jahreswirtschaftsbericht 1991 der bundesregierung (teil drei von drei)

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jahreswirtschaftsbericht 1991

der bundesregierung

soziale marktwirtschaft - grundlage fuer eine
weitere gesunde wirtschaftsentwicklung

herstellung der wirtschaftlichen, sozialen und
oekologischen einheit in deutschland

das bundesministerium fuer wirtschaft teilt mit:

das bundeskabinett hat in seiner sitzung am 8. maerz 1991
den jahreswirtschaftsbericht 1991 verabschiedet.

teil a "soziale marktwirtschaft - grundlage fuer eine
weitere gesunde wirtschaftsentwicklung" und teil b
"herstellung der wirtschaftlichen, sozialen und
oekologischen einheit in deutschland" haben folgenden
wortlaut:
(teil drei von drei)

iii. oekonomie und oekologie versoehnen

42.
die oeffnung der grenzen und die vereinigung deutschlands
hat ein oekologisches desaster in der ehemaligen ddr
offengelegt. diese hinterlassenschaft der sozialistischen
planwirtschaft fuehrt deutlich vor augen, dass die soziale
marktwirtschaft besser als andere wirtschaftsordnungen geeignet
ist, einen wirksamen schutz der natuerlichen umwelt zu sichern
und mit hohem wirtschaftlichen wohlstand zu verbinden.
die bundesregierung hat ihrer festen ueberzeugung, dass
zwischen oekonomie und oekologie kein gegensatz besteht,
fruehzeitig (vgl. jwb 1984, ziffer 46 und jwb 1985, ziffer
59 ff.) und wiederholt (vgl. zuletzt jwb 1990, ziffer 47 ff.)
ausdruck verliehen. sie stimmt voll der feststellung des
sachverstaendigenrates zu, dass der schutz der natuerlichen
umwelt integraler bestandteil des wachstumsziels ist.
"angemessenes wirtschaftliches wachstum ist nicht nur an
der quantitativen ausweitung der einkommen, der
produktion und der wirtschaftlichen leistungskraft zu messen,
dazu gehoert auch die qualitative verbesserung der natuerlichen
lebens- und produktionsgrundlagen" (ziffer 315 jg).

oekonomisch handeln in oekologischer verantwortung

43.
die bundesregierung wird der oekologischen orientierung in
der sozialen marktwirtschaft groessere geltung verschaffen.
auf der grundlage des verursacherprinzips gilt es, die
umweltverantwortung aller buerger zu staerken und das
eigeninteresse der betroffenen ins spiel zu bringen, um die
umweltvorsorge umfassend zu gewaehrleisten.
marktwirtschaftlicher wettbewerb ist dabei nicht nur der
wirksamste anreiz, um die entwicklung neuer produkte und
produktionsverfahren voranzutreiben. die innovativen kraefte
des wettbewerbs koennen auch fuer fortschrittlichen
umweltschutz nutzbar gemacht werden.
44.
zur durchsetzung der umweltvertraeglichkeit in allen
phasen - von der produktion ueber den verbrauch bis hin zur
entsorgung - hat die bundesregierung ein konzept mit
aufeinander abgestimmten massnahmen entwickelt. alle
beteiligten muessen in zukunft mehr mitverantwortung fuer
die von ihnen hergestellten, in den verkehr gebrachten oder
genutzten produkte ueber den gesamten lebenszyklus
hinweg uebernehmen. um den umweltschutz in politischen und
rechtlichen abwaegungsprozessen zu verstaerken, will die
bundesregierung, den umweltschutz als staatsziel im
grundgesetz verankern.
dem gesetzgeber soll die notwendige ausgestaltung
obliegen. beim zu erarbeitenden energiepolitischen
gesamtkonzept (vgl. ziffer 74 ff.) wird der umweltschutz als
integraler bestandteil der energiepolitik verstaerkt. die
umweltforschung muss dazu beitragen, die folgen globaler und
regionaler umweltveraenderungen besser zu verstehen und
entsprechend handeln zu koennen.
zur erfassung und - soweit moeglich - zur bewertung der
physischen umweltbelastungen sowie der kosten von
umweltschutzmassnahmen hat das statistische bundesamt
begonnen, ein umweltoekonomisches berichtssystem zu
entwickeln. erste ergebnisse liegen bereits vor. diese
arbeiten werden mit dem ziel fortgefuehrt, baldmoeglichst
ein tragfaehiges gesamtkonzept vorzulegen.

