Berufliche Bildung im Blick der Forschung

Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) Berufliche Bildung im Blick der Forschung

Dmitry Gladchenko aus Kasachstan strahlt: Er hätte lange nicht zu hoffen gewagt, dass er einmal als Elektroanlagenmonteur bei der Deutschen Bahn arbeiten kann. Wie so eine Anerkennung beruflicher Qualifikationen funktioniert, ist eine von vielen Fragen, denen sich das Bundesinstitut für Berufsbildung widmet.

4 Min. Lesedauer

Dmitry Gladchenko - Anerkennung als Elektroanlagenmonteur. BIBB, Portal „Anerkennung in Deutschland“

Dmitry Gladchenko hat sein Ziel erreicht

Foto: anerkennung-in-deutschland.de

Jetzt muss Gladchenko sich nicht mehr mit Gelegenheitsjobs durchschlagen. Mit seinem Diplom aus der Heimat konnte er in Deutschland nichts anfangen, bis ihn die Industrie- und Handelskammer beriet, wie er seine Qualifikation aus der Heimat als Ausbildungsabschluss für Elektroanlagenmonteure anerkennen lassen kann. Nach einem Praktikum erhielt er den offiziellen Anerkennungsbescheid und eine Anstellung bei der Deutschen Bahn.

Qualifikationen anerkennen

Wir brauchen zunehmend gut qualifizierte Fachkräfte und hier können Zuwanderer viele Lücken schließen. Allerdings sind die im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen selten direkt mit deutschen Berufsabschlüssen vergleichbar. Die Bundesregierung hat sich mit dem Anerkennungsgesetz von 2012 dem Problem angenommen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes wurden bis Ende 2014 insgesamt 44.094 Anträge auf Anerkennung gestellt. Die überwiegende Mehrheit konnte als voll oder teilweise gleichwertig mit einem deutschen Berufsabschluss eingestuft werden.

Bonn, Robert-Schuman-Platz 3.

Dienstsitz von BIBB und Bundesumweltministerium in Bonn

Foto: Bundesregierung/Stutterheim

Im Internet hilft das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) mit seinem Anerkennungsportal. Beispielsweise kann ein Zuwanderer im "Anerkennungs-Finder" erfragen, wo und wie er für seine Qualifikation einen Antrag auf Gleichwertigkeitsprüfung stellen kann. Um die Erfahrungen mit dem Gesetz zu sichten und zu bewerten, begleitet ein Projekt des BIBB die Umsetzung wissenschaftlich. Die Forscherinnen und Forscher analysieren dazu statistische Daten und befragen Migrationsberatungsstellen, Jobcenter und Kammern. Die Ergebnisse geben dem Gesetzgeber Hinweise, wo Verbesserungsbedarf besteht.

Aufgabe Berufsbildungsforschung

Dies ist ein Beispiel für die Berufsbildungsforschung des BIBB, eine der gesetzlichen Aufgabe des Instituts. Das BIBB forscht zu Fragen, die für die Politik und die Berufsbildungspraxis von Bedeutung sind, beispielsweise zu Veränderungen auf dem Ausbildungsmarkt und Entwicklungen im Beschäftigungssystem, zu Themen in den Bereichen Modernisierung, Qualitätssicherung, lebensbegleitendes Lernen und Internationalisierung der Berufsbildung. Das Institut untersucht, inwiefern sich die Anforderungen in Berufen verändern, zum Beispiel durch die Digitalisierung der Arbeitswelt.

Dazu werden regelmäßig Erhebungen und Analysen durchgeführt, beispielsweise Befragungen von Erwerbstätigen zu ihrer Arbeitssituation, Befragungen von Schulabgängern zu den Übergängen in Berufsbildung oder auch Betriebsbefragungen zu Kosten und Nutzen der Berufsbildung. Einmal jährlich legt das BIBB dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sein Jahresforschungsprogramm vor, das zuvor mit dem wissenschaftlichen Beirat und den Sozialpartnern abgestimmt wurde.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ist das anerkannte Kompetenzzentrum zur Erforschung und Weiterentwicklung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland. Das Institut ist eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts und arbeitet auf Grundlage des Berufsbildungsgesetzes. Der BIBB-Hauptausschuss berät die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Berufsbildung. Ihm gehören mit gleichem Stimmengewicht Beauftragte der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, der Länder und des Bundes an. Dieses im Berufsbildungsgesetz verankerte Gremium ist eine Besonderheit und Ausdruck der engen Zusammenarbeit der an der Berufsbildung Beteiligten.

