beim Zeitungskongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. am 19. September 2011 in Berlin:
- Bulletin 92-2
- 19. September 2011
Sehr geehrter Herr Präsident Heinen,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus den Parlamenten,
meine Damen und Herren, liebe Teilnehmer des BDZV-Kongresses,
Zeitungen informieren, sie ordnen Nachrichten ein, sie fördern Meinungsbildung und damit auch Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – genau darauf kommt es in einem funktionierenden Staatswesen ganz wesentlich an. Zeitungen sind Kulturgüter. Sie stiften Identität. Das trifft auch ganz besonders auf Lokalzeitungen zu. Sie verbinden globales Zeitgeschehen mit dem konkreten Lebensumfeld der Leserinnen und Leser. Eine freie, unabhängige und meinungsstarke Presse verdient deshalb jede Unterstützung. Und das zeige ich auch durch meine Anwesenheit. Ich bin gern hierhergekommen.
49 Millionen Menschen über 14 Jahren – also fast 70 Prozent unserer Bevölkerung über 14 Jahren – lesen regelmäßig eine Tageszeitung. Damit hat Deutschland eine Zeitungsdichte wie nur wenige Länder Europas. Auch andere Industrieländer, zum Beispiel die USA oder Kanada, weisen deutlich niedrigere Werte auf. Dieser Befund stützt das, was ich vor zwei Jahren bei Ihnen gesagt habe: Zeitungen werden auch in Zukunft ein fester Bestandteil des Medienangebots sein.
Gleichwohl – wir brauchen nicht darum herumzureden – steckt die Zeitung in einem tiefgreifenden Wandel, denn drei Viertel der Deutschen nutzen inzwischen das Internet. Sie informieren sich auch über dieses Medium. Die aktuellsten Nachrichten erfährt man kaum mehr aus der Zeitung. Das ist schon seit dem Durchbruch des Radios und dann des Fernsehens so. Aber selbst den Rundfunk kann das Internet in punkto Schnelligkeit noch in den Schatten stellen. Wir wissen alle: In Sekundenschnelle verbreiten sich heute Neuigkeiten über den ganzen Globus.
Dabei ermöglicht das World Wide Web, dass die Nachrichtenweitergabe nicht auf einer Einbahnstraße verläuft. Die Internetnutzer können vielmehr unmittelbar auf Nachrichten reagieren, selbst als Multiplikatoren wirken, eigene Kommentare veröffentlichen. Über diese Form des Austauschs lassen sich im rasanten Tempo Gleichgesinnte finden und sogenannte Communities bilden.
Darin steckt auch eine große Chance; das will ich an dieser Stelle betonen. Denn das Internet ermöglicht mehr Teilhabe. Eingebunden in den Austausch und Dialog über das Internet sind auch diejenigen, denen vielleicht Zeit und Mittel für klassische Wege der Beteiligung fehlen, die sich kaum über Parteien, Verbände, Vereine oder ähnliche Netzwerke engagieren oder dies etwa aus gesundheitlichen Gründen gar nicht können. So finden sich heute viele Menschen zusammen, die sich wohl kaum einmal persönlich begegnen würden. Das Internet lässt große räumliche Distanzen zusammenschmelzen. Auch darin sehe ich eine Chance des Mediums.
Durch zunehmende Globalisierung sind die Menschen stärker denn je aufeinander angewiesen. Es berührt zum Beispiel auch uns in Deutschland, wenn eine große Bank in den USA pleitegeht. Wir haben das ja alle erlebt. Auch die Auswirkungen einer rasant wachsenden Bevölkerung spüren wir bei uns zu Hause. Denn jeder der sieben Milliarden Weltbürger hat den gleichen Anspruch, ein menschenwürdiges Leben, möglichst in Wohlstand, zu führen wie wir. Ebenso sind wir mit den Folgen konfrontiert, die das wirtschaftliche Erstarken von Ländern wie China, Indien oder Brasilien mit sich bringt. Die Beispiele unserer globalen Vernetzung ließen sich schier endlos fortsetzen: Klimawandel, der Zugang zu Ressourcen, der Verbrauch von Energie – all das betrifft uns hautnah und weltweit und in jedem einzelnen Land. Ein Land für sich allein kann damit verbundene Herausforderungen nicht bewältigen. Globale Aufgaben erfordern globale Lösungen.
