Wahlwissen
Die Wahl des deutschen Regierungschefs oder der Regierungschefin folgt einem klaren Verfahren, das im Grundgesetz geregelt ist – im Anschluss an die Bundestagswahl. Wie das Wahlverfahren funktioniert und welche Mehrheiten dabei eine Rolle spielen, kurz erklärt.
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Alle vier Jahre entscheiden die deutschen Bürgerinnen und Bürger über die Zusammensetzung des Deutschen Bundestages. Im Anschluss wählen die Mitglieder des neuen Deutschen Bundestages den künftigen Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin. Die Wahl folgt dabei einem klaren Verfahren, das in Artikel 63 des Grundgesetzes festgelegt ist. Dieses Verfahren soll politische Stabilität und demokratische Legitimation garantieren.
Der Ablauf der Wahl
Vorschlag durch den Bundespräsidenten oder die Bundespräsidentin
- Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin schlägt nach Gesprächen mit den Fraktionen des Bundestages eine Kandidatin oder einen Kandidaten für das Amt der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers vor.
- Der Vorschlag wird ohne vorherige Aussprache im Bundestag zur Wahl gestellt.
Wahl im Bundestag
- Der Bundestag entscheidet per Abstimmung über den Vorschlag des Bundespräsidenten, der Bundespräsidentin.
- Erforderlich ist die absolute Mehrheit (Kanzlermehrheit), das heißt mehr als die Hälfte der Mitglieder des Bundestages.
Beispiel: Für die Wahl des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin ist die absolute Mehrheit erforderlich. Das bedeutet bei der Bundestagsgröße von 630 Abgeordneten, benötigt ein Kandidat oder eine Kandidatin mindestens 316 Stimmen (mehr als die Hälfte der Mitglieder des Bundestages), um gewählt zu werden.
- Kandidatin A erhält 320 Stimmen.
- Kandidat B erhält 200 Stimmen.
- Kandidatin C erhält 110 Stimmen.
Kandidatin A hat die absolute Mehrheit erreicht, weil sie mehr als die Hälfte der Stimmen (316) erhalten hat. Sie ist damit gewählt.
Was passiert, wenn keine absolute Mehrheit erreicht wird?
Phase 1: Erster Wahlgang
Der Bundestag stimmt über den Vorschlag des Bundespräsidenten oder der Bundespräsidentin ab. Wird die absolute Mehrheit nicht erreicht, bleibt der Vorschlag erfolglos.
Phase 2: Zweiter Wahlgang
Der Bundestag hat nun vierzehn Tage Zeit, einen Kanzler oder eine Kanzlerin zu wählen. Hier sind mehrere Wahlgänge möglich, jedoch bleibt die absolute Mehrheit erforderlich.
Phase 3: Dritter Wahlgang
Falls auch nach vierzehn Tagen kein Kanzler oder keine Kanzlerin gewählt wurde, findet eine sofortige Abstimmung statt. In dieser dritten Phase reicht eine relative Mehrheit. Das heißt, gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.
Beispiel für eine relative Mehrheit bei 630 Stimmen:
- Kandidatin A erhält 315 Stimmen. → relative Mehrheit.
- Kandidat B erhält 214 Stimmen.
- Kandidat C erhält 101 Stimmen.
Was passiert nach der Wahl?
- Hat ein Kandidat oder eine Kandidatin die absolute Mehrheit auf sich vereinen können, ist der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin verpflichtet, die Person innerhalb von sieben Tagen nach der Wahl zu ernennen.
- Bei einer Wahl mit relativer Mehrheit hat der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin zwei Optionen: Die gewählte Person innerhalb von sieben Tagen zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.
Amtszeit des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin
Die Amtszeit des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin beginnt mit der Aushändigung der Ernennungsurkunde durch den Bundespräsidenten oder die Bundespräsidentin nach abgeschlossener Kanzlerwahl. Die Amtszeit endet gewöhnlich mit dem ersten Zusammentritt des Bundestages in der neuen Wahlperiode.
Weitere Informationen zur Wahl bieten die Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung und des Deutschen Bundestages.