Mutig den Schwung nutzen und weiterentwickeln

Online-Dialog „Kulturwandel Digitales Lernen“ Mutig den Schwung nutzen und weiterentwickeln

Die Bundeskanzlerin hat dazu aufgefordert, die in der Pandemie entwickelten Ideen für digitales Lernen weiter auszubauen. Es sei wichtig, „dass sich der Mut fortsetzt, neue Wege zu gehen“, sagte Merkel beim Online-Dialog „Kulturwandel Digitales Lernen“. Hierbei sprach sie mit Lehrkräften, Gründern und Expertinnen über innovative Ideen zur digitalen Bildung.

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Digitales Lernen

Bundeskanzlerin Merkel sprach am Dienstag in einem online-Dialog über digitales Lernen.

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Mehr Tempo bei der Digitalisierung der Schulen, eine stärkere Vernetzung der Lehrkräfte – und Best-Practice-Beispiele zum digitalen Lernen konsequenter nutzen: Bundeskanzlerin Merkel will dem digitalen Lernen und Lehren mehr Schub verleihen. Die Pandemie hat deutlich gezeigt, an welchen Stellen es hierbei noch hakt. Umso mehr Anlass für die Kanzlerin, sich bei ihrem Online-Dialog über innovative Ideen und gute Erfahrungen zu informieren. Es sei schon „spannend, was da auf dem Markt los ist“, betonte Angela Merkel.

Entstandene Kreativität nutzen

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hob hervor, dass in den Schulen während der Pandemie sehr viel Kreativität entstanden sei. „Und das ist genau das, was wir jetzt erhalten müssen“. Insbesondere brauche es eine „nationale Kraftanstrengung“, damit Kinder nicht durch die Pandemie zurückgeworfen würden, so Karliczek.        

Am Online-Dialog der Kanzlerin zum „Kulturwandel Digitales Lernen“ nahmen seitens der Bundesregierung auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und Digital-Staatsministerin Dorothee Bär teil. Zudem dabei waren fünf Lehrkräfte und Gründer, die ihre kreative Ideen für digitales Lernen vorstellten. Mitdiskutiert haben auch Verena Pausder von der Initiative „Digitale Bildung für alle“, Birgit Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik an der Universität Paderborn sowie die Rektorin der Fernuniversität Hagen, Ada Pellert.    

Fortbildung für Lehrkräfte

Lehrerin und Medienpädagogin Verena Knoblauch machte in dem virtuellen Dialog deutlich, dass nach ihrer Überzeugung ein Großteil der Lehrkräfte motiviert sei, neue Wege beim digitalen Lernen zu gehen. Viele hätten zu Beginn der Pandemie von einen auf den anderen Tag etwas auf die Beine gestellt, ohne Experten für digitalen Unterricht zu sein. Wichtig sei die weitere Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer – gerade mit Blick auf die Zeit nach der Pandemie.

Schulbuch zu Lernplattform weiterentwickeln

Kai Schmidt, Schulleiter und Mathelehrer aus Niedersachsen, ist hingegen schon seit Jahren ein Experte des digitalen Lernens. Bekannt als „Lehrerschmidt“ mit eigenem YouTube-Kanal vermittelt er Unterrichtsinhalte in Lernvideos. „Für mich ist ein Lernvideo aber nur ein Werkzeug unter vielen“, betonte Schmidt. Insgesamt wünsche er sich die Weiterentwicklung des Schulbuches zu einer digitalen individuellen Lernplattform.

Die Frage der Kanzlerin, ob er seine Vorgesetzten bei seinem Start als YouTuber um Erlebnis bitten musste, beantwortete Schmidt mit einem klaren Ja. Hob aber hervor, dass es dabei kein Problem gegeben habe.

„Es braucht mehr Handlungssicherheit“ 

Innerhalb des Schulsystems mit Mut Freiräume nutzen und neue Wege gehen – ein inhaltlicher Schwerpunkt des Online-Dialogs. Viele Lehrkräfte hätten allerdings Angst, hierbei Fehler zu machen, meinte Anika Buche. Sie ist Lehrerin und Gründerin einer sozialen Initiative, die in einer Art Blaupause Schulen Konzepte und Werkzeuge für den digitalen Unterricht bereitstellt. „Es braucht an den Schulen mehr Handlungssicherheit und Autonomie“, zeigte sich Buche überzeugt. Dann würden noch mehr Lehrkräfte innovative Ideen umsetzen.

