Rede des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil,

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Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Fortschritt braucht Fachkräfte. Fachkräftesicherung ist damit Wohlstandssicherung. Ich habe gestern an dieser Stelle in der Debatte zum Einwanderungsgesetz gesagt: Wir haben heute den höchsten Stand von Beschäftigung, den Deutschland je hatte. Ich muss meine Zahl von gestern korrigieren. Es sind 34,6 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, 46 Millionen Erwerbstätige in diesem Land. Es werden heute schon in vielen Bereichen händeringend Arbeits- und Fachkräfte gesucht. Wir werden als Bundesregierung mit unserer Fachkräftestrategie deshalb alle Register ziehen, um diese Aufgabe zu schultern.

Dazu gehört vor allen Dingen das Thema Ausbildung; denn da haben wir ein großes Potenzial. Wir suchen händeringend Arbeits- und Fachkräfte und haben gleichzeitig 1,6 Millionen Menschen in Deutschland zwischen 20 und 29 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Wir sehen die übrigens später in der Sozialpolitik wieder. Zwei Drittel der langzeitarbeitslosen Menschen haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Deshalb war es wichtig, dass wir mit dem Bürgergeld dafür gesorgt haben, dass die Menschen nicht nur in irgendwelche Hilfsjobs kommen und dann wieder beim Jobcenter landen, sondern dass sie durch das Nachholen eines Berufsabschlusses die Chance haben, dauerhaft in Arbeit zu kommen. Auch das ist Fachkräftesicherung. Aber das Wichtigste beim Thema Ausbildung ist, dass wir mit der Ausbildungsgarantie, die wir heute auf den Weg bringen, dafür sorgen, dass vor allen Dingen Berufsorientierung früh stattfindet. Es geht darum, dass wir in dieser Gesellschaft Kindern und Jugendlichen früh beibringen, welche Berufe es in diesem Land gibt, und dass auch die berufliche Ausbildung eine große Chance ist. Ja, wir brauchen Masterinnen und Master, aber wir brauchen vor allen Dingen auch Meisterinnen und Meister. Wir werden die berufliche Bildung in diesem Land stärken.

Das Gesetz enthält ein Unterstützungspaket, beispielsweise beim Thema „Beratung und Vermittlung“. Es geht um Einstiegsqualifizierung und Berufsorientierung. Unser Ziel ist es, mit der Ausbildungsgarantie dafür zu sorgen, dass wir jedem jungen Menschen hierzulande ein Angebot machen für den Einstieg in ein selbstbestimmtes Erwerbsleben durch Ausbildung. Das heißt, in den Regionen, die strukturschwach sind, in denen es nach wie vor eine Unterversorgung gibt, werden wir auch einen Rechtsanspruch auf Förderung in einer außerbetrieblichen Ausbildung verankern. Vorrang hat die betriebliche Ausbildung. Aber wo gar nichts geht, werden wir diesen Rechtsanspruch umsetzen.

Wir werden auch bei der Mobilität helfen. Wenn im nördlichen Ruhrgebiet ein junger Mensch keine Ausbildung findet, aber sich in Köln die Möglichkeit dafür eröffnet, dann werden wir Mobilität unterstützen, im Zweifelsfall auch bei den Fahrtkosten. Meine Kollegin Klara Geywitz hat als Bundesministerin 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit wir auch Azubi-Wohnheime in diesem Land haben und nicht nur Studierendenwohnheime.

Ja, eine Ausbildung, vor allen Dingen eine berufliche Ausbildung, ist in diesem Land immer noch die beste Eintrittskarte in ein selbstbestimmtes Erwerbsleben. Aber wir wissen: Das ist kein Dauerabo mehr; denn die Arbeitswelt verändert sich. Die Digitalisierung, die Dekarbonisierung, der Umbau unserer Industriegesellschaft hin zur Klimaneutralität führen dazu, dass sich im Erwerbsleben – dramatischer als in der Vergangenheit – Qualifikationsanforderungen verändern und Beschäftigungsfähigkeit gefragt ist.

