„Jeder komplexe Inhalt kann in Leichte Sprache übersetzt werden“

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Internationaler Tag der Leichten Sprache „Jeder komplexe Inhalt kann in Leichte Sprache übersetzt werden“

Barriere-frei miteinander reden und Kontakt haben ist ganz wichtig.
Für ein gutes Leben.
In dem jeder Mensch selbst entscheiden kann.
In dem jeder Mensch teil-haben kann.
Und auch in der Gesellschaft mitbestimmen kann.
Heute ist der Tag der Leichten Sprache.
Deshalb haben wir mit Frau Anne Leichtfuß gesprochen.
Und ihr viele Fragen gestellt.
Frau Leichtfuß ist Lehrerin an der Technischen Hochschule Köln.
Lehrerin an einer Universität nennt man auch Dozentin.

Leichtfuß

Anne Leichtfuß ist Lehrerin an der Technischen Hochschule Köln.
Lehrerin an einer Universität nennt man auch Dozentin.

Foto: Kolja Matzke

Interview:

Frage: Frau Leichtfuß, was ist die Leichte Sprache?

Antwort von Frau Leichtfuß:
Die Leichte Sprache ist besonders für Menschen mit Lern Schwierigkeiten gemacht.
Menschen mit Lern-Schwierigkeiten wollten als erste eine leichtere Sprache.
Die Leichte Sprache hat Regeln.
Die Schwierigkeit von der Leichten Sprache wird als A2 bezeichnet.
Texte in Leichter Sprache soll mindestens von 2 Menschen mit Lern-Schwierigkeiten geprüft werden.
Ob sie alles von dem Text verstehen.

Frage: Und was ist das Besondere von der Einfachen Sprache?

Antwort von Frau Leichtfuß:
Die Einfache Sprache ist für diese Menschen gemacht:

  • Menschen, die nicht von zu Hause aus Deutsch sprechen.
  • Menschen, die nicht so gut lesen können.

Die Schwierigkeit von der Einfachen Sprache wird mit B2 bezeichnet.
Die Einfache Sprache hat keine festen Regeln.
Die Texte werden nicht nochmal geprüft.

Wichtig:
In der Leichten und der Einfachen Sprache hat man kurze Sätze.
Jeder Satz hat nur 1 Information.
Fremd-Wörter und Fach-Begriffe werden erklärt.
Manchmal helfen dazu auch Bilder oder Fotos.

Frage: Sie beschäftigen sich mit Leichter Sprache.
Sie haben als 1. Übersetzerin gesprochene Texte direkt in Leichte Sprache übersetzt.
Wie sieht Ihr Berufs-Alltag aus? 

Antwort von Frau Leichtfuß:
Mein Beruf ist sehr abwechslungsreich.
In Zeiten vor Corona war ich viel unterwegs.
Ich habe bei Veranstaltungen übersetzt.
Bei Fach-Tagungen und Konferenzen.
Bei Theater-Veranstaltungen und Mitglieder-Versammlungen.
Ich mache aber auch schriftliche Übersetzungen.
Zu ganz verschiedenen Dingen.

Zum Beispiel:

  • Wand-Texte für Museen,
  • Nachrichten,
  • Formulare für die Verwaltung.

Ich arbeite mit einer Gruppe aus Prüfer und Prüferinnen zusammen.
Wir lesen die Texte.
Die Prüfer und Prüferinnen sagen mir ob sie die Texte gut verstehen und lesen können.
Wir schauen uns auch Bilder und andere Dinge an.

Wir treffen uns regelmäßig in meinem Büro.
Seit Corona hat sich das sehr verändert.

Online-Angebote gab es für Menschen mit Lern-Schwierigkeiten lange nicht.
Das fängt jetzt langsam an.

Auch die Treffen mit der Prüf-Gruppe finden nur noch über den Computer statt.
Es gibt Programme dafür.

Wir benutzen das Programm Zoom.
Das wird so ausgesprochen: suum.

Frage: Wie werden Texte in Leichte Sprache übersetzt?
Gibt es feste Regeln?