Was bedeutet das hier für uns auf Ihrem Zeitungskongress? Nicht nur das Leben an sich, auch die Verbreitung, Vermittlung und Verarbeitung von Informationen zu all diesen Themen geschehen global, sie geschehen rasant, und zwar zum Teil so rasant, dass sie den einzelnen Menschen scheinbar überfordern. Aber wie alles, so hat auch dies zwei Seiten, denn es steht ohne Zweifel fest: Informationen sind heute viel besser zugänglich als noch vor 20, 30 Jahren.
Gerade in Staaten, in denen der Presse die Unabhängigkeit fehlt, gewinnt insbesondere das Internet enorm an Bedeutung. Es dient dort, wo totalitäre Regime die Meinungsfreiheit zu unterdrücken versuchen, als wichtige Nachrichtenquelle. Es ermöglicht der Opposition, Informationen zu verbreiten – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes. Auf diese Weise kann das Internet Freiheitsprozesse fördern. Das führt uns gerade die Entwicklung in Nordafrika besonders vor Augen. Denken Sie an die vielen Blogs, die das Geschehen begleiten. Denken Sie auch an die Bilder und Filme aus Syrien, die über Mobiltelefone verbreitet werden und die wir im Internet und schließlich auch in den Fernsehnachrichten sehen.
Dank Internet können Unrecht, Ungerechtigkeit und Gewalt von Despoten immer weniger unter den Teppich gekehrt werden. Der Begriff der Weltoffenheit hat durch das Internet neue Dimensionen erlangt. So hat das Internet auch längst einen festen Platz in unserer Medienlandschaft erobert. Das alles betrifft Sie natürlich, weil es Veränderungen für die klassischen Formate wie die Zeitungen mit sich bringt.
Seit vielen Jahren schon befassen Sie sich auf Ihren Kongressen mit diesem Wandel. Die Fragen liegen auf der Hand: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf den Print-Journalismus und das Verlagsgeschäft aus? Wie verändert sich die Leserschaft beziehungsweise ihr Mediennutzungsverhalten? Für Sie als Zeitungsverleger ist es geradezu lebenswichtig, am Puls der Zeit sein zu können. Dabei stellt sich für Sie immer wieder die wichtige Frage: Ist Ihre Branche Getriebene oder eine Treibende des Wandels?
Der frühere Präsident Ihres Verbandes, Wilhelm Sandmann, hatte schon frühzeitig für einen offensiven Umgang mit den Chancen der neuen Medien geworben. Er sah die Verlage geradezu in der Pflicht, die Entwicklung der digitalen Informationskultur mitzusteuern, sonst würden branchenfremde Wettbewerber das Feld bestellen. Und deshalb lautete damals – Anfang/Mitte der 90er Jahre – die Devise für die Verlage: Positionen besetzen, Know-how entwickeln.
Inzwischen stellen die deutschen Zeitungen rund 660 redaktionelle Online-Angebote bereit. Mehr als die Hälfte der deutschen Internetnutzer besucht diese regelmäßig. Denn wer sich im Netz zuverlässig informieren will, der landet häufig gerade auf den Seiten der Printmedien. Immer mehr Zeitungshäuser bieten auch Apps für Smartphones und Tablet-PCs an. Sie nutzen die neuen technischen Möglichkeiten, um mehr Menschen, vor allem jüngere, zu erreichen.
Die Verlage stehen dabei mit anderen Anbietern im Wettstreit. Das ist erst einmal positiv zu sehen, weil ja Wettbewerb das Geschäft belebt. Aber, Herr Präsident Heinen, da stimme ich Ihnen zu: Es muss fair zugehen. Das gilt natürlich auch im Hinblick auf gebührenfinanzierte Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.
Klar ist: Wir brauchen einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern hat sich aus meiner Sicht bewährt. In Deutschland kommen wir in den Genuss einer besonders vielseitigen und vielfältigen Programmlandschaft. Zu einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehört nun auch, dass er die Chancen der digitalen Welt nutzt. Aber dabei muss ein ausgewogenes Verhältnis zu den privaten Angeboten gewahrt bleiben.
Private Medienunternehmen und Verlage brauchen genügend Spielraum. Ihre Investitionen müssen sich rechnen. Schränken die Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender den Spielraum der privaten Anbieter zu sehr ein, gerät unser bewährtes duales System ins Wanken. Das kann niemand wollen. Deshalb sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aufgerufen, ihre Internet-Angebote genau zu prüfen: Entsprechen sie wirklich ihrem gesetzlichen Auftrag? Das ist auch bei ihren Smartphone-Applikationen immer wieder abzuwägen.
