Westerwelle: Es war eine schwierige Abwägungsentscheidung.
Wir hatten unsere Bedenken hinsichtlich einer militärischen
Intervention. Doch die Resolution wurde beschlossen, und jetzt ist
sie geltendes internationales Recht, das alle bindet.
Berliner Zeitung: Aber eine Enthaltung ist doch
keine Haltung.
Westerwelle: Wir hatten Zweifel am militärischen
Kampfeinsatz. Die übrigen Ziele der Resolution aber teilen wir. Dem
System Gaddafi muss Einhalt geboten werden. Deswegen haben wir von
Anfang an auf scharfe Sanktionen gegen Libyen gesetzt. Mittlerweile
ist ein umfassendes Öl-und Gas-Embargo zustande gekommen - auch
weil wir Deutsche so gedrängt haben.
Berliner Zeitung: Das erklärt aber nicht, warum Sie
die Bundesrepublik aus dem
westlichen Bündnis herausgelöst
und an die Seite von Russland und China gestellt
haben.
Westerwelle: Sie vergessen Brasilien und Indien. Hätten wir
zugestimmt, wäre Deutschland als größtes europäisches Nato-Land
erst recht unter schweren Druck geraten, sich militärisch zu
beteiligen. Wir hätten nicht mehr die Debatte, ob wir Soldaten in
Libyen einsetzen sollen, sondern stünden nur noch vor der Frage:
Wie viele schicken wir los?