Adele könnte nach Staßfurt kommen

Druckluftspeicher

Kraftwerk Adele

Foto: RWE Power Aktiengesellschaft

Druckluftspeicher

Konzept für Adele

Foto: RWE Power Aktiengesellschaft

Die Region um Staßfurt in Sachsen-Anhalt freut sich auf Adele, denn ein erstes Demonstrationskraftwerk könnte hier gebaut werden. Adele steht für "Adiabater Druckluftspeicher für die Elektrizitätsversorgung". Hier gibt es viele Windkraftanlagen, die mitunter mehr Strom erzeugen, als gerade nötig ist. Genau das ist das Hauptproblem erneuerbarer Energien, sie lassen sich nur schlecht regulieren. Adele könnte helfen, wenn sich das Forschungs- und Entwicklungsprojekt als erfolgreich erweisen sollte. Das hängt davon ab, ob es sich als technisch machbar und wirtschaftlich erweist und von der Bevölkerung akzeptiert wird.

Stromversorger wie die Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerks Aktiengesellschaft (RWE) stellen sich auf die neue Situation ein. Johannes Heithoff, der Leiter für Forschung und Entwicklung der RWE Power AG, fragt: "Wie können wir Überschussstrom aus Wind und Sonne zwischenspeichern, um sie dann bedarfsgerecht der Nachfrage entsprechend wieder ins Netz einspeisen zu können?" Auf diese Frage gibt es verschiedene Antworten. RWE hat sich zusammen mit General Electric, Züblin und dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt dazu entschlossen, mit großem Forschungsaufwand einen völlig neuen Typ eines Speicherkraftwerks zu entwickeln. Insgesamt stellen die Projektbeteiligten 12 Millionen Euro für die Entwicklungsphase bis 2013 bereit. Sie werden dabei vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.

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Warum könnte Adele nach Staßfurt kommen? Hier liegen mächtige Salzschichten, die seit Jahrhunderten zur Salzgewinnung ausgebeutet werden. Dies geschieht so, dass Wasser in den Untergrund gepumpt wird, das das Salz löst und als Salzlösung, so genannte Sole, dann wieder nach oben gelangt. So entstehen gewaltige Höhlen im Untergrund, so genannte Kavernen, die rundherum vollständig abgeschlossen sind. Seit vielen Jahren nutzt man solche Salzkavernen, um Erdgas zu speichern. Noch nie gab es ein Leck. Neue Kavernen lassen sich mühelos auswaschen, wobei die Sole für zahlreiche Zwecke etwa in der chemischen Industrie verwendet werden kann.

Druckluft im Salz

Jetzt könnte in die Kavernen Druckluft gepresst werden. Die Idee ist simpel: Das Druckluftkraftwerk Adele nutzt überschüssigen elektrischen Strom, um Luft zusammenzupressen. Wenn dann wieder Strom gebraucht wird, treibt die Druckluft einen Generator an, der wieder Strom erzeugt.

Druckluftspeicher-Kraftwerk in Huntorf, Druckluftspeicherkraftwerke sind Speicherkraftwerke, in denen Druckluft als Energiespeicher verwendet wird.

Druckluftspeicher-Kraftwerk in Huntorf

Foto: E.ON Kraftwerke GmbH

Das klingt sehr einfach und funktioniert so bereits seit 1978 im ältesten Druckluftkraftwerk überhaupt: in Huntorf bei Wilhelmshaven. Allerdings gibt es dabei ein Problem, das jeder kennt, der einen Fahrradreifen aufgepumpt hat. Beim Komprimieren von Luft entsteht gleichzeitig Wärme. Eine elektrische Druckluftpumpe wandelt nur einen Teil der Energie in Druckluft um, einen anderen Teil in Wärme. Umgekehrt entsteht beim Ablassen komprimierter Luft Kälte. Wir kennen das Prinzip aus dem heimischen Kühlschrank. Damit die Anlage nicht einfriert, muss daher in Huntorf mit Erdgas Wärme erzeugt werden. Das kostet viel Energie und verringert damit natürlich den Nutzen der Anlage.

Bei Adele wird das anders. Bei diesem Verfahren geht die Wärme der verdichteten Luft nicht verloren. Sie wird gespeichert und dient dann der Erwärmung der Turbine, wenn damit wieder Strom erzeugt wird. Es gibt inzwischen sehr effektive Wärmespeicher mit keramischem Material, die nach dem Prinzip der Thermoskanne funktionieren. Bei der in Staßfurt geplanten Anlage entsteht eine Temperatur von etwa 620°C.

Die Entwicklung mächtiger Wärmespeicher ist übrigens eine große Herausforderung für die Wissenschaft auch für ganz andere Kraftwerke: für Sonnenkraftwerke. In südlichen Ländern würde es sich rentieren, tagsüber nur aus einem Teil der Sonnenenergie Strom herzustellen, aus einem Teil Wärme. Diese Wärme lässt sich dann nach Sonnenuntergang für die Stromerzeugung in einer Dampfturbine nutzen. So kann ein Solarkraftwerk rund um die Uhr Strom erzeugen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE arbeitet daran.

Wirkungsgrad 70 Prozent

So soll es gelingen 70 Prozent der ursprünglich eingesetzten elektrischen Energie zurückzugewinnen. Das ist relativ viel, wenn man bedenkt, dass es für den Strom keinen Abnehmer gegeben hätte.

Das Forschung- und Entwicklungsprojekt Adele startete 2010 mit der Entwicklung neuartiger Wärmespeicher, Kompressoren und Turbinen. Das spätere Kraftwerk soll über eine Speicherkapazität von 360 Megawattstunden verfügen und eine elektrische Leistung von 90 Megawatt erbringen. Damit wäre es in der Lage, in kürzester Zeit Ersatzkapazität bereit zu stellen und für eine Dauer von vier Stunden bis zu 50 Windräder der vor Ort verbreiteten Bauart zu ersetzen. Wenn das Projekt erfolgreich ist, stellt es einen Prototyp dar, für den weltweite Nachfrage bestehen wird.

Salzschichten, die sich nutzen lassen, gibt es an vielen Orten der Welt und auch in Deutschland. Gerade bei uns ist es günstig, dass solche Salzschichten vor allem im Norden zu finden sind. Sie liegen also nahe der windreichen Küste, wo insbesondere beim Ausbau der Windkraftanlagen in der Nordsee ein großer Bedarf für Stromspeicher entstehen wird.

Konzept des Adele-Druckspeicherkraftwerks