Wasserstoff – Schlüssel für mehr Klimaschutz in Europa

Fragen und Antworten Wasserstoff – Schlüssel für mehr Klimaschutz in Europa

Auf einer informellen Videokonferenz haben die Energieminister der EU unter Vorsitz von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier über Wege beraten, wie die EU-Energieziele 2030 erreicht werden können. Ein wichtiger Ansatz ist dabei die Wasserstoffstrategie. Was hat es damit auf sich? Fragen und Antworten im Überblick. 

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Was ist Wasserstoff?

Wasserstoff ist ein chemisches Element, das in der Natur vorkommt, zum Beispiel in Kombination mit Sauerstoff-Atomen als Wasser - H2O. Das chemische Element wird mit H abgekürzt.

Warum ist Wasserstoff jetzt als "neues Erdöl" im Gespräch?

Wasserstoff kann als Einsatzstoff, Brennstoff oder Energieträger und -speicher mit zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie, im Verkehr, im Energie- und im Gebäudesektor genutzt werden. Vor allem aber verursacht seine Nutzung keine CO2-Emissionen und keine Luftverschmutzung. 

Wieso ist (grüner) Wasserstoff besser als fossile Brennstoffe?

Wenn Wasserstoff regenerativ hergestellt wird - zum Beispiel aus erneuerbarem Strom in Elektrolyseanlagen - sind mit der Nutzung nur geringe und im Idealfall gar keine Treibhausgas-Emissionen verbunden. Dies ist bei der Erzeugung von Strom aus fossilen Energieträgern wie Erdöl, Stein-, Braunkohle oder Kernenergie anders. Hier entstehen CO2-Emissionen. Außerdem sind diese Energieträger auch nur begrenzt vorhanden.

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Video So unterscheidet sich Wasserstoff

Grüner, grauer, blauer, türkiser Wasserstoff - worin unterscheiden sie sich?

Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt. Bei grünem Wasserstoff kommt der Strom für die Elektrolyse ausschließlich aus erneuerbaren Energien. Dadurch ist der eingesetzte Strom CO2-frei und somit auch die Produktion von Wasserstoff. Das ist unabhängig von der verwendeten Elektrolysetechnologie.

Bei grauem Wasserstoff ist der Ausgangsstoff ein fossiler Brennstoff. In den meisten Fällen wird die Methode der "Dampfreformierung" angewendet. Hierbei wird Erdgas unter dem Einsatz von Hitze in Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasserstoff umgewandelt. Da das entstandene CO2 hierbei ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben wird, wird dadurch der Treibhauseffekt verstärkt. Pro Tonne so produziertem Wasserstoff entstehen alleine zehn Tonnen CO2.

Bei blauem Wasserstoff handelt es sich im Grunde um grauen Wasserstoff. Jedoch wird bei blauem Wasserstoff das durch die Dampfreformierung entstandene CO2 gespeichert. Diese Speicherung wird auch "CSS" genannt, von dem Englischen "Carbon Capture and Storage". Das bei der Produktion entstandene CO2 gelangt also nicht in die Atmosphäre und dadurch kann diese Art der Wasserstoffproduktion bilanziell als CO2-neutral betrachtet werden.

Türkiser Wasserstoff wird über die thermische Spaltung von Methan gewonnen. Dieses Verfahren wird auch als Methanpyrolyse bezeichnet. Anstelle von CO2 entsteht hierbei ein fester Kohlenstoff. Um diese Art der Produktion CO2-neutral zu gestalten, ist sowohl die Wärmeversorgung des Hochtemperaturreaktors aus erneuerbaren Energien, als auch die dauerhafte Bindung des entstehenden Kohlenstoffs notwendig.

Was ist das Ziel der EU-Wasserstoffstrategie?

Wasserstoff kann zur Dekarbonisierung von industriellen Verfahren und Wirtschaftszweigen beitragen, in denen eine Verringerung der CO2-Emissionen sowohl dringend erforderlich als auch schwer zu erreichen ist. Wasserstoff wird in der EU bisher nur begrenzt eingesetzt und weitgehend aus fossilen Brennstoffen gewonnen. 

Ziel der Strategie ist es, die Wasserstofferzeugung zu dekarbonisieren - das heißt, die Energiewirtschaft in Richtung eines niedrigeren Umsatzes von Kohlenstoff umzustellen. Das Ziel ist, auf Dauer eine kohlenstofffreie Wirtschaft zu schaffen. Das ist möglich, da die Kosten erneuerbarer Energien rasch zurückgehen und sich die technologische Entwicklung beschleunigt. Außerdem soll Wasserstoff in Sektoren genutzt werden, in denen er fossile Brennstoffe ersetzen kann.

Welche Art von Wasserstoff wird mit der Strategie gefördert?

Im Mittelpunkt der Strategie steht erneuerbarer Wasserstoff, da er über das größte Dekarbonisierungspotenzial verfügt. Damit ist er die Option, die mit dem Ziel der Klimaneutralität der EU am ehesten zu vereinbaren ist.

