Internationaler Handel
Zölle, Freihandel und Handelsbilanzen – diese Schlagworte sind derzeit überall zu lesen. Eine schriftliche Vereinbarung klärt jetzt wichtige Details zur Grundsatzeinigung der Europäischen Kommission mit den Vereinigten Staaten. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
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Containerschiffe transportieren riesige Mengen an Gütern weltweit. Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA machen fast 30 Prozent des weltweiten Handels aus.
Foto: IMAGO/Stephan Wallocha
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat nach der Zolleinigung mit den USA betont, dass die Europäische Union stets die besten Ergebnisse für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen anstrebe und die schriftliche Vereinbarung die notwendige Klarheit für alle im internationalen Handel wiederherstelle.
„Dies ist nicht das Ende des Prozesses, wir arbeiten weiterhin mit den USA zusammen, um weitere Zollsenkungen zu vereinbaren, mehr Bereiche der Zusammenarbeit zu identifizieren und mehr Wirtschaftswachstumspotenzial zu schaffen”, so von der Leyen. Sie kündigte zudem an, die internationalen Handelspartnerschaften weiter zu diversifizieren für Arbeitsplätze und Wohlstand in der EU.
Bundeskanzler Friedrich Merz hatte die Grundsatzeinigung zuvor zwischen Ursula von der Leyen und Donald Trump in den Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten begrüßt. Es sei „gut, dass Europa und die USA sich geeinigt haben und so eine unnötige Eskalation in den transatlantischen Handelsbeziehungen vermeiden”. Deutschland habe so seine Kerninteressen wahren können. Das Ergebnis sei „in der gegebenen Situation das Beste, was zu erreichen war”. Zufriedenstellend sei es gleichwohl nicht, so der Kanzler.
Die Europäischen Kommission hat sich mit US-Präsident Trump grundsätzlich auf 15 Prozent Zölle auf die überwiegende Mehrheit der EU-Exporte in die USA verständigt. Diese Obergrenze gilt für die meisten Sektoren – darunter Autos, Halbleiter und Pharmazeutika. Der Zollsatz von 15 Prozent ist zwar höher als die in den vergangenen Jahren gültigen Zollsätze. Er liegt aber deutlich unter den Zöllen, die US-Präsident Trump im Falle einer Nicht-Einigung angedroht oder bereits beschlossen hatte.
Die gemeinsame schriftliche Vereinbarung fixiert diese Grundsatzeinigung. Dabei soll die Zoll-Einigung für Autos gelten, sobald die EU ihr Verfahren zur Zollsenkung einleitet. Die Bundesregierung wird den Prozess und die fortlaufenden Verhandlungen weiter eng verfolgen.
Zölle und andere Handelsschranken belasten immer auch die Wirtschaft, insbesondere exportorientierte Unternehmen. Die Einigung gibt der Wirtschaft aber Planungssicherheit. Es sei so gelungen, „einen Handelskonflikt abzuwenden, der gerade die exportorientierte deutsche Wirtschaft hart getroffen hätte”, hatte Bundeskanzler Merz nach der Grundsatzeinigung betont. Das gelte besonders auch für die Automobilwirtschaft, bei der die gegenwärtigen Zölle von 27,5 Prozent auf 15 Prozent fast halbiert werden. Gerade hier sei die schnelle Zollsenkung von größter Bedeutung.
Zudem gilt nach der schriftlichen Vereinbarung für einige Bereiche ein Zollsatz von null oder nahe null Prozent. Dies betrifft nicht verfügbare natürliche Ressourcen, einschließlich Kork, alle Luftfahrzeuge und Luftfahrzeugteile, Generika und ihre Bestandteile sowie chemische Vorläuferstoffe.
Gleichzeitig setzt sich die Bundesregierung auch weiterhin in den Handelsbeziehungen weltweit für Zollsenkungen und den Abbau von Handelshemmnissen ein. Denn eine Beschränkung des weltweiten Handels schadet allen. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte zur Grundsatzeinigung bereits festgestellt: „Dieses Ergebnis kann uns nicht zufriedenstellen, aber es war in der gegebenen Situation das Beste, was zu erreichen war.”
Von stabilen und planbaren Handelsbeziehungen mit Marktzugang für beide Seiten profitieren alle – auch Verbraucherinnen und Verbraucher. Daher ist die nun gefundene Einigung eine gute Nachricht.
