Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Kasachstan

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über die Zusammenarbeit bei der Unterstützung der
Bürger deutscher Nationalität der Republik Kasachstan
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland
und die Regierung der Republik Kasachstan –

in dem festen Willen, die Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne jegliche
Diskriminierung und in voller Gleichheit vor dem Gesetz zu gewährleisten, wie
sie insbesondere in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in
anderen völkerrechtlichen Akten sowie in den Bestimmungen und Verpflichtungen
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa niedergelegt sind,

ausgehend von der Gemeinsamen Erklärung über die Grundlagen der Beziehungen
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kasachstan vom 22.
September 1992, die die Möglichkeit einer umfassenden Zusammenarbeit zwischen
den Vertragsparteien eröffnet,

bezugnehmend auf die einschlägigen Bestimmungen des deutsch-kasachischen
Vertrages vom 22. September 1992 über die Entwicklung einer umfassenden
Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und
Technik,

in Übereinstimmung mit dem Abkommen vom 16. Dezember 1994 zwischen der
Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik
Kasachstan über kulturelle Zusammenarbeit, insbesondere mit dessen Artikel 14,

in Anerkennung des bedeutenden Beitrages, den die Bürger deutscher
Nationalität zur Entwicklung Kasachstans leisten,

ausgehend von der Notwendigkeit, den in Kasachstan lebenden Bürgern deutscher
Nationalität die Möglichkeit zu geben, ihre Identität auf geistigem,
kulturellem, sozialem und wirtschaftlichem Gebiet zu entfalten,

im Bewußtsein, daß die Deutschen Kasachstans ein wichtiges Bindeglied in der
Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Republik Kasachstan darstellen,

angesichts der Bereitschaft der deutschen Vertragspartei, die kasachische
Vertragspartei bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die kasachischen
Bürger deutscher Nationalität zu unterstützen –

sind wie folgt übereingekommen:

Artikel 1

(1) Die Vertragsparteien werden eng bei der Entfaltung und Aufrechterhaltung
der nationalen und kulturellen Identität der kasachischen Bürger deutscher
Nationalität zusammenarbeiten.

(2) Die Vertragsparteien verwirklichen ihre Rechte und Pflichten in
Übereinstimmung mit den Bestimmungen internationaler Verträge auf dem Gebiet
der Menschenrechte, deren Vertragsparteien sie sind, einschließlich der dort
enthaltenen Rechte von nationalen Minderheiten.

(3) Die Vertragsparteien bestätigen die Verbindlichkeit der Standards der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zum Schutz von
nationalen Minderheiten, insbesondere wie sie im Dokument des Kopenhagener
Treffens der Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE vom 29. Juni
1990, im Bericht des Expertentreffens der Konferenz über Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa über nationale Minderheiten in Genf vom 19. Juli 1991
sowie im Helsinki-Dokument vom 10. Juli 1992 niedergelegt sind.

Artikel 2

(1) Beide Vertragsparteien gehen bei der Realisierung dieser Vereinbarung von
der Tatsache aus, daß in Übereinstimmung mit der Verfassung der Republik
Kasachstan die Bürger der Republik Kasachstan, einschließlich der Bürger
deutscher Nationalität, gleiche Rechte haben, darunter die individuellen
Rechte:

– vollständig und wirksam ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne
jegliche Diskriminierung und in voller Gleichheit vor der Verfassung und den
Gesetzen der Republik Kasachstan zu verwirklichen,

– sich privat und in der Öffentlichkeit der Muttersprache frei zu bedienen, in
ihr Informationen zu verbreiten und auszutauschen und dazu Zugang zu haben,

– einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen Bürgern deutscher Nationalität ihre
ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität frei zum Ausdruck
zu bringen, zu bewahren und weiterzuentwickeln, frei von jeglichen Versuchen,
gegen ihren Willen assimiliert zu werden,

– gesellschaftliche Vereinigungen, insbesondere auch auf den Gebieten Bildung,
Kultur und Soziales, und andere Interessenvertretungen sowie religiöse
Organisationen auf der Grundlage der freien Willensäußerung und der
Gemeinsamkeit der Interessen zur Wahrnehmung ihrer Rechte und Freiheiten zu
gründen und in Übereinstimmung mit der geltenden kasachischen Gesetzgebung zu
unterstützen. Diese Vereinigungen haben das Recht, um freiwillige Beiträge
finanzieller oder anderer Art sowie öffentliche Unterstützung zu ersuchen.

