Masernviren auf Weltreise

Robert Koch-Institut (RKI) Masernviren auf Weltreise

Krankheiten wie Pocken und Kinderlähmung sind bei uns durch Impfung weitgehend ausgerottet. Masern dagegen, weit ansteckender und nicht ungefährlich, brechen immer wieder aus. Wie die Erreger zu uns kommen, ist eine von vielen Forschungsfragen des Robert Koch-Instituts in Berlin.

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Erwachsenengesundheitsstudie Labor

Labor im Kampf gegen Infektionskrankheiten

Foto: RKI

Nicht jeder lässt sich oder seine Kinder gegen Masern impfen. Aus Angst vor Impfschäden. Tatsächlich erkrankt statistisch gesehen jeder Millionste nach einer Impfung an einer Gehirnentzündung. Dabei ist das Risiko bleibender Schäden beim Ausbruch der Masern tausend Mal größer als nach einer Impfung. In Deutschland stirbt etwa einer von tausend an Masern Erkrankten. Nach Ansteckung glaubt man zunächst, nur eine Erkältung zu haben. Aber schon in diesem Stadium ist die Ansteckungsgefahr für Nicht-Geimpfte extrem hoch. Deshalb ruft das Robert Koch-Institut (RKI) über Gesundheitseinrichtungen und die Bundesregierung dringend zum Impfen auf.

Masernvirus (Paramyxoviren). Transmissions-Elektronenmikroskopie, Ultradünnschnitt. Quelle: Hans R. Gelderblom, Freya Kaulbars (1996). Kolorierung: Andrea Schnartendorff,

Masernviren im Mikroskop

Foto: Hans R. Gelderblom/Freya Kaulbars/Andrea Schnartendorff/RKI

Masern ausrotten

Professorin Annette Mankertz, Leiterin des unter anderem für Masern zuständigen Fachbereichs des RKI, möchte die Masern ganz ausrotten. Dazu untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts die Erreger der Krankheit. Durch Proben, die Ärzte dem RKI zusenden, lässt sich feststellen, woher der Erreger gekommen ist und wie er sich verbreitet hat. Das RKI typisiert den Erreger anhand genetischer Merkmale und gleicht die Ergebnisse mit einer Datenbank der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ab.

So trug kürzlich ein Masern-Patient einen vor allem in China auftretenden Erreger in sich. Wie sich bei seiner Befragung ergab, hatte er sich offensichtlich auf dem Flughafen mit dem Erreger angesteckt. Untersucht wird auch, ob sich die Masernviren verändern. Die gute Nachricht aus dem Institut ist, dass der seit langem verwendete Impfstoff nach wie vor wirksam ist. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denkt man – ein anderes Forschungsfeld -an die sich ständig ändernden Grippeviren, gegen die jährlich neue Impfstoffe benötigt werden.

In der Tradition von Robert Koch

Mit der Erforschung von Infektionskrankheiten steht das RKI in der Tradition Robert Kochs, des ersten Leiters des 1891 gegründeten und später nach ihm benannten Instituts für Infektionskrankheiten. Robert Koch entdeckte den Erreger der Tuberkulose und widmete sich später zahlreicher anderer Krankheiten. Seine Urne ist in einem Mausoleum innerhalb des Hauptgebäudes des RKI beigesetzt.

RKI Interview Prof. Dr. Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts

Lothar H. Wieler, der Präsident der Einrichtung, erklärt: "Wir forschen selber im Labor mit Infektionserregern. Wir müssen diese Erreger verstehen. Wir müssen wissen, warum ein Infektionserreger einen Menschen krank macht."

Das RKI als zentrale Forschungseinrichtung auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten warnt aber nicht nur. Es beobachtet den Ausbruch von Krankheiten, erforscht Ursachen und Infektionswege, informiert Politik und Öffentlichkeit und beugt so dem Ausbruch von Krankheiten vor.