Wirtschaftlicher Erfolg steht und fällt natürlich auch mit der Qualität der Angebote. Das gilt für Online-Angebote genauso wie für Druckexemplare. Hier sind es vor allem die Zeitungen, denen die Leserinnen und Leser hohe Erwartungen entgegenbringen. Das führt unweigerlich zu der Aufgabe, wie sich die Zeitung im Kontext des Internets und der zunehmend bild- und videoorientierten Medien behaupten kann. Sie steht vor der Herausforderung, alte wie neue Lesegewohnheiten zu befriedigen.
Die Zeitung ist mehr denn je Ort der Entschleunigung, der Reflexion, der Erklärung, der großen Themen und Debatten. Darauf, wie wichtig dies für glaubwürdigen Journalismus ist, hat kürzlich auch der Verleger Hermann Neusser zur Verleihung des diesjährigen Theodor-Wolff-Preises sehr treffend hingewiesen – ich zitiere: "Die globalisierte, komplexe Welt schreit nach Übersetzern und Vermittlern."
Ich nenne als ein Beispiel die Finanz- und Wirtschaftskrise und auch die Schuldenkrise in Europa. Das Geflecht von Finanzen, Märkten und Handelsbeziehungen ist extrem kompliziert. Entsprechend schwierig lassen sich gesamtwirtschaftliche Veränderungen und notwendige Antworten darauf vermitteln.
Natürlich ist dabei vorneweg die Politik in der Pflicht – damit hier kein Missverständnis aufkommt und womöglich jemand denkt, ich wolle meine Aufgaben abgeben. Doch auch Zeitungsverleger und Journalisten stehen in der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit. Gerüchte sind aufs Genauste von Nachrichten zu unterscheiden. Fakten und Quellen sind zu prüfen. Zeit ist nicht alles. Was nützt es, der Schnellste zu sein, wenn dadurch die Verlässlichkeit und damit auch die Glaubwürdigkeit leiden? Sie dürfen nie vergessen: Das zwischen Zeitung und Leser über Jahrzehnte aufgebaute Vertrauen darf nicht enttäuscht werden, denn damit stünde das wichtigste Kapital der Verlage und der Redaktionen auf dem Spiel.
Zeitungen behaupten ihre Existenz als Bezahlmedium gegenüber den elektronischen und meist noch kostenlosen Angeboten nur durch gründliche Recherche und kluge Analyse, kurz gesagt: durch ihren intellektuellen Mehrwert für die Leserinnen und Leser. Wenn dagegen das Niveau einer Zeitung abnimmt, weil sie sich in einen Schnelligkeitswettbewerb mit digitalen Medien begibt, den sie nur verlieren kann, dann gibt es am Ende zwei Verlierer: erstens den Leser und zweitens die Zeitung selbst. In einem solchen Schnelligkeitswettbewerb würde sich die Zeitung selbst in Frage stellen. Qualität ist zwar keine allein hinreichende, aber eine notwendige Bedingung für dauerhaften Erfolg einer Zeitung.
Ich weiß: Die Versuchungen einer schnelllebigen Medienwelt, Abstriche bei journalistischer Sorgfalt zu machen, sind groß. Aber es bleibt richtig: Kritische Wachheit und Mut zur Sorgfalt sind die Tugenden, die eine Zeitung auch in Zukunft lesenswert machen. Wenn manche Verlage in den vergangenen Jahren nur noch durch Sparen an der Redakteurs- und Autorenarbeit in die Gewinnzone gelangen konnten, dann ist dies für viele eine schlechte Botschaft. Natürlich fragen sich dann die Leser, warum sie für diese Produkte überhaupt noch etwas zahlen sollen.
Qualitätsjournalismus lässt sich durch Blogger und Leserreporter nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Deshalb glaube ich auch, dass Investitionen in qualifizierte Kräfte gute Investitionen sind, auch für den Nachwuchs. Der Beruf des Journalisten muss attraktiv bleiben. Viele Talente lassen sich schon in jungen Jahren entdecken und entwickeln. Schüler- oder auch Uni-Zeitungen leisten dazu ihren eigenen Beitrag. Junge Menschen wachsen ja heute mit einer nie dagewesenen Vielfalt von Medien auf. Internet oder Apps auf Mobiltelefonen üben eine hohe Faszination aus. In der Handhabung der neuen Medien sind Kinder ihren Eltern oft früh überlegen.
