherheit. Im Weiteren dann um die Stärkung von Gesundheitsstrukturen. Wenn es zu kritischen Situationen im Gesundheitssystem kommt, wie etwa bei dem Ebola-Ausbruch 2014, dann sind gerade afrikanische Länder sehr fragil. Es kollabiert nicht nur das Gesundheitssystem, sondern sehr schnell auch die Wirtschaft und die Sicherheitsstrukturen allgemein. Unser Ziel ist es, die Partner für biologische Gefahren zu sensibilisieren und Ihnen auch eine sichere Diagnostik beizubringen, sodass sie sehr schnell in der Lage sind, selbst auf solche Gefahren reagieren zu können.

Die Partnerländer sollen unterstützt werden, Präventions- und Reaktionsfähigkeiten zu entwickeln und aufeinander abzustimmen. Wie bewähren sich die Kooperationsbeziehungen und die Vernetzung zwischen den G5-Sahel-Staaten im Kontext der Covid-19-Pandemie?

Heitzer: Die Reaktionsfähigkeit ist inzwischen sehr gut, nach der Grenzschließung waren alle Länder in der Lage, die Diagnostik selbst zu betreiben. Im Tschad war bis Juli unser ausgebildetes Team das einzige Team im ganzen Land, das Corona diagnostizieren konnte. Die Kollegen vor Ort haben bei unserer letzten Reise immer wieder betont, wie dankbar sie uns für die Unterstützung durch Ausbildung und durch das mobile Labor sind. Ohne unser Projekt wären sie nicht in der Lage gewesen, der Herausforderung durch die Pandemie angemessen zu begegnen. Die Vernetzung der Länder untereinander hat super funktioniert und auch die Kommunikation lief gut. Oft haben sie uns Testergebnisse geschickt und um Validierung gebeten. Das Vertrauensverhältnis ist inzwischen sehr gut.

Dr. Asli Heitzer ist Projektmanagerin des Projekts "Sicherheitskooperation für biologische Bedrohungen in der G5-Sahel-Region" im Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Sie ist Molekularbiologin, hat in Regensburg studiert und dann in der HIV-Forschung gearbeitet, unter anderem fünf Jahre in Tansania.

Sie sind gerade von einer Reise in die G5-Sahel-Staaten Burkina Faso, Mauretanien, Niger und Tschad zurückgekehrt. Wie waren Ihre Eindrücke?

Heitzer: Ich mag Afrika sehr gern. Ich mag die Lebenskultur. Die Menschen sind sehr freundlich und bei allen Belastungen und Gefahren, denen sie ausgesetzt sind, immer positiv. Das motiviert unser ganzes Team. Unsere Partner sind sehr daran interessiert, zu lernen und gehen weit über ihr normales Arbeitspensum hinaus. Das trifft auf alle unsere Partner in den fünf Sahel Staaten zu. Uns macht die Zusammenarbeit großen Spaß!

In den G5-Sahel-Staaten ist auch ein mobiles Labor im Einsatz. Wie kann man sich das konkret vorstellen? Wo wurde es entwickelt und wie sieht es aus?

Heitzer: In unserem Fall wurde ein mobiles Labor für alle G5-Sahel-Staaten zusammen ausgeliefert und es ist in Bamako in Mali stationiert. Das Labor wurde am Institut für Mikrobiologie entwickelt. Es ist das gleiche Labor, das auch die Bundeswehr nutzt und schon im Ebola-Einsatz war. Dabei handelt es sich um zwei luftgestützte Zelte und das dazugehörige Labormaterial. Das Ganze kann innerhalb von 48 Stunden in 20 kleine Boxen eingepackt werden. Im Bedarfsfall kann es sehr schnell mit einem Pickup und einem Flugzeug verlegt werden. Im Notfall, wenn wir keinen Strom haben, können wir das Labor zeitweise über eine Autobatterie betreiben. Es ist also gut geeignet, um zur Not auch im Busch zu funktionieren.

Seit wann ist das mobile Labor im Einsatz? Schon vor Covid-19 oder erst seitdem?

Heitzer: Richtig im Einsatz ist das mobile Labor erst seit dem Corona Ausbruch. Ende 2017 wurde das Labor ausgeliefert und seitdem wurde immer wieder trainiert. Arbeiten in dem Labor ist sehr anstrengend. Eine Klimaanlage gibt es zur Vermeidung von Aerosolen nie, so dass die Temperaturen im Einsatz leicht mal 45 bis 50 Grad Celsius erreichen.