Antwort von Frau Leichtfuß:

Es gibt schon viele Jahre feste Regeln.
Ich lese den Text zuerst.
Um heraus zu finden.
Was steht in dem Text.
Welche Informationen sind in dem Text.
Und ich suche nach den Fremd-Wörtern.
Die müssen noch erklärt werden.

Dann übersetze ich den Text.
Und ich wähle passende Bilder dazu aus.

Dann schicke ich den Text an die Auftraggeber und Auftraggeberinnen.
Die prüfen meinen übersetzten Text.
Ob alle Informationen richtig aufgeschrieben sind.
Dann lesen wir den Text mit der Prüf-Gruppe.

Die Prüf-Gruppe sagt mir dann:

  • Das Wort kenne ich nicht.

Das musst du erklären.

  • Der Satz ist zu lang.

Ich hab den Faden verloren.
Dann ändere ich den Text noch einmal.
Erst dann ist er fertig.
Und der Text bekommt das Siegel für die Leichte Sprache.

Frage: Wie viele Menschen brauchen die Leichte Sprache?

Antwort von Frau Leichtfuß:
Sehr viele Menschen brauchen die Leichte Sprache oder die Einfache Sprache.
Die genaue Zahl ist:
10 Millionen Menschen.

Frage: Welche Menschen brauchen die Leichte Sprache?

Antwort von Frau Leichtfuß:
Das ist sehr unterschiedlich.

Das sind Menschen mit:

  • Lern-Schwierigkeiten,
  • geringen Deutsch-kenntnissen
  • Schwierigkeiten einen Text gut zu lesen.
  • Gehirn-Krankheiten.

Frage: Viele andere Menschen finden Leichte Sprache oder Einfache Sprache gut.
Weil man sich sehr leicht über Dinge informieren kann.
Gibt es genug Angebote in Leichter Sprache?

Antwort von Frau Leichtfuß:

Nein.
Es gibt nur sehr wenige Anbieter.

Anbieter bedeutet hier:
Übersetzer und Übersetzerinnen.
Und es werden nur wenige Themen übersetzt.

Zum Beispiel fehlt die Übersetzung von aktuellen Nachrichten.
Nur ein Anbieter übersetzt einmal in der Woche wichtige Nachrichten.

In Leichter Sprache und in Einfacher Sprache.
Es werden aber immer mehr Gebrauchs-Texte übersetzt.

Das sind Texte wie zum Beispiel Gesetze oder ein Wahl-Programm.
Aber Texte zur Unterhaltung gibt es fast gar nicht.

In anderen Ländern gibt es schon mehr.
Da gibt es zum Beispiel eine Tages-Zeitung in Leichter Sprache.
Oder die Fernseh-Nachrichten.
Es gibt sogar Bücher in Leichter Sprache in Buch-Handlungen.

Frage: Brauchen wir eine Ausbildung oder ein Studium in Leichter Sprache?

Antwort von Frau Leichtfuß:
Ich bin absolut dafür.
Ja.
Viele Auftraggeber und Auftraggeberinnen wissen nicht ob die Übersetzung in Leichte Sprache gut ist.
Deshalb ist ein richtiger Berufs-Abschluss in Leichter Sprache gut.
Außerdem gibt es keine Regeln dafür wann eine Übersetzung gut ist.
Das nennt man: Qualitäts-Standard.

Aber das Deutsche Institut für Normung arbeitet daran.
Damit es Regeln für die Übersetzung in Leichte Sprache gibt.

Frage: Es gibt Menschen die finden Leichte Sprache nicht gut.
Die sagen:

  • Die Informationen in den Texten werden falsch übersetzt.
  • Komplizierte Dinge werden zu einfach beschrieben.
  • Erwachsene Menschen werden wie Kinder behandelt.

Was sagen Sie dazu?

Antwort von Frau Leichtfuß:
Das höre ich immer wieder.
Vor allem vor Wahlen für eine neue Regierung.
Dann gibt es die Wahl-Programme in Leichter Sprache.
Und das fällt dann viel mehr Menschen auf.

Mir ist wichtig:
Jeder komplizierte Text kann in Leichte Sprache übersetzt werden.
Ich habe schon Texte aus der Wissenschaft übersetzt.

Zum Beispiel aus:

  • der Molekular-Genetik.