Will sich die Zeitung in dieser Situation unter den Informationsangeboten auf Dauer behaupten, muss sie auch die Jüngsten für sich begeistern. Deshalb ist es gut, dass viele Zeitungen dafür Extra-Seiten oder Beilagen für junge Leser anbieten. Sie zielen auf die Interessen und Erfahrungswelten von Kindern und Jugendlichen. Dadurch entsteht frühzeitig eine Bindung an das Medium Zeitung.
Auch Ihr Verband wirbt mit einer Vielzahl von Projekten intensiv um die künftige Leserschaft. Wir stehen Ihnen dabei zur Seite. Printmedien haben als politische Leitmedien immer auch eine wichtige Funktion in unserer freiheitlichen Grundordnung. Kinder und Jugendliche an sie heranzuführen, sie als mündige Mediennutzer in und für unsere Demokratie zu gewinnen, liegt also auch im Interesse unseres Gemeinwesens.
Unsere Nationale Initiative Printmedien dient dazu, das Bewusstsein für den Wert von Zeitungen und Zeitschriften zu schärfen. Sie bietet ein Dach für alle, die sich bundesweit für einen kompetenten, kritischen Medienumgang einsetzen. Alle Akteure eint dabei ein Ziel: Kinder und Jugendliche sollen die Qualitäten von Texten unterscheiden, erkennen und erleben können. Der Einsatz nicht zuletzt auch Ihres Verbandes als Partner unserer Initiative lohnt sich. Ich möchte Ihnen dafür ganz herzlich danken.
Einer bundesweiten Umfrage zufolge nehmen rund zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler nach ihrer Teilnahme an einem Projekt auch weiterhin Tageszeitungen in die Hand. Sie sind davon überzeugt, dass Printmedien eine Zukunft haben. Und je älter die Jugendlichen werden, desto stärker verfestigt sich diese Einschätzung. Solche Ergebnisse sollten uns ermutigen, das Engagement für junge Leserinnen und Leser fortzusetzen und vielleicht sogar zu verstärken.
Medienerziehung ist also eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die, einmal mehr, über den Bereich der Printmedien hinausreicht. So müssen Kinder und Jugendliche auch lernen, im Netz altersgerechte und qualitätsvolle Angebote zu finden und sie sinnvoll zu nutzen. Dem dient die Initiative "Ein Netz für Kinder". Sie wird gemeinsam von Politik, Wirtschaft und Institutionen des Jugendmedienschutzes getragen. Kindern wird ein Surfraum geboten, in dem sie gefahrlos lernen können, das Medium Internet sinnvoll zu nutzen. Der Bund fördert im Rahmen dieser Initiative innovative, kindgerechte Online-Angebote mit 1,5 Millionen Euro im Jahr. Dabei geht es schwerpunktmäßig um kulturelle, gesellschaftspolitische und naturwissenschaftliche Internetseiten.
Für Ihre wirtschaftlich erfolgreiche Kombination von Print- und Online-Angeboten kommt es natürlich wesentlich darauf an, dass Daten frei von Diskriminierung übertragen werden. Das gilt sowohl hinsichtlich der Übertragungsgeschwindigkeit als auch der Übertragungsqualität. Um diese Netzneutralität noch besser zu schützen, haben wir entsprechende Regelungen auf den Weg gebracht. Dazu gehören Transparenzvorschriften. Außerdem soll die Bundesnetzagentur Mindestqualitätsstandards vorgeben können. Wir werden die weitere Entwicklung sehr sorgfältig beobachten, um gegebenenfalls weitere Schritte zur Sicherung der Netzneutralität einzuleiten.
Wenn ich von vernünftigen Rahmenbedingungen spreche, um im Wettbewerb bestehen zu können, dann muss natürlich auch das Stichwort Anzeigengeschäft fallen. Für die Refinanzierung von Medienangeboten ist und bleibt das Anzeigengeschäft unverzichtbar. Dementsprechend groß ist Ihr Interesse an Fragen der Werberegulierung. Ganz ohne staatliche Regeln geht es nicht. Aber der Grundsatz, redaktionelle Inhalte von Anzeigen zu trennen, ist auch im Internetzeitalter wichtig. Gerade in sensiblen Bereichen, wie etwa bei der an Kinder gerichteten Online-Werbung, sind alle Verantwortlichen aufgerufen, die bestehenden Grundprinzipien tatsächlich anzuwenden. Da müssen sich die Selbstkontrollinstanzen der Medien beweisen.