– selbständig ihr Verhältnis zur Religion zu bestimmen, jede beliebige oder
gar keine auszuüben, Anschauungen, die mit dem Verhältnis zur Religion
verbunden sind, zu verbreiten und in Übereinstimmung mit ihnen zu handeln,
einschließlich des Erwerbs und Besitzes sowie der Verwendung religiösen
Materials, und den Religionsunterricht in deutscher Sprache abzuhalten,

– untereinander ungehinderte Kontakte innerhalb des Landes sowie mit Bürgern
anderer Staaten herzustellen und zu pflegen, mit denen sie eine gemeinsame
ethnische oder nationale Herkunft, ein gemeinsames kulturelles Erbe oder
religiöses Bekenntnis teilen,

– ihre Vor- und Familiennamen in der deutschen Form in Übereinstimmung mit der
geltenden kasachischen Gesetzgebung zu führen,

– sowohl unmittelbar als auch durch ihre Vertreter an der Leitung staatlicher
Angelegenheiten teilzunehmen,

– sich zum Schutz ihrer Rechte aller gesetzlichen Mittel zu bedienen,

– in nationalen und internationalen nichtstaatlichen Organisationen
mitzuarbeiten,

– das Recht auf die Freiheit des Wortes und der Überzeugungen sowie deren
freie Äußerung.

(2) Das Bekenntnis der Zugehörigkeit zur deutschen Nationalität in Kasachstan
liegt in der persönlichen Entscheidung jedes einzelnen; sie darf keinen
Nachteil mit sich bringen.

Artikel 3

Die Regierung der Republik Kasachstan wird die Rehabilitierung der
kasachischen Bürger deutscher Nationalität fortsetzen und die Interessen der
kasachischen Bürger deutscher Nationalität im Rahmen der bestehenden und
künftigen Gesetzgebung zur Entschädigung und zur sozialen und medizinischen
Unterstützung von Opfern politischer Repressalien und Mitgliedern der
Trudarmee angemessen berücksichtigen.

Artikel 4

(1) In Übereinstimmung mit den in der Verfassung der Republik Kasachstan
verankerten bürgerlichen und politischen Rechten haben die Bürger der Republik
Kasachstan deutscher Nationalität das Recht der freien Bewegung und der Wahl
des Wohnortes sowie das Recht, das Hoheitsgebiet der Republik frei zu
verlassen und zurückzukehren. Die Regierung der Republik Kasachstan wird
Bürgern dritter Staaten, die deutscher Nationalität sind, den Zuzug im Rahmen
der Familienzusammenführung erleichtern.

(2) Die Republik Kasachstan wird kasachischen Bürgern deutscher Nationalität,
die Kasachstan verlassen oder ihren Wohnsitz nach Kasachstan zurückverlegen,
die zoll- und abgabenfreie Mitnahme ihrer gesamten persönlichen Habe und
Dokumente ermöglichen, den Transfer von Renten und Vermögenswerten regeln
sowie die Unantastbarkeit von hinterlassenem beweglichen und unbeweglichen
Eigentum in Übereinstimmung mit der geltenden kasachischen Gesetzgebung
gewährleisten.

Artikel 5

(1) Die Regierung der Republik Kasachstan wird die kulturelle, soziale und
wirtschaftliche Entwicklung der kasachischen Bürger deutscher Herkunft
unterstützen durch:

– Freistellung aller Waren, die als humanitäre und unentgeltliche Hilfe zu
wohltätigen Zwecken eingeführt werden, einschließlich Dienstleistungen und
technischer Unterstützung im Rahmen von Maßnahmen, die von der entsprechend
Artikel 7 dieser Vereinbarung gebildeten deutsch-kasachischen
Regierungskommission beschlossen worden sind, von Steuern, Zöllen und
sonstigen Abgaben,

– Ermöglichung des Gebrauchs der deutschen Sprache durch Bürger der Republik
Kasachstan deutscher Nationalität in den Gebieten, wo sie kompakt wohnen,

– Förderung der Verbreitung der deutschen Sprache als Muttersprache in Schulen
und Vorschuleinrichtungen, in Hoch- und Fachschulen sowie Förderung der
Ausbildung von Deutschlehrern,

– Unterstützung der Nutzung von Radio und Fernsehen für das Erlernen und die
Verbreitung der deutschen Sprache,

– Unterstützung der weiteren Entwicklung der Masseninformationsmittel in
deutscher Sprache, darunter Radio und Fernsehen, sowie Schaffung von
Bedingungen für den freien Informationsaustausch.