Volkskrankheiten im Blick

RKI Nordufer Luftaufnahme

Luftaufnahme des RKI-Hauptgebäude

Foto: Manuel Frauendorf/skyfilmberlin

Neben ansteckenden Krankheiten befasst sich das RKI auch mit Volkskrankheiten wie Diabetes, extremem Übergewicht oder psychische Erkrankungen. Die Ergebnisse groß angelegter Studien fließen ein in Berichte zur Gesundheit der deutschen Bevölkerung. Ein Beispiel für eine in diesem Umfang weltweit einmalige Studie ist die sogenannte KiGGS-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Seit 2006 wissen wir sehr genau, wie es um die Gesundheit junger Menschen bestellt ist.

Zwei Stunden dauerte die Untersuchung jeweils. Die Forscher erfassten viele Gesundheitsdaten, aber auch Gewicht, Größe, Blutdruck, Fitness, Sehfähigkeit, Motorik und vieles mehr. Ein ausführlicher Fragebogen gibt Hinweise auf das Ernährungs- und Freizeitverhalten, Sport, Fernsehkonsum und Computernutzung sowie den sozialen Status der Familie. Die repräsentative Stichprobe von 2003 bis 2006 setzte sich aus 12.368 Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahre zusammen. Bei der Folgeuntersuchung 2013 waren es 16.450 Teilnehmende.

Den allermeisten Jugendlichen geht es gut

94 Prozent der jungen Menschen geht es gesundheitlich gut oder sehr gut, so schätzten es die Eltern 2013 ein. Nur für weit unter einem Prozent der Befragten muss von schlechter oder sehr schlechter Gesundheit ausgegangen werden. Das ist ein sehr gutes Zeichen für unser Gesundheitssystem. Aber in der Studie geht es vor allem um Zusammenhänge von Lebensstil und Gesundheit.

Namid (5 Jahre) bei der Messung des Kopfumfangs.Kindergesundheitsstudie KiGGS

Alles wird vermessen bei KiGGS

Foto: RKI

Besonders bemerkenswert ist, dass Probleme mit starkem Übergewicht vor allem in sozial schwachen Familien auftreten, während andererseits Impfungen besonders in gebildeten Schichten abgelehnt werden.

Langzeitstudie

Die Studie bleibt allerdings nicht auf dem Stand von 2006 stehen. 2009 wurde daraus eine Langzeitstudie, für die in mehrjährigen Abständen Nachbefragungen und neue Untersuchungen erfolgen. So werden eines Tages wissenschaftliche Erkenntnisse dazu vorliegen, wie sich die Gesundheit im individuellen Lebensweg weiterentwickelt hat. Sind dicke Kinder auch im Erwachsenenalter noch zu dick? Wie wirkt sich sportliche Betätigung langfristig aus?

Attraktiv ist die Studie für die Teilnehmenden – vor allen für die Eltern - da sie einen ausführlichen Bericht über alle Befunde erhalten. Viele Teilnehmer kommen gern zu einer erneuten Untersuchung oder nehmen an einer telefonischen Nachbefragung teil. Die erste Untersuchung, bei der sie ein Spielzeug geschenkt bekamen, haben viele noch in guter Erinnerung. Diesmal gibt es einen Einkaufsgutschein, auch nicht schlecht!

Das Robert Koch-Institut (RKI) ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Das RKI ist die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention und damit auch die zentrale Einrichtung des Bundes auf dem Gebiet der anwendungs- und maßnahmenorientierten biomedizinischen Forschung.

Die Kernaufgaben des RKI sind die frühzeitige Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, insbesondere der Infektionskrankheiten. Zu den Aufgaben gehört der generelle gesetzliche Auftrag, wissenschaftliche Erkenntnisse als Basis für gesundheitspolitische Entscheidungen zu erarbeiten. Vorrangig werden Krankheiten mit hoher Gefährlichkeit, hohem Verbreitungsgrad oder hoher öffentlicher oder gesundheitspolitischer Bedeutung untersucht. Das RKI berät die Bundesregierung und wirkt bei der Entwicklung von Normen und Standards mit. Es informiert und berät die Fachöffentlichkeit und zunehmend auch die breitere Öffentlichkeit.