marktwirtschaftliche instrumente
verstaerkt fuer den umweltschutz einsetzen

45.
um die innovativen kraefte des wettbewerbs fuer
fortschrittlichen umweltschutz nutzbar zu machen, wird der
bereits eingeschlagene weg, marktwirtschaftliche instrumente
einzusetzen, konsequent fortgesetzt und verstaerkt. in diesem
sinne wird die bundesregierung das umweltpolitische
instrumentarium - unter einbeziehung aller oekologisch wirksamen
und oekonomisch effizienten instrumente - weiterentwickeln:
- das nunmehr in kraft getretene umwelthaftungsgesetz
verstaerkt ueber die verhaltenssteuernde wirkung der
haftungsvorschriften die umweltvorsorge.
- die information des buergers ueber umweltschonende
produkte und verhaltensweisen wird verbessert,
insbesondere durch das deutsche "umweltzeichen". die
bundesregierung beteiligt sich derzeit intensiv bei der
diskussion ueber die eg-weite einfuehrung einer derartigen
produktkennzeichnung.
- die bundesregierung beabsichtigt die einfuehrung einer
deponieabgabe auf sonderabfaelle, die einfuehrung einer
noch im einzelnen auszugestaltenden co2-abgabe und
die umwandlung der kfz-steuer in eine schadstoffsteuer
mit starker spreizung und co2-komponente.
- die umweltvertraeglichkeitspruefung wird unter anderem
im rahmen der novelle zur 9.
bundesimmissionsschutzverordnung umgesetzt.
- die bundesregierung prueft kompensationsregelungen im
abwasserbereich und im rahmen einer politik zur co2-
minderung.
die abgabenloesungen sind darauf gerichtet, die
inanspruchnahme natuerlicher ressourcen verursachergerecht
zu verteuern. auf diese weise werden signale fuer eine
ressourcenschonende produktion gesetzt.
ihre grenze finden oekonomische instrumente insbesondere
dort, wo absolute schutzziele (zum beispiel gesundheitsschutz)
verwirklicht werden sollen. die bundesregierung
wird daher das ordnungsrecht angemessen fortentwickeln.
hierzu gehoeren beispielsweise:
- kennzeichnungspflichten insbesondere fuer
schadstoffhaltige produkte,
- die europaweite durchsetzung der international
strengsten abgas- und laermgrenzwerte fuer den lkw,
- die eg-weite zulassung von pflanzenschutzmitteln nur
noch dann, wenn sie sich in angemessener zeit im boden
abbauen,
- die einfuehrung des rechts auf freien zugang zu
informationen ueber die umwelt durch die umsetzung der
entsprechenden eg-richtlinie.
die novellierung des bundesnaturschutzgesetzes wird fuer
das zusammenspiel von naturschutz und landwirtschaft
neue orientierungen setzen. dabei soll ein positiver akzent
auf die erbringung oekologischer leistungen mit besonderer
beachtung der land- und forstwirtschaft gesetzt werden,
die entsprechend zu honorieren sind. eine finanzielle
ausgleichsregelung als rechtsanspruch der land- und
forstwirtschaft bei nutzungsbeschraenkungen soll in das gesetz
aufgenommen und die finanzierung durch die bundeslaender
abgesichert werden.
46.
die bundesregierung setzt auch in der umweltpolitik verstaerkt
auf private initiative. der enorme investitionsbedarf
in den neuen bundeslaendern insbesondere im bereich der
umweltinfrastruktur (zum beispiel abwasser, abfall) bietet
die chance, organisatorisch wie finanztechnisch neue wege
zu beschreiten, die modellcharakter auch fuer das alte
bundesgebiet annehmen koennen.
die bundesregierung begruesst den aufbau privatwirtschaftlich
organisierter sammel- und verwertungssysteme im
bereich der abfallentsorgung. sie hat in der
verpackungsverordnung die moeglichkeit fuer privatwirtschaftliche
loesungen ausdruecklich vorgesehen. erzeuger und handel koennen
selbst verpackungen einsammeln und insbesondere stofflich
verwerten. dadurch werden oekonomische anreize zu einer
abfallvermeidenden verpackungsgestaltung sowie zur
herstellung und zum kauf wiederverwertungsfreundlicher
produkte gegeben.

weichen fuer eine gesunde umwelt
in den neuen bundeslaendern stellen

47.
die dramatische umweltbelastung in der ehemaligen ddr
hat ihre ursache darin, dass umweltschutzinteressen hinter
dem zwang zu kurzfristiger materieller planerfuellung
zuruecktreten mussten. notwendige investitionen in
moderne, ressourcenschonende produktionsanlagen und
infrastrukturen unterblieben deshalb. hinzu trat das
autarkiestreben in der rohstoffpolitik. da die betriebe nur
fuer die erfuellung des plans in die verantwortung genommen
wurden, hebelten so zentrale planvorgaben fuer die
unternehmen auch das verursacherprinzip aus. die einfuehrung
des verursacherprinzips ist daher eine der wichtigsten
weichenstellungen zu einer gesundung der umwelt. der sich
jetzt vollziehende strukturwandel bietet ausserdem die
chance zu einer grundlegenden verbesserung der umwelt.
die bundesregierung ist sich mit dem sachverstaendigenrat
darin einig, dass es nunmehr darauf ankommt, durch den
raschen abbau von investitionshemmnissen nicht nur einen
wirtschaftlichen aufschwung zu beschleunigen, sondern
damit auch eine verbesserung der umweltqualitaet zu
erzielen (ziffer 581 jg). die umfangreichen altlasten im
gebiet der ehemaligen ddr machen dabei prioritaetssetzungen
zwingend erforderlich. die bundesregierung ist entschlossen,
eine nationale solidaritaetsaktion "oekologischer
aufbau" ins leben zu rufen, an der wirtschaft, bund und
laender kooperativ mitwirken, um diese bedrueckende
erblast abzutragen.

umweltschutz weltweit zur geltung bringen

48.
die bundesregierung bekennt sich zu ihrer verpflichtung,
sich fuer eine umweltqualitaet einzusetzen, die auch
nachfolgenden generationen ein leben in einer intakten umwelt
erlaubt. es liegt mit in der verantwortung der entwickelten
laender, dass die oekonomische entwicklung in den aermeren
laendern auch oekologisch vertraeglich verlaeuft. nicht zuletzt
durch die gewaltige bevoelkerungszunahme wachsen die
globalen umweltprobleme und die uebernutzung der natur.
die bundesregierung wird im internationalen bereich auf
geeignete massnahmen hinwirken, vor allem auf den
abschluss einer weltklimakonvention, auf deren grundlage
die spurengas-, insbesondere die co2-emissionen, begrenzt
und die voraussetzungen fuer die erhaltung der tropischen
regenwaelder verbessert werden.

iv. wettbewerbsfaehigkeit im vereinten deutschland staerken

49.
der westdeutschen wirtschaft bescheinigt der
sachverstaendigenrat (ziffer 311 ff. jg) zu beginn der neunziger
jahre eine sehr gute verfassung. er hebt besonders den steileren
wachstumspfad hervor, den sie auf grund verbesserter
angebotsbedingungen eingeschlagen hat. ueber die aktuelle
lage hinaus eroeffnet der sachverstaendigenrat (ziffer 309
jg) fuer ganz deutschland eine optimistische perspektive:
"die chancen, dass die deutsche volkswirtschaft im ganzen
in den neunziger jahren einen vergleichsweise steilen
wachstumspfad einhalten kann, sind von den
marktgegebenheiten her guenstig." die bundesregierung stimmt mit
dem sachverstaendigenrat voll darin ueberein, dass dies "eine
stabilitaetsgerechte und wachstumsfreundliche wirtschaftspolitik"
voraussetzt. sie traegt dafuer vorsorge, dass die bundesrepublik
deutschland fuer inlaendische und auslaendische investoren
attraktiv bleibt. bestehende standortvorteile muessen
bewahrt und standortnachteile soweit wie moeglich abgebaut
werden. diese aufgabe stellt sich um so dringlicher, als
im zeichen einer zunehmenden globalisierung und
internationalisierung der maerkte der standortwettbewerb
haerter wird.