Wie lange bleibt das Labor jeweils an einem Ort? Wie wird der Nachschub an Reagenzien und Verbrauchsmaterialien sichergestellt?

Heitzer: Das Labor kann im Prinzip solange bleiben, wie es benötigt wird. Man braucht fünf bis sechs Mitarbeiter, um es zu betreiben. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung wird nach circa vier Wochen das Team ausgewechselt. Außerdem muss der Nachschub an Reagenzien und Verbrauchsmaterialien sichergestellt sein. Da sind fast alle Partner auf ausländische Hilfe angewiesen. Im Verlauf unserer Reise haben wir insgesamt 75.000 Corona-Testkits an alle G5-Länder ausgeliefert. Es war schön, die Partner so glücklich und dankbar zu sehen und für uns ist es ein echtes Privileg, das machen zu dürfen.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den G5-Sahel-Staaten?

Heitzer: Unser Ziel ist es, die G5 stärker zu vernetzen und die Kooperation zwischen den Staaten im Gesundheitsbereich anzustoßen. Die Idee ist, dass die fünf Länder miteinander kommunizieren. Wir haben aus jedem Land zwei Teilnehmer, die in diesem Labor ausgebildet wurden. Es gibt zwei vollständige Teams, die rotieren können. Von den G5-Staaten wurde gemeinsam ein Biosicherheitsnetzwerk gegründet. Dieses hat Richtlinien für die Verlagerung des mobilen Labors erarbeitet. Im Falle eines Infektionsausbruchs kann man dann sehr schnell reagieren.

Gut ausgebildetes Personal ist für eine solche Arbeit elementar. Wer arbeitet in diesen Laboren?

Heitzer: Aus jedem Land sind es zwei Wissenschaftler oder Laborassistenten. Alle Mitarbeiter haben einen wissenschaftlichen oder labortechnischen Hintergrund. Manche sind Biologen, manche Mediziner und manche sind Technische Assistenten, aber alle kennen sich in Laborarbeiten aus. Die Mitarbeiter werden zusätzlich von uns geschult. Die Ausbildungsniveaus sind je nach Land sehr unterschiedlich und insgesamt ist das Ausbildungssystem nicht ganz das Gleiche wie in Europa.

Wie lange dauert die Ausbildung?

Heitzer: Uns war es wichtig, dass wir ein konstantes Team haben, damit wir von Training zu Training Fortschritte machen. Die mobilen Labortrainings finden zwei Mal im Jahr statt. Beim praktischen Teil haben wir den Umgang mit den Geräten in dem mobilen Labor vermittelt. Bei der theoretischen Ausbildung – an der alle sehr interessiert sind - versuchen wir, Grundlagen und detailliertes Wissen zu vermitteln. In dem mobilen Labor ist es wichtig, dass jedes Teammitglied jede Position im Arbeitsablauf einnehmen kann. Im Idealfall üben wir auch die Feldverlegung, im letzten Jahr beispielsweise von Mali nach Burkina Faso.

Da die Nachfrage nach Aus- und Fortbildung sehr groß ist, bilden wir zusätzlich noch mehr Leute in den Instituten aus. Durch diese Zusatzausbildungen versuchen wir die unterschiedlichen Ausbildungsniveaus zu nivellieren.

Was denken Sie, wie lange das Projekt noch laufen wird?

Heitzer: Momentan beantragen wir eine Verlängerung des Projekts um zwei weitere Jahre. Langfristiges Ziel ist es, dass die Partner selbst ihre Mitarbeiter in allen Bereichen ausbilden können, damit die Arbeit in den Laboren in Zukunft auch ohne unsere Hilfe weiterläuft.

Die fünf afrikanischen Staaten Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad gründeten 2014 die sogenannte G5-Sahel. Ziel der G5-Sahel ist es die Zusammenarbeit in den Bereichen Entwicklung und Sicherheit besser zu koordinieren, um die Wirtschaft zu stärken und die Region zu stabilisieren. Die G5-Sahel wird in ihren Bemühungen von der internationalen Gemeinschaft unterstützt, allen voran durch Deutschland und die Europäische Union.