Schicksalstag für Deutschland

9. November Schicksalstag für Deutschland

Der 9. November ist für Deutschland ein bedeutendes Datum. 1918 markiert der Tag den Beginn der ersten deutschen Republik. Nur 20 Jahre später steht er mit der Reichspogromnacht für die dunkelste Phase der deutschen Geschichte. 1989 schließlich dank des Mauerfalls für den glücklichsten Tag der jüngeren Vergangenheit.

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Archivbild einer zerstörten Synagoge.

Der 9. November 1938: ein Tiefpunkt der deutschen Geschichte. Zerstörte Synagoge in Chemnitz

Foto: picture-alliance /Judaica-Sammlung-Richter

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte zum 75. Jahrestag der Reichspogromnacht, sie sei ein "wirklicher Tiefpunkt der deutschen Geschichte" gewesen. Leider habe sich die Geschichte dann später mit der Shoah und dem Zivilisationsbruch noch dramatischer entwickelt, so Merkel in ihrem Video-Podcast. Der 9. November 1938 erinnere daran, "dass wir uns immer unserer Vergangenheit bewusst sein müssen, damit wir verantwortlich die Zukunft gestalten können".

Gleichzeitig sei der 9. November im Jahre 1989 dann ein Tag großer Freude und Hoffnung gewesen, erklärte die Bundeskanzlerin. Die Maueröffnung zeige, dass man es auf friedliche Weise schaffen könne, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu erreichen. "Das ist deshalb auch eine Hoffnung für die Zukunft", so Merkel. Die Bundesregierung unterstützt und fördert das Gedenken an beide Ereignisse: die Reichspogromnacht und den Fall der Mauer.

Podcast 9. November 1938: Tiefpunkt der deutschen Geschichte

Erinnerung wachhalten

Ausdrücklich bedankte sich die Bundeskanzlerin bei den Zeitzeugen der Judenverfolgung: "Es ist ja alles andere als selbstverständlich, dass Menschen, die so Schreckliches erlebt haben, die in Konzentrationslagern waren, die verfolgt waren, überhaupt wieder mit uns, den Deutschen, ins Gespräch kommen." Für die Zeit, in der es die Zeitzeugen nicht mehr gebe, sei Vorsorge zu treffen. Deshalb gebe es eine "umfassende Gedenkkultur". Dazu zählt Merkel nicht nur Orte wie das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, sondern auch die Aktion "Stolpersteine", die sie sehr gut finde.

Um die Erinnerung wachzuhalten, gebe es zudem von Bund und Ländern viele Programme gegen Extremismus und Antisemitismus, sagte Merkel. "Und außerdem brauchen wir die Zivilcourage aller Menschen im Lande, dass sie Antisemitismus nicht dulden." Die Bundeskanzlerin bezeichnet es als "eine sehr gute Erfahrung, dass wir heute wieder lebendiges jüdisches Leben in Deutschland haben". Die Bundesregierung unterstütze dieses Leben.

Erste deutsche Republik

Dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, dem Nationalsozialismus, war die Weimarer Republik vorangegangen. Angesichts der drohenden Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg war der Ruf nach Frieden und Abdankung des Kaisers unüberhörbar. Eine revolutionäre Stimmung erfasste das Land im Herbst 1918. Der Kaiser musste abdanken. Am 9. November 1918 wurde die erste deutsche Republik ausgerufen.

"Sofort! Unverzüglich!"

Viele werden sich am 9. November auch wieder an die Worte "Sofort! Unverzüglich!" von SED-Politbüromitglied Günter Schabowski erinnern. Es war die Antwort auf die Frage, wann für die Menschen in der DDR eine neue Reiseregelung gelte. Die Antwort löste den Sturm auf die Berliner Grenzübergänge aus.

Dieser Ansturm brachte die Mauer zu Fall. Die wenigsten hatten damit gerechnet, dass dieses menschenverachtende Bauwerk so bald Geschichte sein würde. Die Machthaber mussten plötzlich machtlos zuschauen.

Die Mauer war offen - 28 Jahre, zwei Monate und 28 Tage nach ihrem Bau. Mit dem Fall der Mauer wurde die gesamte innerdeutsche Grenze wieder durchlässig. Der Weg zur Deutschen Einheit war geebnet.

Deutschland wächst zusammen

24 Jahre später haben sich die Lebensverhältnisse in Ost und West angeglichen. Im vergangenen Jahr ist in den neuen Bundesländern und Berlin das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner um 0,5 Prozent gegenüber 2011 gewachsen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten hat auch 2012 weiter zugenommen. Seit 2006 beträgt die Zunahme insgesamt rund 450.000 Beschäftigte. Erfreulich ist, dass diese Entwicklung fast alle Bundesländer betrifft und für nahezu alle Branchen gilt. Auch die Abwanderung der Bevölkerung von Ost- nach Westdeutschland ist weitgehend zum Stillstand gekommen.

Zum zweiten Mal seit der Wiedervereinigung weist Deutschland für 2012 einen gesamtstaatlichen strukturellen Finanzierungsüberschuss auf. Zu diesem Ergebnis tragen auch die neuen Länder mit ihren Haushaltsüberschüssen bei. Gleichwohl bleibt in Sachen Wirtschaftskraft noch ein deutlicher Abstand zu Westdeutschland. Auch ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor höher und die Gehälter sind in den neuen Bundesländern noch niedriger.

Die Solidarpakt II-Mittel unterstützen die neuen Länder bis 2019 bei der Angleichung der Lebensverhältnisse. Zudem unterstützen viele weitere Förderprogramme der Bundesregierung - unabhängig, ob in West- oder Ostdeutschland - den Ausbau der Infrastruktur in strukturschwachen Regionen.