vorrang fuer strenge ausgabendisziplin in der haushaltspolitik

50.
die historische aufgabe der deutschen einheit erfordert
einen betraechtlichen finanzaufwand, auf den die oeffentliche
hand durch die solide haushaltspolitik der vergangenen
jahre gut vorbereitet ist. trotz fundamental geaenderter
rahmendaten bleibt die haushaltspolitik unveraendert darauf
gerichtet, im rahmen einer mittelfristigen strategie strikter
ausgabendisziplin die oeffentlichen haushaltsdefizite eng zu
begrenzen. allerdings ist die anstehende
konsolidierungsaufgabe nur dann befriedigend zu erfuellen, wenn
das wachstumspotential in der bundesrepublik erweitert wird.
um das vertrauen in eine gesunde finanzpolitik zu erhalten,
den kapitalmarkt zu entlasten und eine einengung des
kuenftigen finanzpolitischen handlungsspielraumes zu vermeiden,
ist eine rasche rueckfuehrung voruebergehend hoeherer
oeffentlicher defizite erforderlich. wie in den am 14. november
1990 verabschiedeten eckwerten zum bundeshaushalt 1991
vorgesehen, hat die bundesregierung mit dem
regierungsentwurf zum bundeshaushalt 1991 durch
haushaltsentlastungen von 35 mrd. dm eine nettokreditaufnahme
des bundes 1991 von etwa 70 mrd. dm vorgesehen. der
nach dem eckwertebeschluss vorgesehene mittelfristige
ausgabenanstieg bis 1994 von durchschnittlich 2 prozent wird
deutlich unterschritten. der neue finanzplan sieht von 1991
bis 1994 einen durchschnittlichen jaehrlichen ausgabenanstieg
von 1,7 prozent vor, er liegt damit weit unter dem
erwarteten zuwachs des nominalen bruttosozialprodukts.
gleichzeitig muessen auch die westlichen bundeslaender und
gemeinden alle anstrengungen unternehmen, um durch
entsprechende ausgabendisziplin ihren beitrag zur
defizitbegrenzung zu erbringen.
51.
um dem - auch vom sachverstaendigenrat (ziffer 326, 359 ff.
jg) geforderten - einsparungszwang zu genuegen, werden
nicht nur ausgabenzuwaechse beschnitten, sondern auch
bestehende ausgabenpositionen einschliesslich finanzhilfen
auf notwendigkeit und hoehe ueberprueft. insbesondere
werden ausgaben im verteidigungsbereich eingespart und
investitionsmittel in die neuen bundeslaender umgelenkt. zum
mittelfristigen konsolidierungskonzept gehoert ausserdem der
stufenweise abbau der berlin- und zonenrandfoerderung bis
ende 1994.
ueber das bislang vorgelegte mittelfristige
konsolidierungskonzept, das unter anderem den weiteren abbau von
steuerverguenstigungen und steuerlichen sonderregelungen mit
einem gesamtvolumen von mindestens 5 mrd. dm und von
finanzhilfen ansteigend bis 1994 in hoehe von 1,5 mrd. dm
vorsieht, sind angesichts der neuen wirtschaftlichen und
finanziellen anforderungen an die oeffentlichen haushalte
groessere anstrengungen unumgaenglich. dies ist schon
deshalb notwendig, um oeffentliche defizite und
steuererhoehungen zu begrenzen und damit verbundene moegliche
negative auswirkungen auf das wirtschaftswachstum, die daraus
resultierenden steuereinnahmen und die geldwertstabilitaet
zu vermeiden. die bundesregierung hat deshalb
beschlossen, zusaetzlich zu dem vereinbarten abbau von
steuerverguenstigungen und finanzhilfen einsparungen in hoehe
von weiteren rund 4 mrd. dm zu erzielen. dadurch soll sich ab
1992 ein subventionsabbauvolumen von rund 10 mrd. dm
ergeben. die bundesregierung begruesst, dass
spitzenverbaende der deutschen wirtschaft sie beim notwendigen
abbau der subventionen unterstuetzen.
um die ernsthaftigkeit der konsolidierungsziele zu
unterstreichen, ist ein zweijaehriges moratorium vorgesehen,
das neue staatliche leistungen und leistungsverbesserungen aus
dem bundeshaushalt ausschliesst. bereits grundsaetzlich in
aussicht genommene massnahmen duerfen nur verwirklicht
werden, wenn die dafuer erforderlichen haushaltsmittel
verfuegbar sind.
52.
durch die aktuellen veraenderungen der weltpolitischen
lage und die gewachsene verantwortung deutschlands in
der welt sind weitere belastungen auf den bundeshaushalt
zugekommen, die den bisherigen finanzrahmen
uebersteigen. auch bei aeusserster sparsamkeit sind
einnahmeverbesserungen unumgaenglich gewesen. die bundesregierung
hat deshalb beschlossen, ab 1. juli 1991 die mineraloelsteuer fuer
bleihaltiges benzin um 25 pf/l, fuer bleifreies benzin um
22 pf/l, fuer diesel um 10 pf/l und fuer heizoel um
2,34 pf/l anzuheben. mit der europaeischen gemeinschaft
soll gesprochen werden, ob eine staerkere anhebung der
mineraloelsteuer auf diesel moeglich ist. zum ausgleich einer
etwaigen geringen mineraloelsteuererhoehung bei diesel im
vergleich zu benzin wird die kfz-steuer bei diesel-pkw
entsprechend angehoben. die erdgassteuer wird verlaengert
und vom 1. juli 1991 um 1 pf/10 kwh angehoben. im
hinblick auf die belastungen, die fuer pendler durch die
erhoehung der mineraloelsteuer entstehen, wird die
kilometer-pauschale von 50 pf um 15 pf auf 65 pf angehoben.
die versicherungsteuer wird vom 1. juli 1991 von 7 prozent
um 3-prozent-punkte auf 10 prozent und die tabaksteuer ab
1992 um 1 pf pro zigarette angehoben. ausserdem wird ein
solidaritaetszuschlag zur lohn-/einkommen- und
koerperschaftsteuer nach art. 106 abs. 1 nr. 6 grundgesetz
erhoben. der solidaritaetszuschlag soll in hoehe von 7,5
prozent der steuerschuld beim lohnsteuerabzug und bei den
einkommensteuer- und koerperschaftsteuervorauszahlungen
vom 1. juli 1991 bis zum 30. juni 1992 (auf das jahr
gerechnet bei der veranlagung also 3,75 prozent) erhoben
werden. dem solidaritaetszuschlag werden alle einkommen ohne
ausnahmen linear unterworfen. insgesamt fuehren diese
massnahmen zu mehreinnahmen des bundes im jahre 1991
von rund 17,7 mrd. dm und im jahre 1992 um rund
28 mrd. dm.

