Hintergrund
Seit Beginn des Ukraine-Krieges haben 1,17 Millionen Menschen in Deutschland Schutz gefunden. Diejenigen, die auf Unterstützung angewiesen sind, erhalten sofort Bürgergeld oder Sozialhilfe und nicht zunächst die geringeren Asylbewerberleistungen. Wieso eigentlich?
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Menschen, die aus der Ukraine zu uns fliehen, gelten sofort als schutzberechtigt. Deshalb erhalten sie von Anfang an Bürgergeld oder Sozialhilfe – und nicht die geringeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Diesen sogenannten Rechtskreiswechsel haben der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer am 7. April 2022 vereinbart. Das Gesetz ist am 12. Mai 2022 im Bundestag beschlossen worden – auch mit Stimmen der Opposition.
Grundlage für das Aufenthaltsrecht der ukrainischen Geflüchteten war eine gemeinsame Vereinbarung der EU-Mitgliedstaaten: Angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine entschieden diese im März 2022, für die Aufnahme von Geflüchteten die sogenannte EU-Massenzustromrichtlinie anzuwenden. Somit wurde den Menschen aus der Ukraine befristet ein humanitärer Aufenthaltstitel erteilt, ohne dass diese vorher das Asylbewerberleistungsverfahren durchlaufen müssen.
Die Jusitz- und Innenminister der EU haben sich Mitte Juni darauf geeinigt, den Schutzstatus für die ukrainischen Geflüchteten um ein Jahr bis zum 4. März 2026 zu verlängern. Bisher galt der vorübergehende Schutz bis zum 4. März 2025.
Der Rechtskreiswechsel hat die Länder und Kommunen entlastet. Hätte jeder ukrainische Flüchtling einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt, wären das hunderttausende Verfahren gewesen – ein kaum zu stemmender Verwaltungsaufwand für das BAMF und die Ausländerbehörden. Am Ende des Verfahrens wäre den Geflüchteten „subsidärer Schutz“ gewährt worden, schließlich fliehen die Menschen vor einem brutalen Angriffskrieg. Als Folge daraus hätten die Geflüchteten ohnehin Bürgergeld erhalten.
Bürgergeld, Sozialhilfe, Asylbewerberleistungen: Über den Zugang zu Sozialleistungen entscheidet in Deutschland der Aufenthaltsstatus.
Menschen flüchten häufig zu uns, weil in ihrem Land zum Beispiel Krieg herrscht oder weil sie dort politisch verfolgt werden. Normalerweise müssen diese Menschen zunächst ein Asylverfahren durchlaufen. Dieses wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geführt. Solange das BAMF den Antrag auf Asyl prüft, erhalten die Geflüchteten Asylbewerberleistungen.
Wird über den Asylantrag positiv beschieden, sind die Geflüchteten schutzberechtig und erhalten eine zunächst befristete Aufenthaltserlaubnis. Sie sind damit in vielerlei Hinsicht den Deutschen gleichgestellt: So erhalten sie bei Hilfebedürftigkeit Bürgergeld oder Sozialhilfe. Außerdem haben sie Anspruch auf Kindergeld, Erziehungsgeld, Eingliederungsbeihilfen und Sprachförderung sowie sonstige Integrationshilfen.
Mit dem Bürgergeld-Gesetz können bessere Integrationsleistungen erbracht werden als mit dem Asylbewerberleistungsgesetz. Wer Bürgergeld bezieht, kann an Sprach- und Integrationskursen teilnehmen. Außerdem können die Geflüchteten Beratungs- und Qualifikationsangebote der Jobcenter in Anspruch nehmen. Diese brauchen sie, um auf dem Arbeitsmarkt möglichst rasch Fuß zu fassen. Finden sie schnell eine auskömmliche Arbeit, sind sie nicht mehr auf Bürgergeld angewiesen. Auch der Arbeitsmarkt in Deutschland profitiert: Denn Fachkräfte werden in zahlreichen Branchen dringend gesucht.
Das Asylbewerberleistungsgesetz ist für Menschen gedacht, die auf ein Asylverfahren warten oder es durchlaufen. In dieser Phase ist unklar, ob sie in Deutschland bleiben können, oder ob sie wieder in ihr Heimatland zurückmüssen. Erhalten sie am Ende einen Schutzstatus, haben auch sie einen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Dennoch können auch Asylbewerber nach einer gewissen Zeit Arbeit aufnehmen. Mehr Informationen dazu finden Sie beim Bundesarbeitsministerium.
Um die Geflüchteten verstärkt in Arbeit zu bringen, haben die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit vergangenen Herbst den sogenannten Jobturbo gestartet. Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kommunen und die Geflüchteten arbeiten hier eng zusammen. Ziel ist, die Geflüchteten nachhaltig und ihren Fähigkeiten und Qualifikationen entsprechend in Arbeit zu bringen.
Mit Unternehmen wurde etwa vereinbart, Geflüchtete auch dann einzustellen, wenn sie noch nicht über gute Deutschkenntnisse verfügen. Außerdem werden Geflüchtete enger von den Jobcentern betreut und im Abstand von sechs Wochen eingeladen und beraten. Der Jobturbo richtet sich übrigens an alle Geflüchteten, die Bürgergeld beziehen, und nicht nur die ukrainischen Geflüchteten, wie manchmal angenommen.
Mehr Informationen zum Jobturbo finden Sie beim Bundesarbeitsministerium.