Damit Menschen in Arbeit bleiben, damit wir Arbeitslosigkeit verhindern, bevor sie entsteht, und damit wir auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten, haben wir den Weg eingeschlagen hin zu einer Weiterbildungsrepublik. Deshalb machen wir mit diesem Aus- und Weiterbildungsgesetz einen weiteren großen Schritt und schaffen Instrumente, die Unternehmen und Beschäftigten helfen, den Wandel der Arbeitswelt zu bewältigen.

Im Einzelnen geht es darum, dass wir den Transformationszuschuss, den wir in der Großen Koalition gemeinsam geschaffen haben und mit dem wir vor allen Dingen kleine und mittelständische Unternehmen unterstützen, Investitionen in Weiterbildung zu stemmen, entbürokratisieren, damit die Beschäftigten von heute auch die Chance haben, die Arbeit von morgen zu machen. Es können unterstützt werden: Investitionen in Weiterbildung, aber auch der Arbeitsentgeltausfall in der Zeit, in der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weitergebildet werden.

Wir schaffen zweitens ein neues Instrument für Unternehmen und Beschäftigte, die schon ein Stück weit stärker in der Transformation sind, beispielsweise Zulieferunternehmen in der Automobilindustrie auf dem Weg vom Verbrenner hin zur Elektromobilität oder in der Stahlindustrie, wo es neue Technologien gibt. Hier wird das Qualifizierungsgeld in mitbestimmten Unternehmen helfen, dafür zu sorgen. Ich bin der Gewerkschaft IG Metall sehr, sehr dankbar; denn das ist das, was mit der Initiative zum Transformationskurzarbeitergeld gemeint war. Wir setzen das jetzt um.

Drittens: Wir sorgen dafür, dass das konjunkturelle Kurzarbeitergeld, wenn es eingesetzt werden muss in Krisenzeiten, weiterhin einen Anreiz hat. Wir müssen verstärkt dafür sorgen, dass das auch tatsächlich stattfindet und dass man, wenn Kurzarbeit schon nötig ist, sie mit Weiterbildung verbindet. Deshalb gibt es weiterhin einen finanziellen Anreiz mit der Erstattung der Sozialversicherungskosten in Höhe von 50 Prozent, wenn Arbeitgeber konjunkturelle Kurzarbeit tatsächlich mit Weiterbildung verbinden.

Und es gibt natürlich das bewährte Instrument der Transfergesellschaft, mit dem, wenn Personalabbau stattfindet, berufliche Neuorientierung möglich wird.

Für den Wandel von Wirtschaft und Arbeit, die Fachkräftesicherung in diesem Bereich und das Thema Weiterbildung reicht es nicht, einen Schraubenschlüssel zu haben; wir brauchen einen ganzen Werkzeugkasten. Mit diesem Gesetz schaffen wir einen Werkzeugkasten, damit das auch gelingt.

Wir haben als Bundesregierung eine Fachkräftestrategie auf den Weg gebracht, die wir Schritt für Schritt umsetzen, weil wir nicht zulassen wollen, das Fachkräftemangel dauerhaft zur Wachstumsbremse in diesem Land wird. Wir haben das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts auf den Weg gebracht, um Menschen mit Handicaps auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Wir haben gestern das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf den Weg gebracht, um qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland zu organisieren. Und wir gehen mit diesem Aus- und Weiterbildungsgesetz einen wesentlichen Schritt, damit Aus- und Weiterbildung gelingt, damit Beschäftigte und junge Menschen die Chance haben auf ein selbstbestimmtes Leben in Arbeit und damit Unternehmen die helfenden Hände und klugen Köpfe haben, die unser Land zur Wohlstandssicherung braucht. Ich bitte um Unterstützung auf diesem Weg.

Herzlichen Dank.