(2) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland unterstützt

– in der deutsch-kasachischen Regierungskommission (Artikel 7) beschlossene
Projekte, die an Orten realisiert werden, an denen Bürger der Republik
Kasachstan deutscher Nationalität wohnen,

– Hilfsmaßnahmen bei der technischen Ausrüstung von Landwirtschaftsbetrieben
sowie bei ihrer betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Anpassung an
marktwirtschaftliche Strukturen,

– Hilfsmaßnahmen im medizinischen und sozialen Bereich,

– Aus- und Fortbildung von Fachkräften,

– Förderung der deutschen Sprache und Kultur unter anderem durch die
Unterstützung von Schulen mit muttersprachlichem Deutschunterricht, durch
Entsendung von deutschen Lehrern und anderen Kulturexperten sowie durch
Maßnahmen zugunsten von Druckerzeugnissen, Literatur und Lehrbüchern,

– Einrichtungen oder Veranstaltungen der demokratisch strukturierten
Vereinigungen der Bürger deutscher Nationalität.

(3) Die Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel, die mit der
Realisierung dieser Vereinbarung verbunden sind, geschieht in der von der
nationalen Gesetzgebung der Vertragsparteien vorgesehenen Weise.

Artikel 6

Beide Vertragsparteien werden Partnerschaften auf allen Ebenen in geeigneter
Weise auf freiwilliger Grundlage unterstützen und in ihre Zusammenarbeit
Wirtschaftsunternehmen und -verbände, staatliche, gesellschaftliche und
private Organisationen ihrer Länder wie auch einzelne Bürger einbeziehen.

Artikel 7

(1) Bilaterale Fragen, die mit der Realisierung dieser Vereinbarung
zusammenhängen, sowie die Abstimmung gemeinsamer Vorhaben und Maßnahmen werden
einer gemischten Kommission für Probleme der Deutschen Kasachstans übertragen,
in der auch Repräsentanten der kasachischen Bürger deutscher Nationaliät
vertreten sind.

(2) Die Kommission wird nach Bedarf, doch nicht weniger als einmal jährlich,
abwechselnd in der Bundesrepublik Deutschland und in der Republik Kasachstan
tagen. Für einzelne Bereiche der Zusammenarbeit können Unterkommissionen
gebildet werden. Die zur Durchführung dieses Abkommens abgestimmten Vorhaben
und die Beschlüsse der Kommission werden in gemeinsamen, für beide
Vertragsparteien verbindlichen Protokollen niedergelegt.

Artikel 8

(1) Diese Vereinbarung tritt in Kraft, nachdem die Vertragsparteien einander
notifiziert haben, daß die innerstaatlichen Voraussetzungen für das
Inkrafttreten erfüllt sind. Als Tag des Inkrafttretens wird das Datum der
letzten Notifikation angesehen.

(2) Die Vertragsparteien vereinbaren eine vorläufige Anwendung der
Vereinbarung vom Tag ihrer Unterzeichnung an.

Artikel 9

Diese Vereinbarung wird für die Dauer von zehn Jahren geschlossen. Sie
verlängert sich stillschweigend um jeweils weitere fünf Jahre, sofern sie
nicht von einer Vertragspartei spätestens sechs Monate vor Ablauf der
jeweiligen Geltungsdauer schriftlich auf diplomatischem Wege gekündigt wird.

Geschehen zu Almaty am 31. Mai 1996

in zwei Urschriften, jede in deutscher, kasachischer und russischer Sprache,
wobei jeder Wortlaut verbindlich ist. Bei unterschiedlicher Auslegung des
deutschen und des kasachischen Wortlauts ist der russische Wortlaut maßgebend.

Für die Regierung der Für die Regierung der
Bundesrepublik Deutschland Republik Kasachstan
Dr. Klaus Kinkel Kassymshomart Tokajew
Bundesminster des Auswärtigen Außenminister
Notenwechsel zur Vereinbarung
Republik Kasachstan
Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten

An die
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland
Almaty

Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Kasachstan beehrt
sich, in bezug auf die Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei der
Unterstützung der Bürger deutscher Nationalität der Republik Kasachstan
mitzuteilen, daß die Möglichkeit besteht, sie unmittelbar nach Unterzeichnung
mit Ausnahme der Bestimmungen von Artikel 4 Absatz 2 und von Artikel 5
Absatz 1 Unterabsatz 1 anzuwenden.

Almaty, den 28. Mai 1996

Botschaft der Bundesrepublik Deutschland
Almaty

An das
Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Kasachstan
Almaty

Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland begrüßt das Ministerium für
Auswärtige Angelegenheiten der Republik Kasachstan und bestätigt den Empfang
der Verbalnote Nr. 28/931 vom 28. Mai 1996. Sie beehrt sich mitzuteilen, daß
die Regierung der Bundesrepublik Deutschland die „Vereinbarung zwischen der
Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik
Kasachstan über die Zusammenarbeit bei der Unterstützung der Bürger deutscher
Nationalität der Republik Kasachstan“ in allen Teilen ohne Einschränkung
bereits vom Zeitpunkt der Unterzeichnung an vorläufig anwenden wird.

Almaty, den 31. Mai 1996