Gemeinsam für besseren Schutz der Schutzlosen

UN-Flüchtlingspakt Gemeinsam für besseren Schutz der Schutzlosen

Kriege und Bürgerkriege in aller Welt haben die Zahl der Menschen, die ihre Heimat unfreiwillig verlassen mussten, auf rund 68,5 Millionen ansteigen lassen. Das ist 67 Jahre nach der Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention ein neuer Höchststand. Dieser Entwicklung versucht die Völkergemeinschaft mit einem ergänzenden Pakt vereint Rechnung zu tragen.

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Flüchtlingslager in Libyen

Flüchtlingslager in Libyen

Foto: UNHCR / A. Duclos

Große Fluchtbewegungen – etwa die Folgeerscheinungen des Zweiten Weltkriegs in Europa – sind eine globale Herausforderung. Die Vereinten Nationen haben sich dieser riesigen Herausforderung angenommen. Denn Flucht ist unbestreitbar ein globales Phänomen - eine Realität, die auch nur global beantwortet und durch multilaterale Anstrengungen bewältigt werden kann.

Dazu gehören die faire Übernahme von Verantwortung und eine gerechtere Verteilung der Lasten. Deutschland bekennt sich zu diesen Zielen und bekräftigt den gemeinsamen Willen der internationalen Gemeinschaft, global zur besseren Steuerung weltweiter Fluchtbewegungen beizutragen.

Flüchtlinge besser schützen

Ein Schritt auf dem Wege dahin ist der jetzt von den Vereinten Nationen ausgehandelte "Globale Pakt zu Flüchtlingen" ("Global Compact on Refugees", GCR). Er ergänzt die seit 1951 geltende Genfer Flüchtlingskonvention, zu der sich Deutschland weiterhin bekennt, denn sie ist das völkerrechtliche Rückgrat des internationalen Flüchtlingsschutzes. Dessen humanistischer Ansatz will Flüchtlingen helfen, sie zu schützen und zu stärken.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar". Dieser erste und fundamentalste Satz im Artikel 1 unseres Grundgesetzes ist allgemeingültig. Er verpflichtet einen jeden und eine jede von uns, im einzelnen Gegenüber gleich welchen Geschlechts und welcher Herkunft immer auch die gesamte Menschheit zu sehen - und den jeweiligen Menschen entsprechend gut zu behandeln. Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 baut auf diesem humanistischen Prinzip der Aufklärung auf und hat versucht, aus den beiden Weltkriegen die Lehren für humanitäre Mindeststandards zu ziehen.

Anders als die Genfer Flüchtlingskonvention ist der neue Flüchtlingspakt rechtlich nicht verbindlich, sondern eine politische Absichts- und Selbstverpflichtungserklärung. Er ist aber für Deutschland, das bereits die meisten Anforderungen erfüllt oder sogar übererfüllt, eine wichtige Berufungsgrundlage, wenn es darum geht, andere Staaten an ihre Pflichten zu erinnern.

Deutschland ist und bleibt frei in seinem Handeln

Die nationale Souveränität der einzelnen Staaten bleibt beim GCR vollständig gewahrt. Das heißt, unter Achtung der bereits bestehenden rechtlichen Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention entscheidet Deutschland nach wie vor frei selbst, welche Flüchtlingspolitik für unser Staatsgebiet angemessen und tragbar ist.

Die Bundesregierung bekennt sich insofern zu diesem neuen Flüchtlingspakt, weil seine Ziele vollständig im deutschen Interesse sind. Das heißt zum Beispiel im Einzelnen:

Gerechtere internationale Verantwortungsteilung

Bisher beherbergen zehn Staaten, darunter Deutschland, 80 Prozent der weltweiten Flüchtlinge. Lediglich 15 Staaten fördern das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR mit jeweils mindestens 20 Millionen US-Dollar. Deutschland stellte 2017 hingegen 477 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Hier sind also viele andere Staaten aufgefordert, selbst nachzubessern.

Für bessere Verfahren

Die Aufnahmeländer in den betroffenen Regionen sollen besser unterstützt werden, so dass diese Länder nicht selbst in Not geraten und weitergehende Wanderungsbewegungen gar nicht erst stattfinden. Damit verbunden ist ein Bekenntnis zur Rückkehr der Geflohenen in Sicherheit und Würde als bevorzugte Lösung.

