Bettina Metz, die Geschäftsführerin von UN Women Deutschland, berichtet, wie die Situation für Frauen in Deutschland im internationalen Vergleich ist und warum der Einsatz für die Rechte von Frauen für jeden wichtig ist.

Frau Metz, wie steht es aus Ihrer Sicht um die Rechte von Frauen und Mädchen?

Bettina Metz: Kein einziges Land dieser Welt hat bisher Gleichstellung erreicht. Und wenn es im jetzigen Tempo weitergeht, dauert es noch 257 Jahre, bis wir die wirtschaftliche Gleichstellung von Frauen und Männern erreicht haben. Fortschritte gibt es, allerdings verlaufen diese unerträglich langsam. Noch immer gibt es in mehr als 150 Ländern Gesetze, die Frauen diskriminieren.

Auch in Deutschland haben Frauen noch immer nicht dieselben Verwirklichungschancen wie Männer. Das zeigt der 2. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung deutlich auf. Frauen verdienen weniger, sie arbeiten häufiger in Teilzeit und verrichten den größten Teil der unbezahlten Sorgearbeit. Wir haben also noch viel zu tun - in Deutschland und weltweit.

Was sind ganz aktuell die größten Herausforderungen für die Verbesserung von Frauenrechten?

Metz: Eine der größten Herausforderungen ist die Beendigung von Gewalt gegen Frauen. Weltweit ist jede dritte Frau von Gewalt betroffen. In Deutschland stirbt mehr als jeden dritten Tag eine Frau durch Gewalt durch ihrem (Ex)-Partner. Diesen Kreislauf zu durchbrechen, damit Frauen frei von Sexismus, Gewalt und Diskriminierung leben können, gehört zu den Schwerpunktthemen von UN Women.

Wer wird durch die Stärkung der Frauenrechte profitieren?

Metz: Frauenrechte sind Menschenrechte und Menschenrechte sind Frauenrechte. Somit profitieren alle von der Stärkung der Frauenrechte. Wenn mehr Frauen am Arbeitsleben partizipieren, stärkt dies auch die Wirtschaft. Nur durch Gleichberechtigung sind wir in der Lage, friedliche und faire Gesellschaften zu erschaffen. Auch die nachhaltigen Entwicklungsziele werden wir nur mit Gleichstellung erreichen.

Was kann jede und jeder Einzelne tun?

Metz: Frauen und Männer weltweit, alle können einen Beitrag dazu leisten, Frauen zu stärken. Ein wichtiger Beitrag liegt im Abbau stereotyper Geschlechterrollen. Jede und jeder kann Vorbild sein. Jede und jeder von uns kann aufstehen gegenüber sexistischen Bemerkungen, eine Sprache nutzen, die inklusiv und gendersensibel ist. UN Women lädt Männer ein, sich der #HeForShe-Bewegung anzuschließen und sich öffentlich für die Gleichstellung der Geschlechter auszusprechen.

Wie setzt sich UN Women für die Rechte von Frauen ein?

Metz: UN Women arbeitet einerseits mit den Regierungen der Mitgliedsstaaten zusammen, um Frauenrechte zu stärken und Diskriminierungen zu beenden. Neben der Arbeit mit Regierungen setzt sich UN Women durch Programme in mehr als 80 Ländern dafür ein, Frauenrechte zu stärken - zum Beispiel indem Frauen und Mädchen Bildung erhalten, über ihre Rechte aufgeklärt werden, durch Mikro-Kredite eine eigene Lebensgrundlage aufbauen können oder indem Männer und Jungen zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt sensibilisiert werden.

Wie arbeitet UN Women ganz konkret mit Regierungen zusammen?

Metz: Aktuell arbeitet UN Women mit Regierungen daran, frauendiskriminierende Gesetze abzuschaffen. Es gibt zum Beispiel noch in zehn Ländern das sogenannte Vergewaltiger-Gesetz: Ein Mann bleibt nach einer Vergewaltigung straffrei, wenn er sein Opfer heiratet. Solche frauenverachtenden Gesetze will und wird UN Women bis zum Jahr 2030 abschaffen.

In welchen Ländern kümmert sich UN Women besonders? Gibt es Schwerpunktregionen?

Metz: UN Women unterhält Projekte und Programme in den sich entwickelnden Ländern. Es gibt Regionalbüros in Afrika, Asien und Lateinamerika. Zudem unterstützen zwölf Nationale Komitees, die Arbeit von UN Women in den entsprechenden Ländern bekannt zu machen und für die weltweiten Programme Spenden einzuwerben. UN Women arbeitet mit allen Regierungen der Mitgliedsstaaten daran, Frauenrechte zu verwirklichen.

Was ist ein Meilenstein, den UN Women zeitnah erreichen will?

Metz: UN Women hat die Kampagne "Generation Equality" ins Leben gerufen. Die Kampagne bringt junge Aktivistinnen und Aktivisten und erfahrene Visionärinnen und Visionäre zusammen, um gemeinsam Gleichstellung zu erreichen und die Rechte von Frauen zu stärken. Das Jahr 2020 markiert dabei einen besonderen Meilenstein, 25 Jahre nach der vierten Weltfrauenkonferenz und Aktionsplattform von Peking. Time is now! Wenn nicht wir, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann?

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördert UN Women Deutschland mit dem Projekt "Vernetzung der nationalen Arbeit zu Gleichstellung und Chancengleichheit der Geschlechter mit der internationalen Arbeit von UN Women zu Geschlechtergerechtigkeit und Frauenförderung".