"Nehmen Sie das Virus weiterhin ernst!"

Sommer-Pressekonferenz der Kanzlerin "Nehmen Sie das Virus weiterhin ernst!"

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in der Bundespressekonferenz den Fragen von Journalistinnen und Journalisten gestellt. Es ging um die Corona-Pandemie, die Europäische Union und um viele andere aktuelle Themen. 

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Das Bild zeigt Kanzlerin Merkel auf dem Podium der Bundespressekonferenz

Kanzlerin Angela Merkel am Freitag in der Bundespressekonferenz

Foto: Bergmann/Bundesregierung

Bei ihrer Neujahrsansprache habe sie sich nicht vorstellen können, was das Jahr 2020 bringen würde, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Beginn ihrer traditionellen Sommer-Pressekonferenz. Die Corona-Pandemie stelle eine nie dagewesene Herausforderung dar. Für jeden von uns habe sich das Leben dramatisch verändert. "Das Virus ist eine demokratische Zumutung", so die Kanzlerin am Freitag in Berlin. 

Menschen in Deutschland haben Vernunft und Mitmenschlichkeit gezeigt

Man müsse damit rechnen, dass manches in den nächsten Monaten noch schwieriger sein wird als jetzt im Sommer. "In den nächsten Monaten wird es darauf ankommen, die Infektionszahlen niedrig zu halten, wenn wir uns wieder drinnen aufhalten", so die Kanzlerin. Da es trotz intensiver Forschung bisher weder ein Medikament noch einen Impfstoff gebe, sei ihre Grundhaltung eine "der Wachsamkeit und der Aufmerksamkeit, gerade jetzt, da die Infektionszahlen über die letzten Wochen wieder so deutlich gestiegen sind".

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Video  "Wir werden noch längere Zeit mit diesem Virus leben müssen"

Das vergangene halbe Jahr gebe ihr aber auch Zuversicht, sagte Merkel. "Denn wir alle zusammen, Bürger und Staat, haben es, gemessen an der Herausforderung, bis hierher wirklich gut bewältigt." Schlimme Erfahrungen anderer Länder, etwa überforderte Krankenhäuser, seien Deutschland erspart geblieben, weil "wir ein gutes Gesundheitssystem haben und die Menschen Vernunft gezeigt haben". Dafür werde sie den Menschen ewig dankbar sein, so Merkel.

Auf die Nachfrage, was sie persönlich in der Corona- Pandemie am meisten vermisse, antwortete Merkel: "Spontane Begegnungen." Positiv überrascht hätte sie aber, wie gut Videokonferenzen auch für ihre Arbeit funktionieren, so die Kanzlerin.

Zentrale Themen: Bildung, Wirtschaft, Zusammenhalt

Für die kommenden Monate sieht Merkel drei Schwerpunkte im Umgang mit der Pandemie:

Bildung: "Die Kinder dürfen nicht Verlierer der Pandemie sein. Ihre Bildung muss das Allerwichtigste sein. Schule darf niemanden zurücklassen."

Wirtschaft: "Unsere Wirtschaft muss am Laufen gehalten, ihre Innovationskraft gestärkt werden" - etwa bei den Klimatechnologien, der Digitalisierung und Energiewende.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt: "Die Pandemie belastet die Bevölkerung sehr ungleich": Es sei wichtig, sich vor allem um Ältere, Arbeitsuchende, Kleinunternehmen, Studierende, die ihren Nebenjob verloren haben, und Kunstschaffende zu kümmern.

EU-Ratspräsidentschaft in Corona-Zeiten

In herausfordernden Zeiten hat Deutschland noch bis Ende 2020 die EU-Ratspräsidentschaft inne. Merkel bedauerte, dass Veranstaltungen, auf die sich Deutschland gefreut habe, nicht alle stattfinden konnten. Für die nächste Zeit stehe im Mittelpunkt, die 27 Mitgliedstaaten durch die Krise und stark aus ihr herauszuführen. Der vereinbarte Wiederaufbaufonds müsse 2021 wirksam werden. "In der Krise dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, womit wir die Zukunft gewinnen wollen: Klimaschutz, Digitalisierung. Hier muss die EU den Anschluss finden oder vorne dabei sein", sagte die Kanzlerin.

In den kommenden Monaten erwarte sie zudem Vorschläge der EU-Kommission zur Migrationspolitik. Das Thema Flucht und Migration werde ein langes Thema des 21. Jahrhunderts sein, so Merkel. Angesprochen auf den Satz "Wir schaffen das!", den sie in der Sommerpressekonferenz 2015 zur Aufnahme von Flüchtlingen gesagt hatte, betonte die Kanzlerin: Sie würde wesentlichen Entscheidungen wieder so fällen. Man könne Grenzen kontrollieren, aber wenn so viele Menschen kämen, könne man es nicht auf ihrem Rücken austragen. "Man muss sie als Menschen behandeln", so Merkel.