Zeit: Was folgern Sie daraus?
de Maizière: Es kann sich rächen, der Versuchung
nachzugeben, die Zustimmung der Bevölkerung zu einem Einsatz durch
moralische Überhöhung zu bekommen. Kurzfristige Zustimmung wird
dann womöglich mit langfristiger Abneigung erkauft. Zwar braucht
man eine politisch-moralische Begründung für einen Einsatz. Aber
man muss genauso den möglichen Blutzoll und die Kosten nüchtern
abwägen.
Zeit: Wird man dann aber nicht immer sagen: lieber
ohne uns? Geht es ganz ohne Idealismus?
de Maizière: Aus Idealismus sollte man nie Soldaten in
fremde Länder schicken, das muss ich so hart sagen. Man muss bereit
sein, ein Risiko einzugehen. Man muss auch Zuversicht haben. Und
ein militärischer Einsatz muss moralisch legitimiert sein. Wenn er
nur aus moralischen Gründen stattfindet, ohne dass er pragmatisch,
militär-fachlich, ökonomisch abgesichert ist, dann trägt er
nicht.
Zeit: Afghanistan soll seine Sicherheit
selbstständig organisieren – für solch ein pragmatisches Ziel
sollen deutsche Soldaten töten und sterben?
de Maizière: Mit einem solchen Ziel sind wir nicht nach
Afghanistan gegangen, und es hätte als Begründung wohl auch nicht
gereicht. Aber jetzt ist es die richtige Strategie, um rauszugehen.
Wenn man einmal drin ist, darf man in dem Land kein Chaos
hinterlassen. Ein Afghanistan, das seine Sicherheit selbst
gewährleisten kann, macht es uns möglich, uns
zurückzuziehen.