Bürgerschaftliches Engagement wird digitaler

Aus dem Kabinett Bürgerschaftliches Engagement wird digitaler

Wie verändern sich gesellschaftliche Teilhabe und freiwilliges Engagement durch die Digitalisierung? Und was bedeutet das für die Politik? Antworten darauf gibt der Dritte Engagementbericht, den das Kabinett nun verabschiedet hat.

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Screenshot der Homepage www.nebenan.de, einer Onlineplattform zur Nachbarschaftshilfe.

Immer mehr Menschen bieten ihre Hilfe digital an - zum Beispiel auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.de. 

Foto: Bundesregierung/Stutterheim

Von digital organisierten Einkaufshilfen über gemeinnützige Spendenaktionen im Netz bis hin zu Vereinsversammlungen per Videokonferenz - die Chancen der Digitalisierung für das bürgerschaftliche Engagement zeigen sich angesichts der Corona-Pandemie im besonderen Maße. Der Dritte Engagementbericht analysiert den Wandel des Engagements und zeigt: Deutschlands Engagementsektor ist vielfältig - auch digital.

Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung 2009 beauftragt, einmal in jeder Legislaturperiode einen Bericht vorzulegen, der sich mit dem bürgerschaftlichen Engagement in Deutschland beschäftigt. Die Bundesregierung hat mit der Ausarbeitung des Berichts eine Sachverständigenkommission beauftragt und nimmt hierzu Stellung. Beides zusammen bildet den Dritten Engagementbericht zum Thema "Zukunft Zivilgesellschaft: Junges Engagement im digitalen Zeitalter".

Neue Themen, Praktiken und Typen des Engagements

Der Engagementsektor ist im Wandel. Das Gutachten der Sachverständigenkommission konnte neue Themen, Praktiken und Typen des Engagements im digitalen Raum identifizieren. Ein Überblick:

  • Engagementthemen: Durch die Digitalisierung werden neue Themen erschlossen, die es vorher gar nicht gab, zum Beispiel das Thema Netzpolitik. Gleichzeitig werden bereits erschlossene Themen öffentlicher, wie die Selbsthilfe für LGBTI-Jugendliche, oder radikaler vorangetrieben, zum Beispiel das Thema Klimaschutz.
  • Engagementpraktiken: Hierzu zählen digitale Plattformen, die besonders im Bereich Crowdfunding und bei der spezialisierten Vermittlung von Freiwilligen zum Einsatz kommen. Dazu zählt zum Beispiel die Nachbarschaftsplattform nebenan.de , über die derzeit viele Menschen Personen, die zur Corona-Risikogruppe gehören, ihre Hilfe und Unterstützung anbieten.
  • Engagementtypen: Neue, flexiblere Typen von Engagement entstehen, zumeist digital gestützt und netzwerkartig, mit viel Zulauf unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Als Beispiel nennt das Gutachten die Bewegung Fridays for Future, die sich für den Klimaschutz stark macht. Es kommt zu Konkurrenzsituationen mit traditionellen Mitgliedschaftsorganisationen wie Parteien und Vereinen, weil die neuartigen Netzwerke flexiblere, weniger hierarchische und damit oft attraktivere Engagementmöglichkeiten anbieten. Formale Organisationen wie Vereine sind jedoch weiterhin bedeutsam und tragen zur Stabilisierung der Engagementstrukturen bei. 

Vor allem junge Menschen engagieren sich digital. So geben laut Gutachten der Sachverständigenkommission 43 Prozent von ihnen an, ihr Engagement zum Teil, überwiegend oder vollständig mittels digitaler Medien auszuüben.

Die Sachverständigenkommission hat Vorschläge und Empfehlungen an alle Akteure im Bereich des freiwilligen Engagements entwickelt, wie bestehende Probleme angegangen und die Chancen der Digitalisierung für das Engagement genutzt werden können.

Bund will Engagement stärken

Generell ist die Stärkung und Förderung von Engagement ein zentrales Anliegen der Politik der Bundesregierung. Aus diesem Grund fördert sie die Entfaltung des Engagements durch geeignete Rahmenbedingungen - in enger Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. In ihrer Stellungnahme geht die Bundesregierung auf die zentralen an die Bundesebene gerichteten Vorschläge und Empfehlungen ein. Dazu zählen:

  • eine stärkere Wertschätzung des digitalen Engagements,
  • die Verbesserung der digitalen Infrastruktur,
  • die Bedeutung politischer Bildung in Kombination mit der Medienbildung,
  • die Unterstützung von Organisationen und Initiativen, die sich gemeinwohlorientiert für die Digitalisierung der Zivilgesellschaft engagieren,
  • die Stärkung von Engagement-Organisationen, um diese Organisationen für die Digitalisierung handlungsfähig zu machen
  • und die stärkere Beachtung der Rolle von Plattformen in der digitalen Engagementlandschaft.

Einige Kommissionsempfehlungen werden bereits in Projekten und Programmen der Bundesregierung realisiert. Daher bietet die Stellungnahme auch einen umfassenden Überblick über die engagementpolitischen Maßnahmen, die von der Bundesregierung gefördert werden.

Hier ist insbesondere die in Gründung befindliche Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt zu nennen, die einen Beitrag zur Umsetzung einer ganzen Reihe der Empfehlungen leisten und einen Arbeitsschwerpunkt auf dem Bereich Digitalisierung der Zivilgesellschaft legen wird.