Welche Auswirkungen die US-Zölle für Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland haben werden, ist laut Expertinnen und Experten derzeit noch nicht vorhersehbar. Es ist aber unwahrscheinlich, dass Produkte hierzulande aufgrund der US-Zölle auf Exporte in die USA teurer werden.
Möglich ist zum Beispiel auch, dass bestimmte, von den US-Zöllen betroffene Produkte etwa aus Asien verstärkt in Europa angeboten werden. Das könnte die Preise bei manchen Produkten bei uns unter Umständen sogar nach unten treiben, würde aber europäische Produzenten unter Druck setzen. Daher hat die Europäische Kommission eine Taskforce zur Überwachung von Importen eingerichtet.
Die Verhandlungen mit den USA führt die Europäische Kommission. Dabei setzen sich die Europäische Kommission und Deutschland immer zuerst für den freien, regelbasierten Handel sowie Kompromisse ein, die für beide Seiten vorteilhaft sind.
Zwischen der EU und den USA wurden 2024 Waren im Wert von 867 Milliarden Euro gehandelt. Die EU exportierte Waren im Wert von 532 Milliarden Euro in die USA. Die US-Importe betrugen 335 Milliarden Euro. Der Dienstleistungshandel zwischen der EU und den USA belief sich 2024 auf 817 Milliarden Euro. Die EU exportierte Dienstleistungen im Wert von 335 Milliarden Euro in die USA, während die Importe aus den USA 483 Milliarden Euro ausmachten.
Zudem sind die EU und die USA wichtige Investitionspartner: So haben EU- und US-Unternehmen gegenseitige Investitionen in Höhe von 5,3 Billionen Euro getätigt (Stand 2022).
Berücksichtigt man sowohl Waren als auch Dienstleistungen, verzeichnete die EU gegenüber den USA 2024 einen Überschuss von 50 Milliarden Euro. Das sind drei Prozent des gesamten Handels, der insgesamt 1,68 Billionen Euro beträgt.
Die transatlantische Zusammenarbeit ist für Deutschland und die Europäische Union von großer Bedeutung. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben die umfassendsten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen der Welt und die am engsten miteinander verzahnten Volkswirtschaften. Zusammen machen sie fast 30 Prozent des weltweiten Handels mit Waren und Dienstleistungen und 43 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus.
Für die Handels- und damit auch die Zollpolitik ist die Europäische Kommission zuständig. Sie führt die Verhandlungen zum Handel mit den Vereinigten Staaten – immer in enger Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten, also auch mit Deutschland. Innerhalb der Europäischen Union sind alle Zölle seit der Gründung der Zollunion 1968 abgeschafft.
Zölle sind Abgaben, die bei der Einfuhr von Waren erhoben werden. Sie dienen als Einnahmequelle für den Staat und erhöhen die Preise für Importe aus dem Ausland. Das kann zu Preisvorteilen für im Inland hergestellte Produkte führen. Zölle sollen lokale Unternehmen und Arbeitsplätze fördern und die heimische Industrie vor Wettbewerb im Ausland schützen.
Gleichzeitig verteuern Zölle importierte Produkte und bremsen den grenzüberschreitenden Handel. Gerade die deutsche Wirtschaft, aber auch die USA und viele andere Staaten haben in den letzten Jahrzehnten enorm vom freien und regelbasierten, weltweiten und gegenseitigen Handel profitiert.
Bei der Festlegung der Zölle befolgt die Europäische Union die Grundsätze und Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Einer der wichtigsten WTO-Grundsätze ist die sogenannte Meistbegünstigung – sie erlaubt den Ländern in der Regel keine diskriminierenden Unterscheidungen zwischen ihren Handelspartnern.
Länder können Freihandelsabkommen schließen, um den Handel mit bestimmten Waren zu vereinfachen. Diese Abkommen gelten nur für Waren, die zwischen diesen Ländern gehandelt werden. Ebenso können Länder Schranken gegen Produkte aus bestimmten Ländern setzen, die als unfair gehandelt gelten.
Für Deutschland hat die Beibehaltung und Stärkung der internationalen regelbasierten Handelsordnung höchste Priorität. Dazu gehört auch, den freien und fairen Wettbewerb auf Basis des vereinbarten WTO-Rechts zu schützen, neue EU-Freihandelsabkommen abzuschließen und Handelsschranken zu verhindern.