Die Bundeskanzlerin würdigte den Einsatz der vielen Lehrerinnen und Lehrer, die schon jetzt kreative Lösungen zum digitalen Lernen umsetzen. Und ermunterte grundsätzlich, hierbei mutig voranzuschreiten.

Merkel fordert mehr Tempo

Merkel selbst ging deutlich auf ein Thema ein, das vielen bei der Digitalisierung der Schulen unter den Nägeln brennt – das oft als zu langsam empfundene Tempo. Deutschland müsse deutlich schneller werden, um im digitalen Zeitalter mitzukommen, so die Kanzlerin. Das gelte auch für das Verwaltungshandeln. Es könne nicht sein, dass es so lange dauere, bis beispielsweise ausreichend Tablets beschafft seien.

Merkel bezog sich hierbei auf Verwaltungsvereinbarungen, die der Bund mit allen 16 Bundesländer schließen müsste. Bundesbildungsministerin Karliczek ergänzte, dass zuletzt viel innerhalb des Digitalpaktes Schule passiert sei. Die Strukturen seien aber noch sehr träge.

Diesen Eindruck teilte auch Birgit Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik an der Universität Paderborn. „Wir spielen oft Hase und Igel“. Erst werde nachgebessert, und wegen der schnellen technischen Entwicklung stehe man dann bei der Digitalisierung oft wieder am Anfang. Länder wie Dänemark, Niederlande und Estland seien Vorreiter.

Mehr Vernetzung notwendig  

Doch was sind weitere Kriterien für erfolgreiches digitales Lernen und Lehren? Wichtig erschien allen Beteiligten beim Dialog eine stärkere Vernetzung von Schulen und Lehrkräften. Es gelte, Best-Practice-Beispiele wesentlich bekannter zu machen, so die einhellige Meinung. Schon jetzt tauschten sich im „Twitter-Lehrerzimmer“ viele engagierte Lehrkräfte aus, berichtete Verena Knoblauch. Dort diskutieren Lehrerinnen und Lehrer auf Twitter beispielsweise über digitale Unterrichtpraxis und Schulentwicklung.

Digitale Bildungsprojekte fördern

Die Kanzlerin setzte sich zudem dafür ein, auch digitale Bildungsprojekte außerhalb des staatlichen Systems bekannter zu machen. Hierzu stellte Stephan Bayer seine Online-Plattform „sofatutor“ vor, bei der Lehrkräfte Schülerinnen und Schülern praktisch rund um die Uhr per Chat und Mail für Fragen zur Verfügung stehen. Zudem gebe es 11.000 Lernvideos, die bereits auch zahlreiche Schulen im Unterricht einsetzten.

Ein weiteres Beispiel ist die „Corona-School“, die der Student Christopher Reiners zu Beginn der Pandemie mit einem Freund gegründet hat. Hierbei geben Studierende ehrenamtlich Schülerinnen und Schülern digital Lernunterstützung.

Gründer Reiners will sein Projekt langfristig fortsetzen. Wie der Online-Dialog gezeigt hat, werden auch viele der anderen innovativen Ideen zum digitalen Unterricht noch lange gebraucht – erst recht in der Zeit nach der Pandemie.   

Der Online-Dialog „Kulturwandel Digitales Lernen“ steht in engem Zusammenhang mit der „Initiative Digitale Bildung“ . Hierfür gaben Bundeskanzlerin Merkel und Bundesbildungsministerin Karliczek am 22. Februar den Startschuss. Ziel der Initiative ist es, das Lernen mit digitalen Angeboten weiter zu verbessern und das Wissen über die wichtigsten Felder der Digitalisierung zu stärken. Und zwar für Menschen in jedem Alter und mit jeder Vorbildung. Alle Generationen sollen sich souverän in der digitalen Welt bewegen können