zum Haushaltsgesetz 2018 vor dem Deutschen Bundestag am 17. Mai 2018 in Berlin:
- Bulletin 52-5
- 17. Mai 2018
Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir erleben eine Zeit der Gegensätze. Unsere Wirtschaft boomt. Innovationen aus Deutschland verkaufen sich in der ganzen Welt. Junge Menschen haben so gute Zukunftsaussichten wie in keinem anderen europäischen Land. Gleichzeitig gibt es viele sorgenvolle Menschen, die sich angesichts von Migration und einer rasanten technologischen Entwicklung herausgefordert fühlen. Wie können wir in einer solchen Situation unser Zusammenleben gestalten?
Ein Schlüssel für gutes Zusammenleben ist eine gute Bildungs- und Forschungspolitik. Gute Bildung ermöglicht allen Menschen, ihre individuellen Fähigkeiten zu entfalten. Sie ermöglicht ihnen, ihr berufliches und gesellschaftliches Leben zu gestalten. Forschung ermöglicht Innovationen, die unser aller Leben besser machen. Für eine solche Bildungs- und Forschungspolitik, die konsequent vom Menschen ausgeht, steht diese Bundesregierung. Dafür setze ich mich ein: in den Schulen, in den Berufsschulen, in den Hochschulen, in den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und in den Unternehmen. Heute möchte ich Ihnen drei Eckpunkte meiner Politik skizzieren.
Erstens: Für eine gute Bildung müssen alle, die Verantwortung tragen, an einem Strang ziehen. Ich möchte, dass Bildung von Bund, Ländern, Kommunen, Eltern, Lehrern und Schülern zusammen gedacht wird, unabhängig davon, wer im Detail die Verantwortung trägt. Ein zentraler Testfall für diese Zusammenarbeit ist der DigitalPakt. Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir – diesen Spruch kennt jedes Kind. Eine Schule, die auf das Leben vorbereitet, muss aufgreifen, wenn sich das Leben verändert, zum Beispiel durch die Digitalisierung. Digitale Medien gehören in jede deutsche Schule, einerseits um den Unterricht zu besser zu machen und um Kinder individueller zu fördern. Andererseits ist die Schule eine Vorbereitung auf das Leben. Die Nutzung digitaler Instrumente gehört mittlerweile zu unserem Alltag. Das muss sich auch in der Schule widerspiegeln. Den Umgang mit digitalen Medien unter pädagogischer Anleitung zu erlernen, das ist das Ziel.
Wir wollen viel Geld in die Hand nehmen, um unsere Schulen zu modernisieren, insgesamt fünf Milliarden Euro und davon allein 3,5 Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode.
Wichtig ist, dass wir jetzt zügig die Grundlage dafür schaffen und gemeinsam hier im Deutschen Bundestag und mit den Ländern das Grundgesetz ändern – im Interesse unserer Kinder. Mein Ziel ist, dass alle Kinder in unserem Land gute Bildungschancen haben, egal in welchem Teil Deutschlands sie aufwachsen, und auch, wenn sie mal umziehen müssen. Die Menschen müssen die unterschiedlichen Bildungsstrukturen in unserem Land vergleichen können, und sie müssen transparent sein.
Zudem haben wir unseren Wohlstand auch deshalb, weil unser Land über viele gut ausgebildete Köpfe verfügt. Neben Transparenz und Vergleichbarkeit ist deshalb auch weiterhin eine hohe Qualität unseres Bildungswesens von entscheidender Relevanz. Ein Nationaler Bildungsrat kann hier gute Dienste leisten. Deswegen werden wir einen Nationalen Bildungsrat ins Leben rufen. Bei den wichtigsten Bildungsthemen wird er Bund und Länder dabei unterstützen, gesamtstaatliche Strategien zu entwickeln, auf der Grundlage neuer Erkenntnisse aus der Bildungsforschung einerseits und des Wissens von Menschen aus der Praxis andererseits. Denn dabei ist klar: Schulbildung muss nah an den Menschen bleiben; nur dann wird sie auch erfolgreich sein.
Nah bei den Menschen, das ist auch die berufliche Bildung. Damit bin ich bei meinem zweiten Eckpunkt. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass die berufliche Bildung wieder die Wertschätzung erhält, die ihr zusteht. Gerade in einer Zeit der schnellen Veränderungen ist die enge Verknüpfung von theoretischer und praktischer Bildung ein enormer Vorteil. Wir werden deshalb die berufliche Bildung gerade auch für Leistungsstarke wieder hochattraktiv machen, denn bei uns sind berufliche und akademische Bildung gleichwertige Bildungswege, und dieses Bewusstsein will ich fest in den Köpfen verankern.
Mit dem Berufsbildungspakt, der Nationalen Weiterbildungsstrategie und der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes werden wir die Attraktivität der beruflichen Bildung weiter erhöhen. Wichtig ist, dass jeder junge Mensch seine Chancen im Leben bekommt, denn am Ende zählt weniger die Art des Abschlusses als das, was jemand daraus macht: ob jemand bereit ist, sich anzustrengen, sich weiterzuentwickeln und immer wieder Neues zu erlernen.
Eine Erstausbildung ist dabei ein wichtiger Startpunkt für ein gutes Leben. Lebenslanges Lernen aber ist der Schlüssel für Erfolg in Arbeitswelten, die sich rasant verändern. Neue Fähigkeiten werden gebraucht. Neue Berufe entstehen. Andere werden verschwinden. Ich verstehe auch gut, dass sich Menschen Sorgen darüber machen; aber ich bin zuversichtlich: Wenn wir es richtig machen, ist auch Vollbeschäftigung machbar.