Ich kann Ihnen versichern: Die Bundesregierung ist nach wie vor gegen weitere Werbeverbote. Das setzt aber den verantwortlichen Umgang mit Werbung vonseiten aller Marktteilnehmer voraus. Viele Regeln entstehen inzwischen auf europäischer Ebene. Deshalb wenden wir uns auch im Dialog mit unseren Partnern in der Europäischen Union weiterhin gegen neue, sachlich nicht zwingend gebotene Werbebeschränkungen.
In anderen Bereichen hingegen ist eine stärkere Regulierung im Interesse der Verleger. Das betrifft insbesondere den Schutz geistigen Eigentums, von dem Sie, Herr Präsident, hier auch gesprochen haben. Problematisch sind etwa Dienste sogenannter Nachrichten-Aggregatoren, die teilweise auf fremder verlegerischer Arbeit aufbauen, ohne diese zu vergüten.
Verlegerische Leistungen kosten Zeit und Geld. Deswegen kann ich auch gut verstehen, dass ein Leistungsschutzrecht für Verleger gefordert wird. Deshalb arbeitet die Bundesregierung derzeit an einem Gesetzentwurf, der das Urheberrecht weiter an die Anforderungen einer modernen Informationsgesellschaft anpassen soll. Wir haben es nicht vergessen; es wird vorangetrieben. Wir streben eine ausgewogene Regelung an, die den berechtigten Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt. Im Übrigen werden wir diese Debatte um den Schutz der Rechte von Herausgebern und Journalisten an der Nutzung ihrer Werke auch auf europäischer Ebene vorantreiben, denn in Deutschland allein reicht eine solche Lösung nicht aus.
Wie ein künftiges Leistungsschutzrecht für Verleger auch immer aussehen mag – ein Allheilmittel wird es nach meiner Überzeugung nicht sein. Wir werden uns vor der Aufgabe trotzdem nicht drücken. Wir haben im Übrigen schon oft erlebt, dass, wenn wir in Deutschland eine Regelung eingeführt hatten, sie auch auf europäischer Ebene implementiert werden konnte. Wir dürfen und wir können allerdings nicht allein mit gesetzlichen Anpassungen auf neue Möglichkeiten digitaler Technologien reagieren, sondern es bleiben in erster Linie auch innovative Presseverleger gefragt, die immer wieder neue Wege gehen.
Sie haben das Thema des Pressefusionsrechts angesprochen. Wir wären unglaublich dankbar, wenn Sie uns hierfür einen Vorschlag vorlegen, dem wir uns dann rasch widmen würden. Natürlich würden wir dann sofort sehen, ob es ein allgemeiner und gemeinsam erarbeiteter Vorschlag ist oder ob schon am nächsten Tag wieder Einsprüche auf dem Tisch liegen. Also, an diesem Thema bleiben wir dran. Mir hat es schon vor Jahr und Tag eingeleuchtet, dass wir hier etwas machen müssen, dass das in unser aller Interesse und vor allen Dingen auch in Ihrem Interesse ist.
Auch dieser Kongress bietet sicherlich wieder viele Gelegenheiten, über aktuelle Entwicklungen in der Medienwelt und über neue Geschäftsmodelle zu diskutieren. Das ist wichtig für Sie und Ihren Erfolg als Verleger. Aber ich sage auch: Das ist wichtig für unser ganzes Land. Sie tragen eine hohe Verantwortung für unser Gemeinwesen. Sie werden dieser Verantwortung jeden Tag gerecht. Ich bitte Sie, das auch in Zukunft zu tun.
Sie machen gerne Zeitungen. Sie alle sind in diesem Genre verwurzelt. Und deshalb kann niemand besser als Sie die Zeitung für die Zukunft fit machen. Wo wir mit Leitplanken, mit Regelungen helfen können, wollen wir das konstruktive Gespräch fortsetzen, aber die Lust und die Freude daran, die Zeitungslandschaft zu gestalten, kommen von Ihnen. Ich sage auch ganz persönlich: Ich lese immer wieder gerne Zeitung. Nicht immer bin ich zufrieden mit dem, was da drinsteht, aber ich bin ein toleranter Mensch und liebe Freiheit und Demokratie. Pressefreiheit ist und bleibt konstitutiver Bestandteil unserer Demokratie.
Alles Gute und uns weitere gute Diskussionen.