Wirksamerer Mitteleinsatz

Wichtig ist darüber hinaus das Bemühen um einen wirksamen und effizienten Einsatz deutscher Finanzmittel (Controlling). Sowohl Verschwendung als auch das Versickern in trüben Quellen müssen verhindert werden. Andererseits geht es um vorausschauende Vorsorge und Eventualplanung in möglichen Aufnahmeländern von Flüchtlingen. Das Ziel muss dabei immer sein, die Versorgung möglichst nahe ihrer Heimat sicherzustellen, damit größere Wanderungsbewegungen vermieden werden können

Gezielte Fluchtursachenbekämpfung

Der Flüchtlingspakt setzt auch ein klares Bekenntnis zur Minderung von Fluchtursachen und zur Vorbeugung (Krisenprävention). Deutschland arbeitet daran bereits seit Jahren und hat insbesondere mit afrikanischen Ländern hier schon mehrere Abkommen geschlossen und Vorleistungen erbracht.

Bessere Personen-Dokumentation

Auch die Technik spielt eine große Rolle, wenn es darum geht, den Umgang mit Menschen auf der Flucht besser zu gestalten. Dazu gehört, dass betroffene Länder bei der individuellen Registrierung und Dokumentation (Personenstandsregister) Hilfe erhalten. Niemand soll ohne Personaldokumente sein. Das ist ein klares Bekenntnis zur Verbesserung der Datenlage.

Nationale Sicherheit als legitimes Interesse

Ganz wichtig für die Akzeptanz des Flüchtlingspaktes in unserem Land ist der Sicherheitsaspekt. Mögliche Ängste vor Flüchtlingsbewegungen können künftig besser entkräftet werden: Der Pakt anerkennt selbstverständlich die legitimen Sicherheitsanliegen der Aufnahmestaaten, also beispielsweise auch Deutschlands.

Dem dienen die bereits erwähnten Datenbanken zur Personenkontrolle, um Sicherheits- und Gesundheitsüberprüfungen der potenziellen Aufnahmekandidaten vornehmen zu können: Je besser wir darüber informiert sind, mit wem wir es zu tun haben, umso sicherer können wir sein, dass niemand Unbefugtes in unser Land gelangt.

Prozesse mit öffentlicher Beteiligung

Die aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs gewonnene Überzeugung zur Notwendigkeit des Flüchtlingsschutzes hat die Staatengemeinschaft schon im September 2016 in der "New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten" klar zum Ausdruck gebracht. In dieser Erklärung waren auch die Prozesse zur Erarbeitung zweier sogenannter "Global Compacts" angelegt: einer zu Flüchtlingen und einer zu sicherer, geordneter und regulärer Migration.

Seither waren diese Arbeitsprozesse öffentlich, und staatliche wie nichtstaatliche Akteure konnten sich beteiligen und darauf Einfluss nehmen (z.B. Angehörige der Zivilgesellschaft, aus Parteien und Nichtregierungsorganisationen oder aus den Medien).

Rund 176 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen haben sich im Oktober 2018 nach intensiven Diskussionen auf die endgültige Textfassung des Globalen Flüchtlingspaktes geeinigt. Ausgangspunkt dieses Global Compacts war die so genannte New York Declaration von September 2016.

Ein Bekenntnis zu effektiverer Zusammenarbeit

Die Bundesrepublik Deutschland will mit ihrer Unterstützung der beiden New Yorker Pakte ein Zeichen setzen, dass globale Herausforderungen abgestimmte multilaterale Lösungen erfordern. Nationale Alleingänge führen hier in eine Sackgasse. Deshalb hat sich Deutschland wiederholt für ein gemeinsames Vorgehen stark gemacht.

So setzt sich die Bundesregierung bereits seit geraumer Zeit dafür ein, im europäischen und internationalen Rahmen den Herausforderungen von Flucht und illegaler Migration zu begegnen und tragfähige Lösungen zu finden.

Neben dem UN-Flüchtlingspakt wird am 10./11. Dezember 2018 in Marrakesch (Marokko) ein gesonderter – rechtlich ebenfalls nicht bindender, wohl aber politisch verpflichtender – Globaler Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration ("Global Compact on Safe, Orderly and Regular Migration", GCM) verabschiedet. Auch dieser Pakt beruht auf der New Yorker Erklärung von 2016. Während die Arbeit am UN-Flüchtlingspakt allerdings unter der Federführung des Flüchtlingshilfswerks UNHCR stand, wurde der UN-Migrationspakt von den Vereinten Nationen selbst erarbeitet.