Frauen in der Bundeswehr auf dem Vormarsch

Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) Frauen in der Bundeswehr auf dem Vormarsch

Seit 2001 werden Frauen in der Bundeswehr auch bei der kämpfenden Truppe zugelassen. Inzwischen stellen sie zehn Prozent des militärischen Personals. Wie gut die Integration in die einstige Männerdomäne funktioniert, untersucht das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr.

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Eine Soldatin und mehrere Soldaten des Wachbataillons der Bundeswehr stehen am 28.08.2015 vor dem Bundeskanzleramt in Berlin

Keine reine Männerriege mehr: die Bundeswehr

Foto: picture alliance / dpa

Seit Frauen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Jahr 2000 nicht mehr nur im Sanitätsbereich und im Musikkorps dienen dürfen, begleitet das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften mit umfassenden Umfragen die Integration von Frauen in die Truppe. Nach 2005 und 2011 steht nun wieder eine erneute Befragung an.

Eine Soldatin der Bundeswehr, aufgenommen am 28.01.2014 im Gefechtsübungszentrum in Letzlingen (Sachsen-Anhalt).

Frauen auch im Kampfeinsatz

Foto: picture alliance/Jens Wolf

Soldatinnen gelten nicht mehr als etwas "Besonderes"

Die bisherigen Untersuchungen zeigen, dass Frauen in Uniform bei der Bundeswehr nicht mehr als etwas "Besonderes" angesehen werden. Auffällig ist, dass sich ihre Ansichten der Sichtweise ihrer männlichen Kameraden angenähert haben. So akzeptieren Frauen inzwischen stärker militärische Gewalt zur Durchsetzung nationaler Interessen oder als Teil einer aktiven Außenpolitik. Frauen sind selbstbewusster geworden, was die Selbsteinschätzung ihrer Leistungsfähigkeit anbetrifft.

Interessante Ergebnisse haben die Befragungen auch zur Situation der Männer in der Bundeswehr ans Licht gebracht. Sie fühlen sich zunehmend benachteiligt, wenn es um die Bewerbung um attraktive Dienstposten geht. Auch hat sich die Einschätzung der Leistungsfähigkeit von Frauen bei körperlich anspruchsvollen Aufgaben und dem Leben im Feld verschlechtert. Derartige Forschungsergebnisse helfen den Verantwortlichen im Bundesverteidigungsministerium und den Vorgesetzten Maßnahmen zu ergreifen, um Frauen noch besser integrieren zu können.

ZMSBw

Dienstsitz des ZMSBw in Potsdam

Foto: ZMSBw

Sozialwissenschaftliche und historische Forschung

Das dauerhaft im ZMSBw laufende Projekt ist ein Beispiel für die sozialwissenschaftliche Forschung der Einrichtung. Als weiteren Schwerpunkt nennt der Kommandeur Oberst Dr. Hans-Hubert Mack "Grundlagenforschung in der deutschen Militärgeschichte in einem Zeitraum von etwa 1648 bis heute mit besonderer Berücksichtigung der Geschichte der beiden Weltkriege". Dabei nehmen die Historikerinnen und Historiker auch die Wechselwirkungen zwischen Militär, Staat, Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Öffentlichkeit in den Blick.

ZMSBw Interview Oberst Dr. Hans-Hubert Mack, Kommandeur des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr

Ganz wichtig ist dabei aber auch die Begleitung aktueller Auslandseinsätze der Bundeswehr. Diese werden nicht nur dokumentiert. Das Institut veröffentlicht auch detaillierte Informationen über die Länder, ihre Menschen und Kulturen für die dort eingesetzten Soldatinnen und Soldaten. Nur wenn sie die mitunter gänzliche andere Geschichte und Kultur eines Landes verstehen, können sie in vielen Situationen angemessen reagieren. Somit fließen die Erkenntnisse auch in die Ausbildung ein.

Bundeswehr-Soldaten der Feldjäger auf Patrouille in einem Dorf in der Provinz Kunduz Afghanistan

Gut auf fremde Kulturen vorbereitet

Foto: Bundeswehr/Wilke

Personalakten von Generälen

Oberstleutnant Dr. Thorsten Loch hat nur noch acht von über 1200 Personalakten von Generälen auszuwerten, dann geht es an die Analysen. Das ZMSBw hat als einzige Einrichtung Zugang zu diesen Akten. Zivile Institute dürften aufgrund des Daten- und Persönlichkeitsschutzes derartige Unterlagen erst viele Jahre nach dem Tod der betroffenen Personen studieren. Aber auch der ZMSBw-Forscher musste sich verpflichten, personenbezogene Daten absolut vertraulich zu behandeln. Andererseits sind die zu erwartenden Ergebnisse seiner Forschung aus geschichtswissenschaftlicher Sicht äußerst aufregend.

Im Projekt werden die Daten zu Herkunft, Vorbildung, Laufbahn und vielem mehr aller Generäle der Bundeswehr (Heer) und der Nationalen Volksarmee (Landstreitkräfte) der DDR zwischen 1956 und 1990 verglichen. Hinzu kommt eine Stichprobe von Generälen der Reichswehr und Wehrmacht (Heer) zwischen 1920 und 1945.

Generalleutnant Jörg Vollmer (l-r), Generalleutnant a.D. Bruno Kasdorf und Generalleutnant Carsten Jacobson, geben sich am 16.07.2015 nach dem Übergabeappell des Feldheeres in der Graf-Stauffenberg-Kaserne in Dresden die Hände.

Generäle der Bundeswehr

Foto: picture-alliance/ZB/Burgi

Erste Auffälligkeiten zeigten sich schon bei der Sichtung der Akten. So geht der Forscher von einer erstaunlich hohen Vergleichbarkeit von Herkunft und Lebenslauf der Bundeswehr- und Reichswehrgeneräle aus. Ein sehr hoher Prozentsatz hat beispielsweise das Abitur abgelegt und kommt aus gutbürgerlichem städtischem Milieu. Generäle der DDR stammten dagegen eher aus ländlichen Regionen oder aus Arbeiterfamilien. Meist besaßen sie keinen höheren Schulabschluss. Gründe für dieses ganz unterschiedliche Rekrutierungsverhalten kann sich jeder vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Ideologien der beiden Staaten selbst vorstellen. Der Historiker wird natürlich seine Vermutung durch das Studium historischer Quellen noch untermauern.

Das ZMSBw dient sowohl dem Bundesverteidigungsministerium (BMVg) und seinen Streitkräften als auch der Fachwissenschaft sowie der Öffentlichkeit. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden dem BMVg als Studien, Entscheidungshilfen und Beratungsleistungen zur Verfügung gestellt. Das Institut arbeitet auf der Grundlage der grundgesetzlich garantierten Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre sowie der von der Bundesregierung anerkannten Exzellenzkriterien wissenschaftlicher Forschung. Der Doppelcharakter als zentrale Ressortforschungseinrichtung des Bundes für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften sowie weisungsabhängige militärische Dienststelle als Teil der Bundeswehr steht hierzu nicht in Widerspruch. Forschungsfelder und Rahmenbedingungen können zwar bedarfsorientiert vorgegeben werden, nicht jedoch die Wahl der Methoden sowie die Forschungsergebnisse und deren Darstellung.