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"Die Zeit der Feindbildproduktion ist vorbei"

Fr, 23.07.2010
Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" spricht Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt, über eine engere Partnerschaft zwischen der Nato und Russland. Deutschland habe dabei die Chance, "im Dialog mit Russland eine besondere Rolle zu spielen, weil wir von den Russen ernst genommen werden". In Russland gebe es die Bereitschaft, mit den Deutschen intensiv zusammenzuarbeiten.
Das Interview im Wortlaut:
 
Süddeutsche Zeitung (SZ): Herr Hoyer, hat die Nato überhaupt noch Gegner?
 
Hoyer: Die Nato sollte der Versuchung widerstehen, sich über ihre potentiellen Gegner zu definieren. Sondern sie sollte vielmehr das bestimmen, was sie verteidigen will, welche Regionen das betrifft und mit welchen Mitteln sie das zu tun gedenkt. Die Zeit der Feindbildproduktion ist vorbei.
 
SZ: Aber Russland passt doch für einige in der Nato weiter gut ins Feindbild?
 
Hoyer: Es wäre ein großer Fehler, Russland in diese Schablone hineinzupressen. Für Russland stellen sich bei der Entwicklung der Weltpolitik ganz andere Fragen. Es steckt in einem Selbstfindungsprozess, in dem seine Orientierung nach Westeuropa immer stärker werden wird. Darum wäre es ein Fehler, Abwehrreaktionen in Russland auszulösen.
 
SZ: Aber genau das tut die Nato doch. Zu den Überlegungen für das neue strategische Konzept, das im Herbst verabschiedet werden soll, gehören auf der einen Seite eine weitere Annäherung an Russland, auf der anderen Seite aber auch militärische Vorbereitungen für einen Angriff aus dem Osten, der ja nur aus Russland kommen kann.