Das ist ein Teil der Biologie.

  • der Philosophie.
  • der Geschichte.

Ich verändere nur die Sprache.
Der Inhalt ändert sich nicht.
So ermögliche ich mehr Menschen teil zu haben.

Dass erwachsene Menschen wie Kinder behandelt werden höre ich auch oft.
Aber nie von Menschen für die ich die Texte übersetze.
Ich arbeite seit vielen Jahren mit der Leichten Sprache.
Genau sind es jetzt 13 Jahre.
Ich habe immer wieder gesehen.
Die Leichte Sprache führt zu mehr Teil-Habe und Selbst-Bestimmung.
Durch die Leichte Sprache können Inhalte von Texten verstanden werden.
Dadurch wird das Leben selbstständiger.
Oft kann auf fremde Hilfe verzichtet werden.

Ich würde also im Gegenteil sagen.

Leichte Sprache ermöglicht vielen Menschen ein erwachsenes Leben.

Erst wenn die Prüf-Gruppe den Text geprüft hat ist die Übersetzung in Leichte Sprache fertig.
Bei der Prüfung sagen die Prüfer und Prüferinnen ob sie den Text gut verstehen.
Und was sie denken.

Das sagt Johanna von Schönfeld, Neuss, 30 Jahre:
Bei Vielem kann ich gar nicht mitreden.
Ich brauche, dass mir das jemand in Leichter Sprache erklärt, was es bedeutet. Weil es mich beschäftigt, was mit der Welt ist.

Das sagt Thomas Szymanowicz, Berlin, 31 Jahre:
Ich weiß am besten, an welchen Stellen ich Hilfe brauche.
Ich möchte selbst entscheiden.
Wann brauche ich Leichte Sprache?
Wer soll für mich übersetzen?
Und wann brauche ich eine Pause?

Das sagt Natalie Dedreux, Köln, 22 Jahre:
Leichte Sprache ist für uns Menschen besser zu verstehen.
Manche Sachen kann ich nicht so gut verstehen.
Zum Beispiel wenn man zu schnell redet.
Oder wenn das so kompliziert ist.
Dann hilft das, wenn das in Leichter Sprache übersetzt wird.
Deswegen will ich mich für Leichte Sprache einsetzten.
Und es macht Spaß, in Leichter Sprache zu lesen.
Wie zum Beispiel über Politik.

Das sagt Paul Spitzeck, Köln, 27 Jahre:
Ich bin Prüfer für Leichte Sprache.
Es fühlt sich gut an, anderen helfen zu können.
Das Corona-Virus zu verstehen.
Also was das ist und wie man sich weiterbilden kann.
Dass man auch weiß, dass es eine Website in deiner Sprache gibt.
Und man da reingucken kann.


Die Interviewte: 
Anne Leichtfuß ist 1978 geboren.
Sie hat Online-Redaktion an der Technischen Hochschule Köln studiert.
Danach hat sie bei der Zeitschrift Ohrenkuss gearbeitet.
Sie hat das Forschungs-Instituts TOUCHDOWN 21 mit gegründet.
Einige Jahre lang war Leichtfuß Deutschlands erste Simultan-Dolmetscherin für Leichte Sprache.
Sie wurde mehrmals für den Grimme Online Award vorgeschlagen.
2018 hat sie 2  Auszeichnungen bekommen.
Den Deutschen PR-Preis in dem Bereich "Verantwortungs- und Nachhaltigkeits-Kommunikation".
Und den "Digitale Public Affairs" für die Aktion "Menschen mit Down-Syndrom sprechen für sich selbst".
Leichtfuß lebt und arbeitet in Bonn.


Die Arbeit der Bundes-Regierung im Überblick
2016 wurde der  Vertrag von Marrakesch  unterschrieben.

Der Vertrag soll blinden, seh-behinderten und lese-behinderten Menschen helfen.
Um besondere Texte lesen zu können.

In Deutschland gibt es die Beauftragte der Bundes-Regierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen
Die Beauftragte soll bei der gleich-berechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderung helfen.

Die  Bundes-Fachstelle Barriere-Freiheit  berät öffentliche Verwaltungen.
Um mehr barriere-freie Angebote zu erstellen.