steuerpolitischen reformkurs fortsetzen

53.
die steuerpolitik der naechsten jahre muss die bedingungen
fuer betriebliche investitionen und arbeitsplaetze weiter
verbessern. dies ist - so der sachverstaendigenrat (ziffer 380
jg) - zur sicherung des wachstums auf mittlere sicht, vor
allem auch fuer eine rasche belebung der investitionen und
der beschaeftigung in den neuen bundeslaendern sowie zur
sicherung der standortattraktivitaet gesamtdeutschlands
geboten.
54.
die bundesregierung wird in dieser legislaturperiode die
steuerreform fortfuehren. dabei wird sie die vorschlaege der
von der bundesregierung eingesetzten unabhaengigen
sachverstaendigenkommission zur reform der unternehmensbesteuerung
beruecksichtigen. das gesetzgebungsverfahren zur
fortfuehrung der steuerreform wird bis zum 31. dezember
1992, also rechtzeitig vor beginn des europaeischen
binnenmarktes, abgeschlossen sein. die einzelnen
entlastungsmassnahmen werden - gegebenenfalls in stufen - zum
fruehestmoeglichen zeitpunkt, spaetestens jedoch bis zum 1.
januar 1995 in kraft treten.
55.
neben einer weiteren verbesserung des
familienlastenausgleichs und einer weiteren steuerlichen
entlastung des existenzminimums werden fuer die unternehmen
vorrangig die gewerbekapital- und vermoegensteuer abgeschafft.
die gewerbesteuermesszahl wird fuer mittelstaendische
personenunternehmen nach der hoehe des gewerbeertrags
gestaffelt. zur finanzierung der entlastungen fuer die
unternehmen werden abschreibungsverguenstigungen abgebaut.

geldwertstabilitaet im vereinten deutschland bewahren

56.
fuer die sicherung der geldwertstabilitaet kommt der
geldpolitik der deutschen bundesbank entscheidende
bedeutung zu. die deutsche bundesbank hat mit dem fuer 1991
beschlossenen geldmengenziel fuer den gesamten deutschen
waehrungsraum gezeigt, dass sie ihre stabilitaetsorientierte
politik auch unter den neuen bedingungen des vereinigten
deutschland fortfuehren wird. die geldmengenausweitung
soll auf eine bandbreite von 4 prozent bis 6 prozent begrenzt
werden. die bundesregierung begruesst dieses
stabilitaetspolitisch wichtige signal. dieses geldmengenziel
ermoeglicht zugleich eine fuer eine hohe wachstumsdynamik
ausreichende liquiditaetsausstattung der wirtschaft und traegt
der ankerfunktion der d-mark im europaeischen
waehrungssystem rechnung.

wettbewerb, privatisierung und deregulierung intensivieren

57.
ein von verzerrungen freier, leistungsfaehiger wettbewerb,
deregulierung, privatisierung, marktoeffnung und die
ruecknahme des staates auf den kern seiner aufgaben sind
wichtige grundlagen der wachstums- und beschaeftigungspolitik
der bundesregierung. eine angemessene investitions- und
wachstumsdynamik bleibt unverzichtbar, um neue
arbeitsplaetze zu schaffen. fuer einen leistungsfaehigen
wettbewerb bleibt eine vielfaeltige und ausgewogene
unternehmensgroessenstruktur einschliesslich kleiner und
mittlerer unternehmen sowie der freien berufe notwendig.
58.
die bundesregierung betrachtet es als hauptaufgabe der
wettbewerbspolitik in den naechsten jahren, noch regulierte
maerkte verstaerkt zu oeffnen. insbesondere in den neuen
bundeslaendern muessen hindernisse, die der herausbildung
dezentraler wettbewerblicher entscheidungsstrukturen
entgegenstehen, so rasch wie moeglich beseitigt und insgesamt
der wettbewerb nach innen und aussen gestaerkt werden.
dies kommt in besonderem masse den verbrauchern zugute.
59.
mit der verabschiedung des gesamtkonzeptes fuer die
privatisierungs- und beteiligungspolitik des bundes vom
28. november 1990 wird die privatisierung von
bundesvermoegen und von dienstleistungen, die von der
oeffentlichen hand erbracht werden, fortgesetzt. das wichtige
bundesinteresse wird deshalb bei allen bundesbeteiligungen
unter anlegung kritischer massstaebe erneut ueberprueft.
eine konsequente privatisierung von dienstleistungen
insbesondere auf kommunaler ebene kann gerade in den neuen
bundeslaendern weitere felder fuer unternehmerische
taetigkeit eroeffnen.
60.
die bundesregierung wird - auch im hinblick auf die
vollendung des eg-binnenmarktes - die politik des abbaus
marktwidriger regelungen zur staerkung der marktkraefte
fortfuehren und die deregulierung weiter voranbringen. sie
wird hierzu die vorschlaege der deregulierungskommission,
die im fruehjahr 1991 ihren schlussbericht vorlegen wird,
sorgfaeltig pruefen. sie wird sich dabei auf die konkreten
vorschlaege stuetzen, die eine koalitionsarbeitsgruppe hierzu
machen wird.