Dazu müssen wir alle anpacken. Jeder Einzelne ist gefragt, sich selbst weiterzubilden, nicht nur auf eine Qualifikation zu setzen, sondern flexibel zu bleiben. Nur so werden wir den großen Fachkräftebedarf decken können. Mein Ministerium schafft die Voraussetzungen dafür. Wir werden die Aus- und Weiterbildung auf die Geschwindigkeit des modernen Lebens und Arbeitens ausrichten.
Aber natürlich geht es auch ums Geld; deswegen stehen wir ja heute hier. Wir unterstützen junge Menschen, die nach Bildung streben, und machen auch keine Unterschiede zwischen beruflicher und akademischer Bildung. Wir werden das BAföG für angehende Akademiker genauso stärken wie das Aufstiegs-BAföG für die berufliche Fortbildung. Das ist eine logische Konsequenz aus der Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung. Aber nur wenn wir die Chancen jedes Einzelnen wichtig nehmen, gewinnt die Gesellschaft als Ganzes.
So komme ich zu meinem dritten Eckpunkt. Ich möchte, dass Forschung die Menschen stets im Blick behält und dass ihre Ergebnisse den Menschen dienen. Selbstfahrende Autos, intelligente Haustechnik oder auch Hörgeräte, die sich auf den Sender konzentrieren: Es gibt heute schon viele Beispiele aus der Forschung, die zeigen, dass Dinge in unserem Alltag möglich sind, die wir vor einigen Jahren nur aus Science-Fiction-Filmen kannten. Wir wollen dieses enorme Potenzial nutzen, um unser aller Leben zu verbessern, um Krankheiten zu heilen, um Verkehrsströme zu lenken, um unser Lebensumfeld nachhaltiger zu gestalten.
Natürlich geht es auch darum, dass Deutschland weiterhin wirtschaftlich stark bleibt. Unser Wohlstand – unser gutes Leben – ist abhängig davon, dass wir im weltweiten Wettbewerb immer einen Schritt voraus sind. Dafür erarbeiten wir gerade eine neue Forschungs- und Innovationsstrategie, basierend auf dem Erfolgsmodell der Hightech-Strategie, die Sie schon kennen. Es geht weiterhin um die großen globalen Herausforderungen: Digitalisierung, Gesundheit, Klima, Energie, Mobilität, Sicherheit und Zukunft der Arbeit.
Einen wichtigen Schwerpunkt wird die Förderung von Schlüsseltechnologien bilden, insbesondere die künstliche Intelligenz. Die künstliche Intelligenz stellt uns vor eine Riesenaufgabe, sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich. Gesellschaftlich bewegen wir uns zwischen Faszination und Furcht. Wir freuen uns, wenn uns Maschinen langweilige und gefährliche Arbeit abnehmen. Aber was ist, wenn der Computer demnächst schlauer ist als wir? Wer trifft dann die Entscheidungen? Wir müssen darüber offen und breit diskutieren und einen rechtlichen und ethischen Rahmen setzen.
Es geht dabei auch um die deutsche Wirtschaftskraft, denn wir stehen in einem harten Konkurrenzkampf, insbesondere mit den USA und China. Wer am Ende die Nase vorn hat, kann Maßstäbe und Standards setzen und sichert wertvolle Arbeitsplätze in seinem Land. Das ist eine Frage von strategischer Bedeutung. Unsere zukünftige technologische Souveränität hängt maßgeblich davon ab. Deswegen wollen wir unsere Forschung weiter ausbauen und vernetzen, unter anderem durch eine deutsch-französische Kooperation.
Wir haben in Deutschland in den letzten 30 Jahren für dieses Forschungsgebiet, die künstliche Intelligenz, eine gute Basis aufgebaut. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz ist weltweit das umsatzstärkste. Auf dieser Grundlage müssen wir jetzt noch mehr Dynamik erzeugen, besonders beim Transfer von Forschungsergebnissen in innovative Produkte. Das braucht mutige neue Unternehmer, gerade auch aus der Wissenschaft heraus.
Mein Ziel ist, dass Deutschland sich traut, noch größere Innovationssprünge zu unternehmen. Dazu muss auch der Staat mehr Freiräume und Risikobereitschaft zulassen. Ich möchte dafür eine Agentur für Sprunginnovationen einführen, die staatlich finanziert und mit außergewöhnlichen Freiheitsgraden ausgestattet ist. Ich appelliere heute an Sie, mich zu unterstützen, wenn wir mit der geplanten Agentur ambitioniert neue Wege gehen wollen, denn was wir von Forschung und Wirtschaft verlangen, das müssen wir auch für uns, die Politik, gelten lassen.
Wir investieren in diesem Jahr gut 17,5 Milliarden Euro in Bildung und Forschung. Das ist der viertgrößte Etat der Bundesregierung. Eine solide Politik, wie sie gestern von Christian Lindner eingefordert wurde, schafft erst solide Konzepte und beginnt dann, sie mit Geld zu unterfüttern; siehe künstliche Intelligenz. Auch hier erarbeiten wir erst ein schlüssiges Konzept, nämlich in 2018, und für 2019 und die folgenden Jahre haben wir dann 100 Millionen Euro für die Umsetzung eingeplant.
Im Haushaltsjahr 2019 planen wir weitere Aufwüchse, die unsere solide Arbeit für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes mit Geld unterlegen. Schon jetzt senden wir aber mit diesem Haushaltsentwurf das klare Signal: Bildung und Forschung bleiben eine verlässliche Priorität dieser Bundesregierung. Wir werden sie mit Leben erfüllen, zum Wohl jedes Einzelnen, zum Wohl des Zusammenhalts unserer Gesellschaft.