Außerdem wird in der Strategie anerkannt, dass in einer Übergangsphase auch andere CO2-arme Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff, beispielsweise unter Einsatz von CO2-Abscheidung und -Speicherung oder anderer Arten von CO2-armem Strom, dazu beitragen, die bestehende Wasserstofferzeugung sauberer zu machen, die Emissionen kurzfristig zu verringern und den Markt zu vergrößern.

Grüner Wasserstoff ist noch recht teuer. Geht das auch günstiger?

Wasserstoff ist aktuell noch teurer als klassische Energieträger. Das ist allerdings bei den meisten innovativen Technologien zu Beginn so. Aus diesem Grund sollen Partnerschaften etwa mit Ländern in Afrika oder auch mit Australien entstehen, wo die klimatischen Gegebenheiten und somit auch die Produktionsvoraussetzungen für grünen Wasserstoff oft besser sind als in Deutschland. Zusätzlich sollen die noch hohen Kosten für erneuerbaren Wasserstoff durch Forschung und Innovationsförderung deutlich gesenkt werden.

Kann die EU in Bezug auf saubere Wasserstofftechnologien eine weltweite Vorreiterrolle übernehmen?

Die internationale Dimension ist ein wesentlicher Bestandteil des EU-Konzepts. Sauberer Wasserstoff eröffnet neue Möglichkeiten, Europas Partnerschaften im Energiebereich neu zu gestalten: mit benachbarten Ländern und Regionen aber auch mit seinen internationalen, regionalen und bilateralen Partnern. 

Da die EU Forschung und Innovation im Wasserstoffbereich bereits seit vielen Jahren fördert, hat sie sich bei der Entwicklung von Technologien und anspruchsvollen Projekten einen Vorsprung verschafft. Bei Technologien wie Elektrolyseuren, Wasserstofftankstellen und großen Brennstoffzellen ist sie führend. Ziel der Strategie ist es, die Führungsrolle der EU zu festigen. Das soll geschehen, indem für die europäische Wirtschaft eine vollständige Liferkette sichergestellt wird und die internationale Wasserstoffagenda der EU weiterentwickelt wird.

Zu welchen Zwecken ist nach Auffassung der Kommission der Einsatz von Wasserstoff denkbar?

Wasserstoff ist eine wichtige Lösung, um Treibhausgasemissionen in schwer zu dekarbonisierenden Sektoren zu verringern, in denen eine Elektrifizierung schwierig oder nicht möglich ist. Dies gilt beispielsweise für Industriezweige wie die Stahlerzeugung oder den Schwerlastverkehr. Als CO2-freier Energieträger würde Wasserstoff auch den Transport erneuerbarer Energie über große Entfernungen und die Speicherung großer Energiemengen ermöglichen.

In der Industrie besteht eine unmittelbare Anwendungsmöglichkeit darin, in Raffinerien, bei der Ammoniakherstellung und bei neuen Formen der Methanolherstellung die Menge des verwendeten CO2-intensiven Wasserstoffs zu verringern oder ihn zu ersetzen und in der Stahlerzeugung fossile Brennstoffe teilweise zu ersetzen. Wasserstoff hat das Potenzial, die Grundlage für die in der neuen Industriestrategie der Kommission vorgesehenen CO2-freien Stahlerzeugungsverfahren in der EU zu bilden.

Im Verkehrssektor ist Wasserstoff eine vielversprechende Option für Fälle, in denen die Elektrifizierung schwieriger ist: etwa für Busse im öffentlichen Nahverkehr, für gewerbliche Flotten oder bestimmte Teile des Schienennetzes. Auch schwere Nutzfahrzeuge, einschließlich Reisebussen, Spezialfahrzeugen und Fahrzeugen für den Straßengüterfernverkehr könnten durch die Verwendung von Wasserstoff als Kraftstoff dekarbonisiert werden. Der Einsatz von Wasserstoff-Brennstoffzellenzügen könnte ausgeweitet und Wasserstoff als Kraftstoff in der Binnenschifffahrt und im Kurzstreckenseeverkehr genutzt werden.  

Langfristig kann Wasserstoff als Ausgangsstoff für die Herstellung von flüssigem synthetischem Kerosin und anderen synthetischen Kraftstoffen auch zu einer Option für die Dekarbonisierung des Luft- und Seeverkehrs werden.

Mit dem europäischen Grünen Deal hat sich die EU das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Wasserstoff spielt dabei eine wichtige Rolle, um dieses Ziel zu verwirklichen. Die EU-Kommission hat am 8. Juli 2020 ihre Strategie zum sauberen Wasserstoff vorgelegt. Die Strategie befasst sich damit, wie das Potenzial von Wasserstoff durch Investitionen, Regulierung, Schaffung von Märkten sowie Forschung und Innovation ausgeschöpft werden kann.