rahmenbedingungen
fuer den finanzplatz deutschland verbessern

61.
in diesem jahr werden sich erstmals die abschaffung der
boersenumsatzsteuer, die beseitigung des
genehmigungserfordernisses fuer schuldverschreibungen, die
erweiterung der geschaeftsmoeglichkeiten der realkreditinstitute
und der bausparkassen sowie die erweiterung der
anlagemoeglichkeiten fuer die versicherungsunternehmen zugunsten
des deutschen finanzplatzes auswirken. die bundesregierung
wird eine novelle des kreditwesengesetzes vorschlagen, die
die eigenmittelanforderungen fuer deutsche kreditinstitute
an internationale massstaebe anpasst. ausserdem wird sie das
vertrauen in den deutschen finanzplatz durch ein gesetz
zum aufspueren von gewinnen aus schweren straftaten
sowie durch eine regelung zur verhinderung von
insidergeschaeften im rahmen einer vorgesehenen
boersengesetznovelle verstaerken. eine vergroesserung der zahl der
aktiengesellschaften und damit eine verbreiterung des angebots
an den boersen wird durch aktienrechtliche erleichterungen
fuer kleinere unternehmen gefoerdert werden, diese sollen
zum 1. januar 1993 in kraft treten. zugleich wird geprueft,
wie die uebertragbarkeit von gmbh-anteilen verbessert
werden kann.

die mittelstaendische wirtschaft fuer zusammenwachsende
maerkte in deutschland und europa staerken

62.
auch in der neuen legislaturperiode besteht eine zentrale
aufgabe der wirtschaftspolitik darin, die gesamtwirtschaftlichen
und mittelstandsspezifischen rahmenbedingungen so
zu gestalten, dass sich kleine und mittlere unternehmen
sowie die freien berufe im wettbewerb voll entfalten
koennen. eine ausgewogene mischung zwischen kleinen,
mittleren und grossen unternehmen ist eine wichtige
voraussetzung fuer eine guenstige entwicklung der wirtschaft
auch in den neuen bundeslaendern. kleine und mittlere
unternehmen koennen dabei auf grund ihrer besonderen
anpassungsflexibilitaet und ihrer innovationsbereitschaft
haeufig eine pionierrolle uebernehmen. die bundesregierung
teilt die einschaetzung des rates (ziffer 555 jg), dass mit dem
aufbau kleinerer und mittlerer unternehmen, der gruendung
selbstaendiger existenzen im handwerk, handel und anderen
privaten diensten in wesentlichem umfang neue
arbeitsplaetze entstehen. den angelaufenen foerderprogrammen
bescheinigt der rat (ziffer 340 jg), dass sie dem grundsatz
nach darauf angelegt sind, den notwendigen wandel in der
unternehmensstruktur einschliesslich der
existenzgruendungen voranzubringen.
mit guenstigen gesamtwirtschaftlichen rahmenbedingungen
und dem bewaehrten instrumentarium der mittelstandsfoerderung
gestaltet die bundesregierung das wirtschaftliche
umfeld in den neuen bundeslaendern so, dass die kleinen und
mittleren unternehmen moeglichst rasch und in der ganzen
breite der wirtschaft ihre rolle wahrnehmen, neue
unternehmen und freiberufliche existenzen entstehen koennen.
im vordergrund stehen existenzgruendungsfoerderung,
foerderung von modernisierungsinvestitionen sowie von
unternehmensberatungen, informations- und schulungsmassnahmen.
63.
um den marktwirtschaftlichen umstrukturierungsprozess zu
foerdern und bestehende monopolistische strukturen in der
ehemaligen ddr zu beseitigen, muessen mittelstaendische
unternehmen auch bei der privatisierung zum zuge kommen.
beim handel ist der vielfalt seiner formen rechnung zu
tragen. ermoeglicht werden sollte eine rasche entfaltung
neuer handelsunternehmen in innenstaedten und
aussenlagen. dies setzt neben zuegiger klaerung der
eigentumsverhaeltnisse die anwendung der vereinfachten
bauleitplanungen und eine moeglichst liberale anwendung des
baurechts voraus. vor allem die kommunen muessen jetzt das ihre
fuer die rasche entwicklung des handels, zum beispiel durch ein
angemessenes angebot von gewerberaeumen und -flaechen,
tun. dabei geht es nicht zuletzt auch um die baldige
revitalisierung der innenstaedte.
um die basis fuer die handwerkswirtschaft in den neuen
bundeslaendern zu verbreitern, muss qualifizierten und
erfahrenen kraeften, wie vor allem den meistern der ehemaligen
volkseigenen industrie, die keine handwerkliche
meisterpruefung abgelegt haben, grosszuegig eine
ausnahmegenehmigung erteilt werden. die liste der verwandten
handwerke wird erweitert.
die bundesregierung legt in diesem zusammenhang grossen
wert auf die zusammenarbeit mit den
selbstverwaltungsorganisationen der wirtschaft.
64.
die positive resonanz der mittelstaendischen wirtschaft auf
das euro-fitness-programm belegt, dass die dort
vorgesehenen massnahmen einen wirkungsvollen beitrag zur
vorbereitung des mittelstandes auf den eg-binnenmarkt
leisten. darueber hinaus hat die bundesregierung das
eurofitness-programm an die beduerfnisse der neuen
bundeslaender angepasst.
die initiativen der europaeischen gemeinschaft zugunsten
des mittelstandes, insbesondere das netz der eg-
beratungsstellen (euro-info-centren) und das beratungsnetz
fuer unternehmenskooperationen der europaeischen
gemeinschaft, werden auf die neuen bundeslaender ausgeweitet.
darueber hinaus beabsichtigt die europaeische gemeinschaft,
mittelstaendische unternehmen aus dem westlichen und oest
lichen teil europas ende des jahres zusammenzufuehren, um
vorhandene kooperationspotentiale auszuschoepfen.
65.
auf der grundlage des neuen berichts ueber die lage der
freien berufe (bt-drucksache 12/21) wird die
bundesregierung ihre politik fuer freie berufe fortsetzen und
weiterentwickeln. so sollen die freien berufe staerker in die
mittelstandsfoerderung einbezogen werden. um im europaeischen
binnenmarkt den unternehmerischen handlungsspielraum
der freien berufe zu verbessern, prueft die bundesregierung
gemeinsam mit den organisationen wirtschaftsnaher freier
berufe die bedingungen einer neuen partnerschaftsrechtsreform,
auch um das zusammenwirken verschiedener freier
berufe zu verbessern.