Ausbildungsordnungen modern halten

Die Jugendlichen und die Wirtschaft brauchen ein modernes und leistungsfähiges duales Ausbildungssystem. Wichtig ist dafür eine hohe Qualität der Ausbildungsordnungen. Das BIBB kümmert sich darum, welche Ausbildungsordnungen es gibt, welche modernisiert oder neu geschaffen werden.

Dazu moderiert es die Abstimmung mit Sachverständigen, die von den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und den Bundesministerien benannt werden. "Dabei liefert die Forschung im BIBB die Grundlagen für die Entwicklung von Ausbildungsberufen und die Daten für unterschiedlichste Analysen des Ausbildungsmarktes", sagt Professor Reinhold Weiß, stellvertretender Präsident und Forschungsdirektor im BIBB.

BIBB Interview Prof. Dr. Reinhold Weiß, bis zum 31. März 2017 stellvertretender Präsident und Forschungsdirektor des Bundesinstituts für Berufsbildung

Ganz aktuell werden die Konsequenzen sinkender Schulabgängerzahlen oder steigender Studierneigung analysiert. Untersucht werden die Voraussetzungen, die Schulabgängerinnen und -abgänger für eine Berufsausbildung mitbringen müssen. Ebenso werden ihr Berufswahlverhalten und das Auswahlverhalten der Betriebe erforscht.

Um Azubis werben

Letzteres untersucht ein BIBB-Projekt zum Rekrutierungsverhalten der Betriebe. Personalverantwortliche aus Unternehmen, die Nachwuchssorgen haben, gaben in Interviews Auskunft, inwiefern die bewährten Wege weiter beschritten werden: Meldung von freien Stellen bei Arbeitsagenturen und Kammern, Angebot auf der Firmen-Webseite und bei Ausbildungsbörsen.

Deutlich ist, dass Betriebe inzwischen auch neue Wege beschreiten, um Jugendliche auf Ausbildungsstellen aufmerksam zu machen. Das betrifft nicht nur die neuen Medien, sondern auch eine breitere Nutzung persönlicher Kontakte. Abläufe werden flexibler gestaltet, sodass ganzjährig Bewerbungen bearbeitet und Ausbildungsverträge geschlossen werden können.

Schulnoten spielen zwar nach wie vor eine große Rolle, verlieren aber als vorrangiges Auswahlkriterium an Bedeutung gegenüber Merkmalen wie Zuverlässigkeit und Motivation. Diese lassen sich am besten durch Probearbeiten oder Praktika feststellen, was sich inzwischen zu einem wichtigen Instrument bei der Auswahl von Lehrstellenbewerbern und -bewerberinnen entwickelt hat.

Hinzu kommen berufsspezifische Vorgehensweisen. So werden Bäcker und Einzelhandelsgeschäfte weiter auf Plakate im Schaufenster setzen und Kunden gezielt ansprechen, von denen sie wissen, dass ihre Kinder ins Berufswahlalter kommen. Wenn man sich dann in einem Praktikum gegenseitig besser kennenlernen kann, ist schon viel erreicht – für beide Seiten.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert das Institut. Wichtigste Publikation des BIBB ist der jährliche Datenreport zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung. Er bietet zahlreiche Informationen, umfangreiche Daten und umfassende Analysen rund um die Entwicklung der beruflichen Bildung in Deutschland. Weitere Aufgaben bestehen in der internationalen Vernetzung und Expertise sowie der Betreuung bildungspolitischer Programme und Fachportale.