mit forschungs- und technologiepolitik
innovative perspektiven eroeffnen

66.
die derzeit ueberragende aufgabe der forschungs- und
technologiepolitik ist die staerkung der innovationskraft
der wirtschaft in den neuen bundeslaendern. die
umstrukturierung von im beitrittsgebiet vorhandenen potentialen
in leistungsfaehige forschungs- und entwicklungskapazitaeten
(fue) soll zukunftssichere arbeitsplaetze in der industrie
schaffen. die technologische wettbewerbsfaehigkeit der
betriebe in den neuen bundeslaendern soll durch eine breit
angelegte aufholstrategie erreicht werden, mit der ihr
forschungsniveau an westliche standards herangefuehrt werden
soll. dabei wird der aufbau eines leistungsfaehigen
innovativen mittelstands eine wichtige rolle spielen.
bei der aufholstrategie fuer die neuen bundeslaender kommt
es darauf an, rechtzeitig massnahmen zur marktorientierten
strukturanpassung von fue-einrichtungen, zur foerderung
der fue-taetigkeiten in unternehmen, zur zusammenarbeit
zwischen wissenschaft und wirtschaft sowie zum aufbau
einer leistungsfaehigen forschungsinfrastruktur zu ergreifen.
die fue-foerderung der wirtschaft versteht sich dabei als
hilfe zur selbsthilfe.
67.
im rahmen der forschungs- und technologiepolitik der
bundesregierung bildet neben der grundlagen- und
vorsorgeforschung sowie der wahrung langfristiger optionen
die foerderung von kleinen und mittleren unternehmen einen
schwerpunkt (vgl. zu den massnahmen zur forschungs- und
technologiepolitik die darstellungen im faktenbericht 1990
zum bundesbericht forschung). dabei wird es immer wichtiger,
den wissens- und technologietransfer zu beschleunigen
und zu verbreitern sowie bestehende kenntnisse besser zu
verwerten. insbesondere kommt es darauf an, die
breitenwirksame einfuehrung von schluesseltechnologien in
innovativen unternehmen des mittelstandes zu unterstuetzen.
68.
auf den europaeischen binnenmarkt koennen sich transnational
operierende unternehmen wie bislang eher regional
aktive kleine und mittlere unternehmen unter anderem auch
ueber fue-kooperation mit unternehmen aus anderen
eglaendern, der teilnahme an den spezifischen programmen
der eg oder der eureka-initiative vorbereiten.
die bundesregierung hat es sich auf der dritten
europaeischen mittelstandskonferenz im oktober 1990 gemeinsam
mit der eg-kommission zur aufgabe gemacht, auf dem
weg nach europa vor allem auch die chancen der kleinen
und mittleren unternehmen zu verbessern. hierbei kann auf
bereits eingeleiteten massnahmen der information ueber die
eg-programme und der erleichterung des zugangs zu den
programmen aufgebaut werden. die in deutschland gut
etablierte industrielle gemeinschaftsforschung soll auch auf
die eg ausgedehnt werden, um es vor allem kleinen und
mittleren unternehmen zu ermoeglichen, in europa mit
gemeinsamen forschungszielen zusammenzuarbeiten.

durch regionale wirtschaftsfoerderung
den strukturwandel flankieren und beschleunigen

69.
mit dem einigungsvertrag wurde die gemeinschaftsaufgabe
"verbesserung der regionalen wirtschaftsstruktur" auf die
neuen laender und berlin (ost) uebergeleitet. hiermit
wurden die voraussetzungen fuer die foerderung von
investitionen im bereich der gewerblichen wirtschaft und der
wirtschaftsnahen infrastruktur geschaffen. fuer eine
uebergangszeit von fuenf jahren ist das gesamte gebiet der
bisherigen ddr foerdergebiet der regionalen wirtschaftsfoerderung.
ein foerderhoechstsatz von 23 prozent sichert zusammen mit
der investitionszulage von 12 bzw. 8 prozent und den
vorgesehenen sonderabschreibungen einen praeferenzvorsprung
fuer investitionen in den neuen laendern. insgesamt ist fuer
die gemeinschaftsaufgabe "verbesserung der regionalen
wirtschaftsstruktur" auf dem gebiet der bisherigen ddr in den
naechsten fuenf jahren ein betrag von jaehrlich 3 mrd. dm
vorgesehen, ergaenzt durch einen beitrag von jaehrlich rund
1 mrd. dm fuer 1991 bis 1993 aus dem eg-regionalfonds.
die bundesregierung stimmt mit dem sachverstaendigenrat
(ziffer 341 jg) ueberein, dass die regionale strukturpolitik
in den neuen laendern dem wachstumsziel prioritaet vor dem
ausgleichsziel einraeumen muss.
fuer regionen, die in besonderem masse von
arbeitsplatzverlusten betroffen sind, hat die bundesregierung
im rahmen des gemeinschaftswerks aufschwung-ost darueber
hinaus ein sonderprogramm beschlossen. durch die bereitstellung
zusaetzlicher mittel in hoehe von jeweils 600 mill. dm
fuer 1991 und 1992 soll die schaffung von wettbewerbsfaehigen
dauerarbeitsplaetzen und einer leistungsfaehigen
wirtschaftsnahen infrastruktur beschleunigt werden.
gerade die ueberleitung des gesetzes ueber die
gemeinschaftsaufgabe "verbesserung der regionalen
wirtschaftsstruktur" hat gezeigt, wie leistungsfaehig
kooperativer foederalismus sein kann. hier wurde ein bewaehrtes
instrumentarium mit festgelegten rahmenregelungen
uebertragen. die umsetzung in den neuen laendern wird auch
dadurch erleichtert, dass die alten bundeslaender erfahrene
fachbeamte entsandten und der bund fruehzeitig eine grosse
zahl von foerderreferenten fuer die neuen laender ausbildete.
je eher die neuen laender in ihre verantwortung hineinwachsen,
desto frueher koennen sich bund und alte bundeslaender
aus den fragen der durchfuehrung zurueckziehen und diese
entsprechend der grundgesetzlich festgelegten
aufgabenteilung den neuen laendern ueberlassen.
70.
ein regionalwirtschaftlich konsistentes gesamtkonzept fuer
deutschland erfordert auch ein ueberdenken der prioritaeten
in den westdeutschen bundeslaendern, worauf der
sachverstaendigenrat zu recht hinweist (ziffer 344 jg). hierzu
gehoert zum einen der abbau der berlin- und
zonenrandfoerderung. fuer die gemeinschaftsaufgabe "verbesserung
der regionalen wirtschaftsstruktur" bedeutet dies, dass die
strukturstarken ehemaligen zonenrandregionen aus dem
foerdergebiet ausscheiden. gleichzeitig werden die
foerderpraeferenzen, die im ehemaligen zonenrandgebiet bisher
bis zu 23 prozent betragen konnten, auf bis zu 18 prozent
abgesenkt. die haushaltsmittel, die fuer die gemeinschaftsaufgabe
in den westdeutschen laendern zur verfuegung stehen,
werden ab 1992 schrittweise gekuerzt. damit wird dem
investor in den neuen laendern ein zusaetzlicher
foerderpraeferenzvorsprung gewaehrt. im rahmen der neuabgrenzung
des foerdergebietes, bei der alle westdeutschen regionen nach
denselben kriterien der foerderbeduerftigkeit beurteilt
werden, wird das foerdergebiet insgesamt um ueber ein fuenftel
reduziert. im rahmen der arbeiten an einem
regionalpolitischen gesamtkonzept wird auch geprueft, ob kleine
und mittlere unternehmen ausreichend beruecksichtigt sind.
71.
ein weiterer schwerpunkt fuer die regionalpolitik zeichnet
sich mit der entwicklung und umsetzung eines konzepts zur
flankierung des anpassungsprozesses bei freisetzungen von
arbeitskraeften infolge des truppenabbaus ab. in diesem
konzept muessen die massnahmen im rahmen der
gemeinschaftsaufgabe "verbesserung der regionalen
wirtschaftsstruktur" vor allem mit den aktivitaeten in den
bereichen arbeitsmarkt- und sozialpolitik, aber auch mit
einer reihe anderer massnahmen koordiniert werden.

in der wohnungspolitik marktgerecht akzente setzen

72.
viele wohnungsmaerkte im gebiet der alten bundeslaender
stehen auch in diesem jahr im zeichen deutlichen
nachfragedrucks. das angebot konnte damit noch nicht
schritt halten, doch zeigt die entwicklung bei den
baugenehmigungen, dass entlastung in sicht ist.
fuer die weitere entwicklung ist wichtig, dass die laender
und gemeinden ihren beitrag zur ausweitung des
wohnungsbaus leisten und verstaerkt bauland ausweisen sowie
planungs- und genehmigungsverfahren beschleunigen. der
bund wird die durch den truppenabbau frei werdenden
grundstuecke vor allem fuer den sozialen und studentischen
wohnungsbau preisguenstig zur verfuegung stellen.
angesichts der gewachsenen risiken bei zinsen, bau- und
baulandpreisen gilt es, vor allem die bedingungen fuer die
bildung von wohneigentum zu verbessern. deshalb wird
rueckwirkend ab anfang 1991 die steuerliche foerderung des
wohneigentums nach paragraph 10 e einkommensteuergesetz
verbessert und das baukindergeld erhoeht.
die bundesregierung wird ihre marktwirtschaftliche
wohnungspolitik mit wirksamer sozialer flankierung fortsetzen.
dazu zaehlt die fortfuehrung des sozialen wohnungsbaus, die
absicherung durch wohngeld und ein verbessertes soziales
mietrecht ebenso wie die ausweitung des instruments der
fehlbelegungsabgabe.
73.
von besonderer bedeutung sind die aufgaben bei der
umgestaltung der wohnungspolitischen rahmenbedingungen
fuer die neuen bundeslaender. der rat erkennt die mit
dem einigungsvertrag verbundenen weichenstellungen
zugunsten von neubau- und modernisierungsinvestitionen
an, mahnt jedoch auch zu einer zuegigen aufhebung der
preisbindung fuer die bestandsmieten (ziffer 576 f. jg). die
bundesregierung schafft dafuer die voraussetzungen, dass die
betriebskosten umgelegt und die mieten um durchschnittlich
1 dm je m2 angehoben werden koennen. ausserdem sollen
besondere anreize zur instandsetzung der vielfach schlecht
erhaltenen mietwohnungsbestaende dadurch gegeben
werden, dass deren kosten in bestimmtem umfang wie
modernisierungskosten auf die miete umgelegt werden koennen.
durch entsprechende verbesserungen beim wohngeld wird
gewaehrleistet, dass diese massnahmen auch fuer
einkommensschwaechere haushalte sozial vertretbar bleibt.
in den neuen bundeslaendern muessen zusaetzliche
schwerpunkte bei der wohnungs- und staedtebaufoerderung gesetzt
werden. dazu zaehlt die oeffnung und aufstockung der
programme, die gewaehrung spezieller staedtebaulicher
planungshilfen sowie eine zusaetzliche
wohneigentumsfoerderung in form besonderer lastenzuschuesse.
zur eigentumsbildung soll auch die privatisierung und
veraeusserung der frueheren volkseigenen wohnungen vorrangig
an die mieter beitragen.
in diesem zusammenhang steht das bemuehen der
bundesregierung, entsprechend dem ersten staatsvertrag eine
sichere rechtsgrundlage fuer die einfuehrung marktgerechter
zinsen bei den wohnungsbaudarlehen in den neuen
bundeslaendern zu schaffen. die bundesregierung wird
voruebergehend fuer eigenheimbesitzer und private vermieter
ausgleichsmassnahmen fuer die durch die zinsanpassung
entstandenen haerten vorsehen.

fuer die energiepolitik ein gesamtkonzept schaffen
74.
die energiepolitik steht vor der aufgabe, mit der
integration der neuen bundeslaender ein energiepolitisches
gesamtkonzept fuer die neunziger jahre vorzulegen, das die
notwendigen wirtschafts- und energiepolitischen
rahmendaten neu setzt. dabei muessen gleichzeitig die ziele
des europaeischen binnenmarktes beruecksichtigt werden. die
bundesregierung strebt hierbei einen energiepolitischen
konsens zwischen bund und laendern sowie den parteien des
deutschen bundestages an.
einen wichtigen eckpunkt fuer das energiepolitische
gesamtkonzept wird eine strategie zur verminderung der
energiebedingten co2-emissionen darstellen, die dem schutz der
erdatmosphaere dient. die bundesregierung verfolgt dabei
das ziel, bis zum jahr 2005 eine verringerung der co2-
emission um 25 bis 30 prozent zu erreichen. sie wird hierbei
marktwirtschaftlichen instrumenten prioritaet einraeumen.
entsprechend dem kabinettbeschluss vom 7. november 1990
wird die bundesregierung ein konzept vorlegen, fuer das die
ressorts vorschlaege fuer massnahmen insbesondere zur
verstaerkten energieeinsparung und rationellen
energieverwendung sowie zur verstaerkten nutzung erneuerbarer
energien ausarbeiten. die im einzelnen noch festzulegende co2-
abgabe muss so bald wie moeglich in eine europaeische
konzeption fuer eine klimaschutzsteuer/-abgabe eingebunden
werden. da allein mit einer nationalen co2-reduktion
keine ausreichende wirkung zur verminderung der globalen
klimagefaehrdung erreicht werden kann, wird die
bundesregierung intensiv an den inzwischen begonnenen
verhandlungen zum abschluss einer weltweiten
klimaschutzkonvention mitwirken.
75.
die bundesregierung teilt die auffassung des
sachverstaendigenrates (ziffer 569 jg),
dass in den neuen bundeslaendern
die rasche einfuehrung knappheitsgerechter energiepreise
von entscheidender wichtigkeit fuer die herausbildung einer
neuen struktur der energiewirtschaft ist. bereits zum 1. juli
1990 ist die freigabe aller energiepreise ausser der fuer
private haushalte erfolgt. zum 1. januar 1991 wurden die
energiepreise fuer nicht-heizzwecke fuer tarifkunden
(haushalte, gewerbe, landwirtschaft) freigegeben bzw. nach
bundestarifordnung elektrizitaet genehmigt. die preise fuer
heizenergien fuer private haushalte sind bis ende april 1991
festgesetzt. die damit einhergehenden preisstuetzungen sind
aus den haushalten der neuen bundeslaender zu bestreiten.
dies gilt auch fuer den fall, dass nach preisfreigabe ab 1. mai
1991 weitere hilfen unter sozialen gesichtspunkten fuer
erforderlich gehalten werden.
im zusammenhang mit der notwendigen sanierung der
energiewirtschaft in den neuen bundeslaendern misst die
bundesregierung der privatisierung in den bereichen
strom-, gas- und mineraloelwirtschaft grosse bedeutung bei.
76.
steinkohle und braunkohle muessen auch in zukunft im
vereinigten deutschland wesentlich zur sicherheit der
energieversorgung beitragen. die von der bundesregierung
eingesetzte expertenkommission ("mikat-kommission") hat
ihren bericht zur entwicklung einer konsensfaehigen
anschlussregelung nach 1995 fuer die verstromung deutscher
kohle vorgelegt. der bundesminister fuer wirtschaft hat
daraufhin bei den unternehmen des steinkohlenbergbaus
optimierungskonzepte zur anpassung der foerderkapazitaet
angefordert. nach ihrer erstellung wird die
bundesregierung schnell mit der eg-kommission klarheit ueber
die anschlussregelung fuer den jahrhundertvertrag mit neuem
mengenrahmen ab 1996 schaffen. die verhandlungen mit
der eg-kommission ueber die steinkohleverstromung bis
1995 wird sie auf der basis von 40,9 mill. tonnen pro jahr
fuehren.
der einsatz heimischer steinkohle in der verstromung ist
wirtschaftlich und oekologisch mit der weiteren nutzung der
kernenergie verknuepft. auf den einsatz von kernenergie
kann insbesondere angesichts des befuerchteten treibhauseffektes
auf absehbare zeit nicht verzichtet werden. fuer den
einsatz der kernenergie gilt dabei, dass sicherheit vorrang
vor wirtschaftlichkeit hat. am hohen sicherheitsniveau
kann und wird es auch bei den kernkraftwerksprojekten in
den neuen bundeslaendern keine abstriche geben.
77.
wichtige vorhaben im bereich des energierechts sind die
novellierung des konzessionsabgabenrechts und des
energiewirtschaftsgesetzes. ziel der umgestaltung des
konzessionsabgabenrechts ist die gleichbehandlung der
kommunen einschliesslich der in den neuen bundeslaendern
bei gleichzeitiger begrenzung des volumens der abgabe.
bei der novellierung des energiewirtschaftsgesetzes sollen
umweltschutz und ressourcenschonung gleichrangig in den
zielkatalog des gesetzes aufgenommen und moeglichkeiten
zur